Rofo 2021; 193(02): 206-209
DOI: 10.1055/a-1299-5686
DRG-Mitteilungen

Von Wissen, Wäsche und Wirtschaftlichkeit – Neue Einsichten der RÖKO DIGITAL-Kongresspräsidenten

 

    Wie aus einer Vernunftentscheidung ein Erfolgsmodell mit Ausbaupotenzial wurde: Im Interview berichten die Kongresspräsidenten des 101. Deutschen Röntgenkongresses und des 9. Gemeinsamen Kongresses von DRG und ÖRG, Prof. Dr. Günter Layer und Univ.-Prof. Dr. Klaus A. Hausegger, von den Herausforderungen, die die Transformation des Präsenzkongresses in RÖKO DIGITAL mit sich brachte. Sie skizzieren aber auch die Vorteile des mehrmonatigen virtuellen Kongressformats, und welche Erfahrungswerte und Verbesserungsvorschläge sie ihren Nachfolgern und Nachfolgerinnen mit auf den Weg geben möchten.


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    Herr Professor Hausegger, Herr Professor Layer, als Kongresspräsidenten des 101. Deutschen Röntgenkongresses standen Sie aufgrund der sich verschärfenden Pandemiesituation vor einer schwierigen Entscheidung: die Absage des Kongresses oder die kurzfristige Umwandlung in ein digitales Format, das es so zuvor noch nicht gegeben hatte. Wie lange hatten Sie noch die Hoffnung, dass es einen Präsenzkongress geben könnte – vielleicht kleiner, vielleicht nur teilweise digital?

    Prof. Dr. Günter Layer: Die Absage des Röntgenkongresses als Präsenzveranstaltung wurde im März, genau während der ersten Corona-Welle, beschlossen. Überraschend kam das nicht – im Vorfeld hatten mich der DRG-Präsident und der Schatzmeister angesprochen, ob ich eine solche Entscheidung mittragen würde. Dem habe ich natürlich zugestimmt, weil die sachlichen Argumente klar sortiert waren. Das hatte ja auch eine wirtschaftliche Dimension, die wir nicht außer Acht lassen konnten.

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    Prim. Univ.-Prof. Dr. Klaus Hausegger

    Prim. Univ.-Prof. Dr. Klaus Hausegger: Ja, das kann ich bestätigen. In diese Zeit Ende Februar/Anfang März fiel ja auch die Absage des ECR. Da habe ich mir schon gedacht, dass es wahrscheinlich nicht möglich sein wird, den DRG-ÖRG-Kongress als Präsenzveranstaltung abzuhalten. Es war eine Vernunftentscheidung, getrieben durch den Vorstand und die Geschäftsstelle der DRG. Die Absage der Präsenzveranstaltung war der logische Schritt, bei dem sehr klug und bedächtig agiert wurde.

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    Prof. Dr. Günter Layer

    Ist Ihnen die Entscheidung, den Kongress vor Ort in Leipzig abzusagen, schwergefallen?

    Layer: Ja, klar. Wir haben uns sehr lange darauf vorbereitet, und zumindest für die deutsche Seite gesprochen ist es eine besondere Ehre, so einen Kongress organisieren und präsidieren zu dürfen. Da ist man natürlich schon enttäuscht, wenn sich das Konzept von einem Moment zum nächsten in Wohlgefallen auflöst.

    Hausegger: Dem kann ich nur beipflichten. Für mich als Österreicher umso mehr, weil ich natürlich von Österreich aus nur schwer die Möglichkeit hatte, an so einem großen Kongress mitzuwirken. Wie Sie wissen, gibt es diese DRG-ÖRG-Meetings alle 3 Jahre. Ich empfinde es seitens der ÖRG als großen Vertrauensvorschuss, dass mich der Vorstand als Kongresspräsidenten nominiert hat, und auch für mich war es eine Ehre, dass ich im Kreis unserer deutschen Kolleginnen und Kollegen so nett aufgenommen wurde.

    Hatten Sie Bedenken, ob ein rein digitales Format funktionieren würde bzw. ob ein solches Format in der kurzen Zeit überhaupt umgesetzt werden könnte?

