Jahrhunderts. Die politischen Wirren dieser Zeit, 2 Weltkriege, die Teilung Europas in die Länder vor und hinter dem Eisernen Vorhang – all das hat Spuren auch in der Geschichte der Rheumatologie hinterlassen. Manches aus dieser Historie schien vergessen, und wurde erst durch geduldige Recherche wieder ans Tageslicht gebracht. So sei an das Schicksal von Max Hirsch (1875–1941) erinnert, einem der Gründerväter der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, der als Jude vor den Nazis in die damalige Sowjetunion floh und den antisemitischen Pogromen in Riga zum Opfer fiel [1].
Mit der Teilung Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg ging die deutsche Rheumatologie über Jahrzehnte hinweg getrennte Wege. Augenfällig illustrierte sich diese Trennung darin, dass in der alten Bundesrepublik die rheumatoide Arthritis als „chronische Polyarthritis“ bezeichnet wurde, während der entsprechende Begriff in der ehemaligen DDR „Rheumatoidarthritis“ lautete. Allerdings rissen die kollegialen Kontakte über die Grenze hinweg nie ganz ab, und die Vereinigung der ost- und westdeutschen Fachgesellschaften konnte nach der politischen Wende 1989 auf einem guten Fundament aufbauen. Es lohnt sich grade für jüngere Rheumatologen sehr, Ärztinnen und Ärzten, die große Teile ihres Berufslebens entweder diesseits oder jenseits der innerdeutschen Grenze verbracht haben, nach ihren Erfahrungen mit den unterschiedlichen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen zu befragen. Dabei wird immer deutlich werden, dass beide Systeme ihre Vor- und Nachteile hatten und eine geschichtsbewusste Betrachtung die Erfolge beider Gesellschaftsformen würdigen kann.
Mit diesem Heft beginnt eine Serie, bei der Rheumatologen aus der ehemaligen DDR und der „alten“ Bundesrepublik Deutschland ihre Berufserlebnisse schildern. In ihren Berichten spiegeln sich zum einen die globalen Fortschritte der Rheumatologie wider, die mit teilweise unterschiedlichen Tempi in die alltägliche Praxis eingingen. Zusätzlich machen die Beiträge deutlich, was die Rheumatologie in beiden Teilen Deutschlands in den Jahren nach dem Mauerbau trennte und was sie verband.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre.
Gernot Keyßer