Schlüsselwörter Seltene Knochenerkrankungen - Orphan Drugs - Zentren für seltene Erkrankungen
Key words Rare bone diseases - orphan drugs - centers for rare diseases - patient empowerment
Einleitung
In der Europäischen Union wird eine seltene Krankheit als Erkrankung mit einer Prävalenz
von kleiner als 5/10000 Patientinnen und Patienten definiert [1 ]. Da es jedoch eine große Anzahl an seltenen Erkrankungen gibt, ist die Gesamtanzahl
der Patientinnen und Patienten hoch und stellt eine große Herausforderung für das
Gesundheitssystem dar. Aktuelle Schätzungen gehen von 5000–8000 seltenen Erkrankungen
in Deutschland aus [2 ]. Hiervon sind in Deutschland schätzungsweise vier Millionen Menschen betroffen [3 ].
Die Diagnosestellung und Therapie von seltenen Erkrankungen ist häufig schwierig und
für betroffene Patientinnen und Patienten oft mit einer langen Odyssee verbunden.
Mit > 80 % sind seltene Erkrankungen zudem überwiegend genetisch bedingt oder mitbedingt,
manifestieren sich früh und sind in der Regel nicht heilbar. Die Seltenheit der einzelnen
Erkrankungen, das fehlende Expertenwissen, fehlende kausale Therapiemöglichkeiten
und erschwerte Forschungsbedingungen haben im Jahr 2010 zur Gründung des Nationalen
Aktionsbündnisses für Menschen mit seltenen Erkrankungen (NAMSE) geführt [4 ]. NAMSE hat sich zum Ziel gesetzt, in Deutschland die Versorgungssituation für seltene
Erkrankungen zu verbessern. Mit NAMSE erfolgten eine Bündelung der Initiativen im
Bereich seltener Erkrankungen und die Entwicklung des nationalen Aktionsplans für
Menschen mit seltenen Erkrankungen [5 ]. Ein zentraler Pfeiler der Aktivitäten war die Bildung und Vernetzung von Zentren
zur sektorenübergreifenden Versorgung. Inzwischen haben sich insgesamt 32 sogenannte
„Zentren für Seltene Erkrankungen“ (ZSE) an Universitätskliniken in Deutschland gegründet,
was zu einer deutlichen Verbesserung der Versorgungssituation geführt hat. Betroffene
Patientinnen und Patienten, bei denen der Verdacht auf eine seltene Erkrankung vorliegt
oder eine solche diagnostiziert wird, haben in den Zentren eine regionale Anlaufstelle
für weitere intradisziplinäre Diagnostik und Beratung und damit auch Zugang zu den
aktuell verfügbaren Therapiemöglichkeiten.
Der Begriff „Seltene Knochenerkrankungen“ beinhaltet unterschiedliche Erkrankungen,
die zu einer Beeinträchtigung z.B. von Knochenform, -struktur, -qualität, -quantität
und/oder -elastizität führen. Hierzu gehören Erkrankungen des Calcium- und Phosphatstoffwechsels,
spezifische Störungen der Osteoblasten- oder Osteoklastenfunktion, dysplastische Erkrankungen,
die zu Körperformveränderungen führen und Störungen der Mineralisation [6 ]. Ein Großteil der Seltenen Knochenerkrankungen sind genetisch bedingt und treten
bereits im Kindes- und Jugendalter durch Frakturen, Störungen des Längenwachstums
oder Deformitäten in Erscheinung. In den letzten Jahren haben sich bedeutende Fortschritte
in der Diagnostik und Therapie von Seltenen Knochenerkrankungen ergeben. Erkrankungen
wie die Osteogensis Imperfecta (OI) und die Hypophosphatasie (HPP) können anhand von
Laboruntersuchungen sowie genetischen Tests sicher diagnostiziert werden [7 ], [8 ]. Bei der Hypophosphatasie, bei der ein Gendefekt in der alkalischen Phosphatase
vorliegt, steht seit 2015 eine Enzymersatztherapie für schwer betroffene Patientinnen
und Patienten mit Beginn der Erkrankung im Kindes- und Jugendalter zur Verfügung [9 ]. Voraussetzung für eine zielgerichtete Diagnostik und Therapie Seltener Knochenerkrankungen
ist eine ausreichende Expertise in einem Zentrum, welches eine interdisziplinäre Therapie
über die Lebensspanne der Patientinnen und Patienten ermöglicht. Diese Zentren sind
als Fachzentren (sog. Typ-B-Zentren) den universitären Zentren für Seltene Erkrankungen
(ZSE) zugeordnet.
