Transfusionsmedizin 2020; 10(03): 123
DOI: 10.1055/a-1193-5752
Aktuell referiert

Ruxolitinib bessert steroidrefraktäre akute GvHD

Zeiser R. et al.
Ruxolitinib for Glucocorticoid-Refractory Acute Graft-versus-Host Disease.

N Engl J Med 2020;
382: 1800 -1810
doi:10.1056/NEJMoa1917635
 

    Reduzierte Konditionierungsprotokolle und alternative Stammzellquellen haben zu einer Zunahme allogener Stammzelltransplantationen geführt. Hauptproblem bleibt neben Krankheitsrezidiven die Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD), die trotz der Standardprophylaxe bei 50% der Transplantierten vorkommt. Der Januskinase-Inhibitor Ruxolitinib war als Second-Line-Therapie effektiv.


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    Die Januskinase- und STAT-Signalwege spielen während der akuten GvHD eine wichtige Rolle für die Immunaktivierung und Gewebeinflammation. Ruxolitinib hemmt selektiv die Januskinasen 1 und 2. In der multizentrischen, internationalen Phase-III-Studie REACH-2 erhielten 154 Patienten mit einer unzureichenden Therapieantwort auf hochdosierte Kortikosteroide Ruxolitinib (2 × 10 mg/d) oder eine andere etablierte Behandlung nach dem Ermessen des behandelnden Arztes (Best available Care [BAC], n = 155). Zur Auswahl standen Antithymozytenglobulin, die extrakorporale Photopherese, mesenchymale Stromazellen, niedrig dosiertes Methotrexat, Mycophenolatmofetil, mTOR-Inhibitoren, Etanercept und Infliximab. Alle Erkrankten bekamen zusätzlich den Supportivstandard. Endpunkte waren unter anderem die Ansprechraten nach 28 und 56 Tagen.

    Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 54 Jahre, 9 waren Adoleszenten. Die häufigste BAC war die extrakorporale Photopherese (27%). 32% der Erkrankten wechselten bis oder nach Tag 8 in die Ruxolitinib-Gruppe, denn ein Cross-over war erlaubt. Die mittlere Behandlungszeit betrug 5,4 Monate (Ruxolitinib) und 3,58 Monate (BAC). Verglichen mit den anderen Strategien war Ruxolitinib signifikant und vielfältig überlegen:

    • Tag 28 Ansprechrate 62 vs. 39%,

    • komplette Remissionen 34 vs. 19%,

    • Tag 56 Ansprechrate 40 vs. 22%,

    • 6 Monate Responseverlust 10 vs. 39%,

    • Gesamtüberleben 11,1 vs. 6,5 Monate.

    Die höchste Wahrscheinlichkeit für einen Vorteil von Ruxolitinib hatten Patienten mit einer GvHD Grad IV (Odds Ratio [OR] 3,76%; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 1,24 – 11,38). Nach 56 Wochen nahmen 21% der Ruxolitinib-Gruppe und 14% der BAC-Gruppe keine Kortikosteroide mehr ein.

    Nahezu alle Patienten beider Gruppen hatten Nebenwirkungen. Dosismodifikationen und Therapieunterbrechungen waren häufig. Schwere Behandlungsprobleme kamen bei 38 und 34% vor. Die Infektionsraten unterschieden sich insgesamt nicht wesentlich. Besonders häufig waren bei Ruxolitinib und BAC:

    • Thrombozytopenie 33 und 18%,

    • Anämie 30 und 28% sowie

    • Zytomegalieinfektionen 26 und 21%.

    Eine Differenzierung nach frischen und reaktivierten CMV-Infektionen erfolgte nicht.

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    Prinzip einer allogenen Stammzelltransplantation. Eine GvHD stellt das Hauptproblem einer solchen Transplantation dar.(Quelle: Risiken. In: I care Krankheitslehre. 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2020: 699 – 700. doi:10.1055/b-006-163256 )
    Fazit

    Ruxolitinib wirkte bei Patienten mit einer GvHD Grad II – IV als Zweitlinienmedikament besser als die anderen Optionen. Remissionen wurden nicht nur häufiger erzielt, sondern hielten auch länger an. Die Daten zum Gesamtüberleben seien laut den Autoren nicht „ausgereift“, um zuverlässige Aussagen zu treffen. Die Anzahl an der GvHD gestorbener Patienten unterschied sich nicht wesentlich. Die höhere Thrombozytopenierate bei Ruxolitinib spiegelte sich in der Häufigkeit schwerer Blutungen nur gering wider (10 vs. 8 Patienten).


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    Dr. med. Susanne Krome, Melle


    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    25. August 2020

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    Georg Thieme Verlag KG
    Stuttgart · New York


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    Prinzip einer allogenen Stammzelltransplantation. Eine GvHD stellt das Hauptproblem einer solchen Transplantation dar.(Quelle: Risiken. In: I care Krankheitslehre. 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2020: 699 – 700. doi:10.1055/b-006-163256 )