Pneumologie 2021; 75(04): 284-292
DOI: 10.1055/a-1240-5998
Originalarbeit

Wahrnehmung der COVID-19-Pandemie unter pneumologischen Fachkräften in Deutschland

Perception of the COVID-19 Pandemic among Pneumology Professionals in Germany
A. Peine
1   Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
,
P. Paffenholz
2   Klinik für Urologie, Uro-Onkologie, spezielle urologische und Roboter-assistierte Chirurgie, Uniklinik Köln, Köln
,
M. Hellmich
3   Institut für Medizinische Statistik und Bioinformatik (IMSB), Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Universität zu Köln, Köln
,
L. Martin
1   Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
,
C. Roderburg
4   Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Charité Campus Virchow-Klinikum und Campus Charité Mitte, Berlin
,
A. Heidenreich
2   Klinik für Urologie, Uro-Onkologie, spezielle urologische und Roboter-assistierte Chirurgie, Uniklinik Köln, Köln
,
G. Marx
1   Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
,
C. Trautwein
5   Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselerkrankungen und Internistische Intensivmedizin (Medizinische Klinik III), Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
,
T. Luedde
6   Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine Universität, Düsseldorf
,
S. H. Loosen
5   Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselerkrankungen und Internistische Intensivmedizin (Medizinische Klinik III), Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
6   Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine Universität, Düsseldorf
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Die COVID-19-Pandemie stellt eine immense Herausforderung für globale Gesundheitssysteme dar. Obwohl weitreichende Präventionsmaßnahmen wie die Erhöhung von intensiv-medizinischen Kapazitäten sowie drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens eine Überlastung des deutschen Gesundheitssystems bislang abwenden konnten, impliziert die COVID-19-Pandemie eine außergewöhnlich hohe Belastung für medizinische Fachkräfte. Die aktuelle Studie präsentiert die Ergebnisse einer Evaluation unter 513 pneumologischen Fachkräften in Deutschland im Zeitraum vom 27. März bis zum 11. April 2020. Während die Mehrzahl der Befragten angab, dass Deutschland gut auf die Pandemie vorbereitet ist, so war diese Einschätzung signifikant schlechter unter Teilnehmenden aus dem ambulanten Sektor, verglichen mit Teilnehmern des Krankenhaussektors (p < 0,001). Zudem wurde ein Mangel an medizinischer Schutzausrüstung signifikant häufiger von Befragten des ambulanten Sektors berichtet (p < 0,001). Die Bedeutung telemedizinischer Ansätze während der COVID-19-Pandemie wurde von der Mehrheit pneumologischer Fachkräfte als „hoch“ (35,2 %) bzw. „sehr hoch“ (17,2 %) eingestuft, wobei Teilnehmende aus dem Krankenhaussektor einen höheren Stellenwert sahen (p < 0,001). Schließlich äußerten 45,8 % der Befragten einen negativen Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die persönliche Stimmung, und 58,3 % zeigten sich stark oder sehr stark besorgt um die Gesundheit ihrer Mitmenschen. Diese Einschätzung war unter weiblichen Teilnehmern und Gesundheits- und Krankenpfleger(-inne)n signifikant stärker ausgeprägt (p < 0,001). Zusammenfassend analysiert die aktuelle Studie erstmalig die beruflichen und persönlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf pneumologische Fachkräfte in Deutschland. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, erste Ansatzpunkte zu identifizieren, wie medizinische Fachkräfte im Verlauf der aktuellen und zukünftiger Herausforderungen besser unterstützt werden können.


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Abstract

The COVID-19 pandemic represents a huge burden on global health systems. Although far-reaching prevention measures such as the increase of intensive care capacities and drastic restrictions of public life have so far been able to avert an overload of the German health care system, the current situation implies an exceptionally high burden on medical professionals. The current study presents the results of an opinion evaluation among 513 pneumology specialists in Germany in the period from March 27th to April 11th, 2020. While the majority of respondents stated that Germany was “well” prepared for the pandemic, this assessment was significantly worse among participants from the outpatient sector compared to the hospital sector (p < 0.001). Furthermore, a lack of medical protective equipment was reported significantly more frequently by respondents from the outpatient sector (p < 0.001). The importance of telemedicine approaches during the COVID-19 pandemic was rated “high” (35.2 %) or “very high” (17.2 %) by most pneumology professionals, with participants from the hospital sector giving a higher rating (p < 0.001). Finally, 45.8 % of the respondents expressed a “negative” influence of the COVID-19 pandemic on their personal mood and 58.3 % expressed “strong” or “very strong” concerns about the health of their fellow human beings. This assessment was significantly stronger among female participants and participants from the nursing sector (p < 0.001). In summary, the current study analyses for the first time the professional and personal impact of the COVID-19 pandemic on pneumology professionals in Germany. The results could help to identify first starting points to better support health professionals during the current and future challenges.