Ziel dieser Umfrage war es, den aktuellen Versorgungsstand von Patientinnen und Patienten
mit Seltenen Knochenerkrankungen in den universitären ZSE zu erfassen und Möglichkeiten
der Verbesserung aufzuzeigen.
Methoden
Ein Fragebogen mit dem Briefkopf der deutschen Gesellschaft für Osteologie (DGO) mit
Fragen zu Basisinformationen (Institution, Fachrichtung, Anzahl an behandelten Patientinnen
und Patienten, Anteil an Minderjährigen) sowie speziellen Fragen zur Patientenedukation,
Organisation und Patientenmanagement, Lehrausbildung, zum Austausch von Informationen,
zu Datenbanken, epidemiologischen Studien, Qualitätssicherung und Patientensicherheit
sowie Forschung wurde an alle 32 gelisteten universitären Zentren für Seltene Erkrankungen
verschickt [10 ]
[Abb. 1 ]. Als Kontaktadresse wurde die angegebene Anschrift des Zentrums auf der Homepage
verwendet. Die Umfrage bestand insgesamt aus 52 Fragen. Die Teilnehmer wurden zudem
um eigene Anmerkungen und Kommentare gebeten. Die Antworten erfolgten anonymisiert
und mit Rückversand durch einen beigefügten frankierten Briefumschlag. Die Ergebnisse
wurden als Summe der positiven Antworten für jedes Level (vollständig umgesetzt, teilweise
umgesetzt, nicht umgesetzt) ausgewertet.
Abb. 1 Regionale Verteilung der Zentren für Seltene Erkrankungen in Deutschland. Quelle:
UKE Foto-/Grafikabteilung.
Fig. 1 Regional distribution of centres for rare diseases in Germany. Source: UKE Foto-/Grafikabteilung.
Ergebnisse
Der Fragebogen wurde an alle 32 ZSE [Abb. 1 ] in Deutschland verschickt. Insgesamt betrug die Rücklaufquote 46,88 % (15/32). 47 %
der Befragten gaben hierbei an, Facharzt für Innere Medizin zu sein, gefolgt von Pädiatrie
und Orthopädie/Unfallchirurgie [Abb. 2A ]. Bei der Anzahl an jährlich behandelten Patientinnen und Patienten bestanden große
Unterschiede. Hier gaben 33 % der Befragten an, 10–25 Patientinnen und Patienten mit
Seltenen Knochenerkrankungen jährlich zu behandeln, während jeweils 20 % 50–100 und
100–500 Patientinnen und Patienten im Jahr sehen [Abb. 2B ]. Der Anteil an Kindern und Jugendlichen lag bei der Hälfte der Rückmeldungen (50 %)
bei 0–10 % der Patientinnen und Patienten, bei weiteren 20 % bei 75–100 % [Abb. 2C ]. Eine PubMed-gelistete Publikation zu Patientinnen und Patienten mit Seltenen Knochenerkrankungen
in den letzten Jahren gaben 53 % der 15 Zentren an, wobei es große Unterschiede in
der Anzahl der Publikationen gab [Abb. 2D ].
Abb. 2 Klinische Charakteristiken der Expertise für Seltene Knochenerkrankungen mit Verteilung
der (A) Fachrichtung, (B) Anzahl an Patientinnen und Patienten, (C) Anteil an Kinder
und Jugendlichen und (D) Publikationen zu Seltenen Knochenerkrankungen in den letzten
5 Jahren. Verteilung in Prozent der 15 Zentren mit Rückantwort dargestellt.
Fig. 2 Clinical characteristics of expertise in rare bone diseases with distribution of
(A) specialty, (B) number of patients, (C) proportion of children and adolescents,
and (D) publications on rare bone diseases in the last 5 years. Distribution are shown
as percentages of the centers with a response.
Während die Mehrzahl der 15 Zentren einen Anteil von 0–10 % an dysplastischen Erkrankungen
in ihrem Kollektiv angaben, werden deutlich mehr Betroffene mit Erkrankungen des Calcium-
und Phosphatstoffwechsels sowie mit Erkrankungen der Knochenstruktur behandelt ([Abb. 3A ]–C). Die am häufigsten behandelten Erkrankungen (hierfür wurde im Fragebogen um jeweils
5 Angaben gebeten) wurden in absteigender Reihenfolge Osteogenesis imperfecta, Fibrodysplasia
ossificans progressiva, Hypophosphatasie, Morbus Paget, primärer Hyperparathyreoidismus,
X-chromosomale Hypophosphatämie, Chondroplasie, onkogene Osteomalazie, renale Osteopathie,
Osteopetrose und chronisch rekurrierende multifokale Osteomyelitis (CRMO) genannt
[Abb. 3D ].
