Fallbericht
Eine 60-jährige Patientin wurde mit dem Rettungsdienst in die Klinik eingewiesen.
Am Vortag hatte sie sich beim Hausarzt mit Fieber und Schüttelfrost sowie einer generalisierten
Schwäche vorgestellt; dieser hatte im Falle einer Verschlechterung eine stationäre
Aufnahme empfohlen.
Die Eigenanamnese der Patientin umfasste eine arterielle Hypertonie, einen medikamentös
eingestellten Diabetes mellitus II sowie ein LWS-Syndrom. Zudem bestand eine Adipositas.
Die Patientin war zudem kürzlich in Behandlung in einer psychosomatischen Rehabilitationsklinik
wegen einer depressiven Symptomatik. Dort hatte sie Kontakt zu einem SARS-CoV-2-positiven
Patienten gehabt.
Klinisch war die bewusstseinsklare Patientin in einem reduzierten Allgemeinzustand,
der BMI betrug 29,4. Die Atemfrequenz betrug 30/min, die Herzfrequenz 105/min, der
Blutdruck 125/80 mmHg, die Temperatur war 37,4 Grad Celsius. In der Blutgasanalyse
bestand eine schwere oxygenatorische Insuffizienz (pH 7,55, pO2 46,9 mmHg, PCO2 29,7 mmHg, BE 3,4 mmol/l); die Sauerstoffsättigung unter Raumluft betrug 83 %, unter
4 l O2 über Nasenbrille 91 %.
Der körperliche Untersuchungsbefund war ansonsten unauffällig, auskultatorisch fanden
sich keine Nebengeräusche. Die CT des Thorax zeigte ausgedehnte beidseitige Milchglasverschattungen
mit zusätzlichen Konsolidierungen ([Abb. 1 a]), sodass die Patientin unter dem Verdacht auf eine COVID-19-Pneumonie auf die Intensivstation
verlegt und dort isoliert wurde.
Abb. 1 a – d Bildgebung bei Aufnahme und im Verlauf. a CT des Thorax bei Aufnahme. Lungenfenster. Beidseitige periphere Konsolidierungen.
Nur geringe zusätzliche Milchglastrübungen. Keine Pleuraergüsse. b Erste Röntgen-Thorax p. a. nach Intubation. Es zeigen sich beidseits pleuranahe Konsolidierungen.
Die Herzgröße erscheint normal. c CT des Thorax im Verlauf, Tag 21. Lungenfenster. Deutliche Zunahme der beidseitigen
Konsolidierungen. d Rö-Th p. a. letzter Tag, vor Verlegung. Nahezu komplette Rückbildung der beidseitigen
Konsolidierungen.
Im Labor waren folgende Werte bei Aufnahme relevant bzw. auffällig: Leukozyten 7500/µl,
Lymphozyten 1050/µl, CRP 14,8 mg/dl (Referenz 0 – 0,4 mg/dl), PCT 0,26 ng/ml (Referenz
0,05 – 0,24), Troponin 13,8 ng/l (Referenz < 13 ng/ml), LDH 518 U/l, (Referenz 0 – 247),
Ferritin > 1650 ng/ml (Referenz 10 – 291 ng/ml), D-Dimere 1,8 mg/l (Referenz 0,19 – 0,5 mg/l).
Der Blutzucker betrug 325 mg/dl.
Die Sauerstofftherapie wurde fortgesetzt. Es erfolgte eine kalkulierte antimikrobielle
Therapie mit Piperacillin-Tazobactam (3 × 4,5 g) plus Clarithromycin (2 × 500 mg).
Zusätzlich erfolgte eine prophylaktische Antikoagulation. Die Echokardiografie ergab
einen Normalbefund.
Die Blutkulturen und Pneumokokken- und Legionellen-Antigen-Tests im Urin waren negativ.
Der erste Nasenrachenabstrich auf SARS-CoV-2 war negativ, der zweite erwies sich als
positiv.
Nach 10 Stunden wurde zusätzlich über eine non-vented Gesichtsmaske mit Filter am
Anschlussstück vor dem Auslassventil eine CPAP-Therapie mit initial 6 – 8 mbar eingeleitet,
darunter betrug das Tidalvolumen 330 ml. Die Atemfrequenz konnte jedoch nicht unter
30/min gesenkt werden. Die Sauerstofftherapie wurde auf HFNC mit einem Fluss von 40 l
umgestellt. Darunter konnten Sauerstoff-Sättigungen bis 88 % erzielt werden. Daher
erfolgte an Tag 2 bis Tag 3 ein weiterer Versuch mit CPAP bis 14 mbar über 20 Stunden.
