Schlüsselwörter Systemischer Lupus erythematodes - Autoantikörper - Pathogenese - Plasmazelle - Therapie
Key words Systemic lupus erythematosus - autoantibody - pathogenesis - plasma cell
Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine Autoimmunerkrankung, die klinisch
sehr heterogen und facettenreich in Abhängigkeit von den vorliegenden
Organmanifestationen verlaufen kann. Über 100 verschiedene
Autoantikörper sind bei der Erkrankung beschrieben worden [1 ]. Nicht alle dieser Autoantikörper
besitzen jedoch eine pathogene Relevanz. Autoantikörper können
direkt pathologische Veränderungen induzieren oder indirekt über die
Bildung und Ablagerung von Immunkomplexen entzündliche Veränderungen
auslösen.
Die therapeutischen Konzepte sind deshalb zum einen auf die Unterdrückung der
Entzündung und zum anderen auf die Mechanismen, die zur Entzündung
oder anderen pathologischen Veränderungen führen, ausgerichtet.
Die zentrale Bedeutung des adaptiven Immunsystems
Das erworbene (adaptive) Immunsystem, das Autoimmunität generiert, spielt
eine zentrale Rolle in der Pathogenese des SLE. Indiz hierfür sind die
Ergebnisse der immunablativen Therapie gefolgt von der autologen
Stammzelltransplantation bei schwerstkranken, refraktären SLE-Patienten, die
auf die Standardtherapien nicht ausreichend ansprechen. Die Immunablation mit
Antithymozytenglobulin eliminiert das gesamte adaptive Immunsystem, was das
autoreaktive immunologische Gedächtnis einschließt. Pathogene
Autoantikörper wie Anti-dsDNA-Antikörper oder
Anti-Phospholipid-Antikörper, die unter einer konventionellen
immunsuppressiven Medikation oder einer Therapie, die B-Zellen angreift wie die
gegen CD20 (Rituximab) oder BAFF/BLyS (Belimumab) gerichteten monoklonalen
Antikörper, persistieren, verschwinden nach der Immunablation. Als Folge
können Langzeitremissionen ohne Fortführung einer immunsuppressiven
Therapie erreicht werden. Bei der Regeneration des Immunsystems finden sich Hinweise
für ihre Reprogrammierung hin zu einem gesunden, juvenilen Immunsystem, das
wieder fähig ist, tolerant gegen Selbst zu sein. Als Grundlage
hierfür wird die weitgehend komplette Ablation des autoreaktiven
Gedächtnisses angesehen [2 ]. Was
verbirgt sich hinter dem autoreaktiven Gedächtnis, das ein Schlüssel
für die Entwicklung kurativer Therapiekonzepte darstellen kann? Im
Vordergrund stehen hier langlebige Plasmazellen, die pathogene
Autoantikörper produzieren und sezernieren. Ihre Existenz wurde erst vor
etwas über 20 Jahren bewiesen [3 ]. Im
Mausmodell der Lupusnephritis konnte gezeigt werden, dass auch pathogene
Autoantikörper von langlebigen Plasmazellen produziert werden können
[4 ]
[5 ]. Langlebige Plasmazellen sind für die Aufrechterhaltung der
humoralen Immunität enorm wichtig [6 ]
[7 ]. Ihre berechnete Halbwertzeit
für die Produktion von Impftitern liegt in Abhängigkeit vom Antigen
zwischen 11 Jahre für Anti-Tetanus-Toxoid-Antikörper und
über 200 Jahre für Antikörper gegen Mumps oder Masern [8 ]. Sie sind unter physiologischen Bedingungen
hauptsächlich im Knochenmark lokalisiert. Dort sind sie in Nischen, die von
Stromazellen organisiert werden, besonders geschützt. Neben Zellkontakt via
Adhäsionsmoleküle tragen auch andere Zellen durch Sekretion von
Überlebensfaktoren wie BAFF und APRIL zum Überleben der Plasmazellen
bei [9 ]
[10 ]. Bei Vorliegen einer Entzündung können Plasmablasten
in das entzündete Gewebe einwandern und dort ein Milieu vorfinden, wo sie zu
langlebigen Plasmazellen reifen und dort so lange überleben, so lange eine
Entzündung vorliegt. Bei Infektionen können somit Antikörper
auch am Ort der Entzündung gegen den verursachenden Erreger sezerniert
werden, um ihn wirksam zu eliminieren. Im Gegensatz dazu können bei einer
autoimmun bedingten Entzündung wie einer Lupusnephritis autoreaktive
Plasmazellen in dem betroffenen Organ durch Produktion von Autoantikörpern
zur Aufrechterhaltung der Entzündung beitragen [11 ]. Charakteristisch für langlebige
Plasmazellen ist ihre Resistenz gegenüber immunsuppressiven Medikamenten,
Bestrahlung und Therapien, die B-Zellen als Ziel haben. Langlebige Plasmazellen
entstehen in der Regel nach einer Booster-Immunisierung. Da sie unabhängig
von B-Zell-Aktivierung, T-Zell-Hilfe und Antigen-Kontakt über viele Jahre
überleben können und Antikörper sezernieren, sind sie ein
wichtiger Bestandteil des humoralen Gedächtnisses [6 ] und werden deshalb auch als
Gedächtnis-Plasmazellen bezeichnet. Langlebige Plasmazellen, die
Autoantikörper sezernieren, sind wiederum Teil des autoreaktiven
Gedächtnisses.
