CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2021; 81(02): 183-190
DOI: 10.1055/a-1302-7803
GebFra Science
Review/Übersicht

Quo vadis Urogynäkologie 2020 – innovative Behandlungskonzepte von Harninkontinenz und Genitalprolaps

Article in several languages: English | deutsch
Gert Naumann
Frauenklinik, Helios Klinikum Erfurt, Universitätsfrauenklinik, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die aktuelle Behandlung von Harninkontinenz und Genitalprolaps umfasst vielfältige innovative Möglichkeiten konservativer und operativer Therapien. Eine angepasste lokale Estrogenisierung und professionelle Techniken des passiven und aktiven Beckenbodentrainings mit Biofeedback, Rüttelplatte und verschiedenen Vaginaldevices stellen den Behandlungsbeginn bei Beckenbodenfunktionsstörungen dar. Methode der Wahl zur operativen Sanierung der Belastungsinkontinenz ist die Einlage einer suburethralen Schlinge. Die operative Behandlung des Genitalprolaps bietet verschiedene Methoden auf vaginalem oder abdominal/endoskopischem Weg unter Eigengewebsrekonstruktion oder Nutzung von alloplastischem Material. So gelingt eine individuelle optimale Rekonstruktion sowohl bei der jungen Frau mit zumeist postpartalen Schädigungen bis hin zur betagten Patientin in der letzten Lebensphase. Dazu gehört die Einschätzung des gesundheitlichen Zustandes der Patientin und dem bestehenden anästhesiologischen Risikoprofil. Wichtig ist die Ermittlung des realistischen Patientenwunsches nach Erläuterung eines individuellen Konzeptes und Darstellung auch alternativer operativer Möglichkeiten.


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Einleitung

Die COVID-19-Pandemie hat eine Vielzahl vor allem benigner Erkrankungen in diesem Jahr komplett in den Hintergrund gedrängt. Gerade ältere und vorbelastete Patientinnen scheuen im Moment den Gang in die Praxis oder Klinik, um sich einer notwendigen Therapie einer ausgeprägten Beckenbodenfunktionsstörung zu unterziehen, obwohl zum Teil gravierende Probleme und Einschränkungen der Lebensqualität bestehen.

Der nachfolgende Artikel soll alle KollegInnen motivieren, betroffene Frauen einer suffizienten Behandlung zuzuführen und zu einer proaktiven Mitarbeit zu ermuntern. Ziel der Arbeit ist es, ein aktuelles Update über verschiedene Methoden zur Behandlung von Harninkontinenz und Genitaldeszensus sowie deren Risiken und Erfolgschancen darzustellen.

Bei einer Prävalenz von 30 – 35 Prozent aller Frauen ab 50 Jahren gehören Beckenbodenfunktionsstörungen mit Genitaldeszensus und Harninkontinenz zu den häufigsten Erkrankungen der Frau überhaupt, verbunden mit gravierenden Einschränkungen des Alltags sowie der Lebensqualität und sexuellen Gesundheit.

Der weibliche Beckenboden zeigt komplexe konträre Aufgaben; außerhalb von Schwangerschaft und Entbindung dient er als stabiler kaudaler Abschluss der Bauchhöhle mit geordneten Auslassfunktionen und einem flexiblen Sexualorgan. In Schwangerschaft und unter der Geburt vollziehen sich komplexe biochemische Veränderungen, die dem Gewebe eine außerordentliche Flexibilität und Dehnbarkeit ermöglichen und postpartal zumeist eine komplette Restitution erlauben. Daraus resultieren in der 2. Lebenshälfte zunehmend Insuffizienzzeichen mit Aufhebung der geordneten Fixation von muskulären und bindegewebigen Verankerungen und in der Folge Verlagerungen von Scheide, Blase oder Rektum bis außerhalb der Beckenhöhle. Auch der urethrale Verschlussapparat ist bei nachlassender Hormonaktivität geschwächt, Folge kann eine belastungsbedingte Harninkontinenz mit unfreiwilligem Urinabgang bei Husten, Niesen und körperlicher Aktivität sein. Besonders lebensqualitätseinschränkend sind auch Beschwerden einer überaktiven Blase mit Harndrangsymptomatik und/oder Dranginkontinenz.

Zur erfolgreichen Therapie von komplexen Beckenbodenfunktionsstörungen wie Harninkontinenz und Genitalsenkung ist eine individuelle und abgestufte Diagnostik unverzichtbar. Eine Erfassung aller störenden Symptome mit Einschätzung des Leidensdruckes sowie eine urogynäkologische Untersuchung mit verschiedenen Funktionstests sind leicht durchführbar und erfordern keinen größeren technischen Aufwand.


