ABB. 1 Menschen sind unter anderem sexuelle Wesen. Sie haben Wünsche und Bedürfnisse. Das gilt auch für Menschen mit einer Behinderung.
Abb.: K. Oborny/Thieme Gruppe
Hauptsächlich kam ich durch meine Patienten in der Physiotherapie zur Sexualberatung. Schon damals hat sich für mich gezeigt, dass es Schnittstellen zwischen den Heilberufen und der Tätigkeit der Sexualberatung gibt. Als Physiotherapeuten behandeln wir zum Beispiel Patienten mit Inkontinenz und Beckenbodenproblemen. Für viele dieser Patienten spielt die Diagnose in ihrem Sexualleben eine große Rolle. Diesen Umstand hatte ich vor meiner Beraterausbildung oft außen vor gelassen. Heute kann ich offen mit den Patienten darüber sprechen.
Sicher kennen andere Heilberufe wie Ergotherapeuten Schnittstellen zwischen ihrer therapeutischen Arbeit und der Sexualberatung. Menschen nach Apoplex haben zum Beispiel nicht nur Einschränkungen beim Ankleiden oder Gehen, sondern möglicherweise auch beim Sex. Wenn Ergotherapeuten ihre Klienten im Umgang mit Hilfsmitteln schulen, könnten sie bei Bedarf auch über Sexspielzeug aufklären.
Es ist also ein breites Tätigkeitsfeld, das sich hier ergibt. Allerdings gehören entsprechende Eigenschaften dazu, um Sexualberatung auszuüben. Es bedarf einer hohen Sensibilität, Empathie, Offenheit mit dem Thema Sexualität, sicher eines starken Charakters und einer guten Einschätzung der eigenen Grenzen.
Beratung am besten vor Ort
Beratung am besten vor Ort
In meiner Umgebung gibt es viele Wohngemeinschaften für Menschen mit geistiger Behinderung verschiedener Träger. In einigen davon habe ich bereits Bewohner und Betreuer beraten, sodass ich als Ansprechpartnerin bekannt bin. Meist besuche ich die Bewohner zur Beratung in der Einrichtung. Dort fühlen sie sich wohl, wir sind am Ort des Geschehens und ich kann die tägliche Umgebung miteinbeziehen.
Für mich ist es wichtig, einen Auftrag für meine Arbeit zu bekommen. Insbesondere bei Menschen mit geistiger Behinderung ist es entscheidend, dass ihnen nichts aufgezwängt wird. Dabei können sie – soweit möglich – selbst um Rat ersuchen oder auch deren Eltern und Betreuer. Wird der Auftrag verbal oder nonverbal durch den behinderten Menschen selbst erteilt, gehört er bereits zum Empowerment, der Strategie, die Autonomie des Ratsuchenden zu fördern.
Kontrollierte intuitive Intervention
Kontrollierte intuitive Intervention
Als Instrument für meine Beratung nutze ich die kontrollierte intuitive Intervention. Diesen Beratungsansatz habe ich bei Lothar Sandfort kennengelernt, Leiter des Instituts zur Selbst-Bestimmung Behinderter (ISSB), an dem ich meine Ausbildung zur Sexualberatung absolviert habe. Es handelt sich um einen systemischen Ansatz: Der Klient wird im Zusammenhang seines gesamten Umfeldes betrachtet. Man geht davon aus, dass das Verhalten einer Person vermeintlich ein Problem auslöst. Ich mache mir ein Bild von der Situation und forme eine Hypothese, warum diejenige Person so handelt. Nach der Hypothese erfolgt eine Intervention, die für gewöhnlich eine Verhaltensänderung zur Folge hat. Die hieraus entstehende neue Situation bzw. das neue Verhalten werden wiederum von mir geprüft ([ABB. 2], S. 41).
ABB. 2 Vorgehensweise im Beratungsgespräch anhand der kontrollierten intuitiven Intervention [2]
Abb.: J. Heitkamp; Umsetzung: www.durbandesign.de/ThiemeGruppe
Es ist oft eine Herausforderung, die Äußerungen eines behinderten Menschen zu verstehen und sich in seine Erlebniswelt hineinzuversetzen. Dazu müssen wir Sexualberater, aber letztlich alle Betreuer behinderter Menschen, die „Fühler“ ausstrecken und bewusst beobachten, zuhören, versuchen, die Stimmung zu erspüren, und auf verbales und vor allem auf nonverbales Verhalten achten [1].