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Einleitung

Der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 12. 03. 2020 zur Pandemie erklärte Ausbruch von SARS-CoV-2 stellt eine dynamische und ernst zu nehmende Bedrohung globaler Gesundheitssysteme dar [1]. Obwohl ein Großteil der COVID-19-Patienten nur leichte Symptome wie Fieber, grippeähnliches Krankheitsgefühl oder Dyspnoe zeigen, kommt es bei schweren Verlaufsformen dieser Erkrankung zu einem akuten Lungenversagen (ARDS, engl. acute respiratory distress syndrome), das eine intensivmedizinische Behandlung oftmals mit maschineller Beatmung oder sogar extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) erfordert [2]. Um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, wurden in Deutschland neben gesamtgesellschaftlichen Ansätzen wie der sozialen Kontaktbeschränkung drastische Akutmaßnahmen im Gesundheitssektor initiiert, um bspw. kurzfristig die Kapazität verfügbarer Intensivbetten zu erhöhen. Diese Maßnahmen implizieren eine außergewöhnliche Belastung für medizinische Fachkräfte aus dem Bereich der Pneumologie, eine Berufsgruppe, die besonders in die Therapie von COVID-19-Patienten involviert ist. Die aktuelle Studie beschreibt, basierend auf einer Online-Umfrage zwischen dem 27. März und dem 11. April 2020, die Wahrnehmung der COVID-19-Pandemie unter pneumologischen Fachkräften in Deutschland, bezogen auf allgemeine, arbeitsbezogene und persönliche Aspekte.


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Material und Methoden

Datenerhebung

Die Datenerhebung fand an allen Tagen zwischen dem 27. 03. 2020 und dem 11. 04. 2020 statt. Die Teilnahme war über ein öffentlich zugängliches, browserbasiertes Umfragesystem möglich (Lime Survey, Version 3.22.10). Alle Daten wurden auf proprietärer Infrastruktur (Serverstandort: Nürnberg) verarbeitet, die Teilnehmenden stimmten der Datenverarbeitung vor Beantwortung des Fragebogens zu. Die Zugangsdaten zur Umfrage wurden von zahlreichen Fachgesellschaften (insb. der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin) über unterschiedliche Informationskanäle (E-Mail, soziale Medien) sowie über das interne Netzwerk von Krankenhäusern verbreitet. Die aktuelle Studie stellt eine Subgruppenanalyse einer größeren Umfrage dar, die separat publiziert wird.


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Statistische Auswertung

Die Daten sind als Prozentwerte der jeweiligen Gruppe und in Gesamtzahlen dargestellt. Der Mann-Whitney-U-Test und der Kruskal-Wallis-Test wurden für den Vergleich ordinaler Daten zwischen 2 bzw. mehreren Gruppen verwendet (beide für Bindungen korrigiert). Im Falle mehrfacher Paarvergleiche wurde das Signifikanzniveau nach Bonferroni korrigiert. Somit wurde bei Vergleichen zwischen 3 Gruppen ein p-Wert von p < 0,017 und bei Vergleichen zwischen 2 Gruppen ein p-Wert von p < 0,05 als statistisch signifikant angesehen. Die Assoziation zweier kategorialer (nominaler) Variablen wurde mittels Pearson-Chi-Quadrat-Test untersucht. Eine punktbiseriale Korrelation (Korrelationskoeffizienten nach Pearson) wurde im Falle einer kontinuierlichen und einer binären Variable verwendet. Statistische Signifikanz wurde angenommen, wenn das 95 %-Bootstrap-Konfidenzintervall Null ausschließen konnte (1000 Bootstrap-Replikationen). Alle Analysen wurden mit SPSS 23.0 (IBM Corporation, Armonk, USA) durchgeführt.


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Ergebnisse

Es nahmen 513 pneumologische Fachkräfte an der Online-Umfrage im Zeitraum zwischen dem 27. März und dem 11. April 2020 teil. Dieser Zeitraum spiegelte den Höhepunkt der täglichen Neuinfektionen in Deutschland wider ([Abb. 1 a]). Von allen Teilnehmenden waren 84,0 % Ärztinnen und Ärzte und 16,0 % Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen. Das mediane Alter lag bei 50 Jahren. 36,8 % der Teilnehmenden gaben ein weibliches und 63,2 % ein männliches Geschlecht an. [Tab. 1] bietet eine detaillierte Übersicht der Studienpopulation.

Zoom ImageZoom Image
Abb. 1 Grafische Darstellung ausgewählter Umfrageergebnisse: Legende siehe folgende Seite. a Der Zeitraum der Datenerhebung (27. 03. 2020–11. 04. 2020, orangene Balken) befand sich innerhalb des maximalen Anstiegs an SARS-CoV-2-Neuinfektionen in Deutschland. b Teilnehmende aus dem ambulanten Sektor bewerten die Vorbereitungen Deutschlands als signifikant besser im Vergleich zum Krankenhaussektor. c Ein Mangel an medizinischer Schutzausrüstung wird signifikant häufiger von Teilnehmenden aus dem ambulanten Sektor berichtet. d Die Relevanz telemedizinischer Ansätze wird von Befragten aus dem Krankenhaussektor höher eingeschätzt, verglichen mit dem ambulanten Sektor. e Die Sorge um die Gesundheit der Mitmenschen ist bei weiblichen Teilnehmenden stärker ausgeprägt. f Die Impfbereitschaft unter pneumologischen Fachkräften ist hinsichtlich eines potenziellen Impfstoffes gegen SARS-CoV-2 signifikant höher im Vergleich zur jährlichen Influenza-Impfung.
Tab. 1

Charakterisierung der Studienpopulation.