    Layer: Also für mich kann ich sagen: überhaupt nicht. Als die Idee erstmal geboren war, hatte ich von vorneherein die Vorstellung, dass sie funktionieren würde. Da spielt natürlich für mich als deutschen Radiologen in erster Linie die Tatsache eine Rolle, dass ich die Akademie Online kenne und wir von Anfang an sehr großzügig von deren Initiator, Herrn Professor Mack, unterstützt wurden.

    Hausegger: Ich habe natürlich nicht so ausgiebige Erfahrung mit der Akademie Online. Für mich stellte sich schon die Frage, wie dieses Format von den virtuellen Kongressteilnehmenden angenommen wird. Meine Bedenken waren dann aber relativ rasch ausgeräumt, als ich hörte, dass die Akademie Online immer eine sehr große Zuhörerschaft hat. Zur technischen Umsetzung kann ich nur sagen: Nachdem wir das erste Mal mit dem Kollegen Professor Mack kommuniziert hatten, war mir klar, dass es funktionieren wird. Da hatte ich keine Bedenken.

    Wie waren dann Ihre ersten Erfahrungen, beispielsweise im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung?

    Layer: Die Eröffnungsveranstaltung war sehr gut vorbereitet. Es ist uns damals gelungen, alle Formate, die sich im Laufe von RÖKO DIGITAL wiederfanden, bereits zum Start erfolgreich umzusetzen. Wir hatten eine Streaming-Veranstaltung dabei, eine Live-Veranstaltung und auch Parallelveranstaltungen. Da kam nie das Gefühl auf, dass wir das Konzept neu überdenken müssten. Eigentlich war es easy going, das muss man wirklich sagen.

    Hausegger: Es war wirklich alles sehr gut und detailliert vorbereitet. Etwas ungewohnt für mich war es schon, dass man da jetzt vor einem Laptop sitzt und die Zuhörerschaft nicht sieht. Wenn man normalerweise für einen Vortrag am Podium steht, ist bei mir persönlich ein gewisser stimulierender Stressfaktor vorhanden. Vor einem Monitor zu sitzen und das Publikum nicht zu sehen, daran musste ich mich erstmal gewöhnen.

    Layer: Das kann ich nochmal bestätigen durch die Abschlussveranstaltung. Die habe ich ja live moderieren dürfen, vor der Kamera im Röntgen-Studio in Remscheid-Lennep. Das Erlebnis war ein anderes. Da kam tatsächlich, wie du, Klaus, es sagst, wieder dieser stimulierende Stress auf. Die Abschlussveranstaltung war also wieder näher am Live-Erlebnis.

    Was bedeutet es nun für Sie, die ersten Kongresspräsidenten zu sein, die einen 100 %ig digitalen Röntgenkongress ausgerichtet haben?

    Hausegger: Günter, du hast gesagt, du wirst in die Annalen des DRG eingehen.

    Layer (lacht): Genau – ich habe immer gespottet, ich müsse jetzt einfach mal abwarten, ob ich als Corona-Kongresspräsident in Erinnerung bleiben würde oder als Digital-Kongresspräsident.

    Hausegger: Ich nehme an, diese Wahrnehmung wird es in Österreich nicht geben. Für mich war es immer ein großes Anliegen, in der Vorbereitung des Präsenz-ÖRG-Kongresses meine österreichischen Kolleginnen und Kollegen zu motivieren, nach Leipzig zu fahren; das ist ja nicht so leicht. Demzufolge glaube ich, dass ich nicht in die Annalen der ÖRG eingehen werde. Günter, du wirst da, glaube ich, schon als der Pionier eines digitalen Kongresses wahrgenommen werden.

    Layer: Ja, da muss ich sagen, hat sich die Waage schon zum Digital-Kongresspräsidenten geneigt. Insofern sehe ich das heute auch positiver als zu Beginn. Damals überwog eher die Empfindung: Du bist halt der Corona-Kongresspräsident. Mittlerweile steht für mich der Aspekt im Vordergrund, dass wir dazu beigetragen haben, den Kongress auf eine andere Ebene zu heben. Ich bin stolz darauf, dass ich dabei war.

    Hausegger: Und in diesem Sinne ist dieser digitale Kongress durchaus eine Initialerfahrung, von der man sehr viel für das zukünftige Kongressleben mitnehmen kann.

