Pneumologie 2020; 74(08): 488-489
DOI: 10.1055/a-1199-7494
Pneumo-Fokus

COVID19: Obduktionsstudie bestätigt Lungenschädigung und Thromboembolierisiko

Wichmann D. et al.
Thromboembolism in Patients With COVID-19.

Ann Int Med 2020;
DOI: 10.7326/M20-2003.
 

    Bereits klinisch bestand der Verdacht, dass SARS-CoV-2 eine Koagulopathie induzieren könnte. Die Obduktionsstudie aus dem UKE Hamburg-Eppendorf bestätigt nicht nur die erhöhte Thromboseneigung, sondern auch die Infektion von Organen außerhalb der Lunge. Zusätzlich ergab die Autopsie von 12 Verstorbenen wichtige virologische und histopathologische Befunde.


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    Die Pathologen obduzierten die ersten 12 COVID-19-positiven Toten unter hohen Sicherheitsvorkehrungen. Die SARS-CoV-2-Infektionen hatte die PCR nach Nasen-Rachen-Abstrichen bestätigt. Das Intervall zwischen Tod und Autopsie betrug 1 – 5 Tage. 10 Patienten starben im Krankenhaus und 2 außerhalb. Bei der Obduktion wurden Gewebeproben von Herz, Lungen, Leber, Nieren, Milz, Pankreas, Gehirn, Prostata/Hoden resp.Ovarien, Dünndarm, V. saphena, A. carotis com., Pharynx und Muskeln genommen. Zusätzlich erfolgte eine virtuelle Obduktion mit einer postmortalen Ganzkörper-CT (PMCT), die hoch-auflösende Lungensequenzen ergänzte. Kleine Gewebeproben aus Herz, Lungen, Nieren, Leber, V. saphena und Pharynx wurden auf SARS-CoV-2 getestet (PCR).

    Das Alter der Patienten betrug median 73 Jahre. 75 % waren Männer. In allen Fällen bestanden Vorerkrankungen (z. B. Übergewicht, koronare Herzkrankheit, Asthma, chronisch obstruktive Lungenerkrankung, peripher arterielle Verschlusskrankheit, Typ-2-Diabetes, neurodegenerative Erkrankung). 2 Patienten starben außerhalb der Klinik nach erfolgloser Reanimation, 5 auf der Intensivstation und 5 auf der Normalstation. Die initialen Labortests ergaben 4 Besonderheiten (jeweils median):

    • LDH 469,7 U/l,

    • D-Dimere 495,24 nmol/l (n = 5),

    • CRP 189 mg/l,

    • leichte Thrombozytopenie (n = 4).

    Die PMCT (n = 10) der Lunge zeigten ein gemischtes Muster mit retikulären Infiltrationen und schweren, dichten, konsolidierenden Infiltraten in beiden Lungen. Die Befunde entsprachen weitgehend den kontrastverstärkten prämortalen CT, die bilaterale Milchglastrübungen in den unteren Lungenabschnitten abbildeten.

    Die Obduktion ergab in 7 Fällen ein frisches thromboembolisches Ereignis. Bei 4 Patienten führte eine massive Lungenembolie bei tiefen Beinvenenthrombosen zum Tod. 3 Patienten hatten Beinvenenthrombosen ohne Lungenembolie. Immer waren die Venen beider Beine thrombosiert. 6 von 9 Männern wiesen Thrombosen im Plexus venosus prostaticus auf. Bei allen Patienten lag die Todesursache im pulmonalen Gefäßsystem oder dem Lungengewebe. Das kombinierte Lungengewicht betrug median 1988 g (normal Männer 840 g, Frauen 639 g). Nur in 2 Fällen war das Lungengewicht nicht erhöht. Die Lungenoberfläche zeigte eine leichte Pleuritis und ein fleckförmiges Muster mit blassen und tiefroten, hyperkapillarisierten Arealen. Die Konsistenz war fest, aber mürbe. Bei 8 Patienten waren alle Lungenabschnitte betroffen. Die 3 Frauen der Fallserie hatten Veränderungen ähnlich einer purulenten Bronchopneumonie. Autoptisch bestätigten sich die kardialen Vorerkrankungen (koronare Herzkrankheit, Myokardischämie, kongestive Herzinsuffizienz), das Herzgewicht lag median bei 503 g (normal 300 g). In 6 Fällen bestand zudem ein Emphysem und bei 3 Patienten eine ischämische Enteritis. Mit Ausnahme eines kachektischen Tumorpatienten bestand ein klarer Trend zu Übergewicht (durchschnittlicher BMI 28,7 kg/m2).

    Die Histopathologie zeigte eine diffuse alveoläre Lungenschädigung, die in 8 Fällen zu einem akuten Lungenversagen passte. Hyaline Membranen, aktivierte Pneumozyten, Mikrothromben, Kapillarkongestion und interstitielle, proteinreiche Ödeme dominierten. Bei 4 Patienten ähnelten die Veränderungen einer bakteriellen, fokalen Bronchopneumonie. 4 Erkrankte hatten histologisch pulmonale Thromboemboli. Regelmäßig lagen Mikrothromben in den kleinen Lungenarterien und gelegentlich in der Prostata vor. Zudem bestanden eine chronische Pharyngitis (n = 6 von 7), eine lymphozytäre Myokarditis (n = 1) und virusunabhängige Pathologien in Zusammenhang mit den Vorerkrankungen.

    Die PCR bestätigte eine hohe Viruslast in allen Lungen und im Pharynx von 9 Patienten. 6 Patienten waren moderat virämisch. In 5 dieser Fälle waren das Herz, die Leber oder die Nieren infiziert. Bei Patienten ohne Virämie waren keine Organe neben der Lunge betroffen.

    Fazit

    58 % der häufig vorerkrankten, überwiegend männlichen, älteren Patienten hatten venöse Thrombosen und 67 % eine diffuse Alveolarschädigung. Die hohe Inzidenz thromboembolischer Ereignisse spricht dafür, dass ambulant und stationär behandelte Infizierte von einer Antikoagulation profitieren könnten, so die Autoren. Insbesondere bei erhöhten D-Dimeren sei Vorsicht geboten. Die Lungenpathologie und die pulmonalen CT mit basal konsolidierten, luftfreien Lungen erklärten die Schwierigkeiten des Beatmungsmanagements. Die Infektion weiterer Organe erfolge wahrscheinlich über eine Virämie.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle


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    Publication History

    Article published online:
    21 August 2020

    © Georg Thieme Verlag KG
    Stuttgart · New York