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DOI: 10.1055/a-1248-0250
Stöckchen, Granne, Zahnstocher – Bildgebende Diagnostik von Fremdkörpern im Weichteilgewebe
Die Suche nach einem Fremdkörper kann zur echten Herausforderung werden. Sitz des Fremdkörpers, Verfügbarkeit der bildgebenden Modalitäten und Erfahrung entscheiden über das diagnostische Procedere.
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Fremdkörper im Weichteilgewebe stellen den Kliniker häufig vor erhebliche Herausforderungen. Die berühmte „Stöckchenverletzung“ ist für alle Beteiligten, sei es für den Patienten, den Besitzer oder den behandelnden Tierarzt undankbar. Hier wird häufig formuliert, dass man einen solchen Patienten zu dem ungeliebten Nachbarkollegen schicken soll (nicht ernst gemeint), weil nicht selten mehrere Operationen nötig sind, bis man alle Fremdkörper gefunden und entfernt hat. Dazu kommt, dass man diese Fremdkörper nahezu überall im Körper finden kann: ob Granne im Weichteilgewebe der Pfoten, aber auch in der Leber; ob Granne im Wirbelkanal oder im Penis oder auch im Bereich des Auges – es gibt keinen Ort, der nicht betroffen sein könnte. Auf der Basis dieses Wissens kann eine profunde Bildgebung die Situation erheblich verbessern, auch wenn die Befunde der Bildgebung nicht immer einfach auf den Operationssitus zu übertragen sind. Der in der Sonografie einfach darstellbare Fremdkörper ist intraoperativ häufig schwierig zu finden. Trotzdem ist eine exakte Bildgebung bei vielen Patienten der Schlüssel zum Erfolg.
Klinische Untersuchung
Auch bei der klinischen Untersuchung nimmt die Suche nach Fremdkörpern im Weichteilgewebe eine Sonderstellung ein. Während in der Regel die klinische Untersuchung immer vollständig vor der bildgebenden Diagnostik zu erfolgen hat, so ist bei dieser Fragestellung zu beachten, dass die Sondierung von Wunden und Fistelkanälen unbedingt nach der bildgebenden Diagnostik durchgeführt werden sollte. Durch das Sondieren wird Luft in die Kanäle eingebracht, was die sonografische Diagnostik erschwert bis unmöglich macht und die Situation in den anderen Modalitäten verfälscht. Aus diesem Grunde empfehlen die Autoren auf das Sondieren zunächst zu verzichten, solange unklar ist, ob weiterführende Diagnostik erfolgen soll.
Röntgendiagnostik
Vor- und Nachteile
Die Vorteile der klassischen Röntgendiagnostik sind auch ihre Nachteile. Der Vorteil, alle Strukturen unabhängig ihrer Position auf dem Bild darzustellen, ist vorteilhaft bei der Abbildung von Veränderungen. Allerdings ist es dadurch sehr schwierig, diese präzise zu lokalisieren. Auch die 2. Ebene ermöglicht dies meist nicht sehr genau. Für die chirurgische Versorgung ist die exakte Lokalisation aber notwendig.
Leider kommt hinzu, dass sich die Dichte der Fremdkörper im Vergleich zu dem umliegenden Weichteilgewebe oftmals nur geringgradig unterscheidet. Dieser Dichteunterschied ist aber erforderlich, um den Fremdkörper als solchen röntgenologisch zu erkennen. Dies betrifft natürlich nicht Fremdkörper mit einer hohen Röntgendichte, zum Beispiel Bleiglassplitter. Diese stellen aber die absolute Ausnahme dar. Viel häufiger sind Fremdköper hölzern ([Abb. 1]), wodurch sie sich in der Regel nicht vom Weichteilgewebe unterscheiden lassen. Trotzdem kann die Röntgendiagnostik wertvolle Hinweise liefern. So gibt es Holzstücke, die im Lumen mit Gas gefüllt sind und sich demnach gut zum umliegenden Gewebe kontrastieren. Außerdem kann die durch den Fremdkörper miteingebrachte Luft als ein natürliches Kontrastmittel im Stichkanal wirken.