    Daran direkt anschließend: Was für ein Kongresskonzept erwarten Sie für die Zukunft?

    Layer: Ich gehe davon aus, dass Kongresse sich zu hybriden Ereignissen, bestehend aus digitalen Sessions und Präsenzveranstaltungen, entwickeln werden, wenn wir es wieder leisten können. Das, was wir jetzt umgesetzt haben, wird man nicht wieder auf null zurückdrehen können. Wir haben uns ja auch in anderen Lebensbereichen und bei anderen Veranstaltungen mittlerweile daran gewöhnt, dass das Digitale Teil der Kongress- und Fortbildungslandschaft ist. Gleichzeitig werden wir die soziale Seite eines Kongresses, also die menschliche Interaktion, nicht umfassend ersetzen können. Und das ist für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer ja auch eine wichtige Motivation, um im Kongressleben und im gemeinschaftlichen Austausch einer wissenschaftlichen Gesellschaft aktiv zu sein. Darauf werden wir also nicht dauerhaft verzichten können. Wir werden Kongresse teilweise wieder live erleben und Teile davon digital beibehalten, einfach, weil es für die reine Fortbildung tatsächlich der einfachere, bessere und billigere Weg ist.

    Hausegger: Dem möchte ich ganz zustimmen. Ich persönlich freue mich auf den Kongress, der wieder als Präsenzkongress stattfindet, egal, welcher es sein wird. Und das nicht nur, weil es nett ist, wenn man sich am Abend gemütlich mit Kolleginnen und Kollegen trifft, sondern ich glaube ebenfalls, dass die soziale Komponente auch im fachlichen Austausch extrem wichtig ist. Ein kleines Beispiel aus meinem Institut: Natürlich wäre es aktuell im Sinne von Social Distancing sinnvoll, keine Morgenbesprechung zu machen. Jeder sollte direkt zu seiner Konsole gehen und befunden, möglichst ohne jemanden zu treffen. Ein vernünftiges, fachliches Abteilungsleben ist so aber nicht möglich. Wir behalten also unsere Besprechungen mit ausreichend Distanz bei. Denn es ist wichtig, dass man direkt miteinander kommuniziert, weil auf diese Weise viele Informationen vermittelt werden, die auf digitalem Weg verloren gehen. Und genau das Gleiche gilt beim Kongress. Ich bin aber auch überzeugt, dass es, wie du, Günter, gesagt hast, Hybridveranstaltungen werden. Der ökonomische Faktor, den du auch erwähnt hast, wird eine Rolle spielen. Wenn die Kongresse weniger Präsenzteilnehmende haben und nicht mehr in der gewohnten Größe stattfinden, wird es vielleicht auch leichter und wirtschaftlicher sein, sie zu finanzieren.

    Welche Erfahrungswerte und Tipps möchten Sie künftigen Kongresspräsidenten mit auf den Weg geben? Was sollte bleiben, was hat nicht so gut funktioniert, was würden Sie sich für künftige Kongresse wünschen?

    Layer: Die größte Herausforderung ist aus meiner Sicht, die wissenschaftlichen Beiträge noch besser einzubinden. Das ist schon im Präsenzkongress nicht ganz einfach. Schon dort sind es ja nicht die Veranstaltungen, die am besten besucht sind und am heißesten diskutiert werden. Aber sie sind extrem wichtig für unsere Nachwuchsarbeit als wissenschaftliche Gesellschaft, um die Wissenschaft zu fördern und junge Leute zu motivieren. Da sehe ich im Kontext eines Kongresses mit digitalen Elementen noch Verbesserungsbedarf. Wir müssen uns überlegen, wie wir die wissenschaftlichen Beiträge noch besser integrieren können und auch spannend gestalten, damit die Veranstaltungen nicht zu einem reinen Konsumieren von Fortbildung werden. Und natürlich haben wir in der Radiologie Formate und Bereiche, die digital leichter zu präsentieren sind, und solche, die schwerer zu präsentieren sind. Wir müssen uns beispielsweise, was die Hands-on-Möglichkeiten angeht, im Digitalen noch weiterentwickeln. Gerade die interventionelle Radiologie braucht das. Dort sollten künftige Kongresspräsidenten versuchen, neue und bessere Akzente zu setzen, als wir das in der Kürze der Zeit tun konnten.

    Hausegger: Wenn ich beim zweiten Punkt einhaken darf: Natürlich kann man Hands-on-Angebote virtuell nicht vermitteln. Was man durchaus vermitteln kann, und darin liegt vielleicht auch wieder eine Chance: Wir können Bilddatenmaterial sehr gut präsentieren. Mit Videoaufzeichnungen, auch von Interventionen etc., kann man viel Information transportieren, auch wenn der taktile Reiz fehlt. Die Vorbereitung eines solchen Video-Workshops ist natürlich ungleich mehr Aufwand als eine PowerPoint-Präsentation, ich brauche die Tools zum Aufzeichnen und zum Nachbearbeiten. Für zukünftige Kongresse bedeutet das eine frühzeitige Planung.

    Layer: Eine weitere Option, die ich sehe, ist das Format, das wir am Abschlusswochenende ausprobiert haben: eine Live-Übertragung aus dem Röntgen-Geburtshaus. Dort können wir Simulatoren aufbauen und die Sessions filmen. Im kleinen Rahmen könnte man zum Simulatoren-Handling, zu Vor- und Nachteilen diskutieren und dies an die digitale Zuhörerschaft übertragen. Die Infrastruktur dafür ist vorhanden, denn das Haus ist ja auf Initiative von Professor Stefan Schönberg bereits als Test- und Trainings-Center eingerichtet. Es gibt noch andere Formate, die ich mir gut als Live-Übertragung aus dem Röntgen-Geburtshaus vorstellen könnte: Podiumsdiskussionen in kleiner Runde, in die das Publikum über den Chat eingebunden wird. Da denke ich beispielsweise an die Serie über Aufklärung und Haftung, die ich jetzt seit 10 Jahren mache. Oder auch an Diskussionen zu neuen Röntgenverordnungen, zu neuen Gesetzestexten. Das war in der Kürze der Zeit dieses Jahr noch nicht realisierbar, aber das sehe ich nächstes Jahr als eine echte Option an. Und andere Dinge sind ja beim diesjährigen Kongress schon gelungen, also FFF-Kurse oder Refresher-Formate.

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    DRG-Präsident Prof. Dr. Gerald Antoch während der Live-Übertragung aus dem Röntgen-Geburtshaus.

    Wie hat sich Ihre Zusammenarbeit von der Themenauswahl bis hin zur Umsetzung über einen sehr langen Zeitraum – immerhin gute 7 Monate – gestaltet?

    Hausegger: Bei einem ersten Treffen haben wir uns einen Tag lang zusammengesetzt und uns über die Gestaltung des Kongresses unterhalten. Ich glaube, wir haben mit diesen Schwerpunkten durchaus den Zahn der Zeit getroffen. Die interventionelle Onkologie war im Digitalen am schwierigsten umzusetzen. Letztendlich haben wir aber auch dieses Thema, glaube ich, sehr gut abgebildet. Das zeigt auch der Zuspruch von Teilnehmerseite. Die DRG und ÖRG haben sich jeweils sehr stark in der Programmgestaltung engagiert, es lief alles sehr harmonisch ab.

    Layer: Harmonie und ein gutes Verständnis prägen auch unsere persönliche Zusammenarbeit. Wir haben unsere Schwerpunkte gemeinsam ausgewählt. Und dann haben wir uns über Wochen, um nicht zu sagen über Monate hinweg jeden Dienstagabend zusammen mit der DRG-Geschäftsstelle virtuell getroffen. Das war einerseits Ausdruck des entspannten Miteinanders, aber andererseits auch harte Arbeit. Inhaltlich war es immer Teamwork in allen Bereichen.

    Wie zufrieden sind Sie mit den Teilnehmerzahlen und den Kommentaren der RÖKO DIGITAL-Teilnehmenden, die Sie erreicht haben?

    Layer: Ich kann nur sagen: Ich war überwältigt von der Teilnehmerzahl. Der Schlüssel zum Erfolg war in meinen Augen unsere Idee, das Abo-System für Institute der Akademie Online auch im Kongress einzuführen. Ich persönlich hätte am Anfang niemals erwartet, dass wir über 3000 Dauerabonnenten haben. Die höchste Teilnehmerzahl war die Sitzung zur Notfallradiologie am 23. Mai mit 975 Teilnehmenden. Das muss man sich erstmal auf einem Präsenzkongress vorstellen. Ich bin mir gar nicht sicher, ob wir in Leipzig überhaupt einen ausreichend großen Saal gehabt hätten. Wir hatten natürlich den Vorteil, dass die Parallel-Sessions eines Präsenzkongresses entfielen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer konnten sich in der Regel auf 1, maximal 2 Angebote konzentrieren. In vielen Sitzungen waren über 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei – das sind Zahlen, die wir höchstens von Präsenzkongressen wie in Chicago kennen.

    Hausegger: Ja, das war für mich schon auch beeindruckend. Und wenn wir uns jetzt anschauen, wie viele Zuschauerinnen und Zuschauer wir insgesamt hatten, dann ist es ganz klar, dass man mit einer Session auf einem Präsenzkongress nie so viele Menschen erreichen kann. Und du hast den Vorteil auch schon ganz richtig adressiert: Es wird nicht so viel auf einmal angeboten. Wir haben den Inhalt eines Kongresses, der für 4 Tage geplant war, auf die Zeit von Mai bis November aufgeteilt. Das ist vielleicht auch für die virtuell Teilnehmenden ganz angenehm. Wir wissen ja, dass man auf einem mehrtägigen großen Kongress bei weitem nicht all das hören kann, was einen interessiert, erst recht, wenn man dazu noch Verpflichtungen in Fachgesellschaften hat. Das ist schon ein Vorteil des digitalen Formats. Es war vor allem aber das Unikum des RÖKO DIGITAL, dass wir das Programm über eine so lange Zeit haben laufen lassen. Auch viele andere Kongresse liefen digital, aber wie ursprünglich geplant über 3–4 Tage. Sie haben damit den Vorteil verschenkt, dass die einzelnen Veranstaltungen separat laufen und deshalb von vielen Teilnehmenden besucht werden können. Die Strategie mit den Abos war gut: Sie sind weggegangen wie die warmen Semmeln. Bei mir haben wir es so geregelt, dass es vom Abteilungskonto bezahlt wird, und das Angebot fand reges Interesse. Mitunter waren meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr up to date bezüglich des Programms als ich.

    Layer: Wobei ich schon verwundert war, dass wir diesen Spannungsbogen wirklich über eine so lange Zeit aufrechterhalten konnten. Ich hätte eigentlich gewettet, dass der irgendwann in sich zusammensinkt und wir am Ende mit 30 Teilnehmenden aus dem virtuellen Saal gehen. Das zeigt aber, dass wir offensichtlich, auch was die Auswahl der Referentinnen sowie Referenten und der Themen angeht, nicht alles falsch gemacht haben können.

    Hausegger: Über die Grundvoraussetzung dafür haben wir noch gar nicht gesprochen: die technische Umsetzung. Da hat es ganz wenige Probleme gegeben, hin und wieder mit dem Ton. Schließlich ist es so: Würde man sich als Webinar-Teilnehmerin oder -Teilnehmer 3-mal einloggen und 3-mal nach 10 Minuten rausfliegen, ist das frustrierend und man macht das nicht nochmal. Aber die Technik hat so selbstverständlich funktioniert, dass das überhaupt gar kein Thema wurde.

    Wie bewerten Sie die Einbindung der Industrie in RÖKO DIGITAL?

    Layer: Absolut positiv. Wir haben 103 Webinare organisiert, aber auch 41 Industrie-Symposien. Dass die Unternehmen überhaupt so eingestiegen sind in diese Veranstaltungen, ist ja auch schon ein großartiges Ergebnis. Das wird sich weiterentwickeln und ich bin mir ganz sicher, dass diejenigen, die dieses Jahr nicht dabei waren, im nächsten Jahr doch einen gewissen Druck haben, sich auch etwas einfallen zu lassen.

    Hausegger: Letztendlich ist es für die Industrie natürlich auch attraktiv, wenn sie diese Zahlen jetzt sehen und erkennen, welche Reichweite sie erlangen können. Das ist vielleicht visuell nicht so eindrucksvoll wie die riesigen Firmenstände, aber die Reichweite ist ungleich größer als bei einer Präsenzveranstaltung.