Nach kurzfristiger Stabilisierung stiegen jedoch die Tidalvolumina und die Atemfrequenz
wieder bis auf zuletzt 45/min. Die letzte Sauerstoff-Sättigung vor Intubation betrug
78 %, der Sauerstoffgehalt 13 ml O2/100 ml Blut bei normaler Pumpfunktion.
Es erfolgte daher eine Intubation und invasive Beatmung. Der PEEP wurde auf 10 mbar
eingestellt, Delta-P 14 mbar, die FIO2 auf 1,0, der Horowitz-Quotient betrug zu diesem Zeitpunkt 41 mmHg.
Die Patientin erhielt eine therapeutische Antikoagulation mit Heparin, zusätzlich
erhielt die Patientin 100 mg ASS/Tag zur Prävention thromboembolischer Ereignisse
bei möglicher COVID-19-assoziierter Hyperkoagulopathie und Endothelitis.
Nach frustranem Bauchlagerungsversuch sowie ebenfalls erfolglosem PEEP-Trial wurde
72 h nach stationärer Aufnahme die Indikation zur vv-ECMO gestellt. Die veno-venöse
Kanülierung der VfVj-ECMO erfolgte komplikationslos (23 French femoral, 19 French
jugulär, Fresenius Xenios Konsole, Novalung Xlung-Kit-Oxygenator- und Schlauchsystem).
Bei initialem Blutfluss von 4 l/min sowie einem O2-Fluss (Sweepgas) von 1 l O2/min konnte ein adäquater extrakorporaler Gasaustausch erreicht werden, über den gesamten
Verlauf der ECMO betrug der Blutfluss zwischen 3,4 – 4 l/min, der Sweepgas-Fluss 1 – 3 l
O2/min. Die Beatmung wurde lungenprotektiv im druckkontrollierten Modus fortgesetzt;
die Einstellungen waren PEEP 14 mbar, Delta-P 10 mbar, FiO2 0,3, AF 10 I:E 2:1, TV 270 ml. Die Compliance betrug dabei 23 mi/mbar. Nach initialer
Volumentherapie, um stabile ECMO-Flüsse zu erreichen, erfolgte im Verlauf eine restriktive
Flüssigkeitstherapie. Die Evaluation der Lungenfunktion unter ECMO erfolgte über einen
täglichen 15-minütigen Test der Oxygenierung mit 100 % FIO2 („Oxygenierungsindex“).
Am 9. Tag der ECMO erfolgten eine Reduktion der Sedierung und eine Umstellung auf
eine assistierte Spontanatmung. Eine Verbesserung der Compliance konnte erzielt werden
(40 ml/mbar), jedoch keine verbesserte Oxygenierung. Aufgrund der Stagnation des Befundes
erfolgte an Tag 12 der ECMO eine Lagerungstherapie sowie die Gabe von Prednisolon
(100 mg über 3 Tage). Nach 3 Lagerungsmanövern über die Dauer von 16 – 20 h mit neuromuskulärer
Blockade konnte ein Ansprechen verzeichnet werden.
Diese Phase entsprach retrospektiv den höchsten Werten des CRP, der LDH und der D-Dimere
([Abb. 2 a – c]). Die Lymphozyten waren zu keinem Zeitpunkt unter 1000/µl. Der Oxygenierungsindex
lag in dieser Zeit zwischen 90 – 100 mmHg. Die quantitativen Immunglobuline waren
im Normalbereich.
Abb. 2 a – e Verlauf der Lymphozyten, der CRP, LDH, D-Dimere und des Ferritins. Tag 1 ist der
Aufnahmetag, der letzte Tag der Verlegungstag. b Höchster Wert Tag 12: 30,7 mg/dl. c Höchster Wert Tag 10: 1509 U/l. d Höchster Wert Tag 11: > 35,2 mg/l. e Höchste Werte (> 1650 ng/ml; oberer Labor cut-off, höhere Werte möglich) bis Tag
25.
An Tag 11 wurde im Bronchialsekret ein bakterieller Erreger (sensibler E. coli in
einer Keimzahl von 105 – 106 KBE/ml) nachgewiesen. Trotz fehlender Klinik erfolgte eine resistogrammgerechte antimikrobielle
Therapie mit Ampicillin/Sulbactam 3 × 3 g über 7 Tage.