Studienpopulation

Anzahl der Teilnehmer

n = 513

Alter (in Jahren, Median und Spanne)

50 [19–79}

Geschlecht (in %)

  • Weiblich

36,8

  • Männlich

63,2

  • Divers

 0

Berufsgruppe (in %)

  • Ärztin/Arzt

84,0

  • Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen

16,0

Arbeitsumfeld (in %)

  • Universitätsklinik/Krankenhaus der Maximalversorgung

18,1

  • Regionales Krankenhaus

40,5

  • MVZ/Arztpraxis

41,3

Arbeitsumgebung im Krankenhaus (in %)

  • Ambulanz

 5,5

  • Normalstation

26,1

  • Intensivstation

20,5

  • Diagnostik

 5,3

  • Nicht zutreffend (z. B. ambulanter Sektor)

42,7

Allgemeine Wahrnehmung der COVID-19-Pandemie unter pneumologischen Fachkräften

Im Hinblick auf das Ausmaß einer potenziellen Bedrohung durch die COVID-19-Pandemie äußerten 50,5 % der Befragten eine mäßige und sogar 21,6 % eine starke Bedrohung. Das empfundene Ausmaß der Bedrohung war signifikant höher bei weiblichen im Vergleich zu männlichen Teilnehmern (p = 0,025) und unter Gesundheits- und Krankenpfleger(-inne)n, verglichen mit Ärztinnen und Ärzten (p = 0,015, [Tab. 2]). Die Frage nach der generellen Vorbereitung Deutschlands auf die COVID-19-Pandemie beantworteten die meisten Teilnehmenden (37,8 %) mit „gut“. Allerdings beurteilten Teilnehmende aus dem ambulanten Sektor (MVZ oder Arztpraxis) die Vorbereitungen als signifikant schlechter, verglichen mit Teilnehmenden aus Universitätskliniken und Krankenhäusern der Maximalversorgung (p < 0,001) sowie regionalen Krankenhäusern (p = 0,003, [Tab. 2], [Abb. 1 b]). Die staatlich vorgeschriebenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens wurden von der Mehrheit der pneumologischen Fachkräfte als „sehr gut“ (54,6 %) bzw. „gut“ (31,3 %) bewertet ([Tab. 2]).

Tab. 2

Allgemeine Wahrnehmung der COVID-19 Pandemie unter pneumologischen Fachkräften.

Gar nicht (1)

Kaum (2)

Mäßig (3)

Stark (4)

Sehr stark (5)

p-Wert

Wie bedroht fühlen Sie sich durch die COVID-19-Pandemie?

4,3 % (22)

19,5 % (100)

50,5 % (259)

21,6 % (111)

 4,1 % (21)

Weiblich

3,7 % (7)

14,8 % (28)

51,9 % (98)

24,3 % (46)

 5,3 % (10)

0,025

Männlich

4,6 % (15)

22,2 % (72)

49,7 % (161)

20,1 % (65)

 3,4 % (11)

Ärztin/Arzt

4,4 % (19)

20,6 % (89)

51,3 % (221)

20,0 % (86)

 3,7 % (16)

0,015

Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen

3,7 % (3)

13,4 % (11)

46,3 % (38)

30,5 % (25)

 6,1 % (5)

Sehr schlecht (1)

Schlecht (2)

Neutral (3)

Gut (4)

Sehr gut (5)

p-Wert

Wie gut ist Ihrer Meinung nach Deutschland auf die COVID19-Pandemie vorbereitet?

5,5 % (28)

32,0 % (164)

20,3 % (104)

37,8 % (194)

 4,5 % (23)

Universitätsklinik/Krankenhaus der Maximalversorgung

4,3 % (4)

20,4 % (19)

14,0 % (13)

55,9 % (52)

 5,4 % (5)

< 0,001

Regionales Krankenhaus

6,3 % (13)

27,9 % (58)

20,2 % (42)

39,9 % (83)

 5,8 % (12)

0,003

MVZ/Arztpraxis

5,2 % (11)

41,0 % (87)

23,1 % (49)

27,8 % (59)

 2,8 % (6)

Wie bewerten Sie die zunehmenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens?

1,2 % (6)

 6,2 % (31)

 6,6 % (33)

31,3 % (156)

54,6 % (272)

Wie bewerten Sie die Qualität der Informationen zu COVID-19 in Deutschland?

8,2 % (42)

 9,7 % (50)

19,9 % (102)

45,8 % (235)

16,4 % (84)

Viel zu wenig (1)

Zu wenig (2)

Genau richtig (3)

Zu viel (4)

Viel zu viel (5)

p-Wert

Wie bewerten Sie die Quantität der Informationen zu COVID-19 in Deutschland?

