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DOI: 10.1055/a-1204-6293
SARS-CoV-2: Symptombasiertes Testen reicht nicht
Die Corona-Pandemie stellt vor allem Altenheime vor besondere Herausforderungen. Der Verbreitung des Virus durch Erkrankte beugen Isolation und Schutzkleidung der Pflegenden vor. Das symptomorientierte Management schützt aber nicht vor der Gefahr durch unbemerkte Infektionen. Die Studie spricht eindeutig für eine testbasierte Handlungsstrategie: 56 % der positiv getesteten Bewohner waren symptomfrei.
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Im Bezirk Snohomish/Washington trat im Januar 2020 der erste COVID-19-Fall in einem Altenheim auf. Danach kam es zu Ausbrüchen in weiteren Einrichtungen, was zu verstärkten Sicherheitsvorkehrungen führte. Die Studienautoren berichten mit einer Punktprävalenz-Studie über die Virusausbreitung in einem Haus mit 116 Betten. Bei den Bewohnern erfolgten 2-mal täglich Temperaturkontrollen. Symptome wie Husten, Heiserkeit und Atemnot wurden dokumentiert. Auch die Angestellten maßen vor jeder Schicht Fieber und gaben eventuelle Symptome an. Am 1. März bestätigte sich bei einem symptomatischen Angestellten eine SARS-CoV-2-Infektion. Am 5. März erhielt ein ebenfalls symptomatischer Bewohner ein positives Testergebnis. Besuche in der Einrichtung und gemeinschaftliche Aktivitäten fanden nun nicht mehr statt und die Sicherheitsvorkehrungen bei symptomatischen Patienten wurden erhöht (Schutzkleidung, Augenschutz, Handschuhe, Gesichtsmasken).
Bei 89 Bewohnern erfolgte ein Coronatest. Die Stratifizierung erfolgte in Patienten mit typischen und atypischen Symptomen, Patienten die nach dem Test Beschwerden bekamen (präsymptomatisch) und Bewohnern, die symptomfrei blieben. Nach einer Woche erfolgten bei initial negativen Ergebnissen oder positiven Resultaten mit atypischen oder keinen Symptomen Kontrollen. Im Labor wurden eine PCR, die Analyse des Viruszellzyklus und eine Gensequenzierung durchgeführt.
Am 26. März waren 57 Patienten (64 %) in der Punktprävalenz-Beobachtung, klinisch oder postmortal positiv. Die demografischen Charakteristika und Begleiterkrankungen der Infizierten und Nichtinfizierten unterschieden sich nicht wesentlich. Das Durchschnittsalter betrug 78,6 und 73,8 Jahre. Von 76 Studienteilnehmern waren 48 (63 %) positiv. Mehr als die Hälfte davon blieb klinisch unauffällig:
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56 % asymptomatisch,
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35 % typische Symptome,
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8 % ausschließlich atypische Symptome.
Präsymptomatisch waren 24 Patienten. Die häufigsten neuen Beschwerden nach einem positiven Test waren Fieber (71 %), Husten (54 %) und Müdigkeit (42 %). Atypische Symptome waren u. a. Schüttelfrost, Schnupfen, zunehmende Verwirrung, Myalgien und gastrointestinale Beschwerden. Bei symptomatischen, aber auch präsymptomatischen Patienten wurden hohe Viruslasten festgestellt. Bei 11 Patienten erfolgte eine stationäre Behandlung und 15 starben (26 %).
Die Infektionsverdopplungszeit betrug 3,4 Tage und war damit kürzer als im Wohnbezirk (5,5 Tage). Die Gensequenzierung ergab eine hohe Ähnlichkeit mit anderen Analysen in der Region.
Zum Zeitpunkt des 1. Tests bei den Bewohnern waren 11 von 138 Festangestellten positiv. Im Verlauf bestätigten sich 26 Infektionen. Betroffen waren 17 Pflegekräfte und 9 Mitarbeiter mit anderen Berufen (z. B. Physiotherapeuten, Ernährungsassistenten, Ergotherapeuten). Bei asymptomatischen Arbeitnehmern erfolgten keine Tests.
Mehr als die Hälfte der Bewohner mit einer bestätigten Infektion war zum Testzeitpunkt beschwerdefrei. Die Autoren führen die ausgeprägte und rasche Ausbreitung von SARS-CoV-2 auf diese Gruppe zurück. Die symptombasierten Schutzmaßnahmen reichten nicht aus, um der Transmission vorzubeugen. Hohe Viuslasten bei prä- und asymptomatischen Patienten unterstützten diese Annahme.
Dr. med. Susanne Krome, Melle
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Publication History
Article published online:
15 October 2020
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