Am 18. Tag der ECMO wurde eine Tracheotomie durchgeführt. Bei stagnierenden Befunden
erfolgte erneut eine Steroidgabe (50 mg i. v./die 3 Tage, dann 40 mg 3 Tage, dann
Tapering mit Dosishalbierung alle 72 h und Erhaltungsdosis 5 mg/die). Ab Tag 21 der
ECMO zeichnete sich eine Stabilisierung ab. In der Kontroll-CT zeigte sich allerdings
eine deutliche Progredienz der Verschattungen, die als Korrelat der klinischen Verschlechterung
bis zu diesem Zeitpunkt gewertet wurde ([Abb. 1 c]).
Das ECMO-Weaning wurde am Tag 24 bei einem Oxygenierungsindex von 140 mmHg eingeleitet.
Der Sweepgas-Fluss wurde ausgestellt, unter druckassistierter Beatmung (PEEP 10 mbar,
PS 10 mbar, FiO2 0,5, Atemfrequenz 27/min) betrug der Horowitz-Index 53 mmHg; aufgrund einer Tachypnoe
mit einem Tidalvolumen von 245 ml musste der Entwöhnungsversuch abgebrochen werden.
Die Compliance betrug dabei 35 – 40 ml/mbar. Tags darauf wurde ein erneuter Versuch
bei einem Oxygenierungsindex von 246 mmHg durchgeführt, erneut unter druckassistierter
Beatmung (PEEP 8 mbar, PS 10 mbar, FiO2 0,5). Die Atemfrequenz betrug 25/min, das Tidalvolumen 450 ml, der Horowitz-Index
130 mmHg. Nach einer Stunde mit stabiler respiratorischer Funktion wurden die ECMO
beendet und die Kanülen komplikationslos entfernt. Die Compliance betrug zu diesem
Zeitpunkt 40 – 50 ml/mbar. Die zur extrakorporalen Zirkulation erforderliche therapeutische
Antikoagulation wurde aus pathophysiologischer Überlegung anschließend mit niedermolekularem
Heparin weitergeführt.
Bis zum Tag 30 zeigte sich eine langsame Verschlechterung der Oxygenierung, dies machte
eine neuerliche Lagerungstherapie über 20 h erforderlich, bei promptem Ansprechen
auf diese Maßnahme war im weiteren Verlauf keine erneute Verschlechterung des Gasaustausches
zu sehen.
Retrospektiv begann erst zu dieser Zeit das Ferritin zu sinken ([Abb. 2 e]). Kardiovaskulär und renal traten während des gesamten Behandlungsverlaufs keine
Komplikationen auf.
Die Patientin war wach und unter assistierter Spontanatmung orientiert und kontaktierbar.
Der erste Spontanatmungsversuch (SBT) erfolgte tags darauf, einen weiteren Tag später
war eine Mobilisation an der Bettkante möglich.
An Tag 41 wurden bei einsetzendem Schüttelfrost Blutkulturen gewonnen, das einliegende
Kathetermaterial wurde gewechselt. Es wurde eine Bakteriämie durch Escherichia coli
nachgewiesen. Unter resistenzgerechter Therapie mit Piperacillin/Tazobactam war die
Symptomatik rasch rückläufig, bereits am Folgetag konnte das Weaning erneut aufgenommen
werden.
Bis zum Tag 47 erreichte die Patientin eine Spontanatmung über 18 h, nächtlich erfolgte
eine druckassistierte Beatmung. Zusätzlich erhielt die Patientin Sauerstoff mit einer
Flussrate von 1 l/min. Das letzte Röntgen-Thoraxbild zeigte eine nahezu komplette
Regredienz der Verschattungen ([Abb. 1 d]).
Negative PCR auf SARS-CoV-2 wurden erstmals an Tag 26 in der BALF dokumentiert, nachfolgend
wiederholt im Nasen-Rachenabstrich an Tag 39 und in Bronchialsekreten an den Tagen
39 und 40.
Nach insgesamt 47 Tagen Behandlungszeit (2 Tage Sauerstoff und CPAP, 1 Tag invasive
Beatmung, 24 Tage ECMO und 20 Tage stundenweise assistierte Beatmung über Tracheostoma)
konnte die Patientin in die Rehabilitationsbehandlung verlegt werden.
Diskussion
Unser Fall zeigt eindrücklich, dass Patienten mit einem schweren Lungenversagen durch
eine COVID-19-Pneumonie nach Versagen einer Sauerstoff- und CPAP-Therapie durch eine
Intensivtherapie einschließlich ECMO überleben können und eine Restitutio ad integrum
erreicht werden kann. Bemerkenswert an unserem Fall ist zudem, dass auch eine verlängerte
ECMO-Therapie über insgesamt 24 Tage noch erfolgreich sein kann.
