WHO-Klassifikation
In der aktuellen Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2020 werden die verschiedenen Entitäten der chondrogenen Knochentumoren der benignen, der intermediären (lokal aggressiv wachsend oder/und selten metastasierend) oder der malignen Gruppe zugeordnet ([Tab. 1]) [6]. Bereits in der WHO-Klassifikation von 2013 wurde die Gruppe der benignen chondrogenen Tumoren zusätzlich zu Osteochondrom und Chondrom/Enchondrom um das Osteochondromyxom, die subunguale Exostose und die bizarre paraossale osteochondromatöse Proliferation (BPOP, Nora-Läsion) erweitert [7]. Das Chondroblastom und das Chondromyxoidfibrom wurden im Rahmen der aktuellen WHO-Klassifikation von 2020 von der intermediären in die benigne Gruppe verschoben. Die synoviale Chondromatose wurde von der benignen in die intermediäre Gruppe verschoben, um das lokal aggressive Wachstumsmuster und das hohe Risiko für Lokalrezidive abzubilden [8]. Zu der intermediären Gruppe gehört aufgrund des lokal aggressiven Wachstumsmusters auch der atypische kartilaginäre Tumor (ACT) der Extremitäten [9]. Während in der WHO-Klassifikation von 2013 der Begriff „Chondrosarkom Grad I“ komplett durch „ACT“ ersetzt und in die intermediäre Gruppe eingeordnet wurde, werden in der neuen WHO-Klassifikation von 2020 beide Begriffe in Abhängigkeit von der Lokalisation verwendet [6]
[10]: Bei Lokalisation im Extremitätenskelett (lange und kurze Röhrenknochen) werden die Tumoren als ACT bezeichnet und der intermediären Gruppe zugeordnet; bei Lokalisation im Achsensekelett (einschließlich Becken und Schädelbasis) werden die Tumoren bei gleicher Histologie als Chondrosarkome Grad I bezeichnet und der malignen Gruppe zugeordnet, um das differente biologische Verhalten abzubilden [11]
[12].
Tab. 1
Klassifikation der chondrogenen Knochentumoren nach WHO 2020 [6].
Entität
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Anteil an Knorpeltumoren (%)[a]
|
benigne
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Osteochondrom
|
28,5
|
Enchondrom
|
29,1
|
periostales Chondrom
|
3,3
|
Osteochondromyxom
|
[*]
|
subunguale Exostose
|
4,8
|
bizarre paraossale osteochondromatöse Proliferation (BPOP)
|
Chondromyxoidfibrom
|
1,8
|
Chondroblastom
|
5,1
|
intermediär
|
atypischer kartilaginärer Tumor (ACT)
|
[*]
|
synoviale Chondromatose
|
[*]
|
maligne
|
konventionelles Chondrosarkom Grad I-III
|
21,7
|
|
dedifferenziertes Chondrosarkom
|
2,7
|
|
mesenchymales Chondrosarkom
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0,9
|
|
klarzelliges Chondrosarkom
|
1
|
WHO = World Health Organization.
a Die prozentualen Angaben entstammen dem Register des Basler Knochentumor-Referenzzentrums (1972–2015) [49]. Die Daten repräsentieren folglich aufgrund der häufig asymptomatischen beningen chondrogenen Tumoren nicht die reale Prävalenz in der Bevölkerung.
* nicht explizit aufgeführt.
Benigne chondrogene Tumoren
Osteochondrom
Osteochondrome (osteokartilaginäre Exostosen) gehören zu den häufigsten benignen Knochentumoren (etwa 20–50 %). Es ist hierbei anzunehmen, dass die wahre Prävalenz aufgrund asymptomatischer Läsionen unterschätzt wird [13]. Die meisten Osteochondrome werden im zweiten Lebensjahrzehnt diagnostiziert. Männer sind häufiger betroffen als Frauen [14]. Meistens ist in der Knorpelkappe eine Mutation in den Tumorsuppressorgenen EXT1 oder EXT2 zu finden [15]. Osteochondrome befinden sich häufig im Bereich des Kniegelenks und des proximalen Humerus. Das distale Femur ist am häufigsten betroffen. Die Lokalisation ist für gewöhnlich meta- oder meta-diaphysär. Der Tumor kann sich (i) entweder als breitbasige (sessile) oder (ii) als gestielte, spornartige, knöcherne Ausziehung an der Knochenoberfläche manifestieren und ist von einer Knorpelkappe umgeben [9]. Diese knöcherne Ausziehung zeigt in Richtung Diaphyse. Pathognomonisch ist, dass der Markraum des Osteochondroms in Verbindung mit dem Markraum des Knochens steht und die Kortikalis ineinander übergeht. Dies dient auch zur Abgrenzung zu differenzialdiagnostisch relevanten paraossalen Osteosarkomen. Das Wachstum geht von der Knorpelkappe als eigentlichem Tumor (-anteil) aus, die sich oft während der Adoleszenz durch die zunehmende Ossifikation relativ verkleinert [16]. Eine maligne Transformation ist bei Kindern extrem selten. Als suspekt gelten Knorpelkappendicken von > 3 cm bei Kindern und > 2 cm bei Erwachsenen [16]. Bernard et al. fanden in einer Analyse von 67 Osteochondromen und 34 sekundären peripheren Chondrosarkomen keine Chondrosarkome mit einer Knorpelkappendicke unter 2 cm [17]. Die MRT ist die Bildgebung der Wahl, um die Knorpelkappendicke (auf T2-gewichteten Bildern) zu messen und die Weichteile zu beurteilen. Neben der Knorpelkappendicke sind weitere Kriterien, welche auf eine maligne Transformation hinweisen können, lokale Schmerzen, Wachstum nach skelettaler Reife, Irregularitäten der Knorpeloberfläche, herdförmige Osteolysen im Inneren der Läsion und Erosionen der angrenzenden Kortikalis oder des Stiels des Osteochondroms [1]. Hereditäre multiple Osteochondrome (multiple kartilaginäre Exostosen, HMO) sind eine syndromale Erkrankung, bei der mehrere Osteochondrome vorliegen ([Abb. 2]). Meist handelt es sich um eine autosomal-dominante Erbkrankheit [15], bei der ein erhöhtes Entartungsrisiko vorliegt. Osteochondrome können zu mechanischer Kompression der Weichteile und damit zu funktionellen skelettalen Beschwerden und Schmerzen führen [18]. Sie können die angrenzenden Epiphysenfugen beeinträchtigen, sodass insbesondere bei HMO häufig kürzere, teilweise deformierte Extremitäten entstehen. Wenn 2 oder mehr Osteochondrome vorliegen, ist eine Ganzkörper-MRT indiziert, welche abhängig von der Lokalisation der Osteochondrome nach Wachstumsabschluss wiederholt werden sollte [19]. Hierbei ist in der Regel eine native Untersuchung ausreichend, möglicherweise mit ergänzenden diffusionsgewichteten Sequenzen [20]
[21]. Bei solitären und multiplen Osteochondromen sollten je nach Lokalisation 1–3-jährliche klinische Kontrollen und gegebenenfalls eine ergänzende Bildgebung erfolgen; bei der HMO sollten eine jährliche klinische Kontrolle und 1–2-jährliche MR-Bildgebung der Läsionen mit noch vorhandener Knorpelkappe erfolgen [19].