Es kann vorkommen, dass eine grundlegende Verhaltensänderung oder das Aufdecken eines Missstandes einen Klienten in eine Krise stürzt. In dem Fall wird ihm durch Alternativen und Lösungsvorschläge aus der Krise geholfen, was seine Persönlichkeit fördert und stärkt.
Fallbeispiel – Auftrag: Ruhe in eine Beziehung bringen
Fallbeispiel – Auftrag: Ruhe in eine Beziehung bringen
Herr Bauer, Betreuer in einer Wohneinrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung, rief mich mit der Bitte für eine Beratung an: Er erzählte mir von Niklas, 30 Jahre alt, der eine Beziehung mit dem zehn Jahre älteren Mitbewohner Johannes eingegangen war. Während Johannes sehr verliebt war und oft den Kontakt zu Niklas suchte, war dieser zeitweise unsicher. Mal durfte Johannes zu ihm ins Zimmer, mal ließ er ihn vor der Tür stehen. Dann gab es laute Auseinandersetzungen und einen verzweifelten, weinenden Johannes. Auffallend häufig geschah dies, wenn ein Betreuer in der Nähe war. Ab und an trafen sich die beiden in der Wäschekammer. Hier und in Niklasʼ Bett fanden sich mehrfach Spermaspuren.
Jeder entscheidet selbst, ob er Sex haben möchte und mit wem.
Das wechselhafte Verhalten von Niklas verwirrte Johannes, machte ihn unglücklich und verschlechterte die Stimmung in der gesamten Wohneinrichtung. Die Betreuer vermuteten, dass Niklas’ Eltern Einfluss nahmen und dass sie die Homosexualität ihres Sohnes nicht anerkannten. Es war bekannt, dass Niklas eine Freundin hatte, die er ab und an besuchte, wenn er am Wochenende bei seinen Eltern war. Diese Verbindung wurde von den Eltern unterstützt. Unter der Woche hatte Niklas keinen Kontakt zur Freundin. Die Betreuer erhofften sich von mir, dass ich Niklas Mut zusprach, zu seinen Gefühlen zu stehen, damit er die Beziehung zu Johannes frei von Scham ausleben könne. Gegebenenfalls würde ein Gespräch mit Niklas’ Eltern helfen, die Akzeptanz der homosexuellen Beziehung ihres Sohnes zu verbessern.
Das Kernproblem herausfinden
Das Kernproblem herausfinden
Herr Bauer und ich verabredeten einen Termin in der Einrichtung mit den beiden Bewohnern und den jeweiligen Bezugsbetreuern. Beim ersten Kontakt ist es wichtig, dass alle Parteien sich aufeinander einstellen können, die Beteiligten sich willkommen und sicher fühlen und merken, dass sie sich aussprechen dürfen. Ich nenne es die Joining-Phase des Gespräches. Eine offene, freundliche Begrüßung und das gewohnte Umfeld helfen dabei.
Ich fragte Niklas und Johannes, ob sie wissen, warum ich hier sei, und ließ mir schildern, worin sie das Problem sehen. Niklas erschien mir sehr zurückhaltend. Dabei hatte ich aber nicht das Gefühl, dass dies sein wahres Naturell ist. Nach einigen Minuten bat ich mit Einverständnis von Niklas und Johannes die Betreuer vor die Tür. Als wir zu dritt waren, machte Johannes Niklas Vorwürfe, etwa dass dieser ihn nicht immer mit ins Zimmer nehmen will.
Sexualität in Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung
Menschen mit geistiger Behinderung haben oft ein geringes Schamgefühl. Sie masturbieren zum Beispiel in Gemeinschaftsräumen oder unterbrechen dies nicht, wenn Betreuer trotz vorherigem Anklopfen ins Zimmer treten. Da die Betreuer sich um Ankleiden, Wäsche und teils Reinigung der Bewohnerzimmer kümmern, werden Spermaspuren in Kleidung oder Bettwäsche ebenso wie stattfindende Masturbation automatisch gesehen. Dies hat nichts mit sexueller Kontrolle zu tun. In gut informierten Einrichtungen wird mit dem Bewohner darüber gesprochen, und für Tabuzonen werden Alternativen gefunden.