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Aktuelle Therapie der Belastungs-Harninkontinenz

Domäne der Behandlung der Belastungsinkontinenz sind operative Maßnahmen, entweder nach einer erfolglosen konservativen Therapie oder auch in Ergänzung. Bei allgemeinen Erfolgsraten von ca. 80% helfen konservative Maßnahmen vor und nach einer OP wie die Umstellung von Verhaltensmaßregeln (Gewichtsreduktion, Vermeiden von Heben und Tragen schwerer Lasten, Stuhlregulierung, Blasentraining etc.) oder physiotherapeutische Übungen zur Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur unter professioneller Anleitung für eine bessere Compliance und langfristige Sicherung des OP-Erfolges. Der aktuelle Trend geht zu einer individuellen Unterstützung der Beckenbodenkontraktilität durch innovative Biofeedback-Geräte mit optischer und/oder akustischer Erfolgskontrolle oder externe Übungen auf der Rüttelplatte (Galileo-Gerät), Magnetfeldtherapie oder die Elektrostimulationstherapie mit externen Klebeelektroden zur passiven Muskelunterstützung.

Die lokale vaginale Estrogenisierung mit einem Estriolpräparat verbessert die allgemeine Trophik des Vaginalepithels und senkt die Harnwegsinfektionsrate und Harndrangsymptomatik effektiv. Trotz anhaltender Diskussion über mögliche negative systemische Effekte bei insgesamt schwacher Datenlage gibt es inzwischen genügend gute Argumente, neben einer hormonfreien lokalen Salbentherapie oder einer Lasertherapie unverändert eine schwachdosierte lokale Estrioltherapie anzubieten [1].

Die medikamentöse Therapie mittels Duloxetin kann die Inkontinenzrate bis zu 50% reduzieren und sollte gerade bei Patientinnen mit fehlenden OP-Optionen genutzt werden. Hier sollte eine ein- und ausschleichende Dosierung aufgrund potenzieller Unverträglichkeiten beachtet werden.

Konservative Therapieansätze sind häufig erfolgversprechend und zumeist völlig reversibel, zeigen keine massiven Nebenwirkungen oder gar gravierende Komplikationen. Sollte eine konservative Therapie nicht zum Ziel führen, so zeigt sie der Patientin jedoch die Komplexität und Schwere der Erkrankung und lässt die Betroffene eine Verbesserung der Beschwerden von 80 – 85% durch eine OP besser akzeptieren als vermeintliche Garantien eines 100%igen Operationserfolges.

Die Einlage einer spannungsfreien Vaginalschlinge auf retropubischem Weg (TVT-Plastik) oder transobturatorischem Weg (TVT-O, TOT) stellt unverändert den aktuellen Goldstandard der Behandlung dar und zeigt exzellente Ergebnisse bis 85%-Kontinenz-Rate auch nach 5 Jahren mit vertretbaren Nebenwirkungen und Risiken.

Im Vergleich zu anderen etablierten Verfahren wie der intra- und periurethralen Injektion oder Kolposuspension finden sich bei diesen OP-Verfahren damit deutlich bessere Langzeitergebnisse bei allgemein geringerer Morbidität und besserem Outcome [2].

Der retropubische Zugangsweg erscheint hierbei unverändert die Methode der Wahl beim Einsatz einer Schlinge zur Sanierung der Belastungsinkontinenz. Unzählige Studien zur Effektivität, aktuelle Langzeitergebnisse von 17 Jahren, vergleichende RCTs zu anderen Systemen und vorhandene Komplikationsregister geben dem Anwender ein effektives und abgesichertes Verfahren an die Hand.

Das transobturatorische Verfahren (TOT, TVT-O) ist aus Sicht des Autors mit keinen wesentlichen Vorteilen behaftet. Die Erfolgsraten sind mit dem TVT-System vergleichbar, mögliche Komplikationen sind aufgrund der Blindpassage ebenso möglich, treten zwar nur unterhalb der Beckenbodenebene auf, sind aber im obturatorischen bzw. Adduktorenbereich häufig schwierig zu behandeln. Das betrifft vor allem die Lazerationen im Sulcus vaginalis oder die häufig deutlich ausgeprägten Dyspareunien und Schmerzsyndrome, die beim retropubischen Verfahren so nicht zu finden sind.

In einer aktuellen Metaanalyse zu Langzeiterfolgsraten beider Systeme (Follow-up > 5 Jahre) konnten aus 5592 Papers von 2000 bis 2016 insgesamt 11 RCTs (0,6%) und 5 Non-RCTs (0,3%) für eine sichere Auswertung eingeschlossen werden [3]. Beide Zugangswege zeigen vergleichbare objektive und subjektive Erfolgsraten (TVT 61,6% obj., 76,5% subj.; TOT 64,4% obj., 81,3% subj.). Ebenso konnten keine signifikanten Unterschiede der auftretenden Komplikationen gefunden werden (TVT vs. TOT [OR: 0,83, 95%-KI: 0,54 – 1,28]).