Abb. 2 Osteochondrome bei einem 54-jährigen Mann mit hereditären multiplen Osteochondromen im Bereich des proximalen Humerus beidseits, des proximalen und distalen Femurs beidseits sowie der proximalen und distalen Tibia und Fibula beidseits. a Koronare T1-Wichtung Ganzkörper-MRT. b Breitbasiges Osteochondrom am proximalen Humerus. c Gestielte Osteochondrome am distalen Femur und an der proximalen Tibia; die Osteochondrome zeigen in Richtung Diaphyse. d Deformitäten am linken Unterschenkel bei multiplen Osteochondromen. Pathognomonische Verbindung des Markraums der Osteochondrome mit dem Markraum der Knochen sowie direkter Übergang der Kortikalis.
Enchondrom
Enchondrome gehören neben den Osteochondromen zu den häufigsten benignen Knochentumoren. Enchondrome sind hypozelluläre Tumoren, in denen die Chondrozyten von reifer hyaliner Matrix umgeben werden ([Abb. 1]). Bei isolierten Enchondromen werden somatische Mutationen im Isocitrat-Dehydrogenase-1- und -2-Gen (IDH-1 und IDH-2) in etwa 50 % der Fälle gefunden [22]. Enchondrome können in jedem Lebensalter diagnostiziert werden, wobei eine Häufung im 2.–3. Lebensjahrzehnt beschrieben ist. Da Enchondrome für gewöhnlich asymptomatisch sind, wird die wahre Prävalenz unterschätzt und es gibt in der Literatur sehr unterschiedliche Angaben [14]
[23]
[24]. Dass die häufigste Lokalisation der Enchondrome die kleinen Röhrenknochen an Händen und Füßen sind, wird in letzter Zeit angezweifelt. Davies et al. fanden in diesen Regionen eine Häufigkeit von 0,07 % in der Projektionsradiografie; dahingegen war die Häufigkeit von Enchondromen in Schulter- und Knie-MR-Untersuchungen etwa 2,5–2,9 % mit einer Sichtbarkeit im Röntgen zwischen 17 und 77 % je nach Größe der Läsion [24]
[25]. Somit ist die Lokalisation in den langen Röhrenknochen, insbesondere im proximalen Humerus und proximalen und distalen Femur, häufiger ([Abb. 3]). In den kleinen Röhrenknochen liegen Enchondrome meist diaphysär, wohingegen sie in den langen Röhrenknochen typischerweise meta-diaphysär, selten epiphysär liegen. Sie liegen typischerweise zentral im Markraum der Röhrenknochen [9]. In platten Knochen sind Enchondrome sehr selten [9], insbesondere im Bereich des Beckens sollte bis zum Beweis des Gegenteils von einem Chondrosarkom ausgegangen werden [14]. Die Matrixverkalkungen von Enchondromen imponieren in der Bildgebung popcornartig („ring-and-arc“), kommaförmig oder flockig; auch reine Osteolysen sind möglich. Durch das expansive Tumorwachstum kann es zu einer Ausdünnung der Kortikalis kommen; dies wird als endosteales Scalloping bezeichnet. Differenzialdiagnostisch ist bei tiefem Scalloping an einen ACT/ein Chondrosarkom Grad I zu denken (s. u.). Subtypen der Enchondromatose sind der Morbus Ollier (M. Ollier) und das Maffucci-Syndrom, die meist vor dem 20. Lebensjahr in Erscheinung treten [26]. Bei diesen Erkrankungen können in bis zu 90 % der Fälle IDH-1- und IDH-2-Mutationen nachgewiesen werden [20]
[21]
[22]. Beim M. Ollier sind mehrere Enchondrome mit oft asymmetrischer Verteilung vorhanden [26]. Beim Maffucci-Syndrom kommen zusätzlich Gefäßmalformationen des Weichgewebes vor. Das Risiko einer malignen Transformation bei solitären Enchondromen beträgt bis zu 4 % [27]. Bei den syndromalen Erkrankungen M. Ollier und Maffucci-Syndrom ist es deutlich höher [28]. Peripher gelegene, solitäre Enchondrome ohne initialen klinischen oder bildmorphologischen Verdacht auf Malignität sollten bei Auftreten von Schmerzen erneut untersucht werden [14]. Bei Lokalisation im proximalen Femur, im Humerus, in der Scapula oder im Becken sowie ab einer Größe von 5 cm auch bei weiter peripher gelegener Lokalisation sollten jährliche klinische Kontrollen stattfinden (und mindestens 2-jährlich mit MRT) [14]. Bei 2 oder mehr Läsionen sollte initial eine Ganzkörper-MRT erfolgen. Bei der Enchondromatose ist die Kontrollbildgebung idealerweise als Ganzkörper-MRT durchzuführen. Bei klinischem Verdacht auf Malignität ist eine umgehende Bildgebung mittels Projektionsradiografie und ergänzend lokaler MRT indiziert [14]. Besteht bildmorphologisch der Verdacht auf Malignität ist eine interdisziplinäre Besprechung erforderlich, um für die Biopsie den Zugangsweg im Bereich des späteren operativen Zugangswegs zu planen und um die exakten Entnahmestellen festzulegen zur Vermeidung eines „sampling errors". In der Biopsie müssen die Tumoranteile erfasst werden, welche potenziell ein invasives Wachstum aufweisen. Außerdem ist es essenziell, unterschiedliche Tumoranteile zu erfassen, beispielsweise zur Identifikation eines dedifferenzierten Chondrosarkoms (s. u.) [29].
