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DOI: 10.1055/a-1263-2109
Evidenz spricht für Schutzmasken
Im Juni änderte die WHO ihre Meinung und empfahl den Mund-Nasen-Schutz zur Prävention der SARS-CoV2-Übertragung. Die Debatte um Sinn oder Unsinn endete hiermit nicht. Der Review informiert über Studien, die für Alltags- und medizinische Masken sprechen. Die Autoren ziehen ein ganz klares Fazit.
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Die Informationen für die Übersicht wurden aus Datenbanken, Leitlinien und Erfahrungen mit anderen Viruserkrankungen zusammengetragen. Esposito et al. warfen 3 Kernfragen auf:
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Welche Rolle spielen asymptomatische Carrier für die Transmission?
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Welche Transmissionswege haben sich bestätigt?
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Schützen Masken wirklich und wenn ja, welche?
Für die Beantwortung der 1. Frage beziehen sich die Autoren auf 4 Studien aus Italien, China und Deutschland. Die Testung eines Dorfes in Norditalien ergab, dass 50 – 75 % der Infizierten völlig asymptomatisch waren. Deren Isolierung war essenziell für die Kontrolle der Virusausbreitung und der Krankheitsschwere. An einem chinesischen Flughafen wurden an einem Tag 166 Infektionen bei Reiserückkehrern festgestellt. 78 % der Heimkehrer waren symptomfrei. Die Quarantäne verhinderte einen größeren Virusausbruch. Eine kleinere Untersuchung ergab, dass symptomatische Patienten bereits kurz nach Beschwerdebeginn, aber auch asymptomatische Personen hohe Viruslasten aufwiesen. Schließlich bestätigte bereits im Frühjahr eine Studie über einen deutschen Indexpatienten aus München die Relevanz der Transmission durch asymptomatische Carrier.
Die Übertragungswege von SARS-CoV-2 sind in den letzten Monaten deutlicher geworden. Eine intestinale Transmission sei weniger wahrscheinlich. Die WHO spricht von einer Übertragung durch Tröpfchen, Tröpfchenkerne (< 5 µm) und Fomiten, also Gegenstände. Die Transmission über die Luft werde kontrovers diskutiert. Eine amerikanische Studie zeigte, dass SARS-CoV-2 über Stunden in der Luft lebensfähig bleibt, auf Oberflächen sogar tagelang. Somit sei die Übertragung über Aerosole und Gegenstände plausibel.
Für Mitarbeiter im Gesundheitswesen ist die Lage klar: Atemmasken, Schutzkleidung, Handschuhe und Händedesinfektion schützen. In einer Fall-Kontroll-Studie waren 241 Angestellte nicht infiziert und 13 infiziert. Alle Infizierten hatten mindestens 1 Maßnahme vernachlässigt. Personal, das diszipliniert Masken trug, Schutzkleidung benutzte und Händedesinfektion betrieb, infizierte sich signifikant seltener. In der logistischen Regressionsanalyse verblieben nur Schutzmasken als unabhängiger und signifikanter Einflussfaktor. Die protektive Rolle der Mund-Nasen-Bedeckung spräche erneut für den Transmissionsweg Tröpfcheninfektion. Auch Erfahrungen mit anderen Krankheiten untermauern die Bedeutung von Schutzmasken, die Übertagungen von Tuberkulose-, Influenza- und Coronaviren reduzierten. Hocheffektive teilchenfiltrierende Masken (z. B. N95) schützten die Allgemeinbevölkerung vor der Ansteckung mit Influenza nicht wesentlich besser als übliche medizinische Masken und sollten Hochrisiko-Personal vorbehalten bleiben. Unter Berücksichtigung des globalen Bedarfs seien Alltagsmasken eine sinnvolle und effektive Alternative zu Medizinprodukten. Chirurgische sowie N95-Masken sollten Mitarbeitern im Gesundheitswesen zur Verfügung gestellt werden.
Das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen ergänze die Abstands- und Hygieneempfehlungen bei der Verlangsamung der sich sonst exponentiell verbreitenden Pandemie. Dafür sprechen laut den Autoren die große Zahl asymptomatischer Carrier, ihre hohe Viruslast in den oberen Atemwegen, die Übertragung durch Tröpfchen und Aerosole schon beim Sprechen und Atmen sowie die lange Lebensfähigkeit von SARS-CoV-2 außerhalb des Körpers.
Dr. med. Susanne Krome, Melle
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
08. Dezember 2020
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany