Liebe Leserinnen und Leser,

Thomas Schüllermann-Epmann

beim Durchstöbern der Druckfahne für das vor Ihnen liegende Heft habe ich mich an meinen ersten Tag in der Psychiatrie erinnert. Eigentlich eine ganz normale Situation: Frühstück – wenn da nicht auch ein Psychiater mit am Tisch gesessen hätte, der mich beim Verzehr meines Brötchens beobachtete. Nach circa zwei Minuten konnte ich schon nicht mehr weiteressen. Ich fühlte mich bei jedem Bissen analysiert. Ich fühlte mich schrecklich.

Mittlerweile habe ich viele Krisensituationen in der Psychiatrie erlebt. In der Regel bin ich währenddessen die Ruhe selbst – nur danach könnte ich beidhändig rauchen. Das geht vermutlich vielen so. Häufig gehen wir danach nach Hause, ohne das Erlebte Revue passieren zu lassen. Oder haben Sie schon Erfahrungen mit einem Selbstreflexionsbogen gemacht? Wir stellen Ihnen das Tool vor.

Die SARS-CoV-2-Pandemie führt leider dazu, dass Menschen, die ohnehin schon große Ängste haben vor die Tür zu gehen, erschwert psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen. Der Weg zum Psychotherapeuten ist dann eine besonders große Hürde. Im Schwerpunkt beschreiben wir, welche innovativen Lösungswege E-Mental-Health-Interventionen hier bieten können. Durch sie kann die Kontakthürde zwischen Patienten und Psychotherapeuten genommen und Online-Behandlungen können durch psychiatrische häusliche Krankenpflege angeboten beziehungsweise ergänzt werden.

Ich bin mir nicht sicher, wohin uns die Reise im digitalen Zeitalter noch führen wird. Aber vermutlich werden sich die Erinnerungen derer, die in den nächsten Jahren ihren ersten Tag in der wunderbaren Welt der Nervenheilanstalt erleben, von meinen unterscheiden. Ich bin gespannt und halte mich an Einstein, der da sagte: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“

Viel Freude beim Lesen wünscht

Ihr

Thomas Schüllermann-Epmann

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Article published online:
20 January 2021