Die Kikuchi-Lymphadenopathie (Kikuchi-Fujimoto Disease, KFD) ist eine benigne lymphohistiozytäre
Erkrankung mit typischerweise zervikaler Lymphadenopatie und Fieber bislang unklarer
Ätiologie. Vorgestellt wird der Fall eines 8-jährigen, vormals gesunden Mädchens,
nicht-konsanguiner kaukasischer Eltern, die sich mit dieser seltenen Erkrankung präsentierte.
Fallbericht
Anamnese
Das Mädchen stellte sich vor mit einem Symptomkomplex aus rezidivierendem Antibiotika-resistentem
Fieber, einer zervikalen Lymphadenopathie sowie einem Stamm-betonten polymorphen Exanthem.
Die Patientin hatte seit 12 Tagen rezidivierendes zweigipfliges Fieber über 40 °C
und eine zervikale Lymphadenopathie. Am 5. Tag nach Beginn der Symptomatik war ein
polymorphes Stamm-betontes Exanthem aufgetreten. Eine antibiotische Therapie mit Amoxicillin/Clavulansäure,
die nach Beginn des Fiebers über 10 Tage verabreicht worden war, hatte keinen Effekt
gezeigt. Einen Tag vor Beginn des Fiebers war die Patientin von einem 10-tägigen Auslandsaufenthalt
aus Kreta zurückgekehrt.
Klinischer Untersuchungsbefund
Im klinischen Untersuchungsbefund bei Aufnahme zeigte sich ein 8-jähriges Mädchen
in reduziertem Allgemeinzustand und gutem Ernährungszustand. Im pädiatrisch-internistischen
Befund zeigte sich ein unspezifisches, Stamm-betontes, polymorphes Exanthem ([
Abb. 1
]). Weiterhin ließ sich eine bilaterale, vornehmlich rechtsseitige, zervikale Lymphadenopathie
palpieren. Eine Hepatosplenomegalie fand sich nicht.
Abb. 1 Polymorphes Stamm-betontes makulopapulöses Exanthem.
Labor
Laborchemisch lag eine Panzytopenie (Leukozyten 3,8 × 103/μl [4,3–11,4 × 103], Hämoglobin von 8,7 g/dl [10,6–13,2], Thrombozyten 157 × 103/μl [199–367 × 103]) mit unauffälligem Differenzialblutbild vor. Neben einer erhöhten LDH (530 U/l,
[ < 319]), zeigten sich deutlich erhöhte humorale Entzündungsmarker wie Serum-Amyloid
A (432 mg/l, [ < 10]), C-reaktives Protein (2,4 mg/dl [ < 0,5]), Ferritin (700 μg/l,
[7–84]) und im Verlauf ein massiv erhöhtes Protein S100 A8/A9 (182 560 ng/ml [ < 2940])
sowie Blutsenkungsgeschwindigkeit (140 mm/1 h [ < 20]).
Die infektiologischen Differenzialdiagnosen (EBV, CMV, HSV, HIV, Mumps, Masern, Yersinien,
Treponemen, Leishmanien, Tuberkulose, Bartonellen, Toxoplasmose, Brucellen, Coxiellen,
Chlamydien; wegen des anamnestischen Auslandsaufenthaltes: Sandmücken-Fieber, West-Nil-Virus)
wurden entsprechend der AWMF-Leitlinie Lymphknotenvergrößerung [1] serologisch ausgeschlossen. Blutkulturen blieben wiederholt ohne Erregernachweis.
Diagnostik
In der Sonografie ließen sich zervikal und supraklavikulär multiple vergrößerte (max.
4,1 cm) Lymphknoten mit ausgeprägter Umgebungsreaktion des Fettgewebes sowie Hyperperfusion
darstellen ([
Abb. 2
]). Weiterhin zeigten sich sonografisch eine Hepatosplenomegalie mit Leber- und Milzvergrößerung
um ca. 1 cm über dem altersentsprechenden Normbereich sowie ein minimaler Pleuraerguss
linksseitig. Ein Röntgen-Thorax war unauffällig. Eine Echokardiografie erbrachte einen
Normalbefund, insbesondere ohne Hinweis für Veränderungen der Koronararterien oder
einen Perikarderguss.
Abb. 2 Multiple, teils echoarme Lymphknoten mit deutlicher Hyperperfusion und ausgeprägter
Umgebungsreaktion des angrenzenden Fettgewebes.
Zum Ausschluss einer hämatologischen Neoplasie erfolgten eine Knochenmarkpunktion
und eine Lymphknotenexstirpation mit konsekutiver histopathologischer Aufarbeitung
([
Abb. 3
]). Die Knochenmarkpunktion zeigte keine Hinweise für Malignität, Leishmanien oder
Hämophagozytose.
Abb. 3 (a, HE-Färbung, Maßstab 500 μm) Flächige Infiltrate aus blastären Zellen in Parakortex
und Pulpa; (b, HE-Färbung, Maßstab 50 μm) Zahlreiche, zentral nekrotisierende, Kerntrümmer; (c Myeoperoxidase-Färbung, Maßstab 50 μm) Myeloperoxidase-positive Histiozyten.