Die Patientin stellte sich initial mit einem schweren Lungenversagen unter dem typischen
klinischen und computertomografischen Bild einer COVID-19-Pneumonie vor [5]
[6]. Sie wies dabei mit einem Alter von 60 Jahren, einer arteriellen Hypertonie, einem
Diabetes mellitus und einer Adipositas alle wichtigen Risikofaktoren für einen schweren
Verlauf auf [7]; zudem waren die prognostischen Parameter D-Dimere, Ferritin und LDH [5] initial deutlich erhöht und zeigten eine deutliche Steigerung im Verlauf. Kurzzeitig
gelang es, durch Sauerstoffgabe und CPAP die Oxygenierung zu stabilisieren. Trotz
noch aufrecht erhaltenem Sauerstoffgehalt dekompensierte die Patientin aufgrund einer
nicht beherrschbaren Hyperventilation mit Atemfrequenzen bis 45/min.
Dieser Konstellation scheint typischerweise ein Versagen einer NIV zugrunde zu liegen.
Experimentelle Daten stützen die potenzielle lungenschädigende Wirkung einer Hyperventilation
(„ventilator-associated lung injury, „VALI“) [8]. Aufgrund der Dyspnoe und hohen Leak-Volumina kann es zudem unmöglich sein, eine
protektive Beatmung mit Tidalvolumina von 6 – 8 ml/kg KG aufrechtzuerhalten. Andererseits
konnte bei Patienten mit einem ARDS (Horowitz-Quotient < 200) gezeigt werden, dass
ein Tidalvolumen von 9,5 ml/kg KG in den ersten 4 Stunden ein NIV-Versagen prädizierte
[9]
[10]. Einige Autoren empfehlen daher eher den Einsatz einer PEEP-Beatmung vorzugsweise
mittels Helm [11]
[12]; der Vorrat an Helmen auf dem Markt während Pandemiezeiten war jedoch ausgesprochen
gering.
Die Ergebnisse der invasiven Beatmung der ersten publizierten großen Fallserien waren
auffallend schlecht. Die Überlebensraten lagen deutlich niedriger als bei ARDS mit
septischem Schock. So betrug die Ventilator-assoziierte Letalität in China 97 % [1], in GB 66 % [2] und in New York City 88 % [3]. Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da einige Fallserien Patienten
beinhalteten, die noch in stationärer Behandlung waren und deren Behandlungsergebnis
somit noch nicht bekannt sein konnte. Zudem handelt es sich bei diesen Zahlen um Ergebnisse
aus der Frühzeit der Pandemie, in der das Gesundheitswesen mancher Länder offensichtlich
durch die hohe Anzahl an Patienten mit schweren Pneumonien überfordert war. Zuletzt
wurden aus UK auch eine deutlich geringere Letalität berichtet [4]. Dennoch haben diese Zahlen Anlass gegeben, die invasive Beatmung kritisch zu überprüfen.
Gattinoni und Mitarbeiter haben daraufhin das Konzept des CARDS (COVID-assoziiertes
ARDS) entwickelt [13]
[14]
[15]. Demnach ist in der frühen Phase der COVID-Pneumonie formal die Definition des ARDS
zwar erfüllt, im Gegensatz zum klassischen ARDS besteht jedoch noch eine normale Compliance.
In dieser Phase könnte die invasive Beatmung nach den Grundsätzen der ARDS-Behandlung
zusätzliche Schäden bewirken und die Sauerstoffgabe bzw. nichtinvasive Beatmung zu
bevorzugen sein.
In unserem Fall lag ein rasch progredientes Lungenversagen vor. Der Infektionszeitpunkt
konnte nicht mehr sicher eruiert werden, aber sicher handelte es sich zum Zeitpunkt
der Krankenhausaufnahme um ein bereits fortgeschrittenes Infektionsgeschehen. Die
erste Compliance-Messung zeigte ein fortgeschrittenes Stadium des ARDS. Dieses war
auch durch invasive Beatmung nicht zu beherrschen. Daher erfolgte die Indikation zur
ECMO.
Die Literatur zur ECMO bei fortgeschrittenem COVID-19-assoziiertem ARDS ist noch schmal.
