Pneumologie 2020; 74(11): 712
DOI: 10.1055/a-1207-6168
Pneumo-Fokus

Erstgradige Angehörige von Patienten mit Lungenfibrose screenen?

Hunninghake GM. et al.
Interstitial Lung Disease in Relatives of Patients with Pulmonary Fibrosis.

Am J Respir Crit Care Med 2020;
201: 1240-1248
 

Es ist bekannt, dass Familienangehörige von Patienten mit familiärer Lungenfibrose (familial pulmonary fibrosis; FPF) ein erhöhtes Risiko haben, ebenfalls eine interstitielle Lungenerkrankung (interstitial lung disease, ILD) zu entwickeln. Unklar ist bislang, ob das auch bei Verwandten von Patienten mit einer sporadischen, idiopathischen Lungenfibrose (idiopathic pulmonary fibrosis, IPF) der Fall ist.


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Deshalb untersuchten die US-amerikanischen Ärzte um Gary M. Hunninghake von der Harvard Medical School in Boston die Prävalenz von auffälligen interstitiellen Lungenbefunden und ILD bei 105 bislang hinsichtlich einer ILD unauffälligen erstgradigen Angehörigen von Patienten mit FPF und sporadischer IPF. Die Probanden füllten Fragebögen aus, wurden Lungenfunktionstests und einer Computertomografie (CT) des Thorax unterzogen, anhand von Blutproben immunophänotypisiert und auf die Telomerlänge und genetische Varianten hin untersucht. 46 Angehörige stammten aus 21 Familien mit FPF, 59 Angehörige aus 32 Familien, in denen ein Mitglied an einer IPF erkrankt war.

Ergebnisse

Von den 105 erstgradigen Verwandten von FPF- und IPF-Patienten wiesen 33 (31 %) auffällige Befunde im Thorax-CT auf. Die übrigen hatten entweder unklare Befunde oder wiesen keine Zeichen einer ILD auf. Von den 33 Angehörigen mit auffälligem CT-Befund wiesen 19 (58 %) in Kombination mit den Bildgebungsbefunden weitere Zeichen einer ILD auf und entsprachen damit nach den Kriterien der Studie einer bestehenden ILD. Die Prävalenz einer ILD bei erstgradigen Verwandten mit einer Lungenfibrose lag damit in der Studie bei 18 %.

Die Häufigkeit von erstgradigen Verwandten mit Evidenz für eine ILD war nach der multivariaten Analyse bei Familien mit FPF und mit IPF vergleichbar. Wenn die Angehörigen eine Beeinträchtigung in der Lungenkapazität insgesamt oder der Diffusionskapazität aufwiesen, war das Risiko für eine interstitielle Lungenauffälligkeit um mehr als das 9-fache erhöht (Odds Ratio 9,6; 95 % Konfidenzintervall 3,1 – 29,8; p < 0,001).

Infolge der Untersuchungen ließen sich bislang 20 der Angehörigen mit auffälligen Befunden weiter abklären, davon 13 wegen des Verdachts einer ILD. Von diesen 13 Patienten erhielten 6 die Diagnose einer IPF/FPF, ein Patient die Diagnose einer mit einer rheumatoiden Arthritis assoziierten ILD und die übrigen 6 Personen werden weiter beobachtet, um im Verlauf eine klinische Diagnose stellen zu können.

Von den übrigen 7 Patienten werden 2 wegen isolierter DLCO-Reduktion weiter beobachtet und je einer wegen einer Eisenmangelanämie, einer Herzinsuffizienz, eines metastasierten Prostatakarzinoms, eines unklaren Befunds im Pankreasschwanz und eines unklaren Lungenknotens weiter abgeklärt bzw. behandelt.

Fazit

Eine bislang nicht diagnostizierte ILD könnte bei jedem sechsten älteren erstgradigen Verwandten von Patienten mit Lungenfibrose vorliegen – ohne Unterschied zwischen FPF und IPF. Deshalb halten die Autoren das Screening von nahen Verwandten von Patienten mit Lungenfibrose allgemein für sinnvoll.

Friederike Klein, München


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Publication History

Article published online:
17 November 2020

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