Auch die unphysiologisch im Weichteil verteilte Luft, zum Beispiel rund um den Kehlkopf, kann helfen den Sitz der Veränderung zu lokalisieren. Es ist aber zu beachten, dass die Luft nur in den ersten Tagen des Insults nachweisbar ist. Später werden diese Räume, bedingt durch den entzündlichen Prozess, mit Flüssigkeit gefüllt und sind folglich nicht mehr vom Weichteil zu unterscheiden.
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Detektion des Fremdkörpers
Bei der Suche nach der Ursache von fistelnden Wunden war die Fistulografie lange Zeit eine probate Methode, um das Ausmaß und die Ursache der Erkrankung weiter abzuklären. Im Idealfall stellt sich dann der Fremdkörper als Füllungsdefekt im Kontrastmittel dar ([Abb. 2]). So berichten Yanofsky et al. bereits 1986 von einem solchen Fall [1]. Leider gelingt dies nur selten. Insbesondere bei kleinen Fremdkörpern ist der Nachweis des Fremdkörpers als solches in der Regel nicht möglich. Die Darstellung des Fistelkanals bis hin zum Fistelgrund ist bei der Therapie dennoch sehr hilfreich. So berichten Jackson et al. [1] von der Diagnostik eines Zahnstochers, der zu einer Fistel von der Lunge in die Haut geführt hat.
Bei der röntgenologischen Fistulografie hat sich der Einsatz von wasserlöslichem, nicht ionischen jodhaltigem Kontrastmittel in einer Konzentration von 200 – 300 mg/ml bewährt. Je nach verwendetem Kontrastmittel ist es erforderlich, dieses auf 37 °C zu erwärmen. Verzichtet man auf die vom Hersteller vorgegebene Nutzungstemperatur, so ist das Kontrastmittel zu viskös, um sich gut in den Fistelgängen zu verteilen. Dies führt dazu, dass die Dimension der Veränderung erheblich unterschätzt werden kann und der Fistelgrund nicht erreicht wird.
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Sonografie
Aus Sicht der Autoren ist die Sonografie die Methode der Wahl, um Fremdkörper im Weichteilgewebe zu erkennen.
Dabei muss allerdings Einiges beachtet werden: Dies beginnt mit der adäquaten Ankopplung; dort wo keine gute Ankopplung gewährleistet werden kann, funktioniert die Methode schlechter als alle anderen Verfahren. Dies gilt zum Beispiel bei Veränderungen, bei denen die Schallwellen direkt durch das Horn des Ballens geleitet werden müssen. Im Regelfall funktioniert dort die sonografische Diagnostik sehr schlecht. Liegt die Veränderung jedoch im Zwischenballenbereich oder irgendwo anders im Bereich der Pfote, funktioniert die Sonografie auch bei Fremdkörpern im Submillimeterbereich.
Neben der Kenntnis der Anatomie ist der Einsatz der richtigen Technik Voraussetzung für den Erfolg. Je nach vermuteter Tiefe des Fremdkörpers sollte ein Linearschallkopf mit möglichst hoher Frequenz eingesetzt werden. Je nach Position des Fremdkörpers haben sich sogenannte Hockey-Stick-Schallköpfe bewährt ([Abb. 3]). Diese arbeiten in einem Frequenzbereich zwischen 12 – 18 MHz und haben somit in den ersten 1,5 cm Eindringtiefe eine fantastische Auflösung. Fernerhin haben diese Schallköpfe eine sehr kleine Auflagefläche und können auch in komplizierten anatomischen Bereichen vergleichsweise gut ankoppeln. Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit kann der virtuelle Konvexmodus eingeschaltet werden, dessen Nutzen aber in dieser geringen Untersuchungstiefe überschaubar bleibt.
Detektion des Fremdkörpers
Ein Kriterium zur Detektion von Fremdkörpern ist der sogenannte distale Schallschatten ([Kasten]). Wenn er sichtbar ist, hilft dieser, die Diagnose zu stellen. Ist er jedoch nicht sichtbar, so darf dies nicht als Ausschlusskriterium angesehen werden.