In einer rezenten Übersicht konnten nur n = 27 Patienten mit entsprechender Behandlung
identifiziert werden; die größte Patientenpopulation betrug dabei n = 10. In dieser
verstarben 3 Patienten, 2 wurden entlassen, und 5 waren noch in Behandlung [16]. Eine rezente Serie aus Shanghai mit n = 8 Patienten zeigte eine 50 % Letalität,
die überlebenden Patienten waren allerdings noch unter invasiver Beatmung [17]. Erst kürzlich wurde die erste Kasuistik einer erfolgreichen ECMO bei einem COVID-Patienten
in Nordamerika publiziert [18]. Somit ist noch keine Aussage über die Erfolgsraten der ECMO möglich. Entscheidend
dürften für den Erfolg jedoch folgende Faktoren sein: 1) der Zeitpunkt der ECMO-Einleitung;
hier ist zu vermuten, dass eine länger vorbestehende invasive Beatmung aufgrund der
Ventilator-assoziierten Schädigungspotenziale nachteilig sein dürfte; 2) die Initiierung
und Art der Durchführung der ECMO; hier sind die Erfahrung mit der ECMO-Behandlung
und die Qualität der Pflege zu nennen; 3) die Vermeidung nosokomialer Infektionskomplikationen,
demnach die Qualität der Hygiene.
In unserem Fall konnte die ECMO über den gesamten Verlauf komplikationslos durchgeführt
werden. Zwei erst im sehr späten Verlauf auftretende nosokomiale Infektionskomplikationen
(Atemwegsinfektion und Bakteriämie durch E. coli) konnten gut beherrscht werden. Bereits
vor und im Rahmen der ECMO erfolgte eine hochdosierte systemische Antikoagulation
und die zusätzliche Gabe von ASS; ob diese in unserem Fall protektiv gegenüber thromboembolischen
Komplikationen war, lässt sich nicht klären. Ebensowenig lässt sich klären, ob dieses
Konzept die COVID-19-assoziierte Endothelitis mit Hyperinflammation günstig beeinflusst
hat. Kardial bestand ein Normalbefund, die Patientin war zu keinem Zeitpunkt hämodynamisch
instabil. Zu keinem Zeitpunkt bestand ein septischer Schock.
Dennoch schien lange Zeit keine Erholung des Lungenversagens in Sicht. Auf eine antivirale
Therapie wurde zu diesem Zeitpunkt aufgrund der fehlenden Evidenz für einen protektiven
Effekt verzichtet. Wegen möglicher negativer Effekte wurde in der Frühphase ebenfalls
von der Gabe von Steroiden abgesehen. Die Gabe von Steroiden im späteren Verlauf der
Erkrankung könnte antiinflammatorisch wirksam sein, andererseits die Viruselimination
behindern. Der Effekt der spät applizierten Steroidpulse muss daher offen bleiben.
Aufgrund der insgesamt klinisch stabilen Situation wurde die ECMO (auch unter dem
Eindruck der rückläufigen, initial deutlich erhöhten prognostischen Parameter CRP,
LDH, D-Dimere sowie Lymphozyten-Werten, die nie den Wert von 1000/µl unterschritten)
auch nach 3 Wochen noch fortgeführt. Schließlich kam es zu einer Rückbildung des schweren
Lungenversagens. Auch bildgebend konnte eine Restitutio belegt werden. Die letztlich
rasche Rückbildung der radiologischen Veränderungen nach erfolgreicher ECMO-Behandlung
ist ein weiterer Hinweis dafür, dass sich zumindest während einer Phase der Erkrankung
die COVID-19-assoziierten Lungenveränderungen von den strukturellen Umbauvorgängen
eines diffusen Alveolarschadens unterscheiden. Möglicherweise ist ein Teil des Bildes
eines diffusen Alveolarschadens, das sich in der Autopsie findet [19], durch Ventilator-assoziierte Schädigungen („mechanical power“) [20] mitbedingt. Tatsächlich wurde jüngst in frühen Phasen eine lymphozytäre Pneumonie
bzw. eine akute und fibrinöse organisierende Pneumonie beschrieben [21]. Diese Befunde stützen sowohl das Gattinoni-Konzept [13]
[14]
[15] als auch eine Therapie mit Steroiden.
Aktuell bleibt vor der Verfügbarkeit evidenzbasiert-wirksamer antiviraler Substanzen
bzw. antiinflammatorischer Interventionen die Intensivtherapie des schweren Lungenversagens
bei COVID-19-Pneumonie ein Wettlauf der Zeiten des Organersatzes mit denen der Organerholung,
der in seinem Ausgang nicht prädizierbar ist. Unser Fall zeigt immerhin, dass auch
eine prolongierte ECMO noch zum Erfolg führen kann. Daher ist zu erwarten, dass die
ECMO ein wichtiger Bestandteil der Therapie des schweren COVID-19-Pneumonie-assoziierten
Lungenversagens werden wird; eine gute Vorbereitung auf ein höheres Patientenaufkommen
ist dabei entscheidend für die Erfolgsraten [22].