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DOI: 10.1055/a-1235-1520
Management der Primären Ciliären Dyskinesie
Management of Primary Ciliary DyskinesiaSupported by: Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung Münster Om2/009/12, Om2/015/16, Om2/010/20
Supported by: Bestcilia 305404
- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Klinische Versorgung
- Therapeutische Versorgung
- Nicht-respiratorische Manifestationen
- Besondere klinische Szenarien
- Rehabilitationsmaßnahmen
- Ausblick
- Literatur
Zusammenfassung
Die Primäre Ciliäre Dyskinesie (PCD, MIM 242650) ist eine seltene hereditäre Multisystemerkrankung mit klinisch heterogenem Phänotyp. Leitsymptom ist eine chronische Sekretretention der oberen und unteren Atemwege, welche durch die Dysfunktion motiler respiratorischer Zilien entsteht. In der Folge kommt es zur Ausbildung von Bronchiektasen, häufig zu einer Infektion durch Pseudomonas aeruginosa sowie einer abnehmenden Lungenfunktion bis hin zum Lungenversagen.
Bislang gibt es kaum evidenzbasierte Therapieempfehlungen, da randomisierte Langzeitstudien zur Behandlung der PCD fehlten. In diesem Jahr wurden die Daten einer ersten placebokontrollierten Medikamentenstudie bei PCD veröffentlicht. Anlässlich dieses Meilensteins im Management der PCD wurde der vorliegende Übersichtsartikel als Konsens von Patientenvertretern sowie Klinikern, die langjährige Erfahrung in der Behandlung der PCD haben, verfasst. Diese Arbeit bietet eine Zusammenfassung aktuell eingesetzter Behandlungsverfahren, die überwiegend auf persönlichen Erfahrungen und Expertenmeinungen beruhen oder von anderen Atemwegserkrankungen wie der Cystischen Fibrose (CF), COPD oder Bronchiektasen-Erkrankung abgeleitet werden. Da es derzeit keine kurative Therapie für PCD gibt, stehen symptomatische Maßnahmen wie die regelmäßige Reinigung der Atemwege und die Behandlung von rezidivierenden Atemwegsinfektionen im Fokus. Nicht respiratorische Manifestationen werden organspezifisch behandelt. Um neben der ersten Medikamentenstudie mehr evidenzbasiertes Wissen zu generieren, werden weitere Projekte etabliert, u. a. ein internationales PCD-Register. Hierüber wird Patienten der Zugang zu klinischen und wissenschaftlichen Studien erleichtert und die Vernetzung behandelnder Zentren gefördert. Des Weiteren können Erkenntnisse über eine Genotyp-spezifische Erkrankungsschwere erlangt werden, um folglich die therapeutische Versorgung der Patienten zu verbessern und somit zu individualisieren.
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Abstract
Primary Ciliary Dyskinesia (PCD, MIM 242650) is a rare, hereditary multiorgan disease characterized by malfunction of motile cilia. Hallmark symptom is a chronic airway infection due to mucostasis leading to irreversible lung damage that may progress to respiratory failure. There is no cure for this genetic disease and evidence-based treatment is limited. Until recently, there were no randomized controlled trials performed in PCD, but this year, data of the first placebo-controlled trial on pharmacotherapy in PCD were published. This cornerstone in the management of PCD was decisive for reviewing currently used treatment strategies. This article is a consensus of patient representatives and clinicians, which are highly experienced in care of PCD-patients and provides an overview of the management of PCD. Treatments are mainly based on expert opinions, personal experiences, or are deduced from other lung diseases, notably cystic fibrosis (CF), COPD or bronchiectasis. Most strategies focus on routine airway clearance and treatment of recurrent respiratory tract infections. Non-respiratory symptoms are treated organ specific. To generate further evidence-based knowledge, other projects are under way, e. g. the International PCD-Registry. Participating in patient registries facilitates access to clinical and research studies and strengthens networks between centers. In addition, knowledge of genotype-specific course of the disease will offer the opportunity to further improve and individualize patient care.
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Einleitung
Die Primäre Ciliäre Dyskinesie (PCD) ist eine genetisch heterogene Multisystemerkrankung, die durch eine Dysfunktion motiler Zilien charakterisiert ist. Die PCD manifestiert sich im Bereich der unteren und oberen Atemwege durch einen dauerhaften Sekretverhalt, sodass die Betroffenen an chronischem, produktivem Husten, rezidivierenden Atemwegsinfektionen, Bronchiektasenbildung, chronischer Rhinosinusitis (CRS) sowie rezidivierendem Paukenerguss bzw. chronischer Otitis media leiden. Bei genetischen PCD-Varianten, die auch einen Defekt motiler Zilien während der frühen embryonalen Entwicklung aufweisen, ist die prägnanteste nicht respiratorische Organmanifestation das Auftreten von Situsanomalien. Durch eine Dysfunktion motiler Zilien am embryonalen Knoten liegt bei etwa 50 % dieser Patienten ein Situs inversus totalis vor („Kartagener Syndrom“) [1], während Heterotaxien (Lateralisationsdefekte) mit komplexen Herzfehlern seltener auftreten [2].
Derzeit ist es nicht möglich, den genetischen PCD-Defekt zu korrigieren. Daher müssen sich therapeutische Maßnahmen darauf konzentrieren, die Folgeschäden der gestörten Zilienfunktion abzumildern. Die Forschung zu Behandlungsmöglichkeiten der PCD befindet sich noch in den Kinderschuhen, sodass evidenzbasierte Therapieempfehlungen derzeit nur sehr limitiert vorliegen. Die eingesetzten Therapieverfahren beruhen im Wesentlichen auf der persönlichen Erfahrung von Experten bzw. werden von Erfahrungen bei ähnlichen Erkrankungen abgeleitet [3] [4] [5] [6] [7]. Eine frühe Diagnosestellung sowie eine effektive symptomatische Behandlung und interdisziplinäre Betreuung der Patienten ist wichtig, da die Erkrankung zu einer Destruktion der Lunge führt und erhebliche Beeinträchtigungen im Bereich der oberen Atemwege (z. B. Schwerhörigkeit) und anderer Organsysteme (z. B. Fertilitätsprobleme) mit sich bringt.
Die Diagnosestellung bei der PCD ist komplex und meist nur durch eine Kombination aus verschiedenen diagnostischen Methoden möglich [8]. Die Diagnostik ist nicht Teil dieses Artikels, es stehen hierfür aktuell eine europäische [4] sowie eine nordamerikanische Leitlinie [9] zur Verfügung. Zur Abklärung einer PCD sollte immer ein spezialisiertes Zentrum mit Zugang zu allen gängigen diagnostischen Methoden aufgesucht werden.
Es ist bereits bekannt, dass Patienten mit bestimmten Genmutationen einen schlechteren respiratorischen Verlauf zeigen als andere. Dies zeigt nicht nur die enorme Wichtigkeit der phänotypischen und genotypischen Charakterisierung der Patienten, sondern auch die Möglichkeit einer individualisierten Therapie inklusive mutationsspezifischer sowie pharmakogenetischer Therapien, wie sie bereits bei der Cystischen Fibrose (CF) angewandt werden [10].
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Klinische Versorgung
Betreuung in PCD-Behandlungszentren
Die Betreuung von Patienten mit PCD sollte idealerweise in einem Zentrum mit multiprofessioneller Versorgung und Erfahrungen in der Betreuung von PCD-Patienten erfolgen ([Abb. 1]). Empfohlen wird eine regelmäßige Anbindung an diese Zentren mit pneumologischer Routinevorstellung alle 3 – 6 Monate. Hierbei sollten in altersadäquater Form eine Überprüfung der Lungenfunktion, mikrobiologische Untersuchungen von Sekret der oberen und unteren Atemwege sowie die Evaluation der eingesetzten Therapien [4] [5] [6] [7] [9] und die Prüfung der Notwendigkeit bildgebender Verfahren (Röntgenbild, Computertomografie [CT] oder Magnetresonanztomografie [MRT] des Thorax) unter Berücksichtigung des Strahlenschutzes erfolgen [11] [12] [13]. Darüber hinaus sollte den Patienten entsprechend ihrer Bedürfnisse Beratung und Betreuung in folgenden Bereichen angeboten werden: mindestens jährliche HNO-ärztliche Untersuchung inklusive Audiometrie, Überprüfung der atem- und physiotherapeutischen Techniken, sozialrechtliche Beratung, Logopädie, Entwicklungsuntersuchung, Ernährungsberatung und psychologische bzw. psychotherapeutische Unterstützung.
Das Management der PCD erfolgt in speziellen Behandlungszentren durch ein multidisziplinäres und multiprofessionelles Team, u. a. aus Pädiatrie, Innerer Medizin/Pneumologie, HNO, Physiotherapie, Rehabilitations- und physikalischer Medizin, Sozialdienst/Sozialarbeiter, Ernährungsberatung, Psychologie/Psychotherapie, Mikrobiologie, Radiologie, Thorax- und Transplantationschirurgie, Kinderkardiologie/Kardiologie und Kinderwunschzentrum.
Um den Patienten einen einfachen Zugang zu hochqualifizierten Behandlungszentren zu ermöglichen, die Kooperation der Zentren zu unterstützen und das vorhandene Wissen über PCD einer möglichst breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, wurde auf internationaler Ebene ein Netzwerk europäischer Referenzzentren (European Reference Networks [ERNs]) etabliert, innerhalb dessen ein eigenständiges PCD-Netzwerk als Teil des Moduls „Lunge“ (ERN-LUNG) besteht (http://ec.europa.eu/health/ern/policy_en).
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Monitoring der unteren Atemwege
Mikrobiologie
Eine mikrobiologische Untersuchung von Sekreten der unteren Atemwege sollte alle 3 – 6 Monate im Rahmen einer strukturierten Sputumsurveillance erfolgen [4] [5] [6] [7] [9]. Aus Gründen der Praktikabilität wird hierzu Sputum (ggf. induziertes Sputum nach Inhalation hypertoner Kochsalzlösung; [Abb. 2]) oder ein tiefer Rachenabstrich (möglichst nach erfolgtem Husten) verwendet. Eine bronchoskopisch gewonnene bronchoalveoläre Lavage kann bei spezifischer Indikation – z. B. unklare bronchopulmonale Verschlechterung – hilfreich sein. Das gewonnene Material sollte auf das Vorliegen potenzieller Problemkeime wie Pseudomonas aeruginosa und anderer gramnegativer Organismen sowie ab dem 10. Lebensjahr auf nicht tuberkulöse Mykobakterien (NTM) untersucht werden [9] [14] [15] [16] [17]. Die Kenntnis der individuellen Keimbesiedlung bzw. des Vorliegens einer chronischen Infektion ermöglicht eine zielgerichtete Behandlung infektiöser Exazerbationen anhand der vorliegenden Kulturergebnisse (und ggf. Resistogramme) sowie ggf. eine gezielte suppressive Therapie. Einmal jährlich sowie immer bei fehlendem Ansprechen auf eine antibiotische Therapie sollten Pilz-Kulturen erfolgen. In Sonderfällen ist die Abklärung einer allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) inklusive IgE und Aspergillus-spezifischer Antikörper (IgE, IgG) indiziert. Der Stellenwert der Bestimmung Pseudomonas aeruginosa-spezifischer Antikörper bei PCD ist unklar.
Die Probe sollte in einem sterilen Probengefäß gesammelt und innerhalb von 2 – 4 Stunden in ein mikrobiologisches Labor mit Erfahrung in der Bearbeitung von Sputumproben von Patienten mit Cystischer Fibrose (CF) gebracht werden. Zur optimalen Detektion von Pseudomonas aeruginosa sollte die Kulturzeit mindestens 5 Tage betragen.
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Lungenfunktion
Die funktionellen pulmonalen Einschränkungen bei der PCD sind charakterisiert durch eine gemischte, v. a. aber obstruktive Ventilationsstörung, insbesondere mit Flusslimitation der peripheren Atemwege [18] [19]. Da diese Einschränkungen durch die Spirometrie gut zu detektieren sind [20], sollte diese gut etablierte Methode alle 3 – 6 Monate durchgeführt werden. Viele PCD-Patienten haben allerdings über lange Zeit normale Spirometrie-Befunde [18] [21], obwohl klinisch und strukturell bereits Anzeichen einer Lungenerkrankung bestehen, da die Spirometrie nicht sensitiv genug ist, um milde Pathologien der kleinen Atemwege aufzudecken. Somit scheint die Spirometrie nicht immer gut geeignet, den Krankheitsverlauf in der Frühphase zu monitorieren [21].
Demgegenüber ist die Gas-Auswaschmethode („Multiple Breath Washout“ [MBW]) mit Bestimmung des „Lung Clearance Index“ (LCI) in der Lage, frühe Veränderungen der kleinen Atemwege zu erfassen, indem die Homogenität der Lungenbelüftung gemessen wird [19] [21] [22] [23] [24]. Möglicherweise wird sich diese Methode daher insbesondere zur Detektion früher Lungenfunktionsveränderungen in der ersten Erkrankungsphase etablieren. Einschränkend ist allerdings zu beachten, dass die Gas-Auswaschmethode sehr zeitaufwändig und bisher wenig verbreitet ist. Bislang ist darüber hinaus nicht geklärt, wie sich die natürliche Variabilität der Auswaschparameter im Verlauf der Erkrankung gestaltet und ob akute Exazerbationen oder Veränderungen durch therapeutische Interventionen detektiert werden.
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Bildgebung
Bei Diagnosestellung sollte eine Bildgebung des Thorax mit der Frage nach bestehenden Infiltraten, Atelektasen und Hinweisen auf Bronchiektasen durchgeführt werden ([Abb. 3]). Auch bei Exazerbationen ist eine Bildgebung des Thorax zum Ausschluss einer neuen Atelektase zu erwägen, zumal das Risiko für die Entwicklung persistierender Atelektasen im Kindesalter besonders hoch zu sein scheint. Zum Monitoring der Progredienz des Krankheitsverlaufs wird bei Erwachsenen empfohlen, alle 2 – 4 Jahre erneut eine pulmonale Bildgebung zu veranlassen [9]. Die Sensitivität nativer Röntgenbilder ist suffizient für das Erkennen von Atelektasen, reicht allerdings nicht aus, um Bronchiektasen zu detektieren. Daher wird generell empfohlen, mindestens eine Schnittbildgebung nach Diagnosestellung durchzuführen, um das Vorliegen von Bronchiektasen abzuklären.
Als Verfahren mit dem besten Verhältnis von niedriger Invasivität und räumlicher Auflösung sollte die MRT des Thorax, wenn verfügbar, das bildgebende Verfahren der Wahl sein. Die native low-dose CT, die hochauflösende CT (HR-CT) und das native Röntgenbild sind je nach Fragestellung als zweite Wahl zu betrachten. Insbesondere im Kindesalter ist die Indikation für eine HR-CT aufgrund der erhöhten Strahlensensitivität des kindlichen Organismus zurückhaltend zu stellen [11] [25]. Die Durchführung in nativer Technik ist bei der HR-CT ausreichend und spart Strahlendosis ein. Im Falle einer HR-CT sollten weitere individualisierte Einstellungen unternommen werden, um die effektive Strahlendosis im Bereich eines Äquivalents von max. 10 Thorax-Röntgenbildern zu halten.
Bei PCD-Patienten kommt es typischerweise in den mittleren und unteren Lungenlappen zur Bronchiektasenbildung sowie häufig zu Atelektasen von Mittellappen und Lingula [11] [21] [22] [26] [27] [28] ([Abb. 3 a + b]). Bisher gibt es keine allgemeingültigen PCD-spezifischen CT- oder MRT-Scores. Ein longitudinales Erkrankungsmonitoring mittels HR-CT ist aufgrund der Strahlenbelastung, wenn überhaupt, nur in größeren Abständen möglich. Die MRT ist eine strahlenfreie Untersuchungstechnik, die inzwischen auch eine exzellente Darstellung der Lunge ermöglicht und sich ebenfalls zur Verlaufsbeurteilung anbietet ([Abb. 3 c]).
Bez. des Ausmaßes und des Schweregrades der Lungenerkrankung bei CF und Bronchiektasen außerhalb von CF (im weiteren Verlauf als Bronchiektasen bezeichnet) [29] zeigt die MRT eine gute Korrelation mit der HR-CT [12] [27] [30]. Derzeit ist die Auflösung der thorakalen MRT teilweise (je nach Gerät und Protokoll) der HR-CT noch unterlegen, wobei sich z. B. Mucus plugging im MRT auch schon bei Kleinkindern exzellent darstellen lässt [31].
Mittlerweile können in vielen PCD-Zentren i. d. R. sequenzielle Lungen-MRTs anstelle von regelmäßigen Röntgen- oder CT-Untersuchungen angeboten werden.
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Monitoring der oberen Atemwege und des Hörorgans
Fast alle PCD-Patienten leiden bereits im Kleinkindsalter an einem chronischen Paukenerguss infolge der schlechten Belüftung des Mittelohrs [32] ([Abb. 4 a]). Infolgedessen ist mit einer intermittierenden bzw. chronischen Schwerhörigkeit zu rechnen, die eine Sprachentwicklungsverzögerung verursachen kann [32] [33]. In einzelnen Fällen ist auch eine Beteiligung des Innenohrs zu beobachten. Es wird empfohlen, das Gehör von Kindern und Jugendlichen mit PCD mindestens alle 6 – 12 Monate überprüfen zu lassen, um Nachteile bei der Kommunikation durch eine rechtszeitige Verordnung von Hörhilfen auszugleichen [9]. Bei erwachsenen Patienten ist eine jährliche Vorstellung zu empfehlen, bei Bedarf auch häufiger. Mindestens 80 % der PCD-Patienten leiden seit der frühen Kindheit außerdem unter einer behinderten Nasenatmung bzw. chronischen Rhinitis, bei älteren Patienten liegt nahezu immer eine chronische Entzündung der Nasennebenhöhlen (Rhinosinusitis) vor [34], die mit der Bildung von nasalen Polypen einhergehen kann [16] [17] [18] [32] ([Abb. 4 a + b]). Eine behinderte Nasenatmung führt zu einer deutlich eingeschränkten Lebensqualität sowie einem erhöhten Risiko für schlafbezogene obstruktive Atmungsstörungen [5] [14] [35].
Mikrobiologie
In Sekreten der oberen Atemwege von PCD-Patienten mit CRS finden sich regelmäßig pathogene Mikroorganismen. Diese können eine Exazerbation der Rhinosinusitis begünstigen. Gleichzeitig dienen die oberen Atemwege als Reservoir für Pathogene, die potenziell durch Befall der unteren Atemwege bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen zu einer Verschlechterung der respiratorischen Situation führen können, wie es bei Patienten mit CF und Bronchiektasen gezeigt werden konnte [34]. Daher ist es empfehlenswert, insbesondere bei Patienten mit Symptomatik der oberen Atemwege, auch ein regelmäßiges mikrobiologisches Monitoring der oberen Atemwege durchzuführen ([Abb. 5]) [34]. Dies sollte entweder mittels einer nasalen Lavage [5] [36], oder, bei fehlender Kooperation (z. B. junges Patientenalter), als Nasenabstrich erfolgen. Geplante Maßnahmen/OPs in Narkose sollten in der Regel dafür genutzt werden, mikrobiologische Proben von Sekreten der oberen und unteren Atemwege mittels nasaler Lavage und BAL zu gewinnen.
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Bildgebung
Bildgebende Verfahren der oberen Atemwege sind nicht routinemäßig indiziert, jedoch ab dem Grundschulalter bei entsprechenden Beschwerden zu empfehlen. Bei starken Beschwerden (Druckgefühl, Schmerzen), Häufung von infektiösen Exazerbationen sowie zur Planung einer eventuellen Operation sollte eine Schnittbildgebung mittels MRT erfolgen ([Abb. 4 a + b]). Auch zum Monitoring des NHH-Befundes sollte die MRT als bildgebendes Verfahren eingesetzt werden, um den Verlauf zu dokumentieren, z. B. alle 2 Jahre.
Die frühere Empfehlung einer CT-Bildgebung wird aufgrund der Strahlenbelastung nur für spezielle Fragenstellungen empfohlen [35]. Eine alternative bildgebende Diagnostik stellt die digitale Volumentomografie (DVT) dar, die eine der CT mindestens vergleichbare Bildqualität bei einer deutlich niedrigeren Strahlenbelastung (ca. 1/10 der Strahlendosis einer konventionellen CT) aufweist.
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Therapeutische Versorgung
Leider sind aufgrund der äußerst limitierten Datenlage bei PCD evidenzbasierte Empfehlungen zur therapeutischen Versorgung nur sehr eingeschränkt möglich. Unter bestimmten Voraussetzungen kann insbesondere eine medikamentöse Therapie aber zulassungsübergreifend (off-label) verordnet werden.
Therapie der unteren Atemwege
Eine kausale Therapie ist nicht möglich. Daher beruhen die Prinzipien der Therapie auf einer Förderung der Sekretclearance, welche durch Hydratation des Mukus und dessen Mobilisation durch verschiedene Formen der Physiotherapie sowie durch Verstärkung der Hustenclearance erfolgt. Diese Maßnahmen sind effizienter, wenn sie regelmäßig und konsequent durchgeführt werden, aber sie können nicht die kontinuierliche, natürliche mukoziliäre Clearance ersetzen. Daher kommt es trotz konsequent durchgeführter Therapie aufgrund von Mukostase häufig zu sekundären Phänomenen wie Inflammation, chronischen bakteriellen Infektionen, Verlegung und Destruktion von Atemwegen (Bronchiektasen) und akuten Exazerbationen, die einer weiterführenden Behandlung bedürfen.
Inhalative und sekretolytische Therapie
Die regelmäßige Inhalation von hypertoner Kochsalzlösung (möglichst 6 %; off-label use) zur Sekretolyse ist in der Therapie der PCD weit verbreitet, da hypertones Kochsalz die Viskosität des Mukus herabsetzt, sodass das Sekret leichter abgehustet werden kann. Ein positiver Effekt konnte bei Patienten mit Bronchiektasen gezeigt werden [37], wobei klinische Studien zur Wirksamkeit bei PCD bislang fehlen [38]. Teilweise ist vor der Inhalation hypertoner Substanzen der Einsatz kurzwirksamer Bronchodilatatoren notwendig, da es durch das hochprozentige Kochsalz zu einer Enge der Atemwege kommen kann. Eine korrekt ausgeführte Inhalationstechnik ist wichtig, um einen maximal möglichen Therapieeffekt zu erzielen. Eine Überprüfung und ggf. Schulung von Inhalationstechniken sollte regelmäßig erfolgen. Zur Reduktion des Infektionsrisikos ist die Einhaltung von Hygiene bei der Nutzung und der Reinigung der Therapiegeräte unvermeidlich.
Inhalatives Mannitol-Trockenpulver (off-label use) ist eine osmotisch wirksame mukoaktive Substanz, die durch einen Flüssigkeitseinstrom in das Sekret die Viskosität des Mukus reduziert, die mukoziliäre Clearance verbessert und das Abhusten stimuliert. Bei CF-Patienten führt die Inhalation von Mannitol zu einer signifikanten Verbesserung der Lungenfunktion und einer reduzierten Rate bronchopulmonaler Exazerbationen [39]. Bei der Bronchiektasen-Erkrankung liegen inkonklusive Studienergebnisse vor [40]. Eine Studie zur Wirksamkeit von inhalativem Mannitol bei PCD wäre wünschenswert.
Inhalative rekombinante humane DNAse (rhDNAse) (off-label use) reduziert die Sputumviskosität und verbessert die Lungenfunktion bei CF-Patienten, deren Mukus exzessiv hohe Mengen an extrazellulärer DNA enthält, die aus inflammatorischen Zellen freigesetzt wird [41]. Da sich im Sputum von PCD-Patienten ebenfalls eine hohe Zahl neutrophiler Granulozyten nachweisen lässt, ist inhalative rhDNAse potenziell wirksam. Bei Erwachsenen mit Bronchiektasen-Erkrankung zeigte sich allerdings kein Effekt bzw. sogar eine Verschlechterung der Lungenfunktion und eine erhöhte Rate infektiöser Exazerbationen [42] [43] [44]. Somit kann der Einsatz von rhDNAse bei PCD nicht generell empfohlen werden, solange keine Studien die Unschädlichkeit und die Wirksamkeit belegen.
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Physiotherapie und körperliches Training
Therapien zur Reinigung der Atemwege bei PCD sind weit verbreitet und werden an > 80 % der europäischen PCD-Zentren routinemäßig eingesetzt [7], auch wenn es keine klinischen Studien gibt, die die Wirksamkeit atemtherapeutischer Verfahren bei PCD belegen. Die Therapieansätze werden von anderen chronisch suppurativen Lungenerkrankungen abgeleitet, wie z. B. der CF, COPD oder Bronchiektasen-Erkrankung [44]. Erfahrungsgemäß besteht anders als z. B. bei der CF bei PCD-Patienten in der Regel eine sehr gute Hustenclearance. Eine regelmäßige Atemphysiotherapie zur Reinigung der Atemwege bei PCD-Patienten erscheint daher erfolgsversprechend und sollte regelmäßig und dauerhaft durchgeführt werden. Die Ziele der physiotherapeutischen Behandlung umfassen die Mobilisation des Sputums zur Reinigung der Atemwege und die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit durch Steigerung der körperlichen Aktivität und Optimierung der Atemregulation.
Regelmäßiges körperliches Training wird empfohlen, da es die Sekretclearance verbessert und da eine geringe körperliche Leistungsfähigkeit nachweislich mit einer schlechteren Lungenfunktion einhergeht [45]. Es konnte ferner gezeigt werden, dass körperliches Training bei PCD-Patienten eine potentere Bronchodilatation bewirkt als der Einsatz inhalativer Beta-2-Agonisten [46]. Allerdings fehlen Studien, die den langfristigen Einfluss körperlichen Trainings auf die Lebensqualität, die Lungenfunktion und das Überleben untersucht haben. Um während der ambulanten oder stationären Vorstellung eines Patienten eine Einschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Patienten im Alltag und auch unter Belastung zu bekommen, hat sich eine regelmäßige Belastungsevaluation des Patienten mittels z. B. „stair-climb test“ oder „6-Minuten-Gehtest“ bewährt.
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Antibiotische Therapie von pulmonalen Exazerbationen
In den Atemwegen von PCD-Patienten finden sich häufig Keime wie Haemophilus influenzae, Staphylococcus aureus, Moraxella catarrhalis und Streptococcus pneumoniae [6] [16]. Bei fortgeschrittener Lungenerkrankung treten gehäuft Pseudomonas aeruginosa oder andere gramnegative Keime z. B. aus der Gruppe der Klebsiella-Spezies auf [47]. Bei erwachsenen Patienten mit einer Bronchiektasen-Erkrankung scheint eine zugrundeliegende PCD gegenüber anderen Ätiologien mit einem signifikant erhöhten Risiko einer chronischen Pseudomonas aeruginosa-Infektion einherzugehen [48] [49]. Eine kürzlich vorgeschlagene und auch im Alltag praktikable Definition der bronchopulmonalen Exazerbationen zur Anwendung innerhalb klinischer Studien umfasst drei oder mehr der folgenden klinischen Zeichen bzw. Symptome (modifiziert nach Lucas et al., 2019 [50]):
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Vermehrter Husten
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Veränderung von Sputumvolumen und/oder -farbe
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Zunehmende Kurzatmigkeit (Selbstwahrnehmung oder Wahrnehmung der Eltern)
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Entscheidung zum Behandlungsbeginn bzw. zur Behandlungsintensivierung mit einem Antibiotikum aufgrund der pulmonalen Symptomatik
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Unwohlsein, Abgeschlagenheit, Fatigue oder Lethargie
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Neue oder zunehmende Hämoptysen
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Fieber/Temperatur > 38 °C
Analog zu anderen chronischen respiratorischen Erkrankungen wie der protrahierten bakteriellen Bronchitis, CF oder Bronchiektasen ist eine antibiotische Behandlung im Falle einer Exazerbation i. d. R. angezeigt [51] [52]. Die Auswahl der antibiotischen Therapie sollte sich nach den mikrobiologischen Ergebnissen der vorherigen Sputumsurveillance und der Schwere der Exazerbation richten. Bei nicht hospitalisierungspflichtigen Exazerbationen werden häufig orale Breitspektrum-Antibiotika eingesetzt (z. B. Amoxicillin/Clavulansäure) [9] [53]. Es wird eine Therapiedauer von 2 – 3 Wochen empfohlen [9] [54] [55]. Je nach Schwere der Exazerbation, Ansprechen auf eine orale antibiotische Therapie und Resistenzprofil des Erregers können auch intravenöse antibiotische Therapien erforderlich sein. Die Auswahl der Medikamente sollte sich auch hier nach den Resistenzen des Erregers richten. Hier wird analog zur Therapie bei CF und Bronchiektasen-Erkrankung mit niedriger Evidenz eine Therapie über 14 (– 21) Tage empfohlen [44] [55] [56].
Es ist unklar, ob eine antibiotische Eradikationstherapie oder eine prophylaktische Behandlung bei einem erstmaligen spezifischen Keimnachweis indiziert ist, wenn klinische Symptome einer bronchopulmonalen Infektion fehlen. Bei Problemkeimen wie Pseudomonas aeruginosa wird in Analogie zur CF mehrheitlich eine Eradikationstherapie oder Langzeittherapie in Anlehnung an etablierten Protokolle [4] [6] [44] [55] [57] durchgeführt, da davon auszugehen ist, dass eine chronische Pseudomonas aeruginosa-Infektion ähnlich dramatische Auswirkungen auf den klinischen Verlauf hat wie bei Patienten mit z. B. CF oder Bronchiektasen-Erkrankung [58] [59] [60].
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Antibiotische Dauertherapie
Bei Patienten mit chronischen inflammatorischen Erkrankungen der Atemwege werden schon seit vielen Jahren orale Antibiotika wie z. B. Trimethoprim-Sulfamethoxazol zur antibiotischen oder Makrolide zur antiinflammatorischen Dauertherapie eingesetzt [61] [62] [63] [64]. Bei Patienten mit Bronchiektasen oder CF konnte gezeigt werden, dass eine Dauertherapie mit Makroliden zu weniger Exazerbationen und z. T. zu einer Verbesserung der Lungenfunktion führt. Allerdings fanden sich vermehrt Resistenzen gegen Makrolide bei den untersuchten Organismen [61] [64] [65] [66]. Erstmalig wurde nun auch bei der PCD eine Dauertherapie mit Azithromycin in einer prospektiven, randomisierten Multicenterstudie untersucht [67] [68]. Es wurden 90 Patienten zwischen 7 – 50 Jahren und einem FEV1 > 40 % eingeschlossen, welche über 6 Monate entweder Azithromycin oder ein Placebo an 3 Tagen in der Woche erhielten. In der Gruppe mit Azithromycin-Therapie zeigte sich eine signifikant geringere Rate an Exazerbationen. Im Anschluss an die 6-monatige Therapie konnte kein direkter Effekt auf die Lungenfunktion nachgewiesen werden. Es fand sich aber eine signifikant verminderte Anzahl an pathogenen Bakterien bei den Patienten, die mit Azithromycin behandelt wurden. Es gilt in weiteren Studien zu überprüfen, ob sich eine längerfristige Behandlung (> 6 Monate) mit Azithromycin positiv auf die Lungenfunktion auswirken würde. Insgesamt wurde die Behandlung mit Azithromycin sehr gut vertragen, es zeigten sich lediglich geringe Nebenwirkungen, wie z. B. Durchfall.
Darüber hinaus sind dauerhafte antibiotische Therapien bei PCD noch nicht ausreichend evaluiert und dementsprechend nicht zugelassen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein off-label-Einsatz erwogen werden, insbesondere wenn 2 – 3 oder mehr antibiotikapflichtige Exazerbationen in den letzten 12 Monaten vorlagen [44] [69]. Inhalative Aminoglykoside und inhalatives Colistin kommen bei Patienten mit Bronchiektasen und chronischer Atemwegsinfektion durch Pseudomonas aeruginosa zum Einsatz [44] [55] [70] [71] [72] [73] [74]. Ggf. kann bei einer Infektion durch Pseudomonas aeruginosa eine Kombinationstherapie mit hochdosiertem oralen Ciprofloxacin (z. B. 2 × 750 mg bei erwachsenen Patienten) erwogen werden [44] [61]. Von einer dauerhaften oralen Therapie mit einem Fluorochinolon wird aufgrund der Gefahr der Resistenzentwicklung und anderer unerwünschter Wirkungen ausdrücklich abgeraten (vgl. jüngste FDA-Warnungen und Rote-Hand-Briefe; https://www.fda.gov/media/119532/download) [52]. Es ist davon auszugehen, dass eine suppressive antibiotische Therapie von Pseudomonas aeruginosa, ebenso wie bei CF, mit günstigen klinischen Effekten, insbesondere einer Reduktion der Rate an bronchopulmonalen Exazerbationen einhergeht, wobei die entsprechenden klinischen Studien mit inhalativem Colistin zum Beleg dieser Annahme derzeit noch durchgeführt werden (https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03093974). In Anbetracht der aktuellen Datenlage und Zulassungssituation sollte die Therapie mit einem inhalativen Antibiotikum bei einem erwachsenen PCD-Patienten idealerweise im Rahmen einer klinischen Studie erfolgen. Unter den Aminoglykosiden kommen häufig z. B. Tobramycin [75] [76] [77] oder Gentamicin [74] zum Einsatz.
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Chirurgische Therapien der Bronchiektasen
Die Krankheitsschwere bei Bronchiektasie wird aus der Häufigkeit und Intensität von Infektexazerbationen, der radiologischen Ausdehnung der bronchiektatisch umgebauten Bereiche und der respiratorischen Funktionseinbuße im Sinne einer obstruktiven Ventilationsstörung abgeleitet. Mögliche Komplikationen von Bronchiektasen sind Atelektasen, die allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA), chronische Infektionen (v. a. mit Pseudomonas aeruginosa, NTM oder Schimmelpilzen), rezidivierende Pneumonien, Kavernenbildung, Hämoptysen oder ein Pneumothorax [61].
In den meisten Fällen lassen sich diese Komplikationen durch konservative Therapiemaßnahmen managen und eine Stabilisierung des klinischen Zustandes und der Lungenfunktion erreichen. Chirurgische Maßnahmen an der Lunge (Lungenteilresektionen) sollten daher heute nur noch als ultima ratio in Ausnahmefällen durchgeführt werden.
Da die PCD den gesamten Respirationstrakt betrifft, kann eine Resektion betroffener Lungenbereiche die Progredienz der Erkrankung nicht beeinflussen, selbst wenn dies klinisch und radiologisch zunächst zu einer kompletten Beseitigung der Bronchiektasen führt. Da bei der chirurgischen Resektion immer auch gesundes Lungengewebe entfernt wird, haben Patienten mit gleicher Ausgangslungenfunktion nach (partieller) Lobektomie anhaltend schlechtere Lungenfunktionswerte als Patienten mit ausschließlich konservativer Therapie.
Bei einem kleinen Kollektiv von Patienten mit PCD zeigte die Resektion von Bronchiektasen eine negative Auswirkung auf die Lungenfunktion [78].
Eine operative Intervention (Lungenteilresektion) sollte daher nur bei konservativ nicht beherrschbaren Komplikationen wie z. B. chronischer oder engmaschig rezidivierender schwerer Infektion mit Abhängigkeit von einer intravenösen antibiotischen Therapie empfohlen werden. Darüber hinaus kann eine Bronchialarterienembolisation bei refraktären Hämoptysen/Hämoptoe indiziert sein sowie ein therapierefraktärer Pneumothorax eine Lungenlappenresektion oder Pleurodese nach sich ziehen kann. Man geht davon aus, dass eine obstruktive Ventilationsstörung (FEV1 < 60 % vom Soll), fortgeschrittenes Alter (> 60 Jahre) oder Begleiterkrankungen (u. a. Niereninsuffizienz, kardiale Erkrankungen) ungünstige Voraussetzungen für das Ergebnis und den Verlauf nach Resektion darstellen.
Präoperativ sollte eine exakte Erfassung der anatomischen Ausdehnung der Bronchiektasen mittels low-dose-CT erfolgen. Bestenfalls sollte die radiologische Bildgebung im infektfreien/-reduzierten Intervall durchgeführt werden. Eine Bronchoskopie dient dem Ausschluss lokalisierter Veränderungen, ggf. der mikrobiologischen Differentialdiagnose und der makroskopischen anatomiebezogenen Sekretgewinnung. Je nach Fragestellung sollten ausreichend Sekretproben gewonnen werden. Die präoperative Lungenfunktionsuntersuchung sollte mindestens eine Spirometrie, eine Blutgasanalyse und Belastungsuntersuchungen (6-Minuten-Gehtest, Spiroergometrie) umfassen.
Zum Ergebnis nach chirurgischer Intervention bei PCD-Patienten liegen bisher keine randomisierten kontrollierten Studien mit größeren Patientenzahlen vor. Die Indikationsstellung zur Resektion ist immer eine Einzelfallentscheidung, die stets multidisziplinär diskutiert, kritisch und unter Einbeziehung eines PCD-Expertenzentrums gestellt werden sollte.
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Lungentransplantation
Eine Lungentransplantation (LTX) ist bisher bei einer unbekannten, aber sicher sehr kleinen Anzahl von PCD-Patienten erfolgt. Bei einer Auswertung des US-amerikanischen Transplantationsregisters zeigte sich, dass zwischen 1987 und 2015 insgesamt 28 Patienten mit PCD, davon 12 Patienten mit Situs inversus einer LTX unterzogen wurden [79]. In der Medizinischen Hochschule Hannover wurden in den letzten 10 Jahren 5 Patienten mit PCD, davon 3 Patienten mit Situs inversus transplantiert (Ringshausen; persönliche Kommunikation). Die LTX stellt keine Heilung dar und sollte als letzte Therapieoption bei sehr fortgeschrittenem Krankheitsstadium in Einzelfällen immer dann berücksichtigt werden, wenn bei stark eingeschränkter Lebensqualität auch eine Einschränkung des mittelfristigen Überlebens zu erwarten ist. Im Allgemeinen besteht eine Indikation zur Aufnahme auf die Warteliste zur LTX bei einem FEV1< 30 % vom Soll sowie dem Vorliegen mindestens eines zusätzlichen Problems, z. B. einer Hypoxämie mit Indikation zur Langzeitsauerstofftherapie, einer Hyperkapnie mit Indikation zur nicht invasiven Beatmung, bei gehäuften schweren pulmonalen Exazerbationen (> 3 – 4/Jahr, die einer Hospitalisation und intravenösen antibiotischen Therapie bedürfen), bei trotz Bronchialarterienembolisation refraktären Hämoptysen/Hämoptoe oder refraktärem Pneumothorax. Eine besondere Herausforderung für den behandelnden Chirurgen ist das Vorliegen eines Situs inversus totalis bei etwa 50 % der Patienten [80] [81] [82]. Selbst nach Lungentransplantation bleibt (additiv auch durch die operationsbedingte Denervierung) eine verminderte mukoziliäre Clearance in den zentralen Atemwegen bestehen sowie die Symptome durch Manifestationen an anderen betroffenen Organsystemen.
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Therapie der oberen Atemwege
Mittelohr und Hörstörung
Im Falle einer akuten Otitis media (AOM) wird eine antibiotische Therapie je nach Ausprägung der Entzündung empfohlen. In einigen Fällen kann eine analgetische Therapie bereits ausreichend sein. Anders als bei Kindern ohne Grunderkrankung sollte der Einsatz einer antibiotischen Therapie im Falle einer AOM eher großzügig erfolgen.
Die Behandlung der chronischen Otitis media mit Paukenerguss bei PCD-Patienten wird kontrovers diskutiert. Die Entlastung der Pauke vom Sekret durch eine Parazentese (Trommelfellschnitt) im Vorschulalter kann sehr hilfreich sein, der Nutzen einer Paukendrainage hingegen ist umstritten [83]. Es konnte gezeigt werden, dass durch die Anlage von Paukendrainagen das Hörvermögen zwar verbessert wird, es aber auch gehäuft zu einer chronischen Otorrhoe kommt, die die Hörverbesserung verringert [83] [84] [85] [86]. Die europäischen Richtlinien sprechen sich eher gegen die Anlage von Paukendrainagen und für ein abwartendes Verhalten mit bedarfsgerechter Verordnung von Hörhilfen aus [3] [4]. Die amerikanischen Empfehlungen raten eher zur Anlage von Paukendrainagen [9] [87], wobei mit einer Studie argumentiert wird, bei der u. a. die Otorrhoe gut kontrolliert werden konnte [88]. Erfahrungsgemäß wird unterschätzt, dass nach der Abstoßung der Paukendrainagen permanente Perforationen des Trommelfells ([Abb. 4 c]) und die Besiedlung mit resistenten Keimen deutlich häufiger als bei gesunden Kindern vorkommen. Bei vorliegender Besiedlung mit Problemkeimen wie z.B. Pseudomonas aeruginosa ist eine potenzielle Adhäsion an Fremdmaterialen, wie z. B. Paukendrainagen, außerdem zu bedenken.
Die operative Sanierung einer Perforation ist aufgrund der PCD deutlich aufwändiger. Hinzu kommt die fortbestehende Ohrsekretion, die das Tragen einer Hörhilfe unmöglich macht.
Insgesamt ist die Beteiligung des Mittelohres mit zunehmendem Patientenalter spontan rückläufig [83]. Die Anpassung von Hörgeräten stellt daher diesbezüglich eine unkomplizierte Lösung dar, die an den individuellen Bedarf angepasst werden kann. Ob eine dauerhafte antibiotische Therapie z. B. mit Makroliden einen positiven Effekt auf die Beteiligung des Mittelohres mit begleitender Hörstörung hat, ist unklar und sollte in klinischen Studien adressiert werden.
Insgesamt sollten Interventionen am Mittelohr immer kritisch hinterfragt und nur in Rücksprache mit dem behandelnden Zentrum geplant werden. Die Rarität der Erkrankung reduziert naturgemäß die Kenntnis der Besonderheiten der Therapie der PCD bei HNO-Ärzten, sodass die Sensibilisierung hierfür eine der wesentlichen Aufgaben eines PCD-Zentrums darstellt.
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Sinonasale Erkrankung
Inhalative und sekretolytische Therapie
Die Behandlung der CRS bei PCD-Patienten konzentriert sich maßgeblich auf konservative Maßnahmen. Bei anhaltender nasaler Obstruktion und/oder CRS wird häufig eine Sekretolyse durch regelmäßige Durchführung einer Nasendusche oder durch sinonasale vibrierende/pulsierende Applikation (hochprozentiger) Kochsalzlösung angestrebt [5], um zähes Sekret in den Nasennebenhöhlen zu mobilisieren. Neben einer korrekten Inhalationstechnik ist es wichtig, dass ein Therapiegerät eingesetzt wird, welches das Aerosol tatsächlich bis in die Nasennebenhöhlen transportiert. Des Weiteren ist auf einen hohen hygienischen Standard bei der Nutzung und der Reinigung der Therapiegeräte zu achten, um das Risiko für Infektionen zu reduzieren.
Bei Patienten mit CRS ist der Einsatz von topischen Steroiden weit verbreitet, insbesondere wenn nasale Polypen vorliegen [34] oder zur Rezidivprophylaxe bei Z. n. Polypenentfernung. Erfahrungsgemäß scheint die Gabe von topischen Steroiden auch bei PCD-Patienten ein Rezidiv der Polypen zu verzögern. Ob eine Behandlung mit Steroiden die Gefahr einer bakteriellen Infektion bei PCD-Patienten erhöht, ist nicht erwiesen, sollte aber insbesondere bei systemischer Gabe und chronischer Keimbesiedlung der Atemwege unbedingt bedacht werden.
Physiotherapie
Die Überprüfung und Übung von Techniken zur Reinigung der oberen Atemwege sollte durch geschulte Physiotherapeuten mit Erfahrung im Bereich chronisch suppurativer Erkrankungen der oberen Atemwege erfolgen. Welche Methode zum Einsatz kommt, wird individuell entsprechend der Expertise des Therapeuten und der Akzeptanz durch den Patienten festgelegt. Entsprechende valide Studien sind in diesem Bereich nicht verfügbar. Nasenduschen sowie andere Nasenspülvorrichtungen werden von PCD-Patienten jeden Alters sehr häufig und erfolgreich eingesetzt.
Antibiotische Therapie von sinonasalen Exazerbationen
Bei PCD-Patienten kommt es häufig zu einer akuten Rhinosinusitis im Sinne einer Exazerbation der bereits bestehenden CRS. Da es keine randomisierten, kontrollierten oder prospektiven Langzeit-Studien zu Exazerbationen der CRS bei PCD gibt, richtet sich die Definition sowie die Behandlung nach den allgemeinen Richtlinien für akute und chronische Rhinosinusitis [35] [89]. Parallel zur antibiotischen Behandlung bei Exazerbationen der unteren Atemwege sollte sich die Auswahl einer antibiotischen Therapie auch im Bereich der oberen Atemwege stets nach aktuellen mikrobiologischen Kulturergebnissen richten. Wenn diese nicht verfügbar sind, werden häufig orale Breitspektrum-Antibiotika eingesetzt. Eine lokale antibiotische Behandlung ist nicht indiziert, bei Notwendigkeit einer Therapie sollte stets systemisch behandelt werden. Ggf. kann im Einzelfall bei mittels Nasenlavage nachgewiesener (chronischer) Pseudomonas aeruginosa-Infektion auch eine lokale (suppressive) antibiotische Therapie im Sinne einer sinonasalen Applikation, z. B. mit Gentamicin, Tobramycin oder Colistin, sinnvoll sein, insbesondere wenn gehäufte sinonasale Exazerbationen bestehen oder eine Eradikation angestrebt wird (z. B. bei Erstnachweis oder vor Lungentransplantation) [90] [91].
Chirurgische Maßnahmen
Endonasale chirurgische Eingriffe an den Nasennebenhöhlen (NNH) sollten bei PCD-Patienten sehr zurückhaltend erfolgen [34]. Eine Indikation ist bei obstruierender Polyposis bzw. Komplikationen wie z. B. der Verformung des Gesichtsschädels gegeben. Eine NNH-Bildgebung (CT/MRT) ist als alleinige Indikation zur OP nicht ausreichend. Die Operation sollte unter maximaler Schonung der nicht polypös veränderten Schleimhaut erfolgen. Dies ist unter Anwendung bestimmter Techniken (z. B. „Shaver“) bei entsprechender Erfahrung am besten zu erreichen.
Der chirurgische Eingriff beinhaltet u. a. die großflächige Entfernung der medianen Kieferhöhlenwand („Fensterung“ der Kieferhöhle), um durch den vergrößerten Zugang von Luft und inhalativen Mitteln die Fließeigenschaften der Sekrete zu erhöhen. Das Vorgehen erfolgt unter der Annahme, dass die OP die systemische Grunderkrankung nicht kausal, sondern nur symptomatisch beeinflussen kann.
Postoperativ ist eine regelmäßige Sekretdrainage erforderlich. Diese wird durch eine Kombination von Inhalationen und Spülungen bzw. ggf. durch ein Absaugen durch den HNO-Arzt gewährleistet. Der Schwerpunkt liegt auf der Nasenspülung. Die Rezidivfreudigkeit der Nasenpolypen ist sehr individuell und kann im Einzelfall auch einen geplanten kurzfristigen Nachsorgeeingriff (second look-OP) notwendig machen.
Einige Studien lassen vermuten, dass die NNH bei Patienten mit PCD als bakterielles Keimreservoir fungieren, welches wiederholt Infektionen der unteren Atemwege begünstigt [83] [87] [92]. Einzelne Autoren nehmen an, dass ein chirurgischer Eingriff als Teil einer Eradikationstherapie von pathogenen Bakterien sinnvoll sein könnte [34] [83] [93]. Die Aussage dieser Studien ist limitiert und bezieht sich auf spezielle Fälle, z. B. vor Lungentransplantation.
Es gibt Fallberichte über CF Patienten, bei denen es zur Akquisition von Pseudomonas aeruginosa im Rahmen von HNO-Operationen kam [94]. Der langfristige Erfolg der operativen Behandlungsstrategie der NNH ist bei PCD-Patienten nicht nachgewiesen. Erfahrungsgemäß werden viele PCD-Patienten bei ausbleibender Verbesserung der Symptomatik mehrfach operiert [95]. Aufgrund fehlender klinischer Studien können daher OP-Indikationen bei den einzelnen Patienten objektiv nur als „individuelle Heilversuche“ betrachtet werden, die auf den persönlichen Erfahrungen der indizierenden Ärzte beruhen. Da diese naturgemäß bei PCD auf Einzelfälle limitiert sind, ist die prognostische Aussagekraft begrenzt. Studien zur Erfassung der Lebensqualität vor und nach einer NNH-OP wären zur Beantwortung dieser Frage sehr wünschenswert.
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Nicht-respiratorische Manifestationen
Fertilität
Da die Struktur des Spermienschwanzes der respiratorischer Zilien sehr ähnlich ist [96], zeigen viele männliche Patienten mit PCD in Abhängigkeit des zugrundeliegenden genetischen Defektes eine Infertilität aufgrund einer gestörten Spermienbeweglichkeit und/oder verminderten Spermienzahl (Oligozoospermie) [97]. Bei Frauen mit PCD wird vermutet, dass eine reduzierte Fertilität vorliegt und ektope Schwangerschaften gehäuft vorkommen [98] [99] [100]. Über den genauen Pathomechanismus ist wenig bekannt, und es mangelt an klinisch wissenschaftlichen Studien [101]. Bei (unerfülltem) Kinderwunsch sollte den Patienten und der Partnerin/dem Partner in jedem Fall eine ausführliche Beratung in einem qualifizierten Kinderwunschzentrum, in einer Sprechstunde für Risikoschwangerschaften sowie eine humangenetische Beratung angeboten werden. Eine Schwangerschaft durch assistierte Reproduktion, wie z. B. In-vitro-Fertilisation (IVF) oder intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI), wurde in einigen Fällen berichtet [101] [102] [103]. Abgeleitet von anderen chronischen Lungenerkrankungen, haben Frauen mit einem FEV1 > 50 – 70 % vom Soll, die einen guten Ernährungszustand haben (Body-Mass-Index [BMI] > 20 – 22 kg/m2), i. d. R. gute Chancen, eine normale Schwangerschaft inkl. vaginaler Spontanentbindung zu erleben. Die wichtigsten Risikofaktoren für einen komplizierten Schwangerschaftsverlauf sind ein schwergradig eingeschränktes FEV1, ein niedriger BMI sowie das Vorliegen weiterer Komplikationen wie eine aktive ABPA oder eine pulmonale Hypertonie. Von einer Schwangerschaft abzuraten ist bei einem FEV1 < 30 % vom Soll, bei respiratorischer oder ventilatorischer Insuffizienz und bei pulmonaler Hypertonie. Sollte eine Schwangerschaft eintreten, ist eine multidisziplinäre Betreuung von Patientinnen mit PCD empfehlenswert, welche mindestens eine regelmäßige gynäkologische und internistisch-pneumologische Versorgung umfasst. Von der Betreuung von Patientinnen mit CF ist bekannt, dass eine Schwangerschaft Effekte auf die Lungenfunktion haben kann [104] [105]. Das Hauptproblem während einer Schwangerschaft ist das erhöhte Risiko für Frühgeburtlichkeit und das (mit Voranschreiten der Schwangerschaft und sich verschlechternder Atemmechanik steigende) Risiko für bronchopulmonale Exazerbationen. Ab der 24. Schwangerschaftswoche sollte eine engmaschige, z. B. 4-wöchentliche pneumologische Vorstellung erfolgen, um Komplikationen zu antizipieren. Die Entbindung sollte möglichst in einem PCD-Zentrum mit der Möglichkeit multiprofessioneller Versorgung erfolgen.
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Angeborene Herzfehlbildungen
Da ein Teil der PCD-Patienten angeborene Herzfehlbildungen aufweist [2] [106], sollte bei der Diagnosestellung mindestens einmalig eine Echokardiografie durchgeführt werden. Wird bei einem Patienten ein kongenitaler Herzfehler nachgewiesen, ist eine kardiologische Betreuung erforderlich. Die Herausforderung hierbei besteht darin, dass die PCD nicht in Vergessenheit gerät. Bei PCD-Varianten, die mit Lateralitätsdefekten assoziiert sind, ist das Risiko für das Auftreten von Isomerie-Syndromen (Ivemark-Syndrom) deutlich erhöht. Betroffene Individuen können komplexe Herzfehler und anatomische Fehlbildungen z. B. der Gefäßverläufe aufweisen. Bei Links-Isomerie-Syndromen kommt es häufig zu einer Polysplenie ([Abb. 6 a]), die i. d. R. keine pathogene Bedeutung besitzen. Bei den Rechts-Isomerie-Syndromen kann es jedoch zu einer angeborenen Asplenie kommen ([Abb. 6 b]). Daher muss eine solche Anlagestörung sonografisch ausgeschlossen werden. Individuen mit einer angeborenen Asplenie sollten von einem Immunologen mitbetreut werden und bedürfen einer prophylaktischen antibiotischen Therapie, da das Sepsis-Risiko deutlich erhöht ist.
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Hydrocephalus und mentale Retardierung
In Abhängigkeit vom zugrunde liegenden genetischen Defekt ist das Vorkommen eines Hydrocephalus internus bei den meisten PCD-Patienten nur dezent erhöht [107] [108]. Dies basiert auf dem Funktionsverlust ependymaler Zilien, welche den Liquortransport aufrechterhalten [109]. Auf der anderen Seite führen Mutationen in den Genen CCNO und MCIDAS in ca. 10 % zu einem assoziierten Hydrocephalus. Vor Kurzem wurden darüber hinaus De-novo-Mutationen in dem Gen FOXJ1 beschrieben [108]. Bei diesem Erkrankungsbild scheinen betroffene Individuen ein sehr hohes Risiko für einen shuntpflichtigen Hydrocephalus aufzuweisen, da bislang alle berichteten Fälle einen obstruktiven Hydrocephalus aufwiesen. In Abhängigkeit von den klinischen Befunden (z. B. Hinweise für erhöhten Hirndruck) und genetischen Befunden sollte eine MRT-Bildgebung des Schädels erfolgen ([Abb. 6 c]).
Des Weiteren sind „syndromale“ Varianten beschrieben, bei denen zusätzlich zur PCD eine mentale Retardierung vorliegt [110]. Patienten, die zusätzlich zur PCD-Symptomatik Auffälligkeiten im neurologischen Bereich bieten, sollten je nach Ausprägung auch eine neurologische Betreuung erhalten.
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Weitere seltene Manifestationen
Die PCD ist eine Gruppe von Erkrankungen, die sehr heterogen ist und auch sehr seltene Varianten umfasst. Häufig liegen für diese nur Beschreibungen kleine Fallzahlen vor, wie z. B. X-chromosomale Mutationen im Gen RPGR, welche zu Retinitis pigmentosa und damit zur Erblindung von betroffenen männlichen Patienten führt, oder Varianten, die zusätzlich Fehlbildungen bzw. Funktionsstörungen von Organsystemen wie z. B. der Nieren, der Leber, des Skeletts, der Ohren, des Gesichts und der Blutbildung verursachen [96] [109]. Die Therapie muss hier insbesondere individuell gestaltet werden, da es keinerlei standardisierte Behandlungsmethoden gibt, und je nach betroffenen Organsystemen sollte sie immer multidisziplinär erfolgen.
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Besondere klinische Szenarien
Patienten mit PCD sollten alle empfohlenen Impfungen erhalten, insbesondere die Impfungen gegen Pneumokokken sowie jährlich die saisonale Influenzaimpfung. Im Fall von frühen, komplizierten Verläufen kann die monatliche Gabe der Immunprophylaxe gegen den „respiratory syncytial virus“ (RSV) im ersten Lebensjahr erwogen werden.
Potenziell toxische Substanzen für die Lunge sollten PCD-Patienten unbedingt vermeiden, wie z. B. aktiver oder passiver Tabakrauch.
Jeder PCD-Patient mit ungewöhnlicher Anordnung der Körperorgane sollte die entsprechenden Informationen hierüber immer bei sich tragen, z. B. als Notfallausweis in der Brieftasche oder auch auf einem Kettenanhänger. So sind diese wichtigen Informationen dem Ersthelfer bzw. dem behandelnden medizinischen Personal in einer Notsituation wie einem Verkehrsunfall oder einer akuten Appendizitis (Appendix bei Situs inversus totalis oder abdominalis im linken Unterbauch lokalisiert) sofort zugänglich.
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Rehabilitationsmaßnahmen
Aufgrund der Komplexität und Schwere der Symptome und der daraus resultierenden Einschränkungen der sozialen Teilhabe besteht für einen Teil der Patienten mit PCD der Bedarf an einmaligen oder regelmäßigen stationären Rehabilitationsmaßnahmen. Diese sollten in Einrichtungen durchgeführt werden, welche mit dem Krankheitsbild vertraut sind und eine entsprechende substanzielle Erfahrung sowie eine multidisziplinäre fachliche Kompetenz aufweisen. Ziel einer Rehabilitation sind neben der Symptomreduktion eine Optimierung der respiratorischen Funktion und des Krankheitsmanagements, eine Verbesserung der Lebensqualität und sozialen Teilhabe sowie konsekutiv die Reduktion der Gesundheitskosten [111]. Eine medizinische Rehabilitation des erwachsenen Patienten zielt häufig auf den Erhalt oder die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ab. Bei Kindern und Jugendlichen steht die möglichst uneingeschränkte soziale Teilhabe einschließlich des Erhalts oder der Wiederherstellung der Schul- und Ausbildungsfähigkeit im Fokus.
Zu den dringlichsten Indikationen einer Rehabilitation bei PCD-Patienten zählen daher v. a. Einschränkungen der körperlichen Aktivität und Belastbarkeit, der Teilhabe an schulischer/beruflicher Qualifikation sowie der körperlichen, psychischen und seelischen Entwicklung und der Lebensqualität. Dies umfasst auch eine therapierefraktäre respiratorische Funktionsstörung oder therapierefraktäre Beschwerden sowie das Auftreten von Sekundärkomplikationen, wie z. B. Bronchiektasen oder Polyposis nasi.
Themen wie Therapieakzeptanz, Selbstmanagement und Krankheitsbewältigung sollten aufgearbeitet werden, z. B. durch Optimierung und/oder Schulung bereits eingeleiteter Therapien, Motivation zur Therapiedurchführung sowie Erschließen von möglichen Faktoren, die die Therapie behindern, wie z. B. somatische oder psychische Multimorbiditäten (z. B. gastroösophagealer Reflux, Adipositas, ADHS) oder ein belastetes soziales Umfeld.
Rehabilitationsmaßnahmen können nur nachhaltig erfolgreich sein, wenn die durchführende Einrichtung in der Lage ist, den Alltag des Patienten so abzubilden, dass das während des Aufenthaltes bzgl. der Erkrankung Erreichte zu Hause auch umsetzbar ist. Dies erfordert neben einem hohen medizinischen Standard entsprechende Kompetenz in einem multidisziplinären Team (Fachärzte wie z. B. Pneumologen, HNO-Ärzte, spezifisch ausgebildete Pflegekräfte, Physiotherapeuten, Sporttherapeuten, Ernährungsberater, Sozialberater, Psychologen, Pädagogen). Bestimmte diagnostische und therapeutische Mindestanforderungen sollten erfüllt werden, wie z. B. ein leistungsfähiges Lungenfunktionslabor, ein Notfalllabor inklusive Blutgasanalyse, die Möglichkeit zur Bildgebung (v. a. Röntgen), zur Sauerstofftherapie, zur Diagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen, Angebote des Kraft- und Ausdauertrainings, atemphysiotherapeutische Hilfsmittel und der sichere Umgang mit PEG- und Port-à-Cath-Systemen. Standardisierte krankheitsspezifische Patientenschulungen (Kinder, Eltern, Erwachsene) sollten etabliert sein. Bei Schulkindern ist eine Möglichkeit der Beschulung in der Rehabilitation obligatorisch.
Aufgrund des Risikos der pulmonalen Besiedlung mit und Übertragung von Problemkeimen wie Pseudomonas aeruginosa gelten für Rehabilitationseinrichtungen, welche PCD-Patienten aufnehmen, besondere Hygienevorschriften. Diese orientieren sich in der Regel an den Vorgaben für die stationäre Rehabilitation bei CF (nationale Hygienevorschriften, z. B. die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention [KRINKO]) [112]. Essenziell sind u. a. die zeitliche Trennung der Patienten nach Keimstatus (Pseudomonas aeruginosa-negativ oder -positiv, 3/4 MRGN), die Unterbringung in Einzelzimmern mit eigener sanitärer Einrichtung sowie Maßnahmen der Hygienekontrolle vor und während des stationären Aufenthaltes (z. B. mikrobiologische Sputumuntersuchungen). Die strikte Beachtung von Reinigungs- und Desinfektionsvorschriften (z. B. in der Lungenfunktion und in der Physiotherapie) sowie die fortlaufende Weiterbildung des Personals in Hygienebewusstsein und Verhaltensmaßnahmen sind unumgänglich.
Patienten mit MRSA, Burkholderia cepacia und Mycobacterium abscessus und ggfs. weiteren hochtransmissiblen multiresistenten Problemkeimen können derzeit nach einem Konsensus der Rehabilitationseinrichtungen im deutschsprachigen Raum nicht stationär zur Rehabilitation in der Gruppe aufgenommen werden und müssen ggf. „einzeln“ rehabilitiert werden (Unterbringung im Einzelzimmer, einzelne Therapiesitzungen und Schulung), z. B. vor einer Lungentransplantation.
Da aktuell keine standardisierten Rehabilitationsprogramme bei PCD evaluiert oder flächendeckend etabliert sind, orientieren sich die Inhalte an etablierten Konzepten anderer pneumologischer Erkrankungen, v. a. der CF. Als essenzielle Komponenten gelten die folgenden Maßnahmen und Therapieschwerpunkte für Menschen mit PCD, wobei das Programm immer auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten und ggfs. der Familie abgestimmt werden muss:
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Tägliche respiratorische Physiotherapie mit Sekretdrainage unter professioneller Anleitung
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Überprüfung, Schulung und ggfs. Intensivierung der Inhalationstherapie
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Gruppenbasiertes und individuelles Sport- und Trainingsprogramm
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Anleitung in pflegerischen Maßnahmen (z. B. Versorgung einer PEG-Sonde und eines Port-à-Cath-Systems)
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Nach Bedarf ernährungstherapeutische und psychologische Beratung und Intervention
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Kontextorientierte Sozialberatung
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Ärztliche Überprüfung der etablierten Therapie durch z. B. diagnostische Maßnahmen wie Lungenfunktionsverlauf, Blutgasanalysen etc.
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Je nach Notwendigkeit Therapiemodifikationen mit Verlaufsbeobachtung im stationären Setting (immer in Absprache mit dem zuweisenden Zentrum)
Stationäre Maßnahmen bieten hierbei den Vorteil eines täglichen Monitorings des Patienten in einem alltagsnahen Setting über einen längeren Zeitraum von mehreren Wochen mit dem Ziel der nachhaltigen Optimierung der Therapie und des Krankheitsmanagements. Eine enge Zusammenarbeit aller an der Therapie des Patienten beteiligten Ärzte und Einrichtungen sowohl wohnortnah als auch in der Rehabilitation ist für das Erreichen der gesetzten Ziele und für die Nachhaltigkeit des Rehabilitationserfolges unentbehrlich. Hierzu gehört auch die gemeinsame Etablierung von sinnvollen Nachsorgemaßnahmen.
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Ausblick
Aktuell sind die Therapieempfehlungen für PCD in weiten Teilen nicht evidenzbasiert, da randomisierte Langzeitstudien fehlen. Um evidenzbasiertes Wissen zu generieren, wurden bereits einige internationale Projekte etabliert, u. a. ein internationales PCD-Register (www.pcdregistry.eu). Die Aufnahme von Patienten in ein Patientenregister ist sinnvoll, um die behandelnden Zentren für klinische Studien zu vernetzten und den Patienten den Zugang zu klinischen Studien zu erleichtern. Des Weiteren können so besondere Erkrankungsverläufe dieser äußerst heterogen verlaufenden Erkrankung erfasst und Erkenntnisse über eine Genotyp-spezifische Erkrankungsschwere erlangt werden. Das geht einher mit dem steigenden Bewusstsein für eine Korrelation zwischen Genotyp und Phänotyp. Durch die Kenntnis der genetischen Informationen kann die therapeutische Versorgung der Patienten verbessert und sogar individualisiert werden, sodass z. B. Patienten mit Genmutationen mit bekanntermaßen schlechterem respiratorischem Verlauf eine intensivere klinische Betreuung empfohlen werden sollte und zukünftig, ähnlich wie bei der CF, individualisierte, genspezifische sowie pharmakogenetische Therapien eingesetzt werden könnten.
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Interessenkonflikt
PD Dr. Ringshausen bzw. seine Institution haben in den letzten 3 Jahren Forschungsförderung von Bayer, Chiesi, InfectoPharm, Insmed und Grifols, Entgelte für die Teilnahme an klinischen Studien von Boehringer Ingelheim, Celtaxsys, Corbus, Insmed, Parion, Vertex und Zambon und finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Patienteninformations- und Fortbildungsveranstaltungen von Aposan, Bayer, Chiesi, InfectoPharm, Insmed, MSD, Novartis, PARI, und Vertex erhalten. Darüber hinaus hat PD Dr. Ringshausen Honorare für Beratungstätigkeiten und Vorträge von AstraZeneca, Bayer, Boehringer Ingelheim, Chiesi, Grifols, Insmed, Novartis und Zambon erhalten.
Die übrigen Autoren geben, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Prof. Dr. Omran bzw. seine Institution haben in den letzten 3 Jahren Forschungsförderung von Parion und ethris erhalten.
Danksagung
Für die langjährige Unterstützung in der Forschung über Primäre Ciliäre Dyskinesie gilt den Betroffenen und ihren Familien sowie der Selbsthilfegruppe „Kartagener Syndrom und Primäre Ciliäre Dyskinesie e. V.“ ein herzlicher Dank. Besonders bedanken möchten wir uns auch bei allen zusendenden Kollegen aus den verschiedenen Fachdisziplinen wie der Pädiatrie, Inneren Medizin, der HNO und Humangenetik. Aufgrund der Unterstützung diverser Forschungsprojekte sind wir der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie dem Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung Münster, Bestcilia, der Schroeder Stiftung, „Kindness for Kids“, der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung, „Care-for-Rare“ und der Innovativen Medizinischen Forschung ebenfalls zu einem besonderen Dank verpflichtet.
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Publication History
Received: 25 June 2020
Accepted: 29 July 2020
Article published online:
25 September 2020
© 2020. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commecial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/)
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