Seit Ende der 90er-Jahre gibt es Entwicklungen zum Einsatz von Single-Incision-Schlingen (SIS), die noch weniger Invasivität durch einen singulären Zugang aufzeigen. Bei diesen neuen Systemen soll zum einen die Blindpassage deutlich reduziert werden, das heißt, das Band wird weder blind retropubisch noch durch das Foramen obturatum geführt. Zum anderen wird hierzu eine deutlich verkürzte Schlinge von ca. 6,5 – 12 cm und somit weniger Fremdmaterial benutzt. Bei korrekter Einlage mit weniger Spannungsfreiheit sind die Single-Incision-Schlingen eine gute Option, um mit deutlich geringerer Invasivität und unter Vermeidung des retropubischen Raumes hohe Kontinenzraten zu erzielen.

Eine aktuelle Metaanalyse (29 RCTs mit 3000 Patientinnen) zeigt vergleichbare mittelfristige Kontinenzraten der SIS mit den etablierten suburethralen Bändern, wenn das inzwischen obsolete System TVT-Secur mit hohen Versagerraten ausgeschlossen wird (OR 0,67, 95%-KI 0,44 – 1,60). SIS zeigen kürzere OP-Zeiten, einen geringeren Blutverlust und geringere Schmerzen. Langzeitergebnisse fehlen bislang [4]. Weitere Studien sind im Moment nicht zu erwarten, da aufgrund der FDA-Warnungen und der neuen MDR-Regulierung Single-Incision-Schlingen in Gefahrenklasse III hochgestuft wurden und nur unter Studienbedingungen eingesetzt werden sollten. Viele Anbieter ziehen sich deshalb vom Markt zurück.

Eine Untersuchung zur Häufigkeit von Harninkontinenzoperationen in Deutschland zeigt einen dramatischen Rückgang des Einsatzes von suburethralen Schlingen von 2010 zu 2018 um 37%, ohne dass es zu einem kompensatorischen Anstieg anderer Verfahren kommt [5].

Auch international findet sich ein Trend des Rückganges des Einsatzes von Bändern und Netzen in der Urogynäkologie, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden Diskussionen über Risiko und Nutzen von alloplastischen Materialien im Bereich des Beckenbodens, getrieben von einem zweifelhaften Klagewesen in den USA, weniger von guten medizinischen Argumenten.

Die Kolposuspension und insbesondere hier der laparoskopische Zugang gewinnt wieder zunehmend an Bedeutung. Bei der offenen Technik zeigen die Cochrane-Analysen Kontinenzraten von 68,9 – 88% nach 12 Monaten, die nach 10 Jahren auf 70% und nach 20 Jahren auf 65 – 70% zurückgehen [6]. Die laparoskopische Technik zeigt vergleichbare Ergebnisse nach 18 Monaten mit längerer OP-Zeit, jedoch geringerer Morbidität, weniger postoperativen Komplikationen und weniger Schmerzen [7]. Viele unterschiedliche Studienansätze (Nähte vs. Stapler, 1 Naht vs. 2 Nähte, Kolposuspension offen vs. laparoskopisch, Kolposuspension vs. Band) machen eine robuste Auswertung schwierig. Zudem erfordern insbesondere die endoskopischen Techniken Fertigkeiten, die gezielt über Jahre in Trainingsprogrammen erlernt werden müssen.

Intraurethrale Injektionen mit Verstärkung der Schleimhaut-Koaptation und damit Kontinenzförderung erfreuen sich einer ebenso deutlichen Renaissance. Früher als Second-Line-Therapie genutzt, gibt es aktuell eine Reihe randomisierter Studien für die primäre Situation. Die Rate bez. deutlicher Verbesserung der Harninkontinenz ist hoch, die Rate bez. vollständiger Inkontinenz liegt etwa bei 50%, die Unterlegenheit hinsichtlich der schlechteren Kontinenzrate wird durch geringere Nebenwirkungen und die Nichtverwendung von alloplastischem Material ausgeglichen [8], wobei die modernen Injektionsmaterialien ebenfalls synthetisch sind.

Mit Spannung wurde 2020 eine randomisierte Studie aus Finnland mit Vergleich zwischen retropubischem TVT-Band und Bulkamid-Injektion (Polyacrylamid) bei primärer Belastungsinkontinenz erwartet [9].

Nach Follow-up von 12 Monaten finden sich signifikante Unterschiede in subjektiver (Zufriedenheit durch Visual-analog Score TVT 95%, Bulkamid 59,8%) sowie objektiver Kontinenzrate (negativer Hustentest TVT 95%, Bulkamid 66,4%). Mehr Komplikationen und mehr Re-Operationen traten in der Gruppe des TVT auf. Laut Empfehlung der Autoren kann die intraurethrale Injektion als alternative Primärbehandlung angeboten werden.

Insbesondere in der Rezidivsituation ist auch der Einsatz eines artifiziellen Sphinkters zu überdenken; aktuelle Daten zeigen Kontinenzraten von 61 – 100%, allerdings auch eine erhöhte Rate an Komplikationen (Blasenhalsverletzung 0 – 43%, Explantation 0 – 45%, Erosionen 0 – 22%, mechanisches Versagen 0 – 44%) [10].


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Aktuelle Therapie der Harndrangsymptomatik ohne/mit Inkontinenz/überaktive Blase

Neben einer seit vielen Jahren bewährten konservativen Therapie des Harndrangsyndroms mit Verhaltensmaßnahmen und lokaler Estrogenisierung und einer medikamentösen Zweitlinientherapie (Anticholinergika, β-3-Agonisten) gibt es bei therapierefraktären Fällen und Versagern in der Third Line die Möglichkeit der intravesikalen Botoxinjektion oder sakralen Neuromodulation.

Die Injektion von Botulinumtoxin A findet in der Gynäkologie im Allgemeinen nur bei Frauen mit einer nicht neurogenen idiopathischen überaktiven Blase statt, hier kommen 100 Einheiten Botulinumtoxin A zur Anwendung. Die Literatur zeigt hohe Erfolgsraten mit moderaten Nebenwirkungen wie Restharnerhöhung oder Harnwegsinfekte [11].

Neue Daten unterstützen eine Modifizierung der Behandlungskaskade mit Einsatz der Botulinumtoxin-Injektion bereits in der Sekundärbehandlung. Eine aktuelle Metaanalyse des Vergleichs zwischen Mirabegron als orale Medikation und Botulinumtoxin A belegt die Vorteile bez. geringerer Harninkontinenzepisoden und Absenkung der Miktionsfrequenz zugunsten der Botulinumtoxin-Injektion bei guter diagnostischer Selektion [12].

Die sakrale Neuromodulation ist ein Verfahren zur Modulation der peripheren Sakralnerven und vor allem aber der zentralen Signalpfade, welches bei idiopathischen oder therapieresistenten Störungen wie Dranginkontinenz, Harnretention, Stuhlinkontinenz, Obstipation oder chronischem Beckenschmerzsyndrom eingesetzt werden kann. Beeinflusst werden dabei peripher sowohl afferente und efferente Nervenfasern des Sakralnervenplexus als auch sympathische und parasympathische Nervenfasern aus dem Plexus hypogastricus inferior und die präganglionären parasympathischen Motoneurone des Sakralmarks sowie die somatosensorischen Fasern des N. pudendus.

Technisch immer ausgereifter (z. B. System ist MRT-fähig, Impulsgeber ist wiederaufladbar) kann das System eine Reihe aktueller Literatur über die gute Wirksamkeit und Sicherheit aufweisen. Eine aktuelle Metaanalyse zeigt 21 Studien mit hoher Effektivität der Methode, mindestens 50%iger Verbesserung der Inkontinenzepisoden zwischen 29 – 76% und einer Trockenheitsrate zwischen 43 – 46% [13].

Voraussetzung für einen langfristigen Erfolg ist die Anbindung der Patienten an ein Beckenbodenzentrum mit ausgewiesener Expertise im Bereich Neuromodulation, da es sich hier um eine komplexe Situation von der Diagnosestellung angefangen bis zur professionellen Nachbetreuung der Frauen handelt.


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Aktuelle Therapie des Genitaldeszensus

Auf dem Boden einer chronischen Bindegewebsschwäche zeigt der Genitaldeszensus bis hin zum ausgeprägten Prolaps fließende Übergänge und ist nicht immer mit einem ausgesprochenen Krankheitsgefühl verbunden.

Das bloße Vorhandensein einer Senkung von Uterus oder Scheidenwand ohne Beschwerden (kein Restharn, keine Miktionsstörungen, kein Fremdkörpergefühl, keine Schmerzen, keine Infekte) führt nicht automatisch zu einer Behandlungspflicht. In Kenntnis des sich häufig verschlechternden Befundes sollten trotzdem prophylaktische Maßnahmen (Änderung von Lebensgewohnheiten, Vermeidung von Heben und Tragen schwerer Lasten, Stuhlregulierung usw.) angesprochen werden.

Auch bei ausgeprägten Formen sollte jede Therapie der Genitalsenkung mit konservativen Maßnahmen starten. Dies ist bei nur mäßigen Befunden oder fehlendem Leidensdruck besonders angebracht. Dies trifft auch auf sogenannte prophylaktische Operationen zu („Es könnte noch schlimmer werden“, „Später sind Sie vielleicht zu alt für eine OP“). Jüngere Frauen mit geringem Deszensus benötigen häufig zunächst nur unterstützende Maßnahmen bei Sport und stärkerer körperlicher Aktivität. Auch die Gruppe der operationsunwilligen oder älteren multimorbiden Patientinnen profitiert von nichtoperativen Maßnahmen.

Hier kann grundsätzlich eine konservative Therapie mit lokaler Estrogenisierung, Prolapsreposition durch moderne Silikonpessare und ein professionelles Beckenbodentraining die Gewebestrukturen stabilisieren.

Die Reposition des Deszensus durch ein Pessar kann auch eine larvierte Inkontinenz aufdecken und ist somit wichtiger diagnostischer Bestandteil der Operationsplanung. Pessare dienen meist zur Überbrückung bis zur Durchführung einer Operation, können aber auch über einen längeren Zeitraum problemlos angewendet werden. Zur Vermeidung von Ulzerationen sollte stets eine lokale Hormonbehandlung kombiniert werden und regelmäßige Kontrollen erfolgen.