Abb. 3 Enchondrome. a Pathologische Fraktur bei Enchondrom im proximalen Phalanx DII (52 Jahre, männlich). Knöcherne Auftreibung, welche im Bereich eines kleinen Röhrenknochens nicht als Malignitätskriterium gilt. b Zufallsbefund eines typischen Enchondroms im distalen Femur ohne Malignitätskriterien (54 Jahre, männlich). Bei einer 1-maligen Kontrolle nach 6 Monaten war es unverändert abgrenzbar. c Enchondrom im proximalen Humerus als Zufallsbefund (64 Jahre, weiblich). Im Gegensatz zu den [Abb. 4a–c] misst der chondrogene Tumor im Maximaldurchmesser < 5 cm und erreicht nicht die Kortikalis. Er war klinisch nicht symptomatisch. Im Verlauf zeigte sich keine Größenprogredienz. sag = sagittal; cor = koronar; fs+KM = mit Fettsättigung nach Kontrastmittelgabe.
Differenzierung zwischen Enchondrom und ACT/Chondrosarkom
Trotz intensiver Forschungsbemühungen bleibt die Differenzierung zwischen Enchondromen und einem ACT/Chondrosarkom Grad I eine große diagnostische Herausforderung [14]. Ursächlich sind überlappende histologische Merkmale zwischen den beiden Entitäten [30]
[31]. Ein histopathologisches Charakteristikum, welches zur Unterscheidung herangezogen wird, ist das permeative Wachstum beim ACT/Chondrosarkom Grad I [6]. Dieses ist definiert durch ein Umwachsen der originären spongiösen Knochenbälkchen von mindestens 3 Seiten. Ein infiltratives Wachstum in den kortikalen Knochen oder eine Destruktion des kortikalen Knochens sowie eine Ausbreitung auf das periossäre Weichgewebe sprechen ebenfalls für ein ACT/Chondrosarkom Grad I. Zudem können ACT/Chondrosarkom Grad I eine erhöhte Zellularität, eine unregelmäßige Zellverteilung und binukleäre Zellen aufweisen. Binukleäre Zellen können allerdings auch beim Enchondrom auftreten. Des Weiteren wird bei myxoiden Veränderungen von > 20 % die Diagnose eines ACT/Chondrosarkoms Grad I favorisiert. Die Unterscheidung zwischen Enchondrom und ACT/Chondrosarkom Grad I kann in kleinen Biopsien oder bei kürettiertem Material allerdings sehr schwer sein, und eine klinisch-radiologische Korrelation ist essenziell [6]. Somit ist bei chondrogenen Tumoren zur Diagnosefindung und Therapieplanung eine interdisziplinäre Konsensentscheidung zwischen Orthopäde, Radiologe und Pathologe unverzichtbar [32]. Da die radiologische Beurteilung in die Diagnosestellung mit einfließt, kann es in wissenschaftlichen Studien zu einem Konfundierungseffekt kommen [33]
[34]
[35].
Wesentliche, zur Differenzierung geeignete Parameter sind in [Tab. 2] zusammengefasst. Murphey et al. identifizierten in 187 Fällen Unterscheidungsmerkmale für die Differenzierung zwischen Enchondromen und Chondrosarkomen der Extremitäten (ohne Berücksichtigung des Gradings). Ein höheres Patientenalter (50 versus 40 Jahre im Mittel), ein männliches Geschlecht und Schmerzsymptomatik sind klinische, mit einem Chondrosarkom assoziierte Parameter [35]
[36]
[37]. Schmerzen stellen oft einen besseren Diskriminator dar als Bildmerkmale [33]
[38]. Je weiter proximal das Enchondrom lokalisiert ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für eine maligne Transformation. Ein chondrogener Tumor im Bereich des Körperstamms ist bis zum Beweis des Gegenteils als Chondrosarkom zu betrachten ([Abb. 4]). Kriterien, die auf Malignität hinweisen können, sind des Weiteren eine epi-metaphysäre Lage (versus meta-diaphysär), eine große Tumorausdehnung (> 5 cm) und ein Wachstum der Läsion nach Erreichen der Skelettreife ([Abb. 5]). Weitere typische bildgebungsbasierte Kriterien, welche gegen ein benignes Enchondrom sprechen, sind ein tiefes endosteales Scalloping (> 2/3 der Kortikalisdicke) oder eine Periostreaktion [35]
[37]. Laut Douis et al. ist ein tiefes endosteales Scalloping das sensitivste Bildkriterium für niedrig-maligne Chondrosarkome [38]. Es kann jedoch auch bei exzentrisch gelegenen Enchondromen ohne erhöhte biologische Aktivität, Wachstum oder Malignität zu einem tiefen endostealen Scalloping kommen [39]. Zudem ist die Beurteilbarkeit des Scallopings an der proximalen Fibula und am medialen proximalen Humerus aufgrund der dünnen, sich verjüngenden Kortikalis eingeschränkt ([Abb. 6]) [40]. Eine Kortikalisverdickung und Knochenexpansion (ausgenommen kleine Röhrenknochen) sind seltene, aber ebenso mögliche Zeichen eines Chondrosarkoms [33]. Beweisend für das Vorliegen eines Chondrosarkoms ist eine extraossäre Weichteilkomponente mit Durchbruch des Periosts. Ein intermediäres Signal in T1-gewichteten Sequenzen, eine diskontinuierliche (versus kontinuierliche) Darstellung nach Kontrastmittelgabe, eine pathologische Fraktur sowie ein angrenzendes Knochenmarködem oder Signalalterationen des angrenzenden Weichgewebes können auf ein intermediäres oder malignes Geschehen hinweisen [35]
[37]. In der MRT wurde im Vergleich zur Projektionsradiografie sowohl eine höhere Rate an richtig positiven (57,8 % versus 20,8 %) als auch an falsch positiven Diagnosen eines Chondrosarkoms (14,1 % versus 3,1 %) bei der Abgrenzung gegenüber einem Enchondrom gestellt [33]. Die Sensitivität der beschriebenen Parameter ist geringer für ACT/Chondrosarkome Grad I als für höhergradige maligne chondrogene Tumoren [38].