Abb. 3 Klinische Charakteristiken der Expertise für Seltene Knochenerkrankungen mit Verteilung
des (A) Anteils an dysplastischen Skeletterkrankungen, des (B) Anteils an Erkrankungen
des Calcium- und Phosphatstoffwechsel, des (C) Anteils an Erkrankungen der Knochenstruktur
und (D) am häufigsten behandelten Erkrankungen. Verteilung in Prozent der 15 Zentren
mit Rückantwort dargestellt.
Fig. 3 Clinical characteristics of expertise in rare bone diseases with distribution of
(A) proportion of dysplastic skeletal diseases, (B) proportion of calcium and phosphate
metabolism diseases, (C) proportion of bone structure diseases and (D) most frequently
treated diseases. Distribution are shown as percentages of the centers with a response.
Bei den Antworten zur Implementierung von Patientenedukation gaben die Mehrzahl der
15 Zentren an, dass transparente Behandlungsrichtlinien umgesetzt und nationale und
europäische Standards zum Umgang mit Patientenrechten und Datenschutz beachtet werden.
Eine Aufklärung von Patientinnen und Patienten über die eigene Erkrankung mittels
Flyer und Broschüren ist nur teilweise etabliert [Abb. 4A ].
Abb. 4 Prozentuale Verteilung für spezifische Fragen zur (A) Patientenedukation und (B)
Patientenorganisation. Verteilung in Prozent der 15 Zentren mit Rückantwort, dargestellt
mit blau = nicht umgesetzt, grau = teilweise umgesetzt und orange = vollständig umgesetzt.
Fig. 4 Percentage distribution for specific questions on (A) patient education and (B) patient
organization. Distribution are shown in percent of the 15 centers with responses with;
blue = not implemented, gray = partially implemented and orange = fully implemented.
Bezüglich der Organisationstruktur der Patientenversorgung gaben alle 15 Zentren an,
in unmittelbarer Nähe Zugang zu einer Intensivstation, Notaufnahme und zu Operationsmöglichkeiten
zu haben. Von allen Zentren wurde die Möglichkeit zu Laboruntersuchungen mit Parametern
des Knochenstoffwechsels sowie zu humangenetischen Untersuchungen angegeben.
Ein Entlassungsmanagement ist bei ca. 50 % der Befragten etabliert. Eine standardisierte
Erfassung des Schmerzniveaus wird bei 80 % teilweise oder vollständig durchgeführt,
eine Quantifizierung der Einschränkung im Alltag (SF-36) teilweise bei 70 % der Befragten
[Abb. 4B ].
Bei Fragen zur Lehrausbildung zeigte sich, dass 10 von 15 Zentren regelmäßig an Fortbildungen
zur Behandlung von Seltenen Knochenerkrankungen teilnehmen und 9 von 15 Zentren auch
Fortbildungen veranstalten [Abb. 5A ]. 10 der 15 Zentren gaben an, im Rahmen der akademischen Ausbildung Lehrveranstaltungen
zu Seltenen Knochenerkrankungen durchzuführen.
Abb. 5 Prozentuale Verteilung für spezifische Fragen zur (A) Lehrausbildung und (B) Austausch
von Informationen. Verteilung in Prozent der 15 Zentren mit Rückantwort, dargestellt
mit blau = nicht umgesetzt, grau = teilweise umgesetzt und orange = vollständig umgesetzt.
Fig. 5 Percentage distribution for specific questions on (A) apprenticeship training and
(B) exchange of information. Distribution are shown in percent of the 15 centers with
responses with; blue = not implemented, gray = partially implemented and orange = fully
implemented.
Eine standardisierte Verwendung des ICD-10-Systems ist in der Behandlung der Patientinnen
und Patienten in 90 % der Zentren implementiert, und bei 80 % erfolgt ein regelmäßiger
Austausch mit anderen Zentren zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Seltenen
Erkrankungen. Bei über 50 % der Zentren werden vollständig elektronische Medien wie
Patientemsoftware und Telemedizin eingesetzt [Abb. 5B ].
Während sich nur 6 von 10 Zentren an EU-weiten Kollaborationen wie EU-Datenbanken
beteiligen, wird in 12 Zentren teilweise oder vollständig eine lokale Datenbank verwendet.
9 Zentren nehmen an einer nationalen Registerstudie teil [Abb. 6A ].
Abb. 6 Prozentuale Verteilung für spezifische Fragen zur (A) Datenbanken und (B) Patientenzufriedenheit.
Verteilung in Prozent der 15 Zentren mit Rückantwort, dargestellt mit blau = nicht
umgesetzt, grau = teilweise umgesetzt und orange = vollständig umgesetzt.
Fig. 6 Percentage distribution for specific questions on (A) databases and (B) patient satisfaction.
Distribution are shown in percent of the 15 centers with responses with; blue = not
implemented, gray = partially implemented and orange = completely implemented.
In Angaben zur Evaluation von Patientenzufriedenheit und Qualitätssicherung gaben
fast 50 % der Zentren an, dass regelmäßig eine Evaluation der Produktivität des Zentrums
durchgeführt wird, aber nur 2 Zentren gaben an, die Effektivität und die Qualität
von Patientenschulungen zu evaluieren. Eine teilweise oder vollständige Implementation
zur Erfassung der Patientenzufriedenheit wurde von 60 % der Zentren angegeben [Abb. 6B ].
Ein Großteil der befragten Zentren gab an, dass grundsätzlich Forschungsaktivitäten
am Zentrum durchgeführt werden und hierzu Zugang besteht, allerdings gaben ca. 50 %
an, keine klinische oder Grundlagenforschung zu Seltenen Knochenerkrankungen durchzuführen
[Abb. 7 ]. Somit lag die Angabe einer PubMed-gelisteten Publikation innerhalb der letzten
5 Jahre bei ca. 50 %. Eine Einbindung in EU-weite oder nationale Forschungskollaboration
besteht bei ca. 25 % der Zentren.
Abb. 7 Prozentuale Verteilung für spezifische Fragen zu Forschungsaktivitäten. Verteilung
in Prozent der 15 Zentren mit Rückantwort, dargestellt mit blau = nicht umgesetzt,
grau = teilweise umgesetzt und orange = vollständig umgesetzt.
Fig. 7 Percentage distribution for specific questions on research activities. Distribution
are shown in percent of the 15 centers with responses with; blue = not implemented,
gray = partially implemented and orange = completely implemented.
Diskussion
Die Ergebnisse dieser Studie sollen die Stärken und Schwächen in der Versorgung von
Patientinnen und Patienten mit Seltenen Knochenerkrankungen in Deutschland charakterisieren.
Hierfür wurden bewusst einige Limitationen in Kauf genommen. Da das nationale Aktionsbündnis
für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) zur Gründung von 32 Zentren für Seltenen
Erkrankungen an deutschen Universitätskliniken geführt hat [4 ], [5 ], waren diese Zentren Anlaufstelle der durchgeführten Untersuchung. Die Etablierung
von Zentren stellt einen wichtigen Schritt in der Verbesserung der Versorgungssituation
für Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen dar. Besonders die diagnostischen
Möglichkeiten und interdisziplinären Therapieoptionen übersteigen bei weitem die Möglichkeiten
in der ambulanten Versorgung. Dennoch muss bei der Interpretation der dargestellten
Ergebnisse berücksichtigt werden, dass auch außerhalb der universitären Zentren für
Seltene Erkrankungen an einigen Standorten eine exzellente medizinische Expertise
für Patientinnen und Patienten mit Seltenen Knochenerkrankungen zur Verfügung steht,
welche in dieser Untersuchung nicht abgebildet ist. Eine weitere Limitation stellt
die Rückläuferquote von nur 47 % (15 Zentren von 32 Zentren) dar. Es bleibt daher
unklar, ob in den 17 Zentren ohne Rückantwort keine Expertise bzw. Struktur für Patientinnen
und Patienten mit Seltenen Knochenerkrankungen vorhanden ist oder ob diese im gleichen
Maße oder sogar besser dargestellt ist als in den Zentren mit Rückantwort.
Anhand der vorliegenden Ergebnisse lässt sich feststellen, dass nur eine kleine Anzahl
an Zentren mehr als 100 Patientinnen und Patienten mit Seltenen Knochenerkrankungen
behandelt. Der Großteil der Zentren behandelt ca. 10–25 Patientinnen und Patienten
im Jahr. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass aktuell nur ein kleiner Anteil der
Betroffenen mit einer Seltenen Knochenerkrankung in Deutschland in einem Zentrum für
Seltene Knochenerkrankungen behandelt wird. Der Vorteil der Bündelung von Erkrankungen
an Zentren mit spezifischer Expertise liegt vor allem in der schnelleren Diagnose
und frühzeitigen Therapieeinleitung. Um die verfügbaren Zentren für eine größere Anzahl
von Betroffenen sichtbar zu machen, wäre eine stärkere Bekanntmachung der Möglichkeiten
der universitären Zentren für den ambulanten Bereich ein sinnvoller Ansatz. Die Zunahme
der Zahl von Betroffenen an den Zentren würde dann die Entwicklung der hochspezialisierten
Zentren an den Universitätskliniken weiter unterstützen.
Die Wichtigkeit der frühzeitigen Diagnose und fachgerechten Therapie hat sich in den
letzten Jahren durch die Etablierung neuer Therapieoptionen für einige Seltene Knochenerkrankungen
noch erhöht. So steht für schwer betroffene Patientinnen und Patienten mit einer im
Kindes- und Jugendalter diagnostizierten Hypophosphatasie eine hochwirksame Enzymersatztherapie
zur Verfügung [7 ], eine Osteogensis imperfecta kann mit intravenösen Bisphosphonaten behandelt werden
[11 ], ein FGF-23-Antikörper kann zur Therapie der X-chromosomalen Hypophosphatämie im
Kindesalter eingesetzt werden [12 ], und Betroffene mit Hypoparathyreoidismus, die unter konventioneller Therapie nicht
ausreichend gut eingestellt sind, können mit rekombinantem PTH 1–84 behandelt werden
[13 ]. Es macht Sinn, dass diese Therapien und das Therapiemonitoring durch mit dem Krankheitsbild
und der Behandlung erfahrene Expertinnen und Experten durchgeführt werden. Auch hier
kommt den Zentren für Seltene Knochenerkrankungen eine entscheidende Rolle zu.
Die Umfrage offenbart auch deutlichen Aufholbedarf im Bereich der Forschungssituation
zu Seltenen Knochenerkrankungen. Möglicherweise aufgrund der universitären Anbindung
sind zwar alle Zentren in Forschungsaktivitäten eingebunden, allerdings führen nur
ca. die Hälfte der sich an der Umfrage beteiligten Zentren eigenständig Forschung
zu Seltenen Knochenerkrankungen durch. Auch sind an nationalen oder internationalen
Datenbanken nur eine geringe Anzahl an Zentren beteiligt.
Diese Auswertung spiegelt die aktuellen Schwierigkeiten in der Forschung zu Seltenen
Erkrankungen im Bereich des Knochens wider. Die Ursachen sind sicher vielschichtig,
aber u.a. ist hier eine deutlich höhere finanzielle Unterstützung von Forschungsprojekten
vonnöten, um für Betroffene in der Zukunft eine verbesserte Diagnostik und kausale
Therapie anbieten zu können.
Schlussfolgerung
Diese Umfrage zeigt große Unterschiede in der Versorgungsstruktur von Patientinnen
und Patienten mit Seltenen Knochenerkrankungen an deutschen Universitätskliniken.
Auch wenn durch die Bildung von Zentren im Rahmen des nationalen Aktionsplans für
Menschen mit Seltenen Erkrankungen ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Diagnose-
und Therapiemöglichkeiten getan wurde, besteht weiterhin insbesondere ein Mangel an
der Koordination und Organisation einer interdisziplinären Behandlung. Der Anteil
an unterschiedlichen Fachdisziplinen in der Behandlung von Patientinnen und Patienten
mit Seltenen Knochenerkrankungen ist divers und beinhaltet Expertise von Orthopädie,
Innerer Medizin, Pädiatrie und Naturwissenschaften. Die Vorteile einer interdisziplinären
Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Seltenen Erkrankungen ist gut beschrieben,
allgemein anerkannt und entscheidender Teil des europäischen Versorgungsplans [14 ]–[16 ]. Den Zentren kommt hierbei die wichtige Rolle zu, alle beteiligten Disziplinen zu
koordinieren, um die bestmögliche Therapie für die Patientinnen und Patienten zu erreichen.
Deutliches Verbesserungspotenzial besteht allerdings auch an den bestehenden Zentren,
da nur 2 Zentren bisher ein durchgehend strukturiertes Programm mit einem Koordinator
vorhalten. Bei der Hälfte der Zentren besteht zumindest eine teilweise Umsetzung.
Die Etablierung von zentralen Koordinatoren/Spezialisten, z.B. in Form von Professuren
für Seltene Erkrankungen, könnte helfen, die Aufgaben für die Zukunft besser zu lösen.
Die Koordination von Diagnostik und der teilweise sehr aufwendigen und teuren Therapie
von Patientinnen und Patienten mit Seltenen Knochenerkrankungen ist eine zentrale
Herausforderung für die Zukunft. Über die bessere Sichtbarkeit vorhandener Zentren
für Seltene Knochenerkrankungen und eine zunehmende Kooperation und Spezialisierung
kann auch eine entscheidende Verbesserung in der Forschung bezüglich der Seltenen
Knochenerkrankungen erwartet werden.
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