Es existieren unzählige verschiedene operative Strategien zur Behebung eines Scheiden- oder Uterusprolaps. Die Fixation des heruntergewichenen Vaginalstumpfes oder deszendierten Uterus kann von abdominal oder vaginal erfolgen. Im Fokus steht die suffiziente Verankerung des mittleren Kompartiments an tragende Strukturen des kleinen Beckens. Die über viele Jahre traditionell vaginal geprägte Deszensuschirurgie hat in den letzten Jahren einen deutlichen Wandel mit einer eindrucksvollen Erweiterung der operativen Möglichkeiten erfahren.

Die operative Behandlung des Genitalprolaps erfordert grundsätzlich eine individuelle Betrachtung der Patientin mit Abwägung verschiedener Aspekte und Wahl der geeigneten Operationsmethode und des entsprechenden Zugangsweges ([Tab. 1]).

Tab. 1 Einflussfaktoren auf die Wahl des Operationszuganges bei Prolapsoperationen.

  • Gesundheitszustand der Patientin; eine alleinige Betrachtung des Alters reicht nicht aus

  • vorliegende anatomische und funktionelle Defekte im Bereich des Beckenbodens

  • intra- und postoperative Risiken der gewählten Operationsmethode

  • vorliegende Erfolgsraten der Methode

  • Ist die Patientin noch sexuell aktiv?

  • Wünsche und Bedürfnisse der Patientin hinsichtlich Ergebnis und Lebensqualität

  • eigene technische Fähigkeiten und Erfahrungen bei der Durchführung der speziellen Methode


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Vaginaler Zugangsweg

Der Zugangsweg von vaginal bleibt häufig der originäre und beste Weg zur Sanierung eines Beckenbodendefektes. Mit möglicher Regionalanästhesie lassen sich hier alle relevanten Strukturen einfach erreichen, strukturierte Fixierungstechniken unter Nutzung von Eigengewebe erlauben fast immer eine ausreichende Rekonstruktion.

Die apikale Fixierung von Uterus oder Scheidenapex an den sakrospinalen Ligamenten erzeugt eine ausreichende Festigkeit, die Scheide wird jedoch gering nach dorsal in eine flachere Position zur eigentlich optimal etwas steileren physiologischen Lage in Richtung S1-2 gelenkt.

Besonders vorteilhaft ist diese Operationsmethode bei älteren Patientinnen mit einem ausreichend langen Vaginalstumpf und zeichnet sich durch eine geringe Morbidität mit einer raschen Rekonvaleszenz aus. Bei vorangegangenen Laparotomien wird gerne der vaginale Zugang gewählt, die geringe Auslenkung der neuen Scheidenverankerung nach rechts beim unilateralen Amreich-Richter-Verfahren hat praktisch keinen negativen Einfluss auf die Sexualität.

Die internationale Literatur gibt eine Erfolgsrate von 35 – 81% an, in bis zu 25% können nach dieser Scheidenfixation erneut Zystozelen auftreten [14].

Zwischen einer Fixierung an den sakrospinalen Ligamenten (SSL) oder Sakrouterinligamenten (SUL) zeigen sich keine Erfolgsunterschiede nach einem Follow-up von 2 Jahren (60,5% SSL vs. 59,2% SUL) [15].

Leider werden noch immer routinemäßig Standardprozeduren mit vaginaler Hysterektomie und simultaner anteriorer und posteriorer Kolporrhaphie durchgeführt. Viel effektiver wäre die genaue Analyse der Defektlokalisation und deren spezifische Rekonstruktion. Zumeist ist eine Hysterektomie nicht erforderlich. Auch die häufige Sanierung einer flachen und völlig symptomlosen Rektozele erbringt keinerlei Benefit und sollte der Vergangenheit angehören [16].

Im Vordergrund sollte stets die gute Fixierung des apikalen Segmentes stehen, durch die ausreichende Streckung der vorderen und hinteren Vaginalwand erübrigt sich so manche anteriore oder posteriore Kolporrhaphie. Die Entscheidung zu einer sakropinalen Fixation oder einer Fixierung mit Mc-Call-Technik unter Einbeziehung und Kürzung der Sakrounterinligamente entscheidet sich zumeist anhand der Gewebequalität und dem Grad des Deszensus.


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Hysterektomie versus Hysteropexie im Rahmen der Deszensuskorrektur

In den allermeisten Fällen einer Prolapsoperation gibt es keine Indikation für eine simultane Hysterektomie. Wie in der aktuellen S3-Leitlinie zur Hysterektomie klar festgelegt, benötigt die Exstirpation des Uterus im Rahmen der Senkungsoperation eine eigene Indikation, die die nicht regelhaft gegeben ist ([Tab. 2]) [17].

Tab. 2 Kontraindikationen für eine uteruserhaltende Deszensuskorrektur [17].

  • symptomatische Myome, Adenomyosis, Endometriumauffälligkeiten

  • aktuelle oder stattgehabte Zervixpathologie

  • abnormale bzw. postmenopausale Blutungen

  • Tamoxifen-Therapie

  • familiäres BRCA-1- und -2-Risiko

  • Z. n. hereditärem nicht polypösem Kolonkarzinom mit 40 – 50% Lebensrisiko für ein Endometriumkarzinom

  • regelmäßige gynäkologische Nachsorge nicht gewährleistet

Hingegen ergeben sich nur wenige Kontraindikationen für einen Erhalt des Uterus [18].

Der Verbleib des Uterus/Zervix schafft einen festen Fixationspunkt mit guter Haltbarkeit. Aktuelle randomisierte Studien zeigen die Überlegenheit der Fixation unter Uteruserhalt auch nach 5 Jahren Follow-up (87% Erfolg mit sakrospinaler Hysteropexie vs. 76% Erfolg mit vaginaler HE und SUL-Fixation) [19]. Aktuelle Metaanalysen bestätigen diesen Trend und zeigen gleichwertige Ergebnisse bei geringerer OP-Zeit und geringeren Komplikationen, wenn der Uterus erhalten wird [20].

In den letzten Jahren wurden verschiedene Einführhilfen geschaffen, die eine spannungsfreie Fixation der Zervix an beiden sakrospinalen Ligamenten minimalinvasiv erlauben. Hierzu wird ein schmales, ca. 1 cm breites und ca. 8 cm langes Kunststoffinterponat auf die Zervixvorderseite aufgebracht und von vorn oberhalb der Blasenpfeiler parauterin Richtung sakrospinales Ligament geführt und dort mit einer schmalen Einführhilfe fixiert. Dadurch gelingt eine exzellente haltbare Fixierung, die Portio ist für eine folgende zytologische Kontrolle problemlos einsehbar, das meist mitbetroffene vordere Kompartiment kann simultan durch eine adäquate Fasziendoppelung saniert werden. Der minimale Anteil alloplastischen Materials hat keinerlei Kontakt mit der Scheidenhaut, sodass Erosionen praktisch nicht auftreten.

In der Klinik des Autors werden seit 2017 diese Operationen regelhaft durchgeführt und unter Studienbedingungen kontrolliert (System Splentis®, Fa. Promedon, Cordoba, Argentinien). Bei ca. 300 Eingriffen mit einer mittleren OP-Zeit von 22 Minuten zeigen sich hohe subjektive und objektive Erfolgsraten bei praktisch fehlenden intra- und postoperativen Komplikationen.


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Mesh-unterstützte vaginale Methoden

Die Rekonstruktion des vorderen Kompartiments durch Raffung der endopelvinen Faszie hat nach gültiger Leitlinie eine kumulative Erfolgsrate von 63% (30 – 100%), sodass sie grundsätzlich eine gute Option in der Primärbehandlung des Deszensus darstellt [21].

In Kenntnis der langjährigen guten Erfahrungen der Allgemeinchirurgen im Umgang mit Bauchwandhernien und deren Versorgung mit synthetischen Netzen hat die Anwendung von alloplastischem Material auch in der Urogynäkologie breiten Einzug gehalten. In Kenntnis der günstigen Materialeigenschaften von grobporigem monofilamentem Polypropylen wird dieses alloplastische Material überwiegend im Beckenbodenbereich verwendet.

In der Hand des erfahrenen Beckenbodenchirurgen sind vaginale Operationstechniken mit Einlage eines alloplastischen Netzes bei richtiger Indikation und ausführlicher Abwägung aller Vor- und Nachteile unverändert eine sehr erfolgreiche Alternative mit vielen Vorteilen und vertretbaren Risiken für die Patientin. Zu nennen sind hier kurze Operationszeiten und eine geringe Morbidität.

Metaanalysen belegen eine gute Effektivität mit signifikant besseren anatomischen Ergebnissen im Vergleich zur Eigengewebsrekonstruktion, subjektive Verbesserungen und eine Verbesserung der Lebensqualität zeigen sich gleichermaßen mit und ohne Netzverwendung. Es finden sich mehr Re-Operationen aufgrund von Erosionen oder De-novo-Inkontinenz [22].

In Anbetracht der anhaltenden Pro- und Contra-Diskussionen und der rezenten FDA-Warnungen sollten Mesh-Interponate nur in Rezidivfällen oder bei ausgeprägten Senkungszuständen ohne verbliebenes stabiles Eigengewebe und/oder Nachweis eines Levatorabrisses [23], [24] zur Anwendung kommen.

Bei Mesh-Insertion und simultaner Hysterektomie findet sich ein 5-fach erhöhtes Risiko, bei invertierter T-Kolpotomie ein 6-fach erhöhtes Risiko für eine Netzarrosion [25], die Belassung des Uterus und eine Minimierung der Kolpotomie führt bei Netzeinlage zu einer deutlichen Reduktion dieser Komplikation. Besondere Vorsicht ist auch bei Frauen mit einer Immunschwäche, einem Diabetes mellitus und bei ausgeprägter Hormonmangelatrophie geboten. Sexuell aktive Frauen müssen über ein mögliches Auftreten von Dyspareunie aufgeklärt werden.

Die aktuelle Generation der Single-Incision-Netze wird über eine singuläre Vaginalinzision eingebracht und über spezielle Inserter direkt unter palpatorischer oder optischer Hilfe in die relevanten Landmarks ins Lig. sacrospinale medial der Spina ischiadica ohne Blindpassage eingebracht.

Eine erste Analyse einer Single-Incision-Netz-Einlage (Calistar S, Fa. Promedon) bei 107 Frauen (98,1% postmenopausal) mit Rezidivprolaps (87%) oder komplexen Primärfällen (13%) mit einem Follow-up von 18,5 Monaten zeigt eine anatomische Erfolgsrate von 98% mit 92% subjektiver Zufriedenheit. Bei einer mittleren OP-Zeit von 38 min fanden sich keine intraoperativen Komplikationen oder postoperativen Schmerzsyndrome. Sechs Frauen zeigten eine vaginale Netzerosion, die jeweils konservativ mit einer lokalen Estrogenisierung behandelt wurde [26].


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Abdominaler Zugangsweg

Auf abdominalem Wege kann eine Fixation des herabgewichenen Vaginalstumpfes, der Zervix oder des Uterus median durch eine Sakrokolpopexie, Zervikosakropexie oder Hysterosakropexie mit Anheftung am Lig. longitudinale anterius unterhalb des Promontoriums bei S2 oder lateral durch Fixierung an seitliche Beckenwandstrukturen erfolgen. Aufgrund des weiteren Weges wird in den meisten Fällen ein Kunststoffinterponat (Prolene, Polyvinylidendifluorid [PVDF] etc.) verwendet ([Tab. 3]) [27].

Tab. 3 Verschiedene Techniken der abdominal-endoskopischen Prolaps-Chirurgie [27].

  • mediane Verankerung von Scheidenstumpf, Zervix oder Uterus am Lig. longitudinale anterius auf Höhe des Promontoriums oder S1/S2

  • laterale Verankerung des Uterus oder Scheidenstumpfes an der Rektusfaszie mit Mesh-Interponat unter Vermeidung der Promontoriumregion

  • laparoskopische Pektopexie mit bilateraler Fixation der Scheide oder Zervix an den iliopektinealen Ligamenten auf Höhe S2

  • bilaterale Fixierung der Scheide durch laparoskopische Vaginosakropexie (laVASA) oder laparoskopische Zervikosakropexie (laCESA) mit Mesh-Interponat unter Restaurierung der sakrouterinen Ligamente mit Fixierung in der prävertebralen Faszie auf Höhe S1

Der endoskopische Zugangsweg ist eine Adaptation des offenen Vorgehens, alle wesentlichen Rekonstruktionsschritte erfolgen analog zum offenen Vorgehen [28]. Daher sind die postoperativen Erfolgsraten zwischen offenen und laparoskopischen Vorgehen gleich [29]. Das endoskopische Arbeiten erfordert besondere operative Fertigkeiten bei zumeist längerer Operationszeit. Andererseits profitiert die Patientin von den Vorteilen einer Laparoskopie mit besserer Kosmetik, schnellerer Rekonvaleszenz und einem kürzerem Krankenhausaufenthalt. Durch die zumeist längeren Operationszeiten sollten ältere und morbide Patientinnen eher durch vaginale Verfahren versorgt werden.

Inzwischen gibt es genügend Daten zum Vergleich des abdominalen und vaginalen Zugangsweges. In einer aktuellen Cochrane-Analyse zur Behandlung des apikalen Prolaps wurden 600 Patientinnen in 6 RCT-Studien zwischen vaginalem und abdominalem Zugangsweg verglichen [30]. Nach abdominaler Operation spüren noch 7% ein Prolapsgefühl, bei vaginaler OP sind es hier 14% (7 – 27%) RR 2,11.

Nach vaginalen Operationen kam es häufiger zu einem Rezidiv (31 – 63% vs. 23% nach Sakrokolpopexie RR 1,89). Rezidivoperationen waren häufiger bei vaginalem Zugang (5 – 18%, RR 2,28) im Vergleich zu abdominalen Operationen (4%), signifikante Unterschiede beim Auftreten einer Belastungsinkontinenz nach Prolapskorrektur gab es nicht. Eine Dyspareunie fand sich häufiger in der vaginalen Gruppe (RR 2,53).

In den letzten Jahren haben sich neue offene und laparoskopische Techniken entwickelt, die den Prolaps nicht median im Bereich der Sakralhöhle oder Promontorium, sondern an der seitlichen Beckenwand fixieren. Mögliche geeignete Fälle können hier adipöse Patientinnen oder massive Adhäsionen sein, die einen Zugang an das mediane Lig. longitudinale anterius deutlich erschweren. Bei der Pektopexie erfolgt die laterale Fixierung an den pektinealen Bändern wie auch bei der Kolposuspension oder dem Lateral Repair [31].