Langlebige Gedächtnis-Plasmazellen als therapeutisches Target
Die Immunablation im Rahmen der autologen Stammzelltransplantation ist in der
Lage, fast alle Plasmazellen zu eliminieren. Diese Behandlungsstrategie, die das
gesamte adaptive Immunsystem auslöscht, ist aufgrund seines
Infektionsrisikos nur schwerstkranken SLE-Patienten vorbehalten. Deshalb macht
es Sinn, nach Optionen zu suchen, die Plasmazellen selektiv depletieren. Hier
haben wir von neuen therapeutischen Ansätzen, die bei der malignen
Plasmazellerkrankung malignes Myelom erfolgreich waren, profitiert. Bortezomib,
ein Proteasom-Inhibitor der ersten Generation, induziert den Zelltod von
Plasmazellen durch die Akkumulation von ungefalteten Proteinen. In Mausmodellen
des SLE führte Bortezomib zu einer dramatischen Reduktion der
Plasmazellen, Elimination der Anti-dsDNA-Autoantikörper, Verbesserung
der Nephritis und dramatischen Verlängerung des Überlebens [12 ]. In Kenntnis dieser vielversprechenden
präklinischen Daten wurden an mehreren Zentren in Deutschland
SLE-Patienten, die auf die Standardtherapie nicht ausreichend angesprochen
hatten und bei denen die Anti-dsDNA-Autoantikörper trotz konventioneller
Immunsuppression nicht abfielen, mit Bortezomib behandelt. Alle 12 mit
Bortezomib behandelten Patienten wiesen eine Verbesserung Ihrer
Krankheitsaktivität auf. Parallel dazu kam es zum Abfall der
Anti-dsDNA-Autoantiköper-Spiegel, aber auch der Impftiter und der
Immunglobulinspiegel IgM, IgG und IgA. Da Impftiter ausschließlich von
langlebigen Plasmazellen aufrechterhalten werden, kann man anhand der
Impftiter-Daten davon ausgehen, dass mit Bortezomib bei SLE-Patienten bis zu
30% der langlebigen Plasmazellen einschließlich der
Autoantikörper-sezernierenden Zellen eliminiert werden [13 ]. In Lupusmäusen konnten dagegen
fast alle langlebigen Plasmazellen depletiert werden. Dieser Unterschied ist
darauf zurückzuführen, dass das therapeutische Fenster von
Bortezomib aufgrund seines Toxizitätsprofils beim Menschen sehr schmal
ist. Die neue Generation von Proteasom-Inhibitoren weist ein besseres
Verträglichkeitsprofil auf; Studien bei SLE sind nicht publiziert.
Der monoklonale Anti-CD38 Antikörper Daratumumab ist für die
Therapie des multiplen Myeloms zugelassen. Das Molekül CD38 ist auf der
Oberfläche von Plasmazellen stark exprimiert. Somit könnten
Anti-CD38-Antikörper auch für die Depletion von
Autoantikörper-sezernierenden Plasmazellen bei SLE und anderen
Autoimmunerkrankungen von Interesse sein [9 ].
