Hollick RJ.
et al.
Outcomes and treatment responses, including work productivity, among people
with axial spondyloarthritis living in urban and rural areas: a
mixed-methods study within a national register.
Ann Rheum Dis 2020;
79: 1055-1062
Die Wissenschaftler werteten die Daten von 2390 Personen mit einer axSpA aus,
welche zwischen 2012 und 2017 an 83 britischen Zentren in das „British
Society for Rheumatology Biologics Register for Ankylosing Spondylitis“
(BSRBR-AS) aufgenommen worden waren. Von allen Patienten lagen umfangreiche
demografische und klinische Informationen vor. Zusätzlich hatten sie im
Zuge der Registeraufnahme unter anderem Angaben zu ihrer Arbeitssituation sowie
zu etwaigen Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit
gemacht. Die Problematik der krankheitsbedingten beruflichen
Einschränkungen vertieften die Forscher anschließend mithilfe
semistrukturierter Interviews. Insgesamt 30 Patienten befragten sie hierbei
telefonisch unter anderem zu verschiedenen Krankheitsbelastungen
(Aktivität, Funktion, Fatigue, Medikation) sowie zur
Arbeitsplatzbeschaffenheit. Ferner interessierte sie, inwiefern die Erkrankung
das Arbeitsleben beeinflusste und inwiefern sich berufliche
Einschränkungen bspw. auf die Lebensqualität und die
Karrierechancen auswirkten. Bei ihrer Analyse legten die Wissenschaftler ein
besonderes Augenmerk auf die Unterschiede der Land- und der
Stadtbevölkerung.
Ergebnisse
579 Studienpatienten (24%) lebten in ländlichen Regionen. Sie
waren älter als die Patienten aus der Stadt, übten
häufiger einen körperlich belastenden Beruf aus und litten
tendenziell häufiger an einer krankheitsbedingten beruflichen
Leistungsminderung. Von 421 Registerpatienten, welche auf Biologika
eingestellt worden waren, lagen Informationen zum Behandlungsergebnis nach
12 Monaten vor. Die in der Stadt und die auf dem Land lebenden Patienten
dieser Subgruppe zeigten ein ähnliches Ansprechen auf diese
Therapie. Nach Adjustierung bezüglich verschiedener Kofaktoren
beobachteten die Forscher bei den ländlich lebenden Patienten
überproportional häufig Einschränkungen der
Arbeitsproduktivität. Berücksichtigten sie
zusätzlich die Krankheitsaktivität, die Fatigue, den Jobtyp
sowie die körperliche Leistungsfähigkeit, schwächte
sich der Zusammenhang zwischen dem ländlichen Wohnort und dem nicht
vollen Ausschöpfen der beruflichen Leistungsfähigkeit
allerdings ab. Die Analyse der Telefoninterviews ergab: Für die
Mehrheit der axSpA-Patienten war die Arbeitsfähigkeit sehr wichtig,
da sich die Beschäftigung positiv auf ihre Identität und
ihre sozialen Interaktionen auswirkte und finanzielle Sicherheit gab. Nahezu
drei Viertel der Befragten beschrieben allerdings krankheitsbedingte
Einschränkungen der körperlichen und mentalen
Arbeitsfähigkeit, bspw. aufgrund einer geringeren Mobilität,
Schmerzen oder Fatigue. Diese Belastungen beeinflussten Entscheidungen der
Patienten in Bezug auf die Art der Arbeit, die Arbeitszeiten sowie die
angestrebte berufliche Laufbahn. Flexible Arbeitgeber, Anpassungen des
Arbeitsplatzes sowie Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen
ermöglichten vielen Patienten, ihre Arbeit weiter ausüben zu
können. Allerdings erhielten nicht alle Befragten diese
Unterstützung und viele stießen auf Gleichgültigkeit
oder Unverständnis, was nicht selten zur Beendigung von
Beschäftigungsverhältnissen führte. Viele Befragte
gaben ferner an, Fragen des Arbeitslebens nur selten mit ihrem betreuenden
Rheumatologen zu diskutieren und wünschten sich hier mehr
ärztliche Unterstützung.
Ländlich lebende axSpA-Patienten, so die Autoren, erfahren
deutlichere Arbeitseinschränkungen als Patienten aus urbanen
Regionen. Angesichts der komplexen Zusammenhänge zwischen
klinischen und kontextuellen Faktoren und der Arbeitsunfähigkeit
sehen sie einen großen Forschungsbedarf im Hinblick auf die
Auswirkungen chronischer Erkrankungen auf das Arbeitsleben. Sie
empfehlen, axSpA-Patienten unter dem Aspekt der Lebensqualität
gezielte Hilfen im Hinblick auf ihre Arbeitsfähigkeit
anzubieten.
Dr. med. Judith Lorenz, Künzell