Diagnose und Verlauf
Histopathologisch bot sich das Bild eines nekrotisch veränderten Lymphknotens mit
flächigen Infiltraten in Parakortex und Pulpa, das – nach Ausschluss einer Leukämie
bzw. Lymphoms – das typische Bild einer KFD aufwies ([
Abb. 3
]). Eine wegen des persistierenden Fiebers und reduzierten Allgemeinzustandes initiierte
Therapie mit hochdosiertem Methylprednisolon (30 mg/kg KG an 3 aufeinander folgenden
Tagen), führte zu einer raschen und vollständigen Regredienz der Symptome. Die Patientin
befindet sich seither in klinischer und laborchemischer Remission.
Diskussion
Die KFD ist eine erstmalig 1972 durch Kikuchi und Fujimoto in Japan beschriebene [2], [3] lymphohistiozytäre Erkrankung bislang unklarer Genese. In asiatischen Ländern endemisch,
existieren in Europa nur wenige Fallberichte zu dieser seltenen Erkrankung [4].
Typische, wenngleich unspezifische Symptome dieser Erkrankung sind die persistierende
zervikale Lymphadenopathie und Fieber [5]. Das mögliche Auftreten eines unspezifischen Exanthems, von Arthralgien, Fatigue,
Organomegalien, Zytopenien, Gewichtsverlust und Nachtschweiß ist unspezifisch und
erschwert die differenzialdiagnostische Einordnung [4]. Vor allem die Abgrenzung zu einer malignen Genese der Symptomatik fällt häufig
schwer und bedarf einer erfahrenen histopathologischen Beurteilung [6], [7].
In einem retrospektiven Review von Kucukardali und Kollegen aus dem Jahre 2007 wurde
die Symptomatik von 244 Patienten mit KFD ausgewertet. Hier zeigte sich das Auftreten
einer Lymphadenopathie bei 100 % der Patienten. Weitere Symptome waren: Fieber (35
%), Ausschlag (10 %), Arthritis (7 %), Fatigue (7 %) und Hepatosplenomegalie (3 %)
[8].
Die Symptome finden sich in ähnlicher Ausprägung auch bei Auftreten der Erkrankung
im Erwachsenenalter, wobei sich Fieber und ein Ausschlag häufiger im Kindes- und eine
generalisierte Lymphadenopathie häufiger im Erwachsenenalter zeigen [5].
Laborchemisch zeigt sich in der Mehrheit der Patienten ein normwertiges Blutbild [6]. Zytopenien mit unterschiedlicher Ausprägung sind jedoch in der Literatur zu finden
[8]. Neben Blutbildveränderungen lässt sich häufig eine erhöhte BSG feststellen [9].
Die Ätiologie dieser typischerweise selbstlimitierenden Erkrankung bleibt weiterhin
ungeklärt. Infektiöse Agenzien wie Yersinien, Toxoplasmen, EBV, HHV-6, HHV-8, HTLV-1
und Parvovirus B19 werden als Ursachen diskutiert [10]. Im aktuellen Fall ließen sich keine Toxoplasmen oder EBV nachweisen. Für die Diagnosefindung
der KFD wesentlich ist – neben einer ausführlichen Abklärung infektiologischer Differenzialdiagnosen
– eine Lymphknoten-Exstirpation und konsekutive histopathologische Aufarbeitung [11].
Eine spezifische Therapie ist üblicherweise nicht notwendig. Es existieren nur kleine
Fallserien, die die Wirksamkeit von Glukokortikoiden nahelegen [12]. Bei persistierendem Fieber oder schlechtem Allgemeinzustand kann die Gabe erwogen
werden [13].
Das mögliche Auftreten einer assoziierten hämophagozytischen Lymphohistiozytose (HLH)
ist beschrieben und kann den Verlauf dieser Erkrankung deutlich erschweren [4]. Jedoch sind Blutbildveränderungen wie auch ein gesteigertes Ferritin auch unabhängig
vom Auftreten einer HLH beschrieben. Hier ist neben der laborchemischen sicher die
klinische Präsentation der Patienten entscheidend.
Weiterhin ist auf die Assoziation zu diversen Autoimmunphänomenen (Sjögren-Syndrom,
systemischer Lupus erythematodes) zu achten, die auch nach Remission der Erkrankung
auftreten können [5]. Eine weiterführende Betreuung durch eine (kinder-)rheumatologische Ambulanz ist
sinnvoll, um o. g. assoziierte Erkrankungen frühzeitig zu diagnostizieren und zu behandeln.
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Bei Therapie-resistentem Fieber gepaart mit zervikaler Lymphadenopathie sollte auch
an die Kikuchi-Fujimoto-Erkrankung (KFD) gedacht werden.
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Bei der KFD handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose, die einer histopathologischen
Abklärung bedarf.
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Bei schweren Verläufen ist die Gabe von hoch dosierten Glukokortikoiden zu erwägen.
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Die Entwicklung einer HLH oder von Autoimmunphänomenen nach abgelaufener Erkrankung
sind möglich und können den Krankheitsverlauf komplizieren.