Einleitung
Das solitäre Pleurafibrom stellt mit einer Inzidenz von 2,8 neuen Fällen pro 100 000
Einwohnern pro Jahr einen seltenen Tumor der Pleura dar. Es entwickelt sich in den
meisten Fällen von der Pleura visceralis aus. Die operative R0-Resektion stellt die
Therapie der Wahl dar. Berichtet wird von einer zum Diagnosezeitpunkt 70-jährigen
Patientin, die 4 Jahre nach Erstdiagnose erneut an einem Rezidiv erkrankte.
Anamnese
Die Patientin stellte sich erstmalig vor 6 Jahren aufgrund einer langsam progredienten
Belastungsdyspnoe vor. Durch den Hausarzt war bereits eine thorakale Computertomografie
veranlasst worden, die eine ausgedehnte thorakale Raumforderung zeigte. Husten bzw.
Auswurf wurden verneint, ebenso thorakale Schmerzen, ein Gewichtsverlust oder Nachtschweiß.
Ein Nikotinkonsum habe nie stattgefunden.
An Nebendiagnosen wurde eine arterielle Hypertonie genannt.
Befunde
Im Rahmen der Erstvorstellung sahen wir eine 70-jährige Patientin in gutem Allgemein-
sowie Ernährungszustand. Körpergröße 161 cm, Körpergewicht 61 kg entsprechend einem
BMI von 23 kg/m2. Über der Lunge war ein vesikuläres Atemgeräusch, linksseitig aufgehoben, auszukultieren.
Darüber hinaus fand sich linksseitig ein gedämpfter Klopfschall.
Laborchemisch zeigt sich ein unauffälliger Befund. Auch elektro- sowie echokardiografisch
zeigte sich ein Normalbefund.
Die durchgeführte Ganzkörperplethysmografie zeigte eine geringe Lungenüberblähung.
Durchgeführt wurde im Rahmen der Erstvorstellung eine digitale Röntgen-Thorax-Untersuchung
([Abb. 1]), die eine ausgedehnte, nahezu vollständig die linke Thoraxseite ausfüllende Raumforderung
zeigte. Pleurasonografisch fand sich keine Ergusskomponente. Die mitgebrachte thorakale
Computertomografie ([Abb. 2]) zeigte eine glatt begrenzte, die linke Thoraxhälfte fast vollständig ausfüllende
inhomogen-hypodense Raumforderung mit breitflächigem Kontakt des Tumors zur Pleura.
Abb. 1 Thorakale Röntgenaufnahme im p. a. Strahlengang sowie linksanliegend: nach rechts
verdrängte Mediastinalorgane. Zwerchfell rechts scharf begrenzt. Randsinus frei. Nachweis
eines nahezu die linke Thoraxseite ausfüllenden Tumors.
Abb. 2 Thorakale Computertomografie: Nachweis einer glatt berandeten, nahezu die linke Thoraxhöhle
vollständig ausfüllenden inhomogen-hypodensen Raumforderung mit breitem flächigem
Kontakt zur Pleura.
Therapie und Verlauf
Nach Durchsicht der thorakalen Computertomografie wurde der Patientin empfohlen, sich
stationär in einer thoraxchirurgischen Abteilung unter der Frage einer operativen
Resektion aufnehmen zu lassen. Dies wünschte die Patientin zum damaligen Zeitpunkt
aus privaten Gründen nicht. Eine Wiedervorstellung erfolgte im darauffolgenden Jahr
aufgrund der anhaltenden Beschwerdesymptomatik. Eine zu diesem Zeitpunkt erneut veranlasste
thorakale Computertomografie zeigte vergleichend zu der Voruntersuchung keinen Nachweis
einer relevanten Befundänderung, insbesondere keinen Hinweis auf einen progredienten
Befund der thorakalen Raumforderung. Zu diesem Zeitpunkt war die Patientin zu einer
stationären Behandlung bereit, die dann veranlasst wurde. Hier wurde zunächst eine
präoperative Diagnostik (Ganzkörperplethysmografie, Diffusionskapazität sowie transthorakale
Echokardiografie) durchgeführt. Nach Vorstellung in der Tumorkonferenz wurde die Indikation
zur operativen Resektion der tumorösen Raumforderung gestellt. Durchgeführt wurde
eine große linksseitige Thorakotomie (5. und 7. ICR) mit extrapleuraler Auslösung
des fast die gesamte linksseitige Thoraxhöhle ausfüllenden Tumors. Es zeigten sich
Verwachsungen und eine Infiltration des Tumors im Bereich der Lingula (hier auch Nachweis
eines großen Gefäßkonvolutes), des vorderen Mediastinums sowie des Zwerchfells (Absetzung
mit einem Klammernahtgerät). Der Tumor hatte eine Größe von 50 × 30 cm und ein Gewicht
von mehr als 2 kg.
Der histologische Befund beschreibt makroskopisch ein 2043 g schweres Tumorexzidat.
Die Oberfläche des Präparates war teilweise höckerig, jedoch überwiegend glatt begrenzt.
Auf lamellierenden Schnitten zeigte sich der Tumor als weißlich-faserig und mit einem
wirbeligen Aufbau. Es stellten sich pseudozystische Areale ([Abb. 3]) dar.
Abb. 3 Histologischer Schnitt des Operationspräparates.
Mikroskopisch ([Abb. 4] und [Abb. 5]) bestand der Tumor aus einer Wucherung spindelig atypischer Zellen, die in dichten
Formationen angeordnet sind. Herdförmig waren Nekrosen entwickelt. Im Randbereich
waren eine bindegewebige Kapsel und herdförmig auch breitere Kollagenfaserbündel zu
erkennen.
Abb. 4 Histologischer Schnitt des Operationspräparates.
Abb. 5 Thorakale Röntgenaufnahme im p. a. Strahlengang sowie linksanliegend: Nachweis eines
Rezidivs des Pleurafibroms im Bereich des linken Lungenoberlappens.
Zusammenfassend wurde ein solitär fibröser Tumor beschrieben, entsprechend einem Pleurafibrom
mit einer leicht erhöhten Proliferationsaktivität (10 %).
Da eine Rezidivneigung des Tumors bekannt ist, wurde in den folgenden Jahren eine
regelmäßige Tumornachsorge durchgeführt. 4 Jahre nach Erstvorstellung stellte sich
bildmorphologisch ([Abb. 5]) dann im Verlauf erstmalig ein progredient wachsendes Rezidiv dar, sodass eine Indikation
zur Re-Thorakotomie gestellt wurde. Hier konnte durch eine atypische Keilresektion
aus dem linken Lungenoberlappen eine vollständige Resektion eines Rezidivs des Pleurafibroms
erreicht werden.
Die Patientin befindet sich derzeit in weitergehender regelmäßiger Tumornachsorge
bei subjektivem Wohlbefinden und ohne den Nachweis eines Rezidivs.
Diskussion
Das solitäre Pleurafibrom stellt mit einer Inzidenz von 2,8 Fällen pro 100 000 pro
Jahr [1] einen seltenen Tumor der Pleura dar. Es kann sowohl von der Pleura visceralis (⅔
der Fälle) wie auch der Pleura parietalis (⅓ der Fälle) ausgehen. In dem oben genannten
Fall ging das Pleurafibrom von der Pleura visceralis aus. Männer sind genauso häufig
wie Frauen betroffen, und die Altersverteilung zeigt einen Gipfel in der 6. bis 7. Lebensdekade,
wobei eine breite Streuung der Altersverteilung gegeben ist. In der Literatur wird
hier eine Spanne zwischen dem 5. und 87. Lebensjahr angegeben [2]. Die Erstbeschreibung dieses seltenen Tumors der Pleura, der nur 5 % der tumorösen
Veränderungen der Pleura ausmacht, geht auf Klemperer et al. im Jahr 1931 zurück.
Seit dieser Zeit sind in der Literatur erst 900 Fälle bis zum Jahr 2005 beschrieben
[3]. Risikofaktoren, die zu einer erhöhten Prädisposition führen, sind nicht bekannt.
Eine bestimmte Beschwerdesymptomatik liegt zum Zeitpunkt der Diagnosestellung meist
nicht vor, oft wird bildmorphologisch der Verdacht auf die Erkrankung als ein Zufallsbefund
gestellt. Uncharakteristische Beschwerden können eine Belastungsdyspnoe, ein thorakales
Engegefühl oder Husten sein. Die Symptome der Beschwerdesymptomatik korrelieren mit
der Größe des Tumors und dem Ausmaß der intrathorakalen Verdrängung der Lunge durch
den Tumor. Die hypertrophe pulmonale Osteoarthropathie, deren Ursache nicht bekannt
ist, stellt das häufigste paraneoplastische Syndrom bei Patienten mit einem solitären
fibrösen Tumor dar. Bei der hypertrophen Osteoarthropathie treten beidseitige arthritisartige
Schmerzen und Schwellung der Gelenke sowie Schmerzen im Bereich der langen Röhrenknochen,
insbesondere der unteren Extremität, auf. Selten liegt auch eine endokrine Paraneoplasie
im Sinne gehäufter Hypoglykämien vor.
Differenzialdiagnostisch kommen alle anderen Tumoren des Brustkorbes ([Tab. 1]) in Betracht, wobei bildgebend häufig die Diagnose bzw. der Verdacht der Diagnose
gestellt werden kann. Eine präoperative histologische Sicherung mittels einer Nadelbiopsie,
die einfach durchzuführen ist, wird im Allgemeinen als nicht notwendig erachtet. Neben
funktionsanalytischen Untersuchungen stellt die bildgebende Diagnostik (thorakale
Computertomografie) die präoperative Untersuchung der Wahl dar.
Tab. 1
Differenzialdiagnosen pleuraler Tumoren.
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Benigne Pleuratumore
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Maligne Pleuratumore
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Sekundäre Pleuratumore
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Mesotheliom
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Lymphome
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Fibrosarkom
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Angiosarkom
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Liposarkom
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Die Behandlung der Wahl des solitären Pleurafibroms stellt die operative Resektion
mit einer vollständigen Entfernung des Tumors in einer R0-Resektion dar. Dies kann
in Abhängigkeit der Größe des Tumors videoassistiert oder aber durch eine Thorakotomie
mit ggf. einer Rippen(-teil)resektion erfolgen. In dem beschriebenen Fall musste aufgrund
der Größe des Tumors die 5. Rippe teilreseziert werde. Da ein Drittel der solitären
Pleurafibrome von der Pleura parietalis (Brustwand, Zwerchfell und Mediastinum) ausgehen,
ist in einem solchen Fall eine extrapleurale Resektion im Gesunden durchzuführen.
Die perioperative Mortalität wird in der Literatur zwischen 0 % und 2 % benannt [4]. In einer Multizenter-Studie aus dem Jahr 2018 mit 78 Patienten wurde bei 11 Patienten
über perioperative Komplikationen, die eine Blutung (n = 11), eine prolongierte Fistelung
(n = 3), anhaltende Interkostalneualgien (n = 1), eine Sepsis (n = 1) und allergische
Reaktionen (n = 1) beinhalteten, berichtet. Die Gesamtmortalität lag hier bei 0 %
und die mittlere Krankenhausverweildauer bei 6 Tagen (Spanne 3 – 25 Tage) [5].
Die R0-Resektion ist sicherlich als der wichtigste prognostische Faktor zu nennen,
der über den weitergehenden Verlauf des Patienten entscheidet. In der Literatur wird
hier ein 90 %-ige Heilung genannt. Rezidive treten am häufigsten innerhalb der ersten
2 Jahre nach Operation auf, können jedoch auch nach Jahren wieder auftreten. In einem
Einzelfall ist ein Rezidiv 20 Jahre nach der primären Operation beschrieben. In unserem
Fall trat das Rezidiv 4 Jahre nach der R0-Resektion auf und konnte videoassistiert
erneut R0-reseziert werden.