Pneumologie 2020; 74(12): 807-808
DOI: 10.1055/a-1210-5352
Pneumo-Fokus

NTM-Lungenerkrankung: Maschinelles Lernen identifiziert nicht diagnostizierte Patienten

Doyle OM. et al.
Identification of potentially undiagnosed patients with nontuberculous mycobacterial lung disease using machine learning applied to primary care data in the UK.

Eur Respir J 2020;
 

Die nichttuberkulöse mykobakterielle (NTM) Lungenerkrankung ist insgesamt selten, ihre Inzidenz und Prävalenz nehmen aber zu. Aktuell wird die jährliche Prävalenz in Europa auf 3,3 – 6 Fälle pro 100 000 geschätzt. Die Identifizierung von Patienten mit NTM-Lungenerkrankung könnte durch die Anwendung künstlicher Intelligenz (KI) verbessert werden, wie eine Studie für das United Kingdom belegt.


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Grundlage zur Identifizierung von Fällen mit NTM-Lungenerkrankung waren Daten der IQVIA Medical Research Data (IMRD) aus elektronischen Krankenakten der Primärversorgung. Sie wurden mit Daten zu Aufenthalten in Krankenhäusern des staatliche Gesundheitssystems verknüpft. Als weitere Quelle dienten Informationen zu Therapieregimen mit spezifischen Antibiotikakombinationen über mindestens 180 Tage. Kontrollpatienten wurden ebenfalls aus der IMRD ausgewählt. Die Methode des maschinellen Lernens bietet die Möglichkeit, große Mengen klinischer Prädiktoren und komplexe Verknüpfungen zu verarbeiten. Damit der Algorithmus lernen konnte, nicht nur zwischen „gesund“ und „krank“, sondern zwischen verschiedenen Erkrankungen zu unterscheiden, mussten Kontrollpatienten mindestens einen der 10 häufigsten Prädiktoren für NTM-Lungenerkrankung (z. B. Antibiotika- oder Kortikosteroideinnahme, COPD, Husten) aufweisen. Der Studienzeitraum erstreckte sich von September 2003 bis September 2017.

Vorteile durch maschinelles Lernen

Insgesamt identifizierte die Arbeitsgruppe 1082 Fälle mit NTM-Lungenerkrankung, von denen sie 741 in die Analyse aufnahmen. Die Kontrollgruppe umfasste 112 784 Patienten. Die Patienten waren im Vergleich zu den Kontrollpersonen im Durchschnitt älter, häufiger Frauen, häufiger ehemalige oder aktuelle Raucher und hatten einen niedrigeren BMI. Von 2006 – 2016 stieg die jährliche Prävalenz im United Kingdom von 2,7 auf 5,1 Fälle pro 100 000, was der für Europa berichteten Prävalenz entspricht. Die Gesamtprävalenz diagnostizierter und nicht diagnostizierter Fälle wurde im Jahr 2016 auf 9 – 16/100 000 geschätzt. Zu den häufigsten vorher bestehenden Diagnosen und Behandlungen für Patienten mit NTM-Lungenerkrankung gehörten COPD, Asthma, Penicillin, Makrolide und inhalative Kortikosteroide.

Verglichen mit zufälligen Tests verbesserte das maschinelle Lernen die Detektion von Patienten mit NTM-Lungenerkrankung um das Tausendfache. Dabei zeigte der Wert für die Fläche unter Konzentrations-Zeit-Fläche (AUC) von 0,94 eine hohe prädiktive Leistungsfähigkeit an. Die Algorithmusleistung wurde am stärksten durch das Alter, Zeitpunkt des Symptomauftretens und eines Therapiebeginns sowie Lungenfunktionstests in der Phase vor der ersten NTM-Lungenerkrankungs-Diagnose beeinflusst.

Fazit

Die britischen Daten belegen eine Zunahme an NTM-Lungenerkrankungsfällen besonders für die Jahre 2006 – 2016. Der entwickelte prädiktive Algorithmus für maschinelles Lernen erwies sich gegenüber zufälligen Tests hinsichtlich der Detektion von bislang nicht diagnostizierten Patienten mit NTM-Lungenerkrankung als wesentlich leistungsfähiger. Die Daten deuten nach Ansicht der Autoren daraufhin, dass es in Großbritannien und Nordirland eine substanzielle Anzahl an nicht diagnostizierten Fälle mit NTM-Lungenerkrankung gibt.

Matthias Manych, Berlin


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
08. Dezember 2020

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