1,6 % (8)

 9,0 % (46)

35,9 % (184)

43,5 % (223)

10,1 % (52)

Im Fall von multiplen Paarvergleichen wurde das Signifikanzniveau mittels Bonferroni-Korrektur angepasst. Bei 3 Gruppen wurde demnach ein p-Wert von 0,017 als statistisch signifikant angesehen.

Ein verlässlicher Informationsfluss ist während einer globalen Bedrohung von entscheidender Bedeutung. Die Qualität der Informationen zu COVID-19 in Deutschland wurde von den meisten pneumologischen Fachkräften (45,8 %) als „gut“ eingestuft, wohingegen der Großteil der Teilnehmenden die Quantität der Information als „zu viel“ (43,5 %) oder sogar „viel zu viel“ (10,1 %) beurteilte ([Tab. 2]). Im Hinblick auf die Nutzung verschiedener Informationskanäle waren das „Internet“ (86,0 %), „TV-Nachrichten“ (51,3 %) sowie der „Austausch mit Kollegen“ (44,6 %) und „Zeitungen“ (33,5 %) die häufigsten Antworten (Mehrfachnennung möglich), wobei moderne Informationskanäle wie „social media“ (6,6 %), „Podcasts“ (25,7 %) und „Apps“ (5,7 %) weniger häufig verwendet wurden. Interessanterweise zeigte die Nutzung von „social media“ eine negative (r: –0,145; 95 % KI: –0,240 bis –0,047) und die Nutzung von „Zeitungen“ eine positive Korrelation (r: 0,169; 95 % KI: 0,084 bis 0,254) mit dem Alter der Teilnehmenden.


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Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf berufliche Aspekte pneumologischer Fachkräfte in Deutschland

Das Gesundheitssystem stellt zweifelsohne einen der am meisten betroffenen Arbeitssektoren während der COVID-19-Pandemie dar. Auf die Frage, inwiefern sich ihr Arbeitsalltag durch die COVID-19-Pandemie verändert hat, antwortete die Mehrzahl pneumologischer Fachkräfte mit „stark“ (40,2 %) oder „sehr stark“ (46,4 %). Das Ausmaß der Veränderung wurde im Vergleich zum ambulanten Sektor bei Teilnehmenden aus Universitätskliniken und Krankenhäusern der Maximalversorgung (p = 0,011) sowie regionalen Krankenhäusern (p = 0,008) als signifikant höher eingestuft ([Tab. 3]). Ärztinnen und Ärzte sowie Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen beurteilten die Veränderung in einem vergleichbaren Ausmaß (p = 0,965). Der Großteil pneumologischer Fachkräfte befürchtete zudem, dass zurückliegende gesundheitspolitische Entscheidungen einen „stark“ (37,9 %) oder sogar „sehr stark“ (31,0 %) negativen Einfluss auf die COVID-19-Pandemie in Deutschland haben werden ([Tab. 3]). Eine finanzielle Aufwertung ihrer Berufsgruppe durch die COVID-19-Pandemie erwartete der Großteil der Befragten „kaum“ (40,2 %) oder „gar nicht“ (33,5 %). Interessanterweise war diese Einschätzung signifikant positiver unter Gesundheits- und Krankenpfleger(-inne)n im Vergleich zu Ärztinnen und Ärzten (p = 0,001).

Tab. 3

Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf berufliche Aspekte pneumologischer Fachkräfte in Deutschland.

Gar nicht (1)

Kaum (2)

Mäßig (3)

Stark (4)

Sehr stark (5)

p-Wert

Hat sich Ihr Arbeitsalltag aufgrund der COVID-19-Pandemie verändert?

 0,6 % (3)

 1,8 % (9)

11.0 % (56)

40,2 % (204)

46,4 % (235)

Universitätsklinik/Krankenhaus der Maximalversorgung

 0,0 % (0)

 0,0 % (0)

 8,8 % (8)

38,5 % (35)

52,7 % (48)

0,011

Regionales Krankenhaus

 1,0 % (2)

 1,0 % (2)

 9,2 % (115)

37,9 % (78)

51,0 % (105)

0,008

MVZ/Arztpraxis

 0,5 % (1)

 3,3 % (7)

13,8 % (29)

43,3 % (91)

39,0 % (82)

Befürchten Sie, dass zurückliegende gesundheitspolitische Entscheidungen einen negativen Einfluss auf die COVID-19-Pandemie in Deutschland haben werden?

 0,4 % (2)

 8,1 % (41)

22,6 % (114)

37,9 % (191)

31,0 % (156)

Erwarten Sie durch die COVID-19-Pandemie eine finanzielle Aufwertung Ihrer Berufsgruppe?