Ursächlich für das Fehlen dieses Schallschattens kann zunächst die Geräteeinstellung sein. Methoden wie Crossbeam® oder Sono-CT® setzen das Bild aus mehreren Schnittbildern zusammen und „überschreiben“ somit den Schallschatten. Deshalb empfiehlt es sich, diese Techniken bei der Suche nach kleinen Fremdkörpern im Weichteilgewebe zu deaktivieren.
Aber auch bei richtiger Geräteeinstellung kann es sein, dass die Fremdkörper keinen distalen Schallschatten ausbilden. Dies hat rein physikalische Gründe: Durch Beugung und Brechung am Objekt wird der Schallkegel so gebeugt, dass dieser den Schallschatten wieder „löscht“. Umso wichtiger ist es, dass man alle anderen Möglichkeiten zur Diagnosesicherung nutzt.
Entstehung des Artefakts „distaler Schallschatten“ am Beispiel eines Blasensteins
Die Entstehung eines Ultraschallbilds basiert auf der Nutzung des Echolot-Prinzips. Die Schallwellen werden in den Körper geschickt (symbolisiert durch die blauen Pfeile, [Abb. 4]) und treffen auf eine Grenzfläche (hier die Oberfläche des Blasensteins). Je nachdem, wie groß der Unterschied der akustischen Impedanz zwischen den betroffenen Medien ist, durchdringen die Schallwellen die Grenzfläche und breiten sich weiter in der Tiefe aus oder werden an der Grenzfläche zum Schallkopf reflektiert (rote Pfeile):
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sehr großer Impedanzunterschied, z. B. beim Blasenstein: die Schallwellen werden nahezu vollständig reflektiert, der vollständige distale Schallschatten entsteht.
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kleiner Impedanzunterschied bei sehr kleinen Objekten: meist nur ein dezenter distaler Schallschatten, weil die Schallwellen durch Beugung und Brechung am Objekt um das Objekt herumgebrochen werden und somit den Schallschatten wieder teilweise löschen; abhängig von vielen Faktoren, das Phänomen tritt eher bei Objekten mit einer lateralen Ausdehnung von < 3 mm auf
Zusätzlich muss beachtet werden, dass technische Verfahren wie Sono-CT® und Cross-Beam® den Schallschatten ebenfalls reduzieren. Trotzdem ist der distale Schallschatten eines der wichtigsten Kriterien, um einen Fremdkörper als solchen zu identifizieren.
Ein Vorteil, der dem Untersucher in die Hände spielt, ist der Fakt, dass in der Mehrzahl der Fälle rund um den Fremdkörper eine Flüssigkeitsansammlung sichtbar ist. Durch die Flüssigkeit entsteht ein größerer Impedanzunterschied zum Fremdkörper, womit er leichter vom umliegenden Weichteilgewebe differenzierbar wird. Jedoch ist die Flüssigkeit nicht immer vorhanden, insbesondere wenn ein Fistelgang nach extern vorhanden ist, kann die Flüssigkeit ablaufen.
Ebenfalls problematisch können Bindegewebe oder kleine Gefäße sein, da die Differenzierung zu kleinen Fremdkörpern schwierig ist. Kann eine verdächtige Struktur über eine längere Strecke verfolgt werden und weist diese eine mehr oder weniger rein lineare Geometrie auf, so spricht Einiges dafür, dass es sich nicht um einen Fremdkörper handelt, wobei eine 100%ige Sicherheit nicht gegeben ist.
Kenntnisse der Anatomie bzw. Sonoanatomie sind auch besonders bei Veränderungen im Bereich des Kehlkopfs notwendig. Zungenbein, Kehlkopfknorpel, Gefäße, Luftwege und Ösophagus müssen angesprochen und von artifiziellen Veränderungen durch eine Verletzung unterschieden werden ([Abb. 5]). Bei dezenten Veränderungen erscheint aus Sicht der Autoren eine Untersuchung in Narkose sinnvoll, auch weil man die Maulhöhle nur so adäquat untersuchen kann.
Neben den „Stöckchenverletzungen“ spielen Grannen ([Abb. 6]) als Erkrankungsursache eine große Rolle. Es gibt vermutlich keine Region des Hundekörpers, aus der noch keine Grannen entfernt wurden. So wurde vor einiger Zeit in der Klinik der Autoren eine Granne aus der Leber entfernt, nachdem das Tier mit rezidivierendem Fieber vorstellig wurde. Auch in der Glandula parotis sind schon Fremdkörper nachgewiesen worden. Der Klassiker ist jedoch eine Weichteilschwellung, ggf. mit Fistelbildung, im Bereich der Pfoten. Rein subjektiv scheinen Hunde mit einer starken Behaarung im Pfotenbereich häufiger betroffen zu sein als kurzhaarige Tiere; es können aber alle Hunderassen betroffen sein. Bei Katzen kommt diese Erkrankung eher selten vor. Mit etwas Erfahrung können die Grannen durch ihre ellipsoide Form und die meist anhängenden „Spelzen“ recht gut erkannt werden.
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Tipps für die Fremdkörper-Chirurgie
Etwas problematischer ist es, die Position der Granne in die offene Chirurgie zu übertragen. Was sonografisch scheinbar einfach zu erkennen ist, ist trotzdem nach einem Schnitt schwer zu finden. Hilfreich kann hierbei der Einsatz der Sonografie in der Operation sein, sprich intraoperativ wird mit einem steril verpackten Schallkopf der chirurgische Schnittverlauf nach sonografischer Kontrolle angepasst. Alternativ kann die Position des Fremdkörpers mit einer Nadel markiert werden.
Allerdings gelingt es selten die Nadel so zu fixieren, dass sich die Nadelposition nicht verändert. Weiterhin wird auch die Markierung mit Methylenblau eingesetzt. Allerdings wird meist zu viel Farbstoff eingesetzt. Selbst 0,01 ml verteilen sich häufig in einem so großen Bereich, dass die Markierung nicht weiterhilft, insbesondere dann, wenn sich der winzige Fremdkörper in einer Flüssigkeit befindet. Wenn ein Fistelkanal vorhanden ist und dieser weitgehend gradlinig verläuft, sollte versucht werden, den Fremdkörper mit einer kleinen Fremdkörperfasszange unter sonografischer Kontrolle zu entfernen ([Abb. 7]).
Die Schwierigkeit bei diesem Verfahren liegt darin, dass Fasszange und Fremdkörper beide in die Ebene des Schallkegels gelangen müssen. Dieses Verfahren funktioniert sehr gut, wenn der „Schaller“ mit dem Bediener der Zange sehr gut harmoniert und dieser die Anweisungen des Schallers perfekt umsetzt. Die Veränderungen der Position der Zange liegen häufig auch im Submillimeterbereich, weshalb diese scheinbar einfache Zusammenarbeit in der Realität nicht ganz so einfach ist; eventuell muss der Schaller Schallkopf und Zange selbst bedienen, was aber auch nicht ganz einfach ist. Funktioniert das Teamwork jedoch gut, so ist das Ergebnis beeindruckend: Häufig sind die Patienten lange vorbehandelt und nun wird das Problem mit minimalem Aufwand gelöst.
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Computertomografie
Vor- und Nachteile
Die CT-Diagnostik hat sich in der Tiermedizin in den letzten 10 Jahren extrem weiterentwickelt. Das Verfahren wird für viele Fragestellungen eingesetzt, unter anderem auch für die Suche nach Fremdkörpern im Weichteilgewebe. Bereits 2007 wurde der Nachweis von Fremdkörpern bei 13 Hunden durch die Computertomografie beschrieben [3]. Allerdings wurde nur bei 8 Tieren der Fremdkörper direkt nachgewiesen. Diese wurden anhand ihrer Form bzw. ihres Aufbaus erkannt. Bei 2 Hunden wurde die Diagnose durch eine 3D-Rekonstruktion erleichtert. Schaut man sich die Patienten genauer an, so erscheint das Ergebnis noch weniger positiv. So wurden 5 der Fremdkörper aus der Nase entfernt, also in einem Bereich, in dem durch den Luftkontrast optimale Bedingungen für die Detektion durch die CT vorliegen. Insgesamt kommen die Autoren selbst zu der Schlussfolgerung, dass die CT nur dann eine gute Methode darstellt, wenn die äußeren Bedingungen stimmen ([Abb. 8]).