Niklas wirkte auf mich weiterhin bedrückt und eingeschüchtert. Darum bat ich nun auch Johannes, den Raum zu verlassen, um allein mit Niklas zu sprechen. Es dauerte einen Moment, bis ich mich in seine einsilbige, undeutliche Aussprache eingefunden hatte, konnte dann aber gut mit ihm kommunizieren. Bei Menschen mit geistiger Behinderung bestehen häufig Sprach- oder Sprechstörungen. Wichtig ist, dass ich als Beraterin gut zuhöre und notfalls wiederholt nachfrage. Die Klienten sollen verstehen, dass es mir wichtig ist zu begreifen, was sie mitteilen wollen.
Nach und nach fragte ich mich durch das Geschehen und zweifelte immer mehr an der mir ausgangs dargestellten Situation. In dieser Phase des Gespräches ging es darum, das tatsächliche Kernproblem herauszufiltern.
Niklas berichtete, dass er eine Freundin habe. In die sei er verliebt. Sie würden sich küssen, das fände er schön. Er sähe sie nur manchmal am Wochenende. Johannes fände er nicht schön. Er sei nicht in ihn verliebt. Er möge es nicht, wenn Johannes mit ihm im Zimmer oder in der Wäschekammer ist. Und er fände es nicht schön, wenn Johannes ihn küsst und anfasst. Er möchte das nicht.
Eine andere Hypothese aufstellen
Eine andere Hypothese aufstellen
Im Gespräch stellte sich für mich klar heraus, dass sich Niklas in der homosexuellen Beziehung nicht wohlfühlte. Wichtig war, dass Niklas Johannes dies selbst mitteilte. Ich bat Johannes wieder herein. Niklas zögerte kurz, sagte dann aber laut und deutlich: „Ich will das nicht mehr.“ Er schaute Johannes dabei sogar in die Augen und fügte hinzu, dass er ihn nicht liebe. Ich war beeindruckt, dass er das direkt aussprechen konnte. Dann fragte ich, ob ich mit den Betreuern über all das reden dürfe, und nach beidseitiger Bestätigung rief ich die Betreuer wieder herein. Nochmals wiederholte Niklas auf meine Aufforderung hin sein Statement. Die Betreuer waren überrascht.
Entgegen aller Vermutungen war Niklas nicht homosexuell (Hypothese). Er konnte sich lediglich nicht gegen Johannes wehren. Wahrscheinlich war Niklas nur in der Lage, sich zu widersetzen, wenn ein Betreuer in Reichweite war. Niklasʼ Verhalten hatten die Betreuer als die Sichtweise seiner Eltern interpretiert.
Für Betreuer, die ihre Schützlinge täglich sehen, ist Objektivität schwierig. Ich kenne das aus meiner Arbeit als Physiotherapeutin. Man formt sich ein Bild und handelt danach. Jemand Außenstehendes, der neutral an die Situation herangehen kann, sieht und beurteilt Dinge oft anders. Und für die Bewohner in der Einrichtung kann es einfacher sein, mit jemandem offen zu sprechen, zu dem sie und die Mitbewohner keine Beziehung haben.
Menschen mit geistiger Behinderung haben oft wenig Schamgefühl.
Abgrenzung unterstützen
Ich empfahl, Johannes und Niklas in der kommenden Zeit konsequent voneinander zu trennen. Besonders abends müsse dafür Sorge getragen werden, wenn weniger Betreuer zugegen sind. Zwar war Niklas körperlich stärker. Johannes aber war ihm kognitiv überlegen und in der Lage, Niklas mit Argumenten zu ködern. Menschen mit einer geistigen Behinderung sind oft leicht zu manipulieren, was auch für den sexuellen Bereich zutrifft [1].
