Zahnmedizin up2date 2020; 14(06): 487-501
DOI: 10.1055/a-1247-2377
Endodontologie

Offener Apex – endodontische Versorgung von unreifen Zähnen

Richard Steffen

Unreife Zähne sollten, wenn irgend möglich, vital erhalten werden. Gelingt dies nicht und ist auch eine regenerative endodontische Therapie nicht möglich, brauchen diese Zähne eine Wurzelkanalbehandlung. Die endodontische Versorgung von unreifen, devitalen Zähnen unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten von der von reifen Zähnen. Der Beitrag schildert die wichtigsten Arbeitsschritte, vor allem die Wurzelkanalspülung sowie temporäre und definitive Wurzelfüllungen. Dank neuer Materialien und Techniken können auch bisher hoffnungslose Fälle behandelt werden.

Kernaussagen
  • Unreife Zähne mit offenem Apex sollten unbedingt vital erhalten werden.

  • Die Beurteilung der Vitalität der Pulpa ist essenziell, um die richtigen Behandlungsschritte einzuleiten sowie infektbedingte Pulpanekrosen und Wurzelresorptionen zu verhindern, genauso wie eine Risikoanalyse für endodontische Behandlungen.

  • Neben der klinischen Inspektion und der Suche nach Entzündungszeichen kommt den radiologischen Verfahren immer noch eine große diagnostische Bedeutung zu.

  • Da es sich bei den Patienten um Kinder handelt, kann nicht von der „klassischen“ Endodontie ausgegangen werden. Dazu bedarf es Anpassungen, z. B. an die Arbeitsfeldisolation oder der Aufbereitung des Pulpasystems.

  • Bei unreifen Zähnen sollte möglichst wenig Hartsubstanz von den Kanalwänden abgetragen werden, um die dünnen Wurzeln nicht noch weiter zu schwächen.

  • Für die Messung der richtigen endodontischen Arbeitslänge gibt es 3 Methoden: radiologisches, elektronisches und taktiles Messen. Die tatsächliche Reduktion der Arbeitslänge ist mit von der Toxizität des applizierten Wurzelfüllmaterials abhängig.

  • Zur temporären Einlage eignet sich Kalziumhydroxid, da es die wenigsten Nachteile aufweist.

  • Als Wurzelkanalfüllungen eignen sich bei Kindern neue Materialien auf der Basis hydraulischer Silikat-Zemente (z. B. MTA). Mit ihnen sind auch neuere und schnellere Behandlungsprotokolle möglich.

  • Biodentine sind das zurzeit am besten erforschte MTA-Derivat.

  • Sowohl während und auch am Ende der Behandlung ist ein guter Verschluss des Zugangs zum Endodont sehr wichtig. Nur dichte Endversorgungen verhindern eine Reinfektion oder Verfärbungen.

  • Durch den konsequenten Einsatz von hydraulischen Silikat-Zementen sind die Chancen sehr hoch, devitale Zähne auch bei feuchten oder sogar blutenden Kanälen wenigstens eine gewisse Zeit zu erhalten.



Publication History

Article published online:
11 December 2020

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