In einer größeren Studie haben Schulz und Zwingenberger verschiedene Modalitäten (Röntgendiagnostik, CT und Sonografie) bei 40 Tieren (35 Hunde, 5 Katzen) verglichen [3]. Aber auch hier ging es mehr um Fremdkörper, die in den Thorax gewandert sind, in ein Hochkontrastgebiet. Allerdings sind hier nur 14 Tiere mit der CT untersucht worden; und nur bei 4 Tieren wurde der Fremdkörper eindeutig identifiziert.
In einer weiteren Studie haben Vansteenkiste et al. (2014) bei 44 Hunden und 10 Katzen die durch grasartige Fremdkörper verursachten CT-Befunde beschrieben [5]. Auch hier lag der Schwerpunkt der Diagnostik im Hochkontrastbereich (Thorax 35%, Nase 31%), nur bei 26% der Fälle lagen die Veränderungen im klassischen Weichteil. Insgesamt konnte der Fremdkörper nur bei 19% aller Fälle nachgewiesen werden. Sekundäre Veränderungen konnten bei 96% der Fälle erkannt werden.
2016 untersuchten Lamb et al. die CT-Veränderungen bei dem Verdacht auf hölzerne Fremdkörper [6]. In dieser retrospektiven Studie wurden die Daten von 72 Hunden verglichen, bei denen der Verdacht auf einen hölzernen Fremdkörper bestand. Bei 55 Hunden wurde ein hölzerner Fremdkörper entfernt. Die Autoren geben eine Sensitivität von 79% und eine Spezifität von 93% an. Diese an sich guten Zahlen relativieren sich allerdings, wenn die beschriebenen Fremdkörpergrößen beachtet werden (mediane Länge von 48 mm, mediane Dicke von 3 mm).
Der Vorteil der CT liegt auf jeden Fall in einer besseren Übersichtlichkeit, insbesondere bei großen Fremdkörpern, deren Verlauf – bedingt durch Überlagerungen – sonografisch schwer zu verfolgen ist. Appleby et al. [7] berichten von einem Fremdkörper, der durch den Thorax in die Bauchhöhle penetriert ist. Hier spielt die CT alle Vorteile perfekt aus.
Verglichen mit den Möglichkeiten der Sonografie erscheint die CT nicht die Methode der Wahl, wenn es darum geht, Fremdkörper im Weichteilgewebe zu diagnostizieren. Dies gilt besonders dann, wenn der Sitz der Erkrankung klinisch detektiert werden kann.
Die CT ist wertvoll, wenn der Sitz der Erkrankung nicht bekannt ist (z. B. bei Fieber unklarer Genese) oder mit anderen Modalitäten nicht zugänglich ist.
Um sekundäre Veränderungen sicher zu erfassen, ist eine Kontrastmitteluntersuchung zwingend erforderlich, damit die entzündlichen Prozesse sich besser vom Weichteilgewebe kontrastieren ([Abb. 9]). Hier erscheint die Spätphase von größerer Bedeutung als die frühe arterielle Phase. Besonders hilfreich ist die CT-Diagnostik bei akuten Fällen, bei denen Gas im Weichteil zu erkennen ist. Ist ein Fistelkanal vorhanden, kann eine CT-Fistulografie nicht nur bei der Detektion (Fremdkörper stellt sich als Aussparung des Kontrastmittels dar) helfen. Sie hilft auch bei der chirurgischen Versorgung ganz enorm, weil der Fistelkanal erstaunliche Wege nehmen kann.
