Einleitung
Die COVID-19-Pandemie stellt die Welt und insbesondere die Gesundheitssysteme vor große Herausforderungen. Interventionelle Prozeduren sind aufgrund ihres breiten Spektrums vor allem mit der Therapie von vaskulären und onkologischen Erkrankungen sowohl direkt als auch indirekt betroffen. Das in der Literatur beschriebene „Corona Collateral Damage Syndrome“ (CCDS), also die Reduktion von akut- und notfallmedizinischer Versorgung von Non-COVID-19-Notfällen, zeigt sich in unterschiedlichen Bereichen und Wichtungen [1]. Festzuhalten ist, dass in der Phase der bundesweiten Kontaktbeschränkung und danach sowie während der nun wieder steigenden Fallzahlen Patientenzahlen insgesamt deutlich zurückgegangen sind, was bei Erkrankungen, welche keiner Saisonalität unterliegen, auf eine Unterversorgung hinweist [2]
[3]. Ursachen liegen sicherlich zum einen in der Verunsicherung der Patienten, zum anderen an der Kapazitätsreduktion bis zu Schließungen von Praxen, Ambulanzen und Krankenhaussprechstunden [2]
[3].
Interventionelle Prozeduren haben einen großen und wichtigen Einfluss auf das klinische und therapeutische Management von Patienten. Durch die minimale Invasivität mit maximalem Effekt sind interventionelle Prozeduren aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. Die mit der COVID-19-Pandemie erlassenen Regularien der Gesundheitsämter und der Landes- sowie Bundesregierung haben großen Einfluss auf die Arbeitsabläufe von interventionellen Kliniken. Die DeGIR hat das Ziel, auf diese Missverhältnisse aufmerksam zu machen, Lehren aus der Situation zu ziehen und auf die Notwendigkeit der Durchführung von interventionellen Prozeduren in Zeiten einer Pandemie hinzuweisen. Aufgrund der COVID-19-Pandemie und den damit resultierenden Unsicherheiten bzgl. verschiedener interventioneller Prozeduren sieht sich die DeGIR in der Pflicht, Prozeduren zu definieren, welche entweder unbedingt durchzuführen sind und keinen Aufschub erlauben oder aber verschoben werden können. Dies soll nicht nur Kolleginnen und Kollegen dienen, sondern soll auch Patienten die Angst nehmen, Praxen, Ambulanzen und Krankenhäuser aufzusuchen, um auch in Zeiten einer Pandemie weiterhin die notwendige und wichtige Medizin zu erhalten. Zusätzlich zu diesem Schreiben ist eine gemeinsame Stellungnahme der DRG, DeGIR, DGG und DGA in Vorbereitung, um noch eine breitere Aufmerksamkeit für diese Problematik zu schaffen.
Orientierung gibt die folgende „DeGIR-Hot-List“.
Hot-List
Interventionen, die dringlich sind
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Interventionen, die verschoben werden können
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gefäßeröffnende und gefäßrekonstruierende Verfahren (z. B.):
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pAVK-Stadium 3 und 4
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symptomatische Aneurysmen in Thorax und Abdomen
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asymptomatisches BAA größer 5,5 cm
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Aneurysma spurium
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akute thorakale und abdominelle Ischämien
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traumatische Aneurysmen
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Fistel- und Shuntverschluss/Shuntrevisionen
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Demers-Katheteranlage
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akute Lungenembolien mit Rechtsherzbelastung
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symptomatische Angina abdominalis
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venöse Thromboembolien
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symptomatische Gefäßstenosen der supraaortalen Gefäße
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akute Gefäßverschlüsse der Hals- und Hirngefäße
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symptomatische Hirnaneurysmen und Aneurysmen mit hohem Blutungsrisiko
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gefäßeröffnende und gefäßrekonstruierende Verfahren (z. B.):
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pAVK 2
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BAA unter 5,5 cm
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planbare Shuntanlage (Dialysezeitpunkt in 6 Wochen)
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Entfernung Cava-Filter[*]
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stabile Angina abdominalis
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gefäßverschließende Verfahren (z. B.):
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Blutungen
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pulmonale arteriovenöse Malformationen
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Endoleckagen Typ 1a und b sowie 3 nach EVAR/TEVAR
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arteriovenöse Malformationen des ZNS mit Blutung, hohem Blutungsrisiko oder neurologischen Ausfällen
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gefäßverschließende Verfahren (z. B.):
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Endoleckagen Typ 2a und b bei Größenkonstanz des Aneurysmasacks nach EVAR/TEVAR
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Prostataembolisation
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Uterusmyomembolisation
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AV-Malformationen ohne Blutung
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Hämorrhoiden
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Arthrose
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pelvic congestion Syndrome (PVS)
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Varikozelen
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diagnostische Punktionen, Drainagen (z. B.):
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perkutane Gallengangsdrainagen
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perkutane Nephrostomie
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zentrale Zugänge (PICC, Port)
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TIPS bei Blutungen
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transjuguläre Leberbiopsie
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Schmerztherapie (PRT, Facettenblockade etc.)
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diagnostische Punktionen, Drainagen (z. B.):
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onkologische Verfahren (z. B.):
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transarterielle Chemoembolisations- oder Perfusionsverfahren (TACE u. a.)
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transarterielle Radioembolisation (TARE)
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perkutane Ablation von Tumoren
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* individuelle Entscheidung von Fall zu Fall.