Kombination gesunder Lebensstilfaktoren verlängert krankheitsfreie Lebenszeit

Der Einfluss einzelner Lifestyle-Faktoren auf das individuelle Risiko chronischer Erkrankungen ist gut untersucht. Inwieweit jedoch eine Kombination solcher Faktoren assoziiert ist mit krankheitsfreien Lebensjahren, ist bislang nicht klar und Fragestellung der vorliegenden prospektiven Multi-Kohortenstudie von Nyberg et al.

Die Autoren schlossen 12 europäische Studien des Individual-Participant-Data Meta-Analysis in Working Populations Consortiums ein. 116 043 Teilnehmer ohne wesentliche und/oder übertragbare Erkrankungen bei Studienaufnahme wurden von 1991 – 2006 eingeschrieben und die erhobenen Daten von 2018 – 2020 analysiert. Basierend auf einer Risikobewertung wurde 4 verschiedenen Lebensstilfaktoren ein Punktwert von 0 (sehr schlecht), 1 (mittel) oder 2 (sehr gut) zugeordnet:

• Rauchen (nie/früher/aktuell),

• Body-Mass-Index (BMI) in kg/m² (< 25 /25 – 29,9/≥ 30),

• körperliche Aktivität in der Freizeit/Woche (≥ 2,5 h moderate oder ≥ 1,25 h starke/mäßige/keine oder nur sehr wenig Bewegung)

• Alkoholkonsum/Woche (10 – 140 g für Frauen, 10 – 210 g für Männer/kein Alkohol/≥ 150 g für Frauen und ≥ 220 g für Männer).

Die einzelnen Punktwerte wurden addiert und bewertet von 0 (sehr schlecht) bis 8 (sehr gut). 16 Lebensstilprofile wurden als Kombination aus den 4 Risikofaktoren erstellt.

Endpunkt war die Anzahl an Jahren zwischen dem 40. und 75. Lebensjahr ohne chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ II, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, Krebs, Asthma und chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Diese Entitäten werden von der WHO als vorrangige Ziele in der Prävention vorgegeben und wurden in der vorliegenden Studie noch ergänzt um Herzinsuffizienz und Demenz.

Das mittlere Lebensalter der 116 043 Teilnehmenden war bei der Einschreibung 43,7 Jahre (Standardabweichung (SD) ± 10,1), 61,1 % waren weiblich. Während 1,45 Millionen Personenjahren mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 12,5 Jahren (4,9 – 18,6) entwickelten 17 383 Teilnehmer mindestens eine chronische Erkrankung. Es zeigte sich eine lineare Assoziation zwischen einem insgesamt gesunden Lebensstilpunktwert und der Anzahl erkrankungsfreier Lebensjahre. Dabei war eine Verbesserung um einen Punkt assoziiert mit einer Zunahme zusätzlicher erkrankungsfreier Lebensjahre von 0,96 (95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,83 – 1,08) bei Männern und von 0,89 Jahren (95 %-KI 0,75 – 1,02) bei Frauen. Bei einem Punktwert von 0/8 hatten die männlichen Teilnehmer 21,7 (95 %-KI 18,5 – 24,8) erkrankungsfreie Jahre zwischen dem 40. und 75. Lebensjahr, Frauen 21,6 (95 %-KI 17,7 – 25,6). Bei Erreichen von 8/8 Punkten kam es bei Männern zu 30,9 (95 %-KI 30,2 – 31,5) entsprechenden Jahren, bei Frauen zu 30,7 (95 %-KI 30,2 – 31,1).

Der Vergleich des besten erreichten Lebensstilpunktwerts mit dem schlechtesten Ergebnis war assoziiert mit 9,9 (95 %-KI 6,7 – 13,1) zusätzlichen erkrankungsfreien Lebensjahren bei Männern und mit 9,4 (95 %-KI 5,4 – 13,3) bei Frauen (p < 0,001). Alle 4 Lebensstilprofile, welche mit der höchsten Anzahl erkrankungsfreier Lebensjahre assoziiert waren, beinhalteten

• einen BMI < 25 und mindestens 2 der folgenden Faktoren:

• nie geraucht,

• körperlich aktiv und/oder

• moderater Alkoholkonsum.

Teilnehmer mit einem dieser Lifestyle-Profile erreichten 70,3 (95 %-KI 69,9 – 70,8) bis 71,4 (95 %-KI 70,9 – 72,0) krankheitsfreie Lebensjahre abhängig von Profil und Geschlecht.

Die Assoziation von gesundem Lebensstil und krankheitsfreien Lebensjahren war nach Stratifizierung der Analysen unabhängig vom zugrunde liegenden sozioökonomischen Status. Einschränkend geltend gemacht wird u. a., dass aufgrund einer während der Nachbeobachtungszeit insgesamt sehr niedrigen Sterblichkeitsrate in der Studienkohorte (2,6 %) keine Aussage zur absoluten Lebenserwartung gemacht werden kann, wie auch genetische Faktoren nicht berücksichtigt werden konnten.

Fazit

Verschiedene gesunde Lebensstilprofile waren signifikant assoziiert mit einem Gewinn an Lebensjahren ohne schwere chronische Erkrankungen wie Typ-II-Diabetes, koronare Herz- oder Atemwegserkrankungen, Krebs, Herzinsuffizienz oder Demenz. Ein BMI im Normbereich, nie geraucht zu haben, körperliche Aktivität und ein moderater Alkoholkonsum wiesen in Kombination auf vermehrt gesunde Lebensjahre hin, wobei auf Normalgewichtigkeit ein besonderes Gewicht zu liegen scheint.

Kombinationen aus gesunden Lifestyle-Faktoren, insbesondere solche mit einem BMI im Normbereich, sind mit einem Gewinn an krankheitsfreien Lebensjahren assoziiert. Quelle: Thieme Gruppe.

Dr. Birgit Gappa, Penzberg

Publication History

Article published online:
17 November 2020