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Magnetresonanztomografie
Vor- und Nachteile
Auf den ersten Blick erscheint die MRT eigentlich die Methode der Wahl bei Veränderungen im Weichteilgewebe. Warum diese Methode aus der Sicht der Autoren hinter der Sonografie nur die „zweite Geige“ spielt, hat unterschiedliche Gründe. Einer der Gründe ist weniger diagnostisch, sondern mehr organisatorisch: Im Vergleich zu der Häufigkeit der Erkrankung sind die Möglichkeiten, eine MR-Untersuchung durchführen zu können, zu gering. Auch Zeitaufwand und Kosten sind durchaus erheblich, was den Einsatz der Modalität für die Fragestellung eingrenzt.
Wichtiger erscheinen aber die technischen Vorteile und Limitationen. Unbestritten sind die Möglichkeiten bereits dezente Veränderungen im Weichteilgewebe zu erkennen. Geht es also darum, einen Entzündungsherd zu erkennen, so ist die MRT eine sehr sensitive Methode ([Abb. 10] und [11]). Geht es allerdings darum, einen Fremdkörper im Weichteilgewebe sicher zu identifizieren, gibt es einige Limitationen. Hier spielt die Ortsauflösung eine relevante Rolle. So sind zwar Schichtdicken von < 1 mm möglich, diese gehen aber zu Lasten der Untersuchungszeit. Deshalb werden häufig Schichtdicken von 3 mm eingesetzt, was die Detektion von kleinen Fremdkörpern erschwert. Dazu kommt ein physikalisches Problem: Wenn der Fremdkörper keine oder wenig Wasserstoffatome besitzt, liefert er kein Signal und kann als stark hypointense Struktur in jedem Gewebe als Füllungsdefekt detektiert werden. Dieses Verhalten kann jedoch auch problematisch sein, weil sich Luft und kortikaler Knochen vergleichbar darstellen.
Dass die Methode durchaus ihren Vorteil bei der Suche nach Fremdkörpern im Weichteilgewebe besitzt, zeigen einige Veröffentlichungen: 2004 beschreiben Young et al. die MR-Diagnostik eines hölzernen Fremdkörpers [8]. Hier wurde der Fremdkörper als eine ovale Struktur in einer entzündlichen Reaktion nachgewiesen. Technisch wurde ein offenes 0,3 T-Gerät genutzt und die Untersuchung wurde mit Schichtdicken zwischen 5 – 9 mm ausgeführt. Aufgrund der Form der Veränderung wurde als wahrscheinlichste Differenzialdiagnose ein Fremdkörper genannt, was sich in der Operation bestätigte.
Potanas et al. beschreiben die Diagnostik bei einem 5 Jahre alten Englischen Setter mit einer Stöckchenverletzung, bei dem sowohl sonografisch als auch in der MRT ein 0,4 × 2 cm großer Fremdkörper nachgewiesen wurde [9]. Die Autoren beschreiben, dass der Einsatz der verschiedenen Modalitäten sinnvoll ist und der Vorteil der MR-Diagnostik primär in der besseren Erkennbarkeit des Ausmaßes der entzündlichen Veränderung zu sehen ist.
Im Jahr 2008 wurden die Modalitäten CT, MRT und Sonografie im Rahmen einer Kadaverstudie für diese Fragestellung im Bereich der Pfote verglichen [10]. Hierbei war die CT der MRT und der Sonografie überlegen, wobei die MR-Diagnostik mit Abstand am schlechtesten funktionierte. Das Setting der Untersuchung (u. a. wurden die Kanäle für die Fremdkörper mit 14 G Nadeln vorbereitet) erscheint den Autoren jedoch nicht mit der typischen klinischen Situation vergleichbar.