Tab. 2
Relevante Parameter, welche potenziell Enchondrome (benigne) bzw. atypische kartilaginäre Tumoren (intermediär) und zentrale Chondrosarkome charakterisieren [29].
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eher benigne
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eher intermediär oder maligne
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klinisch
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meist keine Symptomatik
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Schmerzen
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pathologische Fraktur
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Lage
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periphere Extremitäten
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stammnah; Lage im Achsskelett
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Größe
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< 5 cm
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> 5 cm
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Ausdehnung in T1
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kontinuierlich
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diskontinuierlich
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MRT-Kontrastmitteldynamik
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geringere und langsamere KM-Aufnahme
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schnelle und vermehrte relative KM-Aufnahme
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Expansion
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keine
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Expansion eines großen Knochens
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Periost/Knochen
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unauffällig
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endosteales Scalloping (> 2/3 der Kortikalisdicke)
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Periostreaktion
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kortikale Hyperostose
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Kortikalisdestruktion
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Weichteil
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kein Weichteilanteil
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extraossäre Weichteilkomponente
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MRT = Magnetresonanztomografie; KM = Kontrastmittel.
Abb. 4 Atypischer kartilaginärer Tumor (ACT) a–c und Chondrosarkom d–f in der Bildgebung und Histologie. a (CT) und b (MRT T1 fs + KM) ACT im proximalen Humerus (54 Jahre, weiblich). Bildmorphologische Kriterien, welche gegen das Vorliegen eines Enchondroms sprachen, waren insbesondere die vorliegenden Schmerzen, die Lokalisation körperstammnah, die Größe von > 5 cm Maximaldurchmesser, das Scalloping der Kortikalis um > 2/3 der Dicke (Pfeil). c Histologie. d (CT) und e (MRT T1 fs + KM): Chondrosarkom Grad I und fokal Grad II im Becken, ausgehend vom rechten Ramus ossis pubis superior mit ausgedehntem extraossärem Tumoranteil (28 Jahre, männlich). f Histologie eines Chondrosarkoms Grad I, fokal Grad II. fs + KM = mit Fettsättigung nach Kontrastmittelgabe.
Abb. 5 Bildkriterien, welche gegen das Vorliegen eines reinen benignen Enchondroms sprechen. a Stammnahe Lokalisation, Expansion des großen Röhrenknochens (Femur) sowie Größe > 5 cm, männliches Geschlecht und Scalloping > 2/3 der Kortikalisdicke (54 Jahre, männlich). Histologisch Chondrosarkom Grad I. b Lokalisation im Becken/Achsenskelett (hier anteriores Acetabulum), Scalloping (Pfeil) > 2/3 der Kortikalisdicke und winzige Kortikalisdestruktion (20 Jahre, weiblich). Histologisch Chondrosarkom Grad I. c Größenwachstum und Schmerzen sowie Scalloping (Pfeil) > 2/3 der Kortikalisdicke. Histologisch Enchondrom; aufgrund des Größenprogresses als ACT klassifiziert. fs+KM = mit Fettsättigung nach Kontrastmittelgabe; IMw fs = intermediär (IM) gewichtet mit Fettsättigung.
Abb. 6 Differenzialdiagnose Enchondrom versus ACT am Fibulaköpfchen. a 37 Jahre, weiblich. Der chondrogene Tumor erreicht die Kortikalis. Die Beurteilbarkeit eines Scallopings ist aufgrund der dünnen, sich im Bereich der proximalen Fibula verjüngenden Kortikalis eingeschränkt, ein Kortikalisdurchbruch ist nicht sichtbar. Bei vorliegenden Schmerzen wurde eine Biopsie durchgeführt. Die Histologie sprach für ein ACT. b 61 Jahre, weiblich. Der chondrogene Tumor durchbricht die anteriore Kortikalis (Pfeil), zudem bestanden klinisch Schmerzen. Die Histologie ergab ein Enchondrom. Aufgrund des eindeutigen Kortikalisdurchbruchs zusammenschauend Diagnose eines ACT (möglicher sampling error). c 40 Jahre, weiblich, keine Beschwerden. Zufallsbefund eines Enchondroms ohne kortikales Scalloping. fs+KM = mit Fettsättigung nach Kontrastmittelgabe; IMw fs = intermediär (IM) gewichtet mit Fettsättigung.
Darüber hinaus werden neuere Bildgebungsmethoden einschließlich dynamischer MRT-Untersuchungen, MRT-Diffusionsbildgebung, PET-CT und computergestützter Texturanalysen eingesetzt, um zwischen benignen und malignen Läsionen zu unterscheiden. Während die MR-basierte Diffusionsbildgebung nicht zwischen Enchondromen, niedrig-malignen Chondrosarkomen und höhergradigen Chondrosarkomen differenzieren kann [41], können dynamische kontrastmittelgestützte MRT-Untersuchungen die Spezifität für die Diagnose eines Chondrosarkoms erhöhen [38]
[42]
[43]. Typisch für ein Chondrosarkom ist eine schnelle und vermehrte relative Kontrastmittelaufnahme (im Vergleich zum Muskelgewebe). Allerdings ist die Differenzierbarkeit zwischen niedrig-malignen Chondrosarkomen und Enchondromen auch mit dieser Technik eingeschränkt [38]. Die Tumorheterogenität ist bekanntermaßen mit einer ungünstigen Tumorbiologie assoziiert [39]
[40]. Möglicherweise können MRT-Texturanalysen der Tumorheterogenität zwischen Enchondromen und niedrig-malignen Chondrosarkomen differenzieren [44]
[45]. Durch eine Kombination von Texturanalyse und MRT-Bildkriterien kann eine Genauigkeit der Differenzierung zwischen benignen und niedrig-malignen chondrogenen Tumoren von 91,2 % erreicht werden [45]. Da in den Studien unterschiedliche prädiktive Texturparameter identifiziert wurden, ist davon auszugehen, dass weitere Untersuchungen notwendig sind, um diese vielversprechenden Ergebnisse zu validieren. Es konnte in einigen Studien gezeigt werden, dass die Höhe des SUVmax (maximaler „standardized uptake value“) im FDG-PET/CT mit dem histologischen Grading chondrogener Tumoren korreliert [46]
[47]. Es gibt jedoch eine relevante Überlappung der SUVmax-Werte von Enchondromen und niedrig-malignen Chondrosarkomen, sodass die Spezifizität insbesondere im Bereich von 2–4,5SUVmax schlecht ist [46]
[48]. Bei einem Tumorrezidiv kann die FDG-PET/CT potenziell Hinweise zum krankheitsspezifischen Überleben („disease-specific survival“) liefern [47]. Trotz dieser Studien ist die FDG-PET/CT aktuell klinisch von untergeordneter Bedeutung.
Periostales Chondrom
Das periostale Chondrom (Synonym: juxtakortikales Chondrom, parosteales Chondrom) ist ein seltener gutartiger Knorpeltumor. Es entwickelt sich an der Knochenoberfläche unter dem Periost. Entsprechend dem Register des Basler Knochentumor-Referenzzentrums (1972–2015) sind 3,3 % der benignen chondrogenen Tumoren periostale Chondrome [49]; laut WHO machen sie weniger als 2 % aller Chondrome aus, betreffen Kinder und Erwachsene und kommen etwas häufiger bei Männern als bei Frauen vor [6]. Häufig sind lange Röhrenknochen betroffen, insbesondere der proximale Humerus, teils aber auch kurze Röhrenknochen. Bildmorphologisch lässt sich eine umschriebene eiförmige Weichteilraumforderung angrenzend an die Knochenoberfläche abgrenzen, welche Matrixverkalkungen aufweisen kann (33–75 %). Es kann zu kortikalen Druckerosionen kommen, die sich in Form einer muldenförmigen Osteolyse mit schalenförmiger Begrenzung, randständiger zeltförmiger Kortikalisverdickung und Randsklerosierung darstellen ([Abb. 7]). Die Kortikalis ist jedoch nicht durchbrochen. Eine Differenzierung zwischen periostalen Chondromen und periostalen Chondrosarkomen ist schwierig [50].
Abb. 7 Periostales Chondrom am proximalen Humerus (25 Jahre, männlich). a Angedeutete muldenförmige Konfiguration der Kortikalis und minimale Randsklerosierung in der Projektionsradiografie. b Periostale eiförmige Raumforderung im Bereich der Knochenoberfläche mit angedeutet perilobulärer Kontrastmittelaufnahme (MRT, koronare T1-Wichtung mit Fettsättigung nach Kontrastmittelgabe).
Osteochondromyxom
Seit der WHO-Klassifikation 2013 wird das Osteochondromyxom als Entität in der Gruppe der benignen chondrogenen Tumoren geführt. Es handelt sich dabei um einen extrem seltenen Tumor, der bei ca. 1 % der Patienten mit Carney-Komplex (siehe unten) auftritt und hierfür ein diagnostisches Kriterium darstellt. Osteochondromyxome können in jedem Lebensalter neu auftreten und/oder bereits bei Geburt vorhanden sein. Neben der Originalarbeit von Carney gibt es nur vereinzelte Fallberichte, welche eine Lokalisation in den Diaphysen langer Röhrenknochen, in der Nase, im Paranasalsinus, in der Thoraxwand und in der Wirbelsäule beschreiben [10]
[50]
[51]. Obwohl das Osteochondromyxom als benigner Knorpeltumor eingestuft wird, ist ein lokal aggressives und infiltrierendes Wachstum möglich [49]. Der Carney-Komplex ist eine präkanzerogene Erbkrankheit. Es kommt unter anderem zu einer fleckförmigen Pigmentierung der Haut und der Schleimhäute; es treten endokrine Tumoren, kardiale, kutane und intramammäre Myxome, psammomatöse melanotische Schwannome sowie Sertoli-Zell-Tumoren auf.
Subunguale Exostose
Die benigne subunguale Exostose kommt gehäuft bei Kindern und Jugendlichen vor und ist mit Traumata und Infektionen assoziiert. Die häufigste Lokalisation ist das distale dorsomediale Großzehenendglied. Die Läsion ist eine exophytisch wachsende, reaktive Knorpelproliferation an der Spitze der Endphalangen ([Abb. 8a]). Im Gegensatz zum Osteochondrom ist bei der subungualen Exostose keine medulläre Kontinuität zwischen Läsion und Markraum ersichtlich. Die subunguale Exostose ist aufgrund der fibrokartilaginären Anteile in allen Sequenzen hypointens und weist keine T2-hyperintense Knorpelkappe auf [52]
[53].
Abb. 8 a Projektionsradiografie einer subungualen Exostose am dorsomedialen Großzehenendglied (48 Jahre, männlich). b Projektionsradiografie einer bizarren paraossalen osteochondromatösen Proliferation (Nora-Läsion) am distalen Ulnar-seitigen meta-diaphysären Os metacarpale II (19 Jahre, männlich). c Synoviale Chondromatose am Hüftgelenk (46 Jahre, männlich; MRT koronar intermediär (IM) -gewichtet mit Fettsättigung).
Bizarre paraossale osteochondromatöse Proliferation
Die benigne bizarre paraossale osteochondromatöse Proliferation (BPOP; Nora-Läsion) tritt am häufigsten in der 3.-4. Lebensdekade auf. Meist sind die kleinen Röhrenknochen an Händen und Füßen betroffen ([Abb. 8b]). In etwa einem Fünftel der Fälle sind die langen Röhrenknochen betroffen. Die BPOP liegt typischerweise meta-diaphysär und an der Knochenoberfläche. Sie ist knorpel- und knochenbildend und < 3 cm im Maximaldurchmesser. In der Projektionsradiografie ist sie als scharf begrenzte, röntgendichte Raumforderung angrenzend an die Knochenoberfläche zu sehen. Sie weist typischerweise Kontakt zur Kortikalis auf, geht jedoch nicht aus dieser hervor und steht nicht in Kontinuität mit dem Markraum (im Gegensatz zu Osteochondromen) [54]
[55]. Eine BPOP führt in der Regel nicht zu Schmerzen.
Chondromyxoidfibrom
Chondromyxoidfibrome (CMF) sind mit weniger als 1 % aller primären Knochentumoren sehr seltene gutartige chondrogene Tumoren [56]. Sie bestehen aus 3 Gewebeanteilen: 1. einer fibrösen Matrix in der Peripherie sowie 2. einer myxoiden und 3. einer chondroiden Matrix im Zentrum. Chondromyxoidfibrome zeigen ein lokal aggressives Wachstumsmuster [9]. Sie können in jedem Lebensalter auftreten; die meisten CMF werden in der zweiten Lebensdekade diagnostiziert [1]. Häufige Lokalisationen sind lange Röhrenknochen im Bereich der Meta- und Diaphysen, etwa 50 % treten im Bereich des Kniegelenks auf. Des Weiteren können Hände, Füße und flache Knochen (vor allem der Beckenring) betroffen sein [57]. Typischerweise liegen die Tumoren exzentrisch im Knochen. Sie zeigen radiografisch ovale, lobulierte und geografische Osteolysen mit Sklerosesaum und mit der Längsachse parallel zur Knochenachse ([Abb. 9]). Sie können sowohl zu einer Ausdünnung und Vorwölbung der Kortikalis führen als auch zu einer Periostreaktion oder Kortikalisdestruktion [58]. In der MRT zeigt sich ein variables Erscheinungsbild. Typisch ist ein stark hyperintenses Signal im Zentrum in den T2-gewichteten Bildern als Korrelat zu den myxoiden Anteilen. Diese Anteile zeigen meist keine Kontrastmittelaufnahme [58]. Der Knorpelanteil ist häufig nur gering ausgeprägt und eine vollständig differenzierte hyaline Knorpelmatrix ist selten. Es kann nur in bis zu 10 % der Fälle eine Matrixmineralisation nachgewiesen werden. Wie beim Chondroblastom ist eine hämorrhagisch-zystische Degeneration (früher: sekundäre aneurysmatische Knochenzyste) möglich [59].
Abb. 9 Chondromyxoidfibrome an der distalen Fibula. a, b Kleine, exzentrisch gelegene Raumforderung mit angrenzendem Knochenmarködem (29 Jahre, weiblich). c, d Große expansiv wachsende Raumforderung. Chondromyxoidfibrom mit sekundärer aneurysmatischer Knochenzyste (AKZ). STIR = Short Tau Inversion Recovery MRT-Puls-Sequenz; cor = koronar.