33,5 % (169)

40,2 % (203)

13.5 % (68)

 9,5 % (48)

 3,4 % (17)

Ärztin/Arzt

35,2 % (149)

41,4 % (175)

13,2 % (56)

 8,0 % (34)

 2,1 % (9)

0,001

Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen

24,4 % (20)

34,1 % (28)

16,6 % (12)

17.1 % (14)

 9,8 % (8)

Noch nie (1)

Einmalig (2)

Nur kurzfristig (3)

Regelmäßig (4)

Dauerhaft (5)

p-Wert

Gab es in Ihrer Einrichtung zu einem Zeitpunkt zu wenig Verbrauchsmaterialien zum Schutz gegen SARS-CoV-2?

22,2 % (112)

 5,9 % (191)

24,6 % (124)

20,0 % (101)

27,3 % (138)

Universitätsklinik/Krankenhaus der Maximalversorgung

40,7 % (37)

 6,6 % (6)

26,4 % (24)

16,5 % (15)

 9,9 % (9)

< 0,001

Regionales Krankenhaus

27,5 % (56)

 6,9 % (14)

30,9 % (63)

17,2 % (35)

17,6 % (36)

< 0,001

MVZ/Arztpraxis

 9,0 % (19)

 4,8 % (10)

17,6 % (37)

24,3 % (51)

44,3 % (93)

Sehr niedrig (1)

Niedrig (2)

Neutral (3)

Hoch (4)

Sehr hoch (5)

p-Wert

Wie beurteilen Sie die Relevanz telemedizinischer Ansätze während der COVID-19-Pandemie?

 2,8 % (14)

15,4 % (78)

29,3 % (148)

35,2 % (178)

17,2 % (87)

Universitätsklinik/Krankenhaus der Maximalversorgung

 1,1 % (1)

 6,6 % (6)

29,7 % (27)

42,9 % (39)

19,8 (18)

< 0,001

Regionales Krankenhaus

 2,0 % (4)

12,3 % (25)

27,9 % (57)

36,8 % (75)

21,1 % (43)

 < 0,001

MVZ/Arztpraxis

 4,3 % (9)

22,4 % (47)

30,5 % (64)

30,5 % (64)

12,4 % (26)

Gar nicht (1)

In Einzelfällen (2)

Tägliche Routine (3)

Gibt es in Ihrer Einrichtung die Möglichkeit den Patientenkontakt durch telemedizinische Ansätze zu reduzieren?

32,7 % (164)

41,6 % (209)

25,7 % (129)

Universitätsklinik/Krankenhaus der Maximalversorgung

31,5 % (28)

41,6 % (37)

27,0 % (24)

0,001

Regionales Krankenhaus

53,7 % (109)

37,4 % (76)

 8,9 % (18)

< 0,001

MVZ/Arztpraxis

12,9 % (27)

45,7 % (96)

41,4 % (87)

Im Fall von multiplen Paarvergleichen wurde das Signifikanzniveau mittels Bonferroni-Korrektur angepasst. Bei 3 Gruppen wurde demnach ein p-Wert von 0,017 als statistisch signifikant angesehen.

Ein Mangel an medizinischer Schutzausrüstung (z. B. Mundschutz oder Schutzkittel) wurde während der COVID-19-Pandemie weltweit in vielen Gesundheitssystemen beobachtet und führt zu einer vermeidbaren Gefährdung des medizinischen Personals [3] [4]. Auch unter pneumologischen Fachkräften in Deutschland berichtete fast die Hälfte der Befragten von einem „regelmäßigen“ (20,0 %) oder gar „dauerhaften“ (27,3 %) Mangel an Verbrauchsmaterialien zum Schutz gegen SARS-CoV-2. Interessanterweise variierte diese Beurteilung signifikant zwischen dem ambulanten Sektor und dem Krankenhaussektor. So berichteten Teilnehmende aus MVZ und Arztpraxen von einem signifikant häufigeren Mangel, verglichen mit Teilnehmenden aus Universitätskliniken und Krankenhäusern der Maximalversorgung (p < 0,001) sowie Teilnehmenden aus regionalen Krankenhäusern (p < 0,001, [Abb. 1 c]). Des Weiteren wurden spezielle COVID-19-Schulungen, verglichen mit dem ambulanten Sektor (47,8 %), signifikant häufiger in Universitätskliniken und Krankenhäusern der Maximalversorgung (64,8 %, p = 0,008) sowie regionalen Krankenhäusern (68,3 %, p < 0,001) angeboten.

Die Implementierung telemedizinischer Ansätze in die routinemäßige Patientenversorgung stellt, insbesondere in Zeiten der sozialen Kontaktbeschränkungen, eine vielversprechende Option dar. Die meisten pneumologischen Fachkräfte (35,2 %) stuften die Relevanz telemedizinischer Ansätze während der COVID-19-Pandemie als „hoch“ ein ([Tab. 3]). Hierbei sahen Teilnehmende aus dem ambulanten Sektor eine signifikant niedrigere Relevanz, verglichen mit Teilnehmenden aus Universitätskliniken oder Krankenhäusern der Maximalversorgung (p < 0,001) und Teilnehmenden aus regionalen Krankenhäusern (p < 0,001, [Abb. 1 d]). Demgegenüber wurde die bestehende Möglichkeit, den Patientenkontakt durch telemedizinische Ansätze zu reduzieren, von Teilnehmenden aus dem ambulanten Sektor im Vergleich zum Krankenhaussektor als signifikant besser eingestuft (p < 0,001 und p = 0,001, [Tab. 4]). Nichtsdestotrotz berichteten 24,0 % bzw. 41,7 % der Befragten von bestehenden bzw. zum Teil bestehenden regulatorischen Einschränkungen hinsichtlich des Einsatzes telemedizinischer Ansätze während der COVID-19-Pandemie.