2013 beschreiben Whitty et al. [11] die Diagnostik eines Abszesses im Bereich der Wirbelsäule durch eine Granne. Die Besonderheit bei diesem Fall lag in der Lokalisation des Fremdkörpers, der sich im Wirbelkanal befand. Da keine CT-Diagnostik durchgeführt wurde, ist es spekulativ, ob die Veränderung auch in der CT sichtbar gewesen wäre. Die MRT war aber in diesem Fall absolut hilfreich und notwendig, um die richtige Diagnose zu stellen. Neuere Untersuchungen aus 2019 mit neuer MRT-Technik beschreiben den Nachweis einer Granne mit sogenannten Mikroskopier-Spulen, wobei allerdings bei der initialen Untersuchung ohne diese Spulen der Fremdkörper nicht sichtbar war [12].
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Fazit
Die Beantwortung der Frage, welches Verfahren bei der Suche von Fremdkörpern im Weichteilgewebe eingesetzt werden sollte, kann pauschal nicht beantwortet werden, sondern hängt von dem Sitz des Fremdkörpers, der Verfügbarkeit der Modalitäten und auch von der diagnostischen Erfahrung der Untersucher ab. Ganz sicher ist es nicht so, dass die teuerste Modalität die Beste ist. Aus der Sicht der Autoren erscheint es sinnvoll, bei Kenntnis der Lokalisation der Erkrankung (Schwellung, Fistelkanal) zunächst eine sonografische Diagnostik durchzuführen, unter der Vorgabe, dass eine adäquate Ankopplung möglich ist. Wird der Sitz im röntgenologischen Hochkontrastbereich vermutet, scheint eine CT-Diagnostik zielführend. Werden Veränderungen in der Tiefe oder in unübersichtlichen Bereichen vermutet, kann die MRT die Diagnostik stark bereichern. Aber auch die klassische Röntgendiagnostik kann insbesondere mit einer Fistulografie die Therapie erheblich vereinfachen.
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Danksagung
Professor Dr. Eberhard Ludewig zum Geburtstag gewidmet Wenn zwei wertvolle Kollegen zeitgleich einen runden Geburtstag feiern, stellt es die Kollegen doch etwas vor eine Herausforderung, aber Aufgaben sind zum Lösen dar. Unserem langjährigen Kollegen akademisch zum Geburtstag zu gratulieren, ist eine Frage der Selbstverständlichkeit. Wie kaum ein anderer Name ist Eberhard Ludewig untrennbar mit Leipzig verbunden, und auch wenn sein jetziger Arbeitsplatz in Wien lokalisiert ist, so ist er irgendwie trotzdem immer in Leipzig. Es gibt vermutlich wenige Menschen, mit denen man so gut zusammenarbeiten kann, wie mit Prof. Dr. Ludewig. Gerade für die jungen Kollegen ist er stets ansprechbar und hilft immer, wenn er gebraucht wird. Seine väterliche Art und seine Kompetenz machen ihn zu einem Kollegen, auf den man nicht verzichten will. Dazu kommt, dass er ein perfekter Grillmeister ist, der, egal ob es regnet oder schneit, das Grillgut immer perfekt zubereitet. Sehr geehrter Prof. Ludewig, wir gratulieren Ihnen zum Geburtstag und freuen uns auf viele weitere gemeinsame Projekte.
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Literatur
- 1 Yanofsky G, Bonneau NH, Breton L. Fistulography as an aid in the diagnosis of a nonradiopaque foreign body in a dog. Can Vet J 1986; 27 (08) 291-292
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- 3 Jones JC, Ober CP. Computed tomographic diagnosis of nongastrointestinal foreign bodies in dogs. J Am Anim Hosp Assoc 2007; 43 (02) 99-111
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- 6 Lamb CR, Pope EHW, Lee KCL. Results of computed tomography in dogs with suspected wooden foreign bodies. Vet Radiol Ultrasound 2017; 58 (02) 144-150
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- 12 Lavaud A, Lautenschläger IE, Voelter K. et al. The localization of a conjunctivoscleral foreign body via high-resolution microscopy coil magnetic resonance imaging in a dog. Vet Ophthalmol 2019; 22 (05) 703-709
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Artikel online veröffentlicht:
19. April 2021
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