Chondroblastom
Chondroblastome (Synonym: Codman-Tumoren) sind seltene (< 1 %) gutartige Knorpeltumoren. Sie bestehen aus unreifen Knorpelzellen und sezernieren Prostaglandine. Sie können in seltenen Fällen (< 2 %) metastasieren, insbesondere beim Rezidiv. Risikofaktoren für das lokale Rezidiv, das in 10–21 % der Fälle auftritt, sind die unvollständige Tumorentfernung, die biologische Aktivität des Tumors und die Lokalisation im Becken [6]. Charakteristischerweise entstehen Chondroblastome im jugendlichen Lebensalter (10.-25. Lebensjahr). Männer sind mehr als doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Typische Lokalisationen sind die proximale Tibia, das proximale und distale Femur und der proximale Humerus. Es können auch Knochen der Hände und Füße (Talus und Kalkaneus), flache Knochen und das kraniofaziale Skelett betroffen sein. Typische Lokalisation für ältere Patienten (40–50 Jahre) ist das kraniofaziale Skelett [9]
[61]. Chondroblastome sind typischerweise in Epiphysen und Apophysen lokalisiert, was sie von der Mehrheit anderer Knochentumoren unterscheidet. Klinischer Vorstellungsgrund der Patienten ist meist ein lokal anhaltender Schmerz aufgrund der Prostaglandin-Produktion. Röntgenmorphologisch liegt eine exzentrische, scharf begrenzte Osteolyse vor mit möglicher Randsklerosierung und/oder Periostreaktion. In 30–50 % der Fälle ist eine Verkalkung der teilweise trabekulierten Binnenstruktur zu erkennen, welche nicht popcornartig oder bogenförmig, sondern meist feinfleckig ist. In der MRT stellt sich das Chondroblastom in der T1-Wichtung inhomogen hypointens und in der T2-Wichtung inhomogen hypointens sowie teils hyperintens dar. Aufgrund der Prostaglandin-Produktion kommt es zu einem angrenzenden Knochenmarködem, Weichteilödem und bei Lage in der Nähe eines Gelenks auch zu einem Gelenkerguss ([Abb. 10]) [1]
[61]. Sie können wie das Chondromyxoidfibrom Anteile einer hämorrhagisch-zystischen Degeneration (früher: sekundäre aneurysmatische Knochenzyste) aufweisen (etwa 20 % der Fälle) [1].
Abb. 10 Chondroblastome bei 2 verschiedenen Patienten. a, b Lokalisation in der Apophyse des proximalen Femurs (10 Jahre, weiblich). c, d Lokalisation zentral in der proximalen Epiphyse der Tibia (16 Jahre, männlich). Man beachte das angrenzende Knochenmarködem im MRT. cor = koronar; IM fs = koronare intermediär-gewichtete fettgesättigte MRT-Puls-Sequenz.
Intermediäre chondrogene Tumoren
Atypischer kartilaginärer Tumor
Nach der aktuellen WHO-Klassifikation von 2020 wird bei gleicher Histologie das Chondrosarkom Grad I im Becken und im Achsenskelett als solches bezeichnet, während der chondrogene Tumor im Bereich der Extremitäten aufgrund der günstigeren Prognose als „atypischer kartilaginärer Tumor“ (ACT) bezeichnet wird. Die Entität zählt aufgrund ihres lokal aggressiven Wachstums und ihrer äußerst seltenen Metastasierung zu den intermediären Tumoren [9]. Detailliert wird im vorangegangenen Abschnitt auf die Differenzierung zwischen Enchondrom und ACT/Chondrosarkom Grad I eingegangen.
Synoviale Chondromatose
Bei der primären synovialen Chondromatose kommt es aufgrund einer Metaplasie von synovialem Gewebe zur Bildung von hyalinen Knorpelknötchen, die im Verlauf progredient verkalken ([Abb. 8c]). In der neuen WHO-Klassifikation von 2020 wird die Läsion aufgrund des lokal aggressiven Wachstumsmusters und der hohen Lokalrezidivrate der intermediären Gruppe der chondrogenen Tumoren zugeordnet. Die synoviale Chondromatose kann in Gelenken, Schleimbeuteln oder Sehnenscheiden vorkommen. Am häufigsten sind Knie- und Hüftgelenke betroffen. Die primäre synoviale Chondromatose ist idiopathisch. Der sekundären synovialen Chondromatose liegen Ursachen wie Traumata, degenerative Veränderungen oder eine neuropathische Arthropathie zugrunde. Typische radiografische Merkmale sind multiple intraartikuläre Verkalkungen ähnlicher Größe und Form (in 70–95 %) im gesamten Gelenk mit einem ring- und bogenförmigen Verkalkungsmuster [62]. Das MRT-Signal ist abhängig von synovialer Proliferation und dem Verkalkungsausmaß.
Maligne chondrogene Tumoren
Chondrosarkom
Chondrosarkome sind mit 20–27 % die dritthäufigsten primären malignen Knochentumoren nach dem Multiplen Myelom (zählt man dieses zu den primären Knochentumoren hinzu) und den Osteosarkomen [63]. Chondrosarkome sind fast immer symptomatisch. Sie metastasieren häufig, oft spät, und vor allem pulmonal. Es handelt sich um eine heterogene Gruppe von Tumoren. Man unterscheidet zwischen den häufigeren konventionellen Chondrosarkomen und selteneren Subtypen ([Tab. 3]; [Abb. 11], [12]). Zu den Subtypen zählen (i) dedifferenzierte Chondrosarkome, welche einen Anteil eines gut differenzierten chondrogenen Tumors und einen Anteil eines hochmalignen dedifferenzierten Sarkoms (Grad IV) aufweisen, wobei letzteres in der Biopsie erfasst werden muss, (ii) mesenchymale Chondrosarkome, welche in etwa 30 % der Fälle auch extraossär vorkommen und histologisch aus Knorpelgewebe und einem undifferenzierten, stark vaskularisierten Stroma aus Rundzellen bestehen, und (iii) niedrig-maligne klarzellige Chondrosarkome, welche zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr auftreten und typischerweise in den langen Röhrenknochen epiphysär (beachte: DD: Chondroblastom) gelegen sind.
Tab. 3
Einteilung von Chondrosarkomen nach WHO 2020 [6].
konventionelle Chondrosarkome
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mögliche Vorläuferläsion
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zentrales Chondrosarkom
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Enchondrom
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peripheres Chondrosarkom
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Osteochondrom (100 %)
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periostales Chondrosarkom
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seltene Subtypen
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mögliche Vorläuferläsion
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dedifferenziertes Chondrosarkom
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konventionelles Chondrosarkom
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mesenchymales Chondrosarkom
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klarzelliges Chondrosarkom
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WHO = World Health Organization.