    Layer: Absolut. Die Akzeptanz war bereits in diesem Jahr erstaunlich gut und auch für unsere Industriepartner gibt es noch Entwicklungschancen. Industrieausstellungen leben ja auch vom Gespräch, von der Diskussion. Das sollten wir aufgreifen, denn natürlich brauchen wir auch weiterhin die Partnerschaft mit der Industrie.

    Gibt es zum Abschluss noch Erlebnisse, die Ihnen im Gedächtnis geblieben sind und die Sie mit uns teilen möchten?

    Layer: Mir ist aus den Kommentaren klar geworden, dass viele der Teilnehmenden eine ganz andere Haltung zum Kongress haben als ich zum Beispiel. Wir beide, Klaus, gehören, denke ich, zu denen, denen es vor allem wichtig ist, mit den Kolleginnen und Kollegen sowie Industrievertretern im Gespräch zu sein. Aber es gibt auch ganz viele Teilnehmende, für die steht die Wissenserweiterung im Vordergrund. Der aus diesem Blickwinkel einprägsamste Kommentar, der mich erreichte, kam von einer Kollegin. Sie berichtete mir nach einer Veranstaltung, dass sie sehr viel gelernt hätte und es wieder mal ein tolles Seminar gewesen sei. Außerdem hätte sie nebenbei noch 2 Maschinen Wäsche gewaschen. Ich glaube, dass wir das manchmal etwas zu wenig beachten: Wo sind die Bedarfe unserer Kolleginnen und Kollegen? Deswegen bin ich auch überzeugt, dass wir einen hybriden Kongresscharakter bekommen werden, denn die Anforderungen sind eben unterschiedlich. Diese Erfahrung hat mir gut gefallen: Offensichtlich konnten wir schon in diesem Jahr einen Teil der Bedarfe gut bedienen.

    Hausegger: Gerade zu Beginn unseres Gesprächs haben wir die soziale Komponente des Präsenzkongresses erwähnt, die natürlich bei RÖKO DIGITAL wegfallen musste. Allerdings: Die Einfachheit des Besuchs einer virtuellen Veranstaltung ist schon sehr attraktiv. Das sehen wir auch bei uns in der ÖRG: Wir haben ebenfalls eine Fortbildungsserie für den Facharzt, die jetzt auch digital abläuft. In einer Umfrage votierten die Jungärztinnen und -ärzte und die Ärzte in Ausbildung für die Beibehaltung des digitalen Formats. Du musst nirgends hinfahren, du kannst daneben die Wäsche waschen. Das ist schon einfacher. Was für mich persönlich eine Herausforderung war – und vielleicht muss man das auch selbst lernen: Man muss sich für diese Veranstaltung trotzdem Zeit nehmen. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen waren nebenbei im Dienst. Da hat man eigentlich das Webinar, aber macht noch geschwind eine Prozedur oder Intervention. Und dann auf einmal kommt man zu spät in die Veranstaltung. Einzelne Kolleginnen und Kollegen meiner Abteilung haben sich wiederum extra Kongressurlaub genommen und hatten dann ausreichend Zeit. Eine positive Erfahrung ist, dass mitunter die geschriebene Diskussion fast intensiver war als sonst bei Präsenzveranstaltungen. Aus der Anonymität fragt es sich einfach leichter.

    Layer: Das ist ein wichtiger und positiver Aspekt, der mich auch völlig verblüfft hat. Er führte dazu, dass wir unsere Vortragszeiten um 10 Minuten gekürzt haben, um den Diskussionen mehr Raum zu geben. Das ist sowohl für uns als Moderierende oder Vortragende bereichernd, aber auch für das Publikum, weil dadurch weitere Perspektiven in den Fokus gerückt werden, die eine gute Anregung sind.

    Vielen Dank für diese Schlussworte und das Interview!


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    Publication History

    Article published online:
    28 January 2021

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    Prim. Univ.-Prof. Dr. Klaus Hausegger
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    Prof. Dr. Günter Layer
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    DRG-Präsident Prof. Dr. Gerald Antoch während der Live-Übertragung aus dem Röntgen-Geburtshaus.