Bei dem CESA/VASA-Verfahren sollen die deszendierten Sakrouterinligamente wieder restauriert und damit in eine physiologische Position gebracht werden. Hierzu erfolgt eine bilaterale Streckung mit definierter Länge anstatt einer einzelnen unilateralen medianen Aufhängung. Durch Elevation des Uterus/Scheidenstumpfes und des Blasenbodens soll es ebenso zu einer signifikanten Reduktion einer Harndrangsymptomatik kommen. In einer aktuellen Arbeit wurden 120 Frauen mit Prolaps und Harninkontinenz endoskopisch so operiert; neben einer mittleren OP-Zeit von 88 Minuten und einem mittleren Alter von 66 Jahren konnte in 65% aller Fälle die Harndranginkontinenz beseitigt werden, nur in 4 Fällen musste eine apikale Fixierung nochmals erfolgen [32]. Diese Daten wurden jedoch nur subjektiv durch Fragebögen erfasst. Beide Verfahren befinden sich noch in einem experimentellen Stadium und sollten aufgrund der höheren Komplikationsmöglichkeiten nur im Rahmen von Studien durch ausgewiesene Laparoskopiker angewandt werden.

Neue robotergestützte minimalinvasive Chirurgiesysteme haben inzwischen auch in der Gynäkologie bei Operationen am Beckenboden Einzug gehalten. Das Da Vinci-System der Fa. Intuitive ermöglicht die Verwendung von Instrumenten mit deutlich mehr Freiheitsgraden in der Bewegung im Patienten, eine höhere Bildauflösung ohne Bewegungsartefakte und dadurch eine höhere Präzisionsmöglichkeit bei der Präparation. Bislang verfügbare Daten gerade Durchführung der Sakrokolpopexie zeigen gleichwertige Erfolgsraten bei hoher Sicherheit.

Neue und zum Teil noch experimentelle Operationstechniken sollten zunächst ausschließlich unter Studienbedingungen zum Einsatz kommen. Die betroffenen Frauen sollten vollständig über fehlende wissenschaftliche Daten und fehlende mittel- und langfristige Ergebnisse und alternative bereits erprobte Techniken informiert werden.

Aufgrund der Komplexität der Behandlungsmöglichkeiten sollten Frauen mit Beckenbodenfunktionsstörungen von zertifizierten Spezialisten in Beckenbodenzentren behandelt werden. Die Möglichkeit der professionellen interdisziplinären Zusammenarbeit und breite Expertise erlaubt eine bestmögliche Therapie eines chronischen komplexen Problems.


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Schlussfolgerungen

Grundvoraussetzung für einen Behandlungserfolg ist die genaue Evaluierung der individuellen Defekte mit den damit verbundenen Symptomen bez. Harninkontinenz und/oder Genitalsenkung. Dazu gehört die Einschätzung des gesundheitlichen Zustandes der Patientin und des bestehenden anästhesiologischen Risikoprofils.

Wichtig ist zudem die Ermittlung des realistischen Patientenwunsches nach Erläuterung eines individuellen Konzeptes und Darstellung auch alternativer operativer und konservativer Möglichkeiten.

Goldstandard der Behandlung der Belastungsinkontinenz ist unverändert die Einlage einer suburethralen Schlinge. Steht diese Möglichkeit nicht zur Verfügung, können eine pubovaginale Schlingenplastik, eine Kolposuspension oder eine intraurethrale Injektion gute Alternativen darstellen.

Bei der operativen Sanierung des Genitalprolaps müssen die individuellen Defekte mit der Gesamtkonstellation und den spezifischen Erwartungen der Patientin in ein personalisiertes Konzept gebracht werden, um verschiedene Möglichkeiten vaginaler und abdominaler/endoskopischer Techniken mit Eigengewebsrekonstruktion oder Einsatz von alloplastischem Material fachgerecht auszuloten.

Der vaginale Zugangsweg ist bei älteren Patienten, apikal-posterioren Defekten, der Notwendigkeit einer raschen und wenig invasiven Therapie oder nicht vordergründiger Kohabitationsneigung geeignet. Hier finden sich gleichwertige Ergebnisse mit Möglichkeit einer Lokal/-Regionalanästhesie und kurzer Operationszeit.

Der abdominale bzw. laparoskopische Zugang eignet sich für jüngere Frauen, bei apikal-anterioren Defekten, ausreichender Anästhesiefähigkeit und bei sexuell aktiver Patientin.

Operative Deszensuskorrekturen können häufig auch uteruserhaltend erfolgen.


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  • References/Literatur

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Correspondence/Korrespondenzadresse

Priv.-Doz. Dr. med. habil. Gert Naumann
Frauenklinik
Helios Klinikum Erfurt
Universitätsfrauenklinik
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Nordhäuser Straße 74
99089 Erfurt
Germany   

Publication History

Received: 29 July 2020

Accepted: 01 November 2020

Article published online:
08 February 2021

© 2021. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commecial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/)

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

  • References/Literatur

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