Tab. 4

Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf persönliche Aspekte.

Gar nicht (1)

Kaum (2)

Mäßig (3)

Stark (4)

Sehr stark (5)

p-Wert

Wie sehr sehen Sie Ihr privates Leben durch die COVID-19-Pandemie eingeschränkt?

0,0 % (0)

 4,6 % (23)

24,1 % (120)

44,2 % (220)

27,1 % (135)

Wie besorgt sind Sie um Ihre eigene Gesundheit im Rahmen der Corona-Pandemie?

7,0 % (35)

30,1 % (150)

44,0 % (219)

13,9 % (69)

 5,0 % (25)

Wie besorgt sind Sie um die Gesundheit Ihrer Mitmenschen?

1,0 % (5)

 6,4 % (32)

34,3 % (171)

43,4 % (216)

14,9 % (74)

Weiblich

1,1 % (2)

 4,4 % (8)

26,8 % (49)

46,4 % (85)

21,3 % (39)

< 0,001

Männlich

1,0 % (3)

 7,6 % (24)

38,7 % (122)

41,6 % (131)

11,1 % (35)

Ärztin/Arzt

1,2 % (5)

 7,4 % (31)

37,1 % (155)

43,4 % (181)

11,0 % (46)

< 0,001

Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen

0,0 % (0)

 1,3 % (1)

20,0 % (16)

43,8 % (35)

35,0 % (28)

Sehr negativ (1)

Negativ (2)

Neutral (3)

Positiv (4)

Sehr positiv (5)

Wie beeinflusst die COVID-19-Pandemie Ihre persönliche Stimmung?

3,9 % (19)

45,8 % (225)

47,3 % (232)

 3,1 % (15)

 0,0 % (0)


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Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf persönliche Aspekte pneumologischer Fachkräfte

Mehrere Studien aus dem asiatischen Raum beschrieben eine erhebliche psychische Belastung bei Mitarbeitern des Gesundheitssystems während des SARS-CoV-2-Ausbruchs. In unserer Studie äußerten 44,2 % und 27,1 % eine „starke“ bzw. „sehr starke“ Einschränkung ihres Privatlebens durch die COVID-19-Pandemie ([Tab. 4]). 44,0 % und 30,1 % der Befragten zeigten sich im Hinblick auf die eigene Gesundheit nur „mäßig“ oder sogar „kaum“ besorgt ([Tab. 4]). Demgegenüber äußerten sich 43,4 % und 14,9 % der pneumologischen Fachkräfte „stark“ oder sogar „sehr stark“ besorgt um die Gesundheit ihrer Mitmenschen. Die Sorge um die Gesundheit der Mitmenschen war signifikant größer unter weiblichen Teilnehmerinnen, verglichen mit männlichen Teilnehmern (p < 0,001), und unter Gesundheits- und Krankenpfleger(-inne)n, verglichen mit Ärztinnen und Ärzten (p < 0,001, [Tab. 4], [Abb. 1 e]). Schließlich gaben 45,8 % und 47,3 % der Befragten an, dass die aktuelle COVID-19-Pandemie ihre persönliche Stimmung negativ bzw. neutral beeinflusst.

Ein potenzieller Impfstoff gegen SARS-CoV-2 könnte zukünftig dazu beitragen, die für die endgültige Viruskontrolle notwendige Herdenimmunität zu erreichen, ohne die vergleichsweise hohe Mortalitätsrate von aktuell ca. 4,5 % (Todesfälle in Bezug auf nachgewiesene Infektionen, [1]) in Kauf zu nehmen. Die Impfbereitschaft hinsichtlich SARS-CoV-2 im Falle eines vorhandenen sicheren Impfstoffes lag unter pneumologischen Fachkräften bei 94,4 % und war signifikant höher im Vergleich zur Impfbereitschaft hinsichtlich der jährlichen Influenzaimpfung (81,3 %, p < 0,001, [Abb. 1 f]).