Abb. 11 Chondrosarkome. a Zentrales Chondrosarkom am proximalen Humerus mit Kortikalispenetration (gepunkteter Pfeil) und extraossärem Weichteilanteil (Pfeil; 73 Jahre, männlich). b Sekundäres peripheres Chondrosarkom auf dem Boden eines Osteochondroms bei Osteochondromatose (74 Jahre, männlich). c Periostales Chondrosarkom am Femurschaft (29 Jahre, weiblich). ax = axial; cor = koronar; IMw fs = intermediär-gewichtete fettgesättigte MRT-Puls-Sequenz; STIR = Short Tau Inversion Recovery.
Abb. 12 Seltenere Subtypen der Chondrosarkome. a Dedifferenziertes Chondrosarkom im Bereich des Kalkaneus (53 Jahre, weiblich). Man beachte die unterschiedlichen Tumoranteile (Pfeil, T2-hyperintenser chondroider Anteil; gepunkteter Pfeil, T2-isointenser, KM-aufnehmender dedifferenzierter Anteil). b Extraskelettales mesenchymales Chondrosarkom im anterioren Oberschenkel (33 Jahre, männlich) mit inhomogenem Signalverhalten in der T2. c Klarzelliges Chondrosarkom epiphysär im Femurkopf (34 Jahre, männlich). ax = axial; cor = koronal; sag = sagittal; fs + KM = mit Fettsättigung nach Kontrastmittelgabe.
Konventionelle Chondrosarkome treten eher bei älteren Menschen auf. Mehr als 50 % der Betroffenen sind > 50 Jahre alt, jedoch kommen Chondrosarkome in jeder Altersstufe vor. Sie sind meist nahe des Stammskeletts an Becken, Femur oder Humerus in der Metaphyse lokalisiert. Bei den konventionellen Chondrosarkomen wird histologisch zwischen Grad I (an den Extremitäten als ACT bezeichnet und der intermediären Gruppe zugeordnet), II und III unterschieden. Das histologische Grading ist prognostisch relevant. Die meisten konventionellen Chondrosarkome entstehen aus ortständigen, entarteten Zellen (primär). Es handelt sich dabei um primäre zentrale Chondrosarkome. Es ist jedoch auch möglich, dass konventionelle Chondrosarkome sekundär aus benignen Vorläuferläsionen entstehen. Enchondrome gelten als Vorläuferläsion für sekundäre zentrale Chondrosarkome. Peripheren Chondrosarkomen liegt regelhaft ein Osteochondrom als Vorläuferläsion zugrunde. Die Begriffe zentral und peripher beziehen sich hierbei auf die Lokalisation des Tumors in Bezug auf den befallenen Knochen. Bildmorphologisch gelten typische Malignitätskriterien. Meist liegt eine Mottenfraß-artige Osteolyse Lodwick Typ II vor, teils zeigt sich auch ein permeatives Wachstum (Lodwick Typ III). Häufig ist die Kortikalis destruiert, eine Periostreaktion und extraossäre Tumoranteile sind abgrenzbar. Die chondrogenen Charakteristiken sind histologisch und bildmorphologisch weniger gut zu identifizieren als bei gut differenzierten Tumoren aufgrund des geringeren Anteils an chondroider Matrix. Es zeigen sich stattdessen eine inhomogene Kontrastmittelaufnahme und nekrotische sowie myxoide und zystische Areale. Verkalkungen sind in etwa 50 % der Fälle nachweisbar; das Verkalkungsmuster ist irregulärer und fleckiger als bei benignen oder niedrig-malignen chondrogenen Tumoren. Zur Differenzierung zwischen hochgradig-malignen und niedrig-malignen Chondrosarkomen können potenziell eine Knochenexpansion, eine aktive Periostitis, ein Weichteiltumor und eine große intraossäre Tumorausdehnung für hohe Malignität sprechen, während gefangene Fettinseln innerhalb des Tumors eher für niedrige Malignität sprechen [36]
[64].
Zusammenfassung
Chondrogene Tumoren werden nach der WHO-Klassifikation von 2020 in eine benigne, eine intermediäre und eine maligne Gruppe eingeteilt. Die Bildgebung spielt bei der Detektion, der genauen Beschreibung der Lokalisation und der betroffenen Strukturen sowie bei der Charakterisierung chondrogener Knochentumoren eine wichtige Rolle. Zudem wird die Bildgebung für Follow-up-Untersuchungen verwendet. Die Prävalenz benigner chondrogener Tumoren ist deutlich höher als die Prävalenz maligner chondrogener Tumoren. Neben seltenen Entitäten sind das Osteochondrom und das Enchondrom die häufigsten benignen chondrogenen Tumoren. Bei Erwachsenen gelten Osteochondrome mit einer Knorpelkappe > 2 cm (bei Kindern > 3 cm) als malignitätssuspekt. Bei der Differenzierung zwischen Enchondrom, ACT und Chondrosarkom sind die Präsenz von Schmerzen, die Lage im Achsskelett, eine pathologische Fraktur, ein Durchmesser > 5 cm, eine Größenprogredienz nach Wachstumsabschluss sowie endosteales Scalloping > 2/3 der Kortikalisdicke, eine Periostreaktion, Kortikalisdestruktion, Hyperostose und Knochenexpansion als malignitätssuspekt zu werten; der Durchbruch in die Weichteile spricht für das Chondrosarkom. Potenziell hilfreiche Bildgebungsparameter wie MRT- Kontrastmitteldynamik (schnelle und vermehrte relative Kontrastmittelanreicherung), Analyse von Texturparametern und FDG-PET/CT sind Gegenstand weiterer wissenschaftlicher Aktivitäten und haben sich bislang klinisch nicht durchgesetzt. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Orthopäden, Radiologen und Pathologen ist essenziell, um das bestmögliche Management der Patienten mit chondrogenen Tumoren zu ermöglichen.
Funding
Berta-Ottenstein-Programme for Advanced Clinician Scientists, Faculty of Medicine, University of Freiburg (Grant to P.M.J.)