Aktuelle Dermatologie 2021; 47(05): 194-198
DOI: 10.1055/a-1305-4446
Histologisches Quiz

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C. S. L. Müller
MVZ für Histologie, Zytologie und molekulare Diagnostik Trier GmbH
› Author Affiliations

Anamnese und klinischer Befund

Fall 1

63-jähriger Patient, dem eine neue schwarze Läsion an der rechten Brust aufgefallen ist. Die Läsion sei neu und er habe sie früher nicht bemerkt ([Abb. 1 a, b]).

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Abb. 1 a 3 mm messende grau-schwarze, flach erhabene Papel an der Brust eines 63-jährigen Patienten. b Detailvergrößerung mit Maßstab.

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Fall 2

53-jähriger Patient mit einer seit vielen Jahren dem Friseur gut bekannten Läsion an der behaarten Kopfhaut. Der Friseur habe den Patienten auf eine Farbveränderungen aufmerksam gemacht. Die zentrale Abblassung und graue Farbe wären neu und ihm bis dato noch nicht aufgefallen ([Abb. 3 a, b]).

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Abb. 3 a Klinisch deutlich suspekte melanozytäre Läsion an der behaarten Kopfhaut eines 53-jährigen Patienten mit Mehrfarbigkeit und Asymmetrie. b Detailvergrößerung mit Maßstab.

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Histologie

Fall 1

Histologisch kommt eine kleine, rein dermal lokalisierte Proliferation spindeliger ([Abb. 2 a]) und teils ovaler ([Abb. 2 b]) Melanozyten zur Darstellung, welche kräftig pigmentiert sind ([Abb. 2 b]). Immunhistochemisch exprimieren diese teils auch bipolaren Zellen kräftig HMB45 und flau auch S100 ([Abb. 2 c, d]).

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Abb. 2 Exzidat der in [Abb. 1] gezeigten Läsion. a HE-Färbung. Originalvergrößerung entsprechend Maßstabsleiste. Perifollikulär lokalisierte dermale Proliferation kräftig pigmentierter, spindeliger Melanozyten. Keine Beteiligung der Epidermis. Umgebend schwere solare Elastose mit verquollenen elastischen Fasern. b HE-Färbung. Originalvergrößerung entsprechend Maßstabsleiste. Detailausschnitt. Beachte die kräftig pigmentierten, teils spindeligen, teils ovalären Melanozyten. c HMB45-Färbung. Originalvergrößerung entsprechend Maßstabsleiