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DOI: 10.1055/a-1271-9299
„Die Forschung steht nicht still“
Frau Prof. Christiane Bayerl im Interview mit Herrn Prof. Wolfgang GehringWarum haben Sie die Dermatologie als Fachgebiet gewählt?
Meine ärztliche Tätigkeit begann wissenschaftlich in der Angewandten Physiologie der Philipps Universität Marburg mit dem Ziel eine Weiterbildungsstelle in der Inneren Medizin anzustreben. Durch Zufall erfuhr ich von einer vakanten Assistentenstelle in der Dermatologie, auf die ich mich spontan bewarb. Die Vielseitigkeit des Faches, die ich inzwischen kennenlernen durfte, hatte mich begeistert. Ich sah die Möglichkeiten, meine umfangreichen persönlichen Interessen von der Dermatochirurgie bis hin zu wissenschaftlichen hautphysiologischen Untersuchungen in diesem Fach zu verwirklichen.
Von wem haben Sie besonders viel gelernt?
Zwei akademischen Lehrern verdanke ich besonders viel. Beide haben für meinen dermatologischen Werdegang richtungsgebende Weichen gestellt. Während meiner Facharztweiterbildung in Marburg vermittelte mir Prof. Mladen Rupec tiefe Einblicke in die Dermatohistologie und hat damit mein dermatologisches Denken geprägt und ein pathophysiologisches Verständnis unterschiedlicher Krankheitsbilder geformt.Die enge Zusammenarbeit mit Prof. Max Gloor in Karlsruhe war letztlich Wegbereiter meines wissenschaftlichen Werdegangs. Sein unermüdliches Interesse an therapeutisch relevanten Fragestellungen hat mich fasziniert und angeregt. Zusammen haben wir über viele Jahre ein hautphysiologisches Forschungslabor betrieben, in dem wir viele Erkenntnisse zur Interaktion dermatologischer Externa mit der epidermalen Barrierfunktion gewinnen konnten. Diese Forschungsergebnisse fanden bei der topischen Dermatotherapie auf breiter Ebene Beachtung und haben zur Entwicklung und Modifikation zahlreicher dermatologischer Magistralrezepturen geführt.
Welcher Fall ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?
Zu Beginn meiner Facharztweiterbildung haben wir 1980 in der Universitäts-Hautklinik Marburg einen extremen Fall eines Morbus Darier betreut. Die Schwere der Erkrankung hatte das Leben des Patienten geprägt. Unter systemischer Therapie mit dem damals neuartigen Isotretinoin schmolzen die Symptome dahin. Der Patient gewann eine neue, nie gehabte Lebensqualität. Inzwischen wissen wir mehr über dieses Präparat. Wir kennen und fürchten auch die Nebenwirkungen bei Langzeitanwendung. Dennoch hat mich dieser Fall sehr beeindruckt, da er das Verständnis einer neuen Ära der systemischen Behandlung schwerer Hautkrankheiten geweckt hat.
Was ist momentan die wichtigste Entwicklung in der Dermatologie?
Die wichtigste und rasanteste Entwicklung sehe ich in der medikamentösen Tumortherapie. Insbesondere bei der Behandlung des fortgeschrittenen malignen Melanoms waren die therapeutischen Entwicklungen in den letzten Jahren fulminant. Es konnten in Einzelfällen spektakuläre Behandlungserfolge erzielt werden, wenngleich das Grundproblem immer noch nicht gänzlich gelöst ist. Der Tumor gehört weiterhin zu den sehr ernsten Erkrankungen. Die Forschung steht nicht still. Wir dürfen in den nächsten Jahren mit weiteren therapeutischen Fortschritten rechnen.
Was raten Sie jungen Kollegen?
Die dermatologische Onkologie ist wichtig und darf nicht vernachlässigt werden. Sie sollte aber nicht von der Vielseitigkeit des Faches ablenken. Das Verständnis für die unterschiedlichen Dermatosen muss erhalten und vertieft werden. Ein guter klinischer Blick ist in der Dermatologie unverzichtbar. Dazu bedarf es langjähriger Erfahrung und intensiver Fortbildung. Die dermatologische Rezeptur, eine traditionelle Kernkompetenz unseres Faches, darf nicht gänzlich in Vergessenheit geraten, sondern muss weiterhin aktiv gepflegt und weiterentwickelt werden. Ich kann nur jeden ermutigen, auch einmal in diese Richtung zu blicken.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. Wolfgang Gehring
Willi-Schertle-Ring 14
76467 Bietigheim
Deutschland
w.m.gehring@t-online.de
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Publication History
Article published online:
18 November 2020
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