Eine weitere Möglichkeit, langlebige Plasmazellen zu depletieren, besteht
in der Beeinflussung von Faktoren, die für ihr Überleben in der
schützenden Plasmazellnische zuständig sind. Aus Untersuchungen
in der Maus ist bekannt, dass die gleichzeitige Inhibition von BAFF und APRIL
langlebige Plasmazellen depletiert. Das TACI-Ig-Konstrukt Atacicept blockiert
beide Botenstoffe, da sie Liganden des Rezeptors TACI sind. Atacicept wurde
für die Therapie des SLE nicht unter der Vorstellung entwickelt,
langlebige Plasmazellen zu eliminieren, sondern um die Aktivierung und das
Überleben von B-Zellen zu hemmen, an denen beide Botenstoffe ebenfalls
beteiligt sind. In einer Phase IIb Studie (ADDRESS II) über 24 Wochen
zeigten die Atacicept-Gruppen (75 oder 150mg) im Vergleich zum Placebo-Arm eine
signifikante Verbesserung in den Endpunkten SRI-4 und SRI-6 bei SLE-Patienten
mit hoher Krankheitsaktivität und serologischer Aktivität
(positive Anti-dsDNA-Antikörper und Hypokomplementämie) [14 ]. Der deutliche Abfall der
Immunglobulin-Spiegel unter Atacicept lässt einen Effekt auf die
langlebigen Plasmazellen vermuten; Untersuchungen zum Verhalten der Impftiter
liegen leider nicht vor [15 ].
Kürzlich publizierte Ergebnisse zeigen, dass Salmonellen ein Protein SiiE
sezernieren, das IgG-sezernierende Plasmazellen im Knochenmark ablatieren kann,
um sich somit der humoralen Abwehr zu entziehen. Ein von SiiE abgeleitetes
Peptid ist in der Lage, IgG-spezifische Plasmazellen, u. a. auch
Anti-dsDNA-sezernierende Plasmazellen, im Knochenmark von Lupus-Mäusen
zu eliminieren. Mit diesem Peptid könnten mit höherer
Selektivität nur die IgG-spezifischen, langlebigen Plasmazellen im
Knochenmark reduziert werden, während die IgM- und IgA- und in anderen
lymphatischen Geweben auch die IgG-spezifischen Plasmazellen überleben.
Da pathogene Autoantikörper vorwiegend dem IgG-Isotyp zugeordnet werden,
könnte dieses Peptid ein interessanter therapeutisches Agens für
die Depletion von langlebigen Plasmazellen bei Autoimmunerkrankungen sein.
Aufgrund der Homologie des SiiE-Peptids zu Laminin β1 konnte Laminin
β1 als ein wichtiger Bestandteil der Überlebensnische
für IgG-sezernierende Plasmazellen im Knochenmark identifiziert werden
[16 ].
Optimal wäre jedoch eine Depletion nur von solchen Plasmazellen, die
pathogene Autoantikörper sezernieren bei gleichzeitigem Erhalt der
humoralen Immunität. Die einzige Möglichkeit der Differenzierung
zwischen Autoantikörper-sezernierenden Plasmazellen und Plasmazellen,
die zur humoralen Immunität beitragen, bietet die
(Auto)antigen-Spezifität der produzierten Antikörper. Mithilfe
eines Antikörper-Konjugates, das sich aus dem entsprechenden
(Auto)antigen und einem monoklonalen Anti-CD138-Antikörper
zusammensetzt, werden alle Plasmazellen auf ihrer Oberfläche mit dem
(Auto)antigen markiert. Plasmazellen, die Antikörper gegen das
(Auto)antigen sezernieren, sterben infolge einer Komplement-vermittelten Lyse
oder einer Antikörper-vermittelten zellulären
Zytotoxizität, da die sezernierten Antikörper sofort mit dem
markierten (Auto)antigen auf der Plasmazellmembran reagieren. Wir haben
kürzlich im Mausmodell demonstrieren können, dass eine
Antigen-spezifische Depletion von Plasmazellen möglich ist, ohne dass
Plasmazellen, die gegen andere Antigene Antikörper bilden,
beeinträchtig werden. Diese Studie liefert den Beweis, dass mit diesem
Therapiekonzept bei SLE und anderen Autoantikörper-vermittelten
Erkrankungen eine selektive Eliminierung von langlebigen Plasmazellen, die
pathogene Autoantikörper sezernieren, ohne Beeinträchtigung der
humoralen Immunität gelingen kann [17 ].
B-Zell-Hyperaktivität
Der SLE ist eine in Schüben verlaufende Erkrankung. Klinische
Schübe gehen mit einem Anstieg der Anti-dsDNA-Antikörper und
einer Hypokomplementämie einher. Der Anstieg der
Anti-dsDNA-Antikörper beruht auf einer Aktivierung der B-Zellen, die in
Plasmablasten differenzieren. Plasmablasten lassen sich dann vermehrt in der
Zirkulation der SLE-Patienten nachweisen. Ihre Zahl korreliert mit dem Spiegel
der Anti-dsDNA-Antikörper im Serum [18 ]
[19 ]. Da aktivierte B-Zellen
und Plasmablasten proliferieren, lassen sie sich im Gegensatz zu den langlebigen
Plasmazellen mit den konventionellen Immunsuppressiva unterdrücken. Eine
Depletion der B-Zellen mit Rituximab verhindert die Bildung von Plasmablasten,
die Autoantikörper sezernieren. Eine selektive Blockade der
B-Zell-Aktivierung wird mit dem bislang einzigen bei SLE zugelassenen Biologikum
Belimumab durch Inhibition von BAFF/BLyS erreicht. Die Therapie mit
Belimumab reduziert die Zahl der naiven und aktivierten B-Zellen und folglich
auch der Plasmablasten, was zu einem Abfall der Autoantikörper-Spiegel
und einer Verbesserung der Komplementspiegel C3 und C4 führt [20 ]. Die überwiegende Zahl der in
Studien befindlichen therapeutischen Ansätze zielt auf die Beeinflussung
der B-Zell-Aktivierung ab ([Tab. 1 ]).
Hierzu gehören neue B-Zell-depletierende Anti-CD20-Antikörper,
Antikörper, die die B-T-Zell-Kostimulation inhibieren, und die
Immunmodulation durch regulatorische T-Zellen. Regulatorische T-Zellen
können durch Injektion von niedrig-dosiertem IL2, das beim SLE
vermindert ist, stimuliert werden, was bei chronisch-aktiven Patienten zu einer
klinischen Verbesserung geführt hat [21 ]. Alle diese therapeutischen Konzepte haben keinen Einfluss auf
die existierenden langlebigen Plasmazellen im Knochenmark. Sie können
aber nach Eliminierung der langlebigen Plasmazellen einschließlich der
Autoantikörper-sezernierenden Plasmazellen deren Regeneration
verhindern. Nach Depletion der langlebigen Plasmazellen z. B. mit
Bortezomib kommt es sowohl in der Lupus-Maus als auch bei aktiven SLE-Patienten
zu einer raschen Auffüllung des langlebigen Plasmazell-Kompartiments,
wenn als Folge der bestehenden B-Zell-Aktivierung autoreaktive Plasmablasten
produziert werden, die in das Knochenmark einwandern und dort die frei
gewordenen Nischen besetzen, um als langlebige Plasmazellen zu
überleben. Dies konnte durch die Kombination mit einer Therapie, die
B-Zellen als Target hat (Immunsuppressiva, B-Zell-Depletion mit dem
Anti-CD20-Antikörper Rituximab, Inhibition der B-Zell-Aktivierung durch
BAFF/BLyS mit Belimumab), aber auch durch die Hemmung der Einwanderung
neu gebildeter Plasmablasten in das Knochenmark mittels Blockade der
CXCR4-CXCL12-Achse verhindert werden [22 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ].
Tab. 1 Mögliche therapeutische Targets zur
Beeinflussung der B-Zellen.
Target
B-Zelle
CD20
Obinutuzumab
TRU-015
CD22
SM03
FcγRIIB (CD32)
SM101
Kostimulation
CD28
Lulizumab
TAB 08 (Theralizumab)
CD28-CD80/86
Abatacept
CD40-CD40L
Dapirolizumab pegol
BI 655064
CFZ533 (Iscalimab)
ICOS-ICOSL
AMG 557
ICOSL und BAFF
AMG 570 (bispezifischer Antikörper)
Das angeborene (innate) Immunsystems als Stimulator von
Autoimmunität
In den letzten 2 Jahrzehnten wurde immer deutlicher, dass das angeborene Immunsystem
in enger Wechselwirkung mit dem adaptiven Immunsystem steht. Beim SLE spielt
insbesondere die Typ-I Interferon-Signatur eine sehr wichtige Rolle. Unter einer
Typ-I Interferon-Signatur versteht man eine erhöhte Expression von Genen,
die durch Typ-I Interferone reguliert werden. Bei einem Großteil der
SLE-Patienten findet sich eine deutliche Aktivierung von Typ-I Interferonen, die mit
einem genetischen Hintergrund verknüpft ist. Verschiedene Gene im Typ-I
Interferon-Signalweg weisen Varianten auf, die mit einem erhöhten SLE-Risiko
einhergehen. Hauptproduzent von Typ-I Interferonen ist die plasmazytoide
dendritische Zelle (pDC), aber auch Neutrophile können dazu beitragen [26 ]
[27 ].
Die Typ-I Interferon-Familie lässt sich in 5 Klassen unterteilen:
Interferon-α, -β, -̅ω , -ε und -κ.
Interferon-α besteht wiederum aus 12 Subtypen. Typ-I Interferone haben eine
wichtige Funktion bei der Abwehr von Virusinfektionen inne. Sie stimulieren
verschiedene Zellen des angeborenen und adaptiven Immunsystems. So wird
u. a. auch die Freisetzung von BAFF durch T-Zellen stimuliert, der zur
Aktivierung von autoreaktiven B-Zellen beiträgt. Zirkulierende DNA- und
RNA-haltige Autoantigen-Autoantkörper-Immunkomplexe bei SLE-Patienten sind
wiederum in der Lage, die Freisetzung von Typ-I Interferonen zu fördern.
Neben der Messung der Interferon-Spiegel kann die Interferon-Signatur auch durch
Analyse von Interferon-induzierten Transkripten oder Proteinen erfolgen. Die in
Berlin etablierte Durchfluss-zytometrische Messung der SIGLEC1-Expression auf
Monozyten hat sich als eine empfindliche Methode für die Analyse der Typ-I
Interferon-Signatur erwiesen, die für die Beurteilung der
Krankheitsaktivität relevant ist [28 ]
[29 ].
Aufgrund der Bedeutung der Typ-I Interferone für die Aktivierung von
Autoimmunität stellen sie ein interessantes therapeutisches Target beim SLE
dar. Glucocorticoide in hohen Dosen sind in der Lage, die Typ-I Interferon-Signatur
auszulöschen [29 ]. Der therapeutische
Effekt der Antimalaria-Mittel Chloroquin und Hydroxychloroquin ist zumindest
teilweise auf eine Hemmung der Typ-I Interferon-Freisetzung durch pDC über
ihre antagonistische Wirkung auf die Toll-like Rezeptoren TLR7 und 9
zurückzuführen [30 ]
[31 ]. Auch Proteasom-Inhibitoren scheinen
über die TLR-Blockade die Typ-I Interferon-Freisetzung zu hemmen [13 ]
[32 ].
pDC exprimieren den Rezeptor BDCA2, deren Ligation mit einem monoklonalen
Antikörper die Freisetzung von Typ-I Interferonen blockieren kann [30 ]
[33 ].
Die Phase II Studien mit monoklonalen Anti-Interferon-α-Antikörpern
waren nicht überzeugend. Dies ist wahrscheinlich darauf
zurückzuführen, dass die monoklonalen Antikörper nicht alle
relevanten Typ-I Interferone ausreichend neutralisieren konnten [34 ]. Die Hemmung des Typ-I Interferon-Rezeptors
mit einem monoklonalen Antikörper hat dagegen den Vorteil, dass die
biologische Funktion aller Typ-I Interferone unterbrochen werden kann. Die
klinischen Phase II-Studien mit Anifrolumab verliefen
erwartungsgemäß sehr vielversprechend [35 ]. Folglich war die Erwartungshaltung an die
beiden Phase III-Studien sehr hoch. Die TULIP-1-Studie erreichte nicht den
primären Endpunkt (SRI-4 Response), während sekundäre
Endpunkte wie die Reduktion der Glucocorticoid-Dosis, die Verbesserung der
Hautveränderungen (CLASI-Score) und die auf den BILAG-basierte
BICLA-Response einen klinischen Benefit vermuten ließen [36 ]. Die TULIP-2-Studie verwendete den BICLA
als primären Endpunkt, der eine Response im Vergleich zum Placebo-Arm
aufzeigte [37 ]. Ein interessanter
therapeutischer Ansatz ist die Vakzinierung der Patienten mit einem
Interferon-α-Kinoid, das neutralisierende Antikörper gegen
Interferon-α induziert. Eine Phase IIb-Studie konnte zeigen, dass
signifikant mehr SLE-Patienten in der Vakzinierungs-Gruppe eine niedrige
Krankheitsaktivität und Verminderung der Glucocorticoid-Dosis erreichten
[38 ].
Selektive JAK1/2-Inhibitoren hemmen den Interferon-Signalweg. Baricitinib
wurde erfolgreich bei autoinflammatorischen Interferonopathien eingesetzt [39 ]. Eine Phase II-Studie bei SLE verlief
positiv [40 ], sodass mittlerweile eine Phase
III-Studie begonnen wurde.
Entzündungsmechanismen
Beim SLE führt die Ablagerung von Immunkomplexen zu
Entzündungsmechanismen in den betroffenen Organen. Dabei spielen
proinflammatorische Zytokine eine wichtige Rolle, die als therapeutisches Target in
Frage kommen. Der Einsatz von TNF-Blockern zeigte einen günstigen Effekt auf
Nephritis, Arthritis und kutane Manifestationen. Da TNF-Blocker wiederum
Autoimmunprozesse durch Induktion von Anti-dsDNA-Autoantikörpern ankurbeln
können, stellen sie keine Option für eine Standardtherapie bei SLE
dar [41 ]. Die positiven Effekte von
Ustekinumab in einer Phase II-Studie auf Arthritis und Hautbeteiligung lassen eine
pathogenetische Rolle von IL12 und/oder IL23 bei SLE vermuten [42 ]. Eine Spiegelerhöhung von IL12 ist
bei SLE beschrieben [43 ]. Ustekinumab scheint
unabhängig von der Typ-I Interferon-Signatur zu wirken [42 ].
In der Haut von Lupus-Patienten findet sich eine Überexpression von 2
verschiedenen Typ-I Interferonen: IFN-κ und IFN-α10. Während
IFN-α10 wahrscheinlich von in der Haut lokalisierten pDC stammt, wird
IFN-κ von Keratinozyten exprimiert [44 ]. Die Schlüsselrolle von IFN-κ in der Haut
könnte eine Erklärung für die deutliche Verbesserung von
entzündlichen Hautveränderungen unter Anifrolumab in der Phase
II-Studie sein [35 ]. Durch Hemmung der
Signalwege von proinflammatorischen Zytokinen werden JAK-Inhibitoren wie Baricitinib
eine Bedeutung bei der Entzündungsreduktion erlangen [40 ].
In der Immunpathologie des SLE spielt die Komplementaktivierung eine wesentliche
Rolle. Eine Erhöhung der Serumspiegel von C5a (Anaphylatoxin) wurde bei
Patienten mit Lupusnephritis und neuropsychiatrischen Lupus beschrieben [45 ]. Eculizumab ist eine monoklonaler
Anti-C5-Antikörper, der die Spaltung von C5 in C5a verhindert. Fallberichte
zeigen eine Wirksamkeit bei therapierefraktärer Lupusnephritis [46 ]. Insbesondere bei der sekundären
thrombotischen Mikroangiopathie stellt Eculizumab eine therapeutische Option dar
[47 ].
Der SLE ist eine durch Autoantikörper-vermittelte Erkrankung, bei der das
adaptive Immunsystem eine Schlüsselrolle einnimmt. Störungen im
angeborenen Immunsystem wie die Typ-1 Interferon-Signatur stimulieren
Autoimmunität. Pathogene Autoantikörper können sowohl
von aus aktivierten B-Zellen neu generierten Plasmablasten als auch von
langlebigen Gedächtnis-Plasmazellen sezerniert werden. Die
konventionellen Immunsuppressiva und Therapien, die B-Zellen als Ziel haben,
eliminieren nicht die autoreaktiven Gedächtnis-Plasmazellen.
Therapeutische Strategien mit kurativem Potential müssen deshalb auch
die Depletion dieser Zellen einschließen. Es gibt vielversprechende
therapeutische Ansätze, die gezielt in die Immunpathogenese des SLE
eingreifen ([Abb. 1 ]). Sie werden helfen,
langfristig weiter Glucocorticoide einzusparen und die Patienten
personalisierter zu behandeln.
Abb. 1 Immunpathogenese des SLE und ihre therapeutischen Targets.
Abkürzungen: GC Glucocorticoide, DC dendritische Zelle, HCQ
Hydroxychloroquin, IFN Interferon, IS Immunsuppressiva, pDC plasmazytoide
dendritische Zelle, PI Proteasom-Inhibitor, PZ Plasmazelle. Die fett
gedruckten Therapien sind für den SLE zugelassen.