Ich riet den Betreuern, bei Niklas’ Eltern die Telefonnummer seiner Freundin zu erfragen, damit er sie auch unter der Woche anrufen könne. Niklas seinerseits sollte nicht mit Johannes flirten. Hier waren die Betreuer aufgerufen, Niklas’ Fähigkeit, sich abzugrenzen bzw. sich zu wehren, zu verstärken [1]. Diese Lösungsvorschläge bilden in meinem Beratungskonzept die Intervention.
Ein Recht auf Liebeskummer
Ein Recht auf Liebeskummer
Bevor ich zu dieser Beratung kam, gingen die Betreuer davon aus, dass aus der Situation ein glückliches Paar hervorgehen würde. Stattdessen war nun Johannes allein und traurig.
Auch ein Mensch mit geistiger Behinderung hat ein „Recht auf Liebeskummer“ [2]. Er muss diese Erfahrung genau wie jeder andere durchleben, also mit Schmerz, Wut, Trauer und Tränen. Wichtig ist, dass er den Rückhalt der Betreuer hat, die mit ihm darüber reden, ihn aufmuntern und ihn ermutigen, auf lange Sicht einen neuen Partner zu suchen.
Ein zweites Beratungsgespräch steht an
Ein zweites Beratungsgespräch steht an
Das eigentliche Problem lag bei Johannes (neue Hypothese): Er hatte sich in Niklas verliebt und setzte seine sexuellen Bedürfnisse mit ihm durch. Mit den Betreuern verabredete ich ein weiteres Treffen. Dieses Mal mit Johannes, dessen Eltern und Betreuern. Die Betreuer erzählten, dass seit der ersten Beratung beide Männer getrennt wären. Es habe keine Vorkommnisse gegeben und beide Bewohner kämen gut damit zurecht. In der Wohngemeinschaft sei es jetzt ruhiger geworden. Dann erklärte ich den Eltern Alternativen (neue Intervention) bzw. wie man Johannes auf andere Gedanken bringt. Sie könnten mit ihm zum Beispiel mehr Ausflüge machen, wenn er am Wochenende bei ihnen sei. Und auch die Wohngemeinschaft könne etwas organisieren. So gibt es in jeder Region günstige Freizeitangebote verschiedener Träger für Menschen mit Behinderung oder etwa die „Schatzkiste“, die passende Partner sucht (www.schatzkiste-partnervermittlung.eu). Sollte sich auf Dauer ein sexuelles Problem zeigen, wäre eine (männliche) Sexualbegleitung möglich, die ich vermitteln könnte.
Johannes’ Eltern waren allen Vorschlägen gegenüber offen, beharrten allerdings darauf, dass ihr Sohn nicht schwul sei. Ihnen wäre zwar von Johannes’ Verhältnis zu Niklas berichtet worden, aber das sei nicht generell so. Johannes hätte schon von Frauen erzählt, die er toll fand. Im Gespräch erwähnte seine Betreuerin einen länger zurückliegenden „Vorfall“, den ich hinterfragte. Offenbar hatte sich vor einer Weile die Werkstatt gemeldet, in der Johannes arbeitet. Er soll auf der Toilette einen anderen Mann sexuell bedrängt haben. Die Eltern hielten das für Unsinn. So etwas würde ihr Sohn nicht tun, er wäre nicht übergriffig. Außerdem würde er nicht auf Männer stehen. Johannes selbst wollte dazu nichts sagen.
Individuelle Grenzen nicht überschreiten
Individuelle Grenzen nicht überschreiten
Leider gibt es noch immer Eltern, gerade in älteren Generationen, die mit der Homosexualität ihrer Kinder nicht einverstanden sind. Bei Menschen mit geistiger Behinderung ist es noch schwieriger. Diese Menschen bleiben für ihre Eltern oft ein Leben lang „das Kind“, da sie nicht in der Lage sind, sich frei von Hilfe zu versorgen. Sie werden nicht als vollständige Erwachsene angesehen, als Menschen mit eigenen, auch sexuellen Wünschen und Bedürfnissen. Dabei hat jeder Mensch das Recht auf seine eigene Sexualität. Jeder entscheidet selbst, ob und mit wem er Sex haben möchte [3].
Mir war bewusst, dass nach diesen Ereignissen und mit dem neuen Blick durch die Beratung ein besonderes Auge auf Johannes geworfen wurde: Die Eltern mussten sich damit auseinandersetzen, dass ihr Sohn zumindest homosexuelle Tendenzen zeigt, und dies respektieren. Die Betreuer sowohl aus der Wohngemeinschaft als auch der Werkstatt sollten ihn in seiner homosexuellen Ausrichtung unterstützen. Hier galt es jedoch, neben Johannes‘ Wohlbefinden die anderen Bewohner oder Werkstattmitarbeiter zu schützen und zu verhindern, dass Johannes sexuell übergriffig wird und Grenzen anderer überschreitet. Es musste gewährleistet sein, dass Johannes seine Sexualität nur mit Menschen auslebt, die das wollen. Denn Täter sexueller Übergriffe von Menschen mit geistiger Behinderung sind vor allem andere Menschen mit einer geistigen Behinderung [1].
Die Sexualität akzeptieren
Die Sexualität akzeptieren
Der Umgang mit Sexualität wird in Einrichtungen sehr unterschiedlich gehandhabt. Meine Kollegen und ich erfahren immer häufiger, dass recht offen mit dem Thema umgegangen wird, dass es Aufklärung gibt und Bewohner Beziehungen haben dürfen. Es wird ihnen ermöglicht, ungestört Pornofilme anzuschauen. Auch Selbstbefriedigung wird nicht mehr als schmutzig angesehen. Denn Sexualität ist neben Wohnen, Essen, Schlafen und Bekleiden ein menschliches Grundbedürfnis.
Menschen mit Behinderung, die in Einrichtungen leben, sind auf ihre Betreuer angewiesen. Oft können sie nicht selbstständig ausgehen, um jemanden kennenzulernen. Sie können sich nicht selbstständig ein Smartphone oder einen Computer mit Internetzugang besorgen, um eine Dating-Plattform zu benutzen. Auch ein Besuch im Sexshop, um DVDs, Zeitschriften oder erotisches Spielzeug zu kaufen, ist für sie allein oft nicht möglich.
In Einrichtungen, in denen die Sexualität tabuisiert und abgelehnt wird, haben die Bewohner keine Chance, ihre Bedürfnisse auszuleben. Der Psychologe Lothar Sandfort sieht im Unterlassen von Förderung „wohl noch die harmloseste aller gut gemeinten Grundrechtsentzüge“ behinderter Menschen [2]. Denn sie stehen allein mit der Problematik, wissen manchmal selbst gar nicht, was mit ihnen oder in ihnen passiert, übernehmen die Tabuisierung in ihr eigenes Selbstbild. Oft stauen sich dann Wut, Enttäuschung und unbefriedigte Lust und entladen sich zum Beispiel in aggressivem Verhalten.
Die sexuelle Autonomie unterstützen
Die sexuelle Autonomie unterstützen
Sexualberatung bietet die Chance, eine Situation oder ein bestehendes Problem objektiv zu betrachten, diese Situation zu analysieren, zu deuten und aufzulösen. Hierbei stehen die Persönlichkeitsentwicklung und die sexuelle Autonomie der behinderten Menschen im Fokus. Das Umfeld wird einbezogen, um die Klienten bei ihrem Entwicklungsprozess zu unterstützen und eine Umgebung zu schaffen, in der eine Auslebung des sexuellen Charakters möglich ist.
Die Betreuer spielen eine Schlüsselrolle in diesem Prozess. Sie lassen die Bewohner nach der Beratung mit ihren Sorgen, ihrem Kummer, ihrer Freude oder neu gewonnenen Lust nicht allein, sondern fangen sie auf und unterstützen sie. Der Lern- und Entwicklungsprozess läuft in den folgenden Tagen, Wochen oder sogar Monaten weiter und benötigt diese Begleitung. Eine konstruktiv erlebte Krise lässt einen Menschen wachsen und souveräner handeln [2]. Er ist besser gewappnet für neue Versuche, seine sexuelle Identität weiterzuentwickeln und neue Beziehungen einzugehen.
Auch Johannes und Niklas durchlebten einen jeweils individuellen Prozess, an dessen Ende die Stärkung des behinderten Menschen, seiner Identität und sexuellen Autonomie stand.