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Diskussion

Als eine der größten Krisen der Nachkriegszeit erzeugt die COVID-19-Pandemie weltweit einzigartige Anforderungen an die Wirtschaft, an gesellschaftliche Strukturen und v. a. an globale Gesundheitssysteme. Obwohl bis Ende Mai laut Robert-Koch-Institut im Bundesgebiet rund 180 000 Patienten als infiziert gelten und rund 8300 Tote zu beklagen waren, hat sich die Infektionskurve binnen der vergangenen Wochen deutlich abgeflacht. Damit sind die humanitären Konsequenzen für Deutschland im Vergleich zu seinen direkten und transkontinentalen Nachbarn in Relation zu seiner Einwohnerzahl bislang vergleichsweise gering ausgefallen. Es ist davon auszugehen, dass, insbesondere unter Betrachtung der globalen Megatrends wie der Globalisierung und allgemein veränderten Gesellschaftsstrukturen sowie eines fortbestehenden großen Reservoirs von Corona-Viren und anderer humanpathogener Viren, Infektionsausbreitungen wie die COVID-19-Pandemie zukünftig vermehrt auftreten können. Eine der wesentlichen Notwendigkeiten, insbesondere im Hinblick auf die zukünftige globale Reaktion auf derartige Krisen, ist die objektive Erhebung der gesundheitspolitischen Erfolgs- und Risikofaktoren einzelner Länder. Dies umfasst besonders die intensive wissenschaftliche Befragung des in die direkte Behandlung involvierten medizinischen Personals unter Inbezugnahme des wissenschaftlichen und beruflichen Kontextes. Die aktuelle Umfrage stellt, des Wissens der Autoren nach, die größte systematische Erhebung der Perzeption der COVID-19-Pandemie unter pneumologischen Fachkräften im deutschsprachigen Raum dar.

Mit dem Beginn der Krise im Januar 2020 wurden weltweit unterschiedliche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie getroffen. Von moderaten Reisebeschränkungen bis zu radikalen Ausgangssperren trafen verschiedene Länder unterschiedliche Maßnahmen, um die Infektionsausbreitung zu minimieren [5]. Diese Einschränkungen betrafen gleichermaßen den professionellen Kontext. Obwohl die überwiegende Anzahl der pneumologischen Fachkräfte die Vorbereitung des deutschen Gesundheitssystems als gut beurteilte, so war diese Wahrnehmung unter Teilnehmenden aus dem ambulanten Sektor signifikant schlechter. Gerade zu Beginn der Pandemie konzentrierte sich die öffentliche Reaktion stark auf die Schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer und akutmedizinischer Kapazitäten. So existierten laut deutscher Krankenhausgesellschaft vor dem Beginn der COVID-19-Pandemie bundesweit rund 28 000 Intensivbetten, davon 20 000 Beatmungsbetten bei einer Auslastung von 70–80 %. Mit der ab 16. 3. 2020 gültigen Maßgabe des Bundesministeriums für Gesundheit, elektive Operationen zu verschieben, wurden kurzfristig die Kapazitäten auf 40 000 Intensivbetten und 30 000 Beatmungsplätze erhöht [6]. Diese Maßnahmen konzentrierten sich jedoch überwiegend auf den stationären Sektor, wohingegen der ambulante Sektor, der oft als erste Anlaufstelle für betroffene Patientinnen und Patienten dient, weniger politische Beachtung fand. So beklagten signifikant mehr Teilnehmer mit einer Beschäftigung im ambulanten Sektor einen regelmäßigen oder dauerhaften Mangel an persönlicher Schutzausrüstung. In der Gestaltung einer zukünftigen Präventions- und Reaktionsstrategie sollte insbesondere der ambulante Sektor als wesentliches Fundament des Gesundheitssystems mit ausreichenden finanziellen und materiellen Mitteln gestärkt werden. Dies umfasst weiterhin ausreichende und qualitativ kontrollierte Schulungen des pneumologischen Fachpersonals, welche signifikant seltener innerhalb des ambulanten Sektors angeboten wurden. Hier kommt den Fachgesellschaften eine besondere Rolle zu, die sich auch mit verstärkten berufsgruppenspezifischen Fortbildungen an ihre Mitglieder wenden können (etwa analog der amerikanischen American Nursing Association, die mit dem „COVID 19 Guide“ ein spezifisches Informationsangebot für Pflegekräfte geschaffen hat [7]). An dieser Stelle sei auf das COVID-19-Fortbildungsangebot der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin hingewiesen, welches neben Behandlungsempfehlungen und allgemeinen Informationen zur Pandemie auch Online-Interviews der pneumologischen Experten Deutschlands anbietet. Auch können verstärkt neuartige technische Ansätze helfen, Infektionsketten zu unterbrechen und ein flächendeckendes Angebot von fachärztlicher pneumologischer Versorgung zu etablieren. Dies ist insbesondere angesichts der europaweit geringsten Quote von 0,6 Pneumologen pro 100 000 Einwohnern innerhalb von Deutschland von besonderer Bedeutung [8]. Telemedizinische Ansätze, etwa die Einführung von tele-pneumologischen Sprechstunden, aber auch die kurzfristige Schaffung von tele-intensivmedizinischen Kapazitäten [9], können hier nicht nur die Behandlungsqualität verbessern, sondern auch das Infektionsrisiko für pneumologische Fachkräfte vermindern. Voraussetzung hier ist jedoch die deutliche Verbesserung der technisch-administrativen Infrastruktur und der Abbau regulatorischer Hürden.

