Arthritis und Rheuma 2020; 40(05): 299-301
DOI: 10.1055/a-1202-8278
Editorial

arthritis + rheuma – Zeitschrift für Orthopädie und Rheumatologie

Ralph Gaulke
 

Handchirurgie

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Prof. Dr. Ralph Gaulke

Liebe Leserinnen und Leser der arthritis + rheuma,

in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift beschäftigen wir uns mit einem Thema, welches uns täglich in der Praxis im Umgang mit unseren Patienten begegnet, der Handchirurgie. Die Handchirurgie hat nicht nur in der Behandlung entzündlich rheumatischer Erkrankungen, sondern auch in Bezug auf Verletzungen eine überragende Bedeutung. So betreffen über 50 % der Arbeitsunfälle die Hand und das Handgelenk. Neben der Schädigung der Knochen und Gelenke sind sensomotorische Ausfälle und insbesondere die Schmerzen häufige Symptome, welche die Patienten zu uns führen.

Neben den häufigen Nervenkompressionssyndromen auf der Höhe des Karpaltunnels und des Sulcus ulnaris existieren zahlreiche weitere Engpasssyndrome an der oberen Extremität, welche Schmerzen in der Hand und im Arm auslösen können. Diese sind seltener und teilweise auch schwieriger zu diagnostizieren. Aus diesem Grunde haben wir ein ganzes Kapitel den Nervenengpasssyndromen gewidmet.

Was die Verletzungen der Hand betrifft, so gibt es zahlreiche Publikationen zur distalen Radiusfraktur und zu Verletzungen der Handwurzel und hier insbesondere des Kahnbeins. Deutlich geringer ist jedoch die Anzahl der Publikationen zu Verletzungen der kleinen Röhrenknochen der Mittelhand- und der Fingerglieder, sodass Sie auch zu diesem Thema einen sehr strukturierten Artikel finden, der es Ihnen ermöglicht, in der täglichen Praxis schnell eine Entscheidung in Bezug auf eine konservative oder operative Behandlung treffen zu können.

Die Polyarthrose der Hand, welche so häufig auftritt, dass sie an den End- und Mittelgelenken als Heberden- bzw. Bouchard-Arthrosen sogar Eigennamen trägt, wird häufig in der Beschränkung des täglichen Lebens der Patienten unterschätzt. Da die operativen Maßnahmen für diese Erkrankung bis auf die operative Behandlung des Daumensattelgelenkes häufig mit Einschränkungen für die Patienten einhergehen, sollte zunächst die konservative Therapie ausgeschöpft werden, um die Beweglichkeit solange wie möglich zu erhalten. Zudem ist die Differenzialdiagnose insbesondere zur Arthritis psoriatica häufig schwierig zu stellen, solange kein Hautbefall besteht und nur die Gelenke der Hand betroffen sind. Da die Polyarthrose deutlich häufiger ist als die Arthritis psoriatica, sollte diese Erkrankung nicht bagatellisiert, sondern immer wieder im Verlauf reevaluiert werden, um auszuschließen, dass es sich nicht doch um eine Arthritis psoriatica sine psoriase handelt oder sich eine späte rheumatoide Arthritis auf die arthrotisch veränderten Gelenke aufsetzt. Dieses würde nämlich eine Erweiterung der Therapie um eine Immunsuppression erfordern.

Die operative Therapie der destruierenden Handgelenksarthritis besteht in der Spätsynovialektomie, in Teilarthrodesen und schließlich bei instabilen starken schmerzhaften Destruktionen in der kompletten Versteifung des Handgelenkes. Die daraus resultierende Bewegungseinschränkung ist besonders für Patienten mit rheumatoider Arthritis, welche auch Bewegungseinschränkungen in den Nachbargelenken, wie zum Beispiel der Schulter und dem Ellenbogengelenk, aufweisen, eine deutliche Behinderung, selbst für einfache Verrichtungen, wie die Körperpflege. Aus diesem Grunde wurde in den letzten Jahrzehnten immer wieder versucht, das Handgelenk durch eine Endoprothese zu ersetzen. Im Gegensatz zur Endoprothetik der Hüfte, des Kniegelenkes und der Schulter, welche mittlerweile eine sichere Versorgung darstellen, ist die Handgelenkendoprothetik immer noch mit einer relativ hohen Komplikationsrate behaftet. In dem Übersichtsartikel zu diesem Thema finden Sie ausführlich die Geschichte der Handgelenkendoprothetik und deren Entwicklung unter biomechanischem Gesichtspunkt dargestellt. In zahlreichen Abbildungen werden die unterschiedlichen Konzepte hinter den verschiedenen Handgelenkprothesen leicht ersichtlich. Das Hauptproblem liegt darin, den komplexen Bewegungsablauf der Handwurzel auf nur einen Drehpunkt zu reduzieren und an diesem den Drehpunkt der Prothese zu platzieren. Selbst bei exakter Platzierung des Drehpunktes können komplexe Bewegungen im Raum nicht in gleicher Weise durchgeführt werden, wie dies durch die Bewegungen zwischen den zahlreichen Handwurzelknochen des gesunden Handgelenkes möglich ist. Insofern stellt die Handgelenkprothese immer einen Kompromiss zwischen einer guten Beweglichkeit, Gelenkstabilität und der Vermeidung von Scherkräften dar. Die neueste Generation der Handgelenkprothetik wird ausführlich mit ihren Problemen und Vorteilen gegenüber den älteren Modellen dargestellt.

Das abschließende Kapitel beschäftigt sich mit der Handgelenkarthroskopie. Diese minimal-invasive Therapie hat durch die Einführung feinerer Optiken und Instrumente in den letzten 35 Jahren enorme Fortschritte gemacht. Von der diagnostischen Arthroskopie hin zur immer häufiger durchgeführten therapeutischen Arthroskopie ist es heute möglich, nicht nur einklemmende Schleimhautfalten und Anteile des TFCC zu resezieren, sondern auch basisnahe Risse des TFCC zu nähen und Arthrodesen und Teilarthrodesen des Handgelenkes durch arthroskopische Resektion der Gelenkflächen und perkutane Stabilisierung minimal-invasiv durchzuführen. Dies hat den Vorteil, dass die Kapselanhaftung mit den versorgenden Gefäßen an den Handwurzelknochen verbleibt und somit die Heilung weniger durch den operativen Zugang gestört wird als mit den offenen Verfahren. Zudem ist die Narbenbildung geringer, was zu einer geringeren Bewegungseinschränkung der verbliebenen Gelenke führt.

Ich danke den Autoren dieser Ausgabe ausdrücklich, welche mit ihrer hohen Fachkompetenz dazu beigetragen haben, dieses interessante Heft für Sie zu gestalten. Ich wünsche Ihnen beim Lesen zahlreiche Erkenntnisse für Ihre tägliche Arbeit und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Ihr

Ralph Gaulke


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Publication History

Article published online:
02 November 2020

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Prof. Dr. Ralph Gaulke