Obgleich die als Reaktion auf die Pandemie veranlassten Einschränkungen des öffentlichen Lebens von der Mehrheit der Teilnehmenden als „sehr gut“ bzw. „gut“ bewertet wurden, sind die Auswirkungen auf die individuelle, insbesondere psychische Gesundheit nicht zu vernachlässigen. In Übereinstimmung mit zahlreichen internationalen Studien [10] [11] ergab auch unsere Umfrage eine deutliche, aus der aktuellen Situation entstehende psychische Belastung des behandelnden Personals. Gerade zu Beginn der Krise wurden zwar Grundprinzipien für psychologische Notfall-Kriseninterventionen bei Patienten implementiert, die psychische Belastung der Beschäftigten im Gesundheitswesen jedoch häufig vernachlässigt [12]. Dies geschah, obgleich deren besondere Bedeutung für infektiologische Krisen bekannt ist [13]. Insbesondere im Hinblick auf die gestiegene Belastung des Gesundheitspersonals durch Personalmangel und Festlegung von Untergrenzen könnte hier die frühzeitige Unterstützung des unmittelbar an der Patientenbehandlung beteiligten Fachpersonals langfristigen Folgeschäden und krankheitsbedingten Ausfällen vorbeugen.

Ein bemerkenswertes Ergebnis unserer Studie war auch die sehr hohe Bereitschaft pneumologischer Fachkräfte von 94,4 %, sich mit einem potenziellen sicheren Impfstoff gegen SARS-CoV-2 immunisieren zu lassen. Dieser Anteil war signifikant höher, verglichen mit der Impfbereitschaft hinsichtlich der jährlichen Influenza (81,3 %). Insbesondere vor dem Hintergrund der generell höheren Impfbereitschaft, verglichen mit historischen Daten des RKI (Impfquote des Klinikpersonals hinsichtlich Influenza in der Saison 2018/2019: 52,3 %), können und sollten pneumologische Fachkräfte als ausgewiesene Experten eine Vorbildrolle im professionellen Umfeld einnehmen.

Unsere Studie weist einige Limitationen auf: Obwohl die Datenerhebung innerhalb des bisherigen Höhepunkts der täglichen Neuinfektionen in Deutschland durchgeführt wurde, können keine Aussagen über den zeitlichen Verlauf der Einschätzung innerhalb einer hochdynamischen Situation getroffen werden. So sei darauf hingewiesen, dass die aktuelle Umfrage lediglich eine Momentaufnahme darstellen kann, obwohl sich das gesellschaftliche Meinungsbild inklusive der pneumologischen Fachkräfte stetig ändert. Hier könnten mögliche Folge-Umfragen mit einer breiteren Studienpopulation zukünftig zu wichtigen ergänzenden Erkenntnissen führen. Weiterhin ist die Aussagekraft der Studie auf den deutschsprachigen Raum beschränkt und kann nicht auf andere Gesundheitssysteme übertragen werden. Aufgrund der Distribution der Umfrage durch die Medien der Fachgesellschaften konnte kein exakt repräsentatives Bild der professionellen Verteilung im Gesundheitswesen erstellt werden.

Die COVID-19-Pandemie stellt eine historische Herausforderung für Gesundheitssysteme und Gesellschaften weltweit dar. Als eine der größten Studien im deutschsprachigen Raum konnte unsere Studie die Wahrnehmung der COVID-19-Pandemie unter pneumologischen Fachkräften evaluieren. Die Studie konnte signifikante Differenzen in der professionellen Einschätzung zwischen Berufsgruppen, unterschiedlichen Gesundheitssektoren und Versorgungsstrukturen nachweisen. Weiterhin konnten Hürden der Implementierung neuer Versorgungsstrukturen (insbesondere Telemedizin) identifiziert werden. Diese sollten bei der Planung zukünftiger infrastruktureller und medizinischer Ressourcen berücksichtigt werden, um die möglichen negativen Effekte der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen zu mildern.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. A. P. ist Geschäftsführer und Gesellschafter der Clinomic GmbH. L. M. und G. M. sind Gesellschafter der Clinomic GmbH.

Beiträge der Autoren

P. P., S. H. L. und A. P. konzipierten die Studie. P. P., S. H. L. und A. P. erstellten die Fragen der Online-Umfrage; A. P. programmierte das Online-Umfrage-Tool und begleitete die Generierung der Daten. S. H. L., A. P., P. P. und M. H. führten die statistische Auswertung durch und erstellten Tabellen und Abbildungen. S. H. L., A. P. und P. P. verfassten das Manuskript. T. L., L. M., C. R., G. M., A. H. und C. T. gaben intellektuellen Input und korrigierten das Manuskript, alle Autoren stimmten der finalen Fassung des Manuskripts zu.


Korrespondenzadresse

Sven H. Loosen
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Universitätsklinikum Düsseldorf
Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine Universität
Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf
Deutschland   

Publication History

Received: 15 June 2020

Accepted: 14 August 2020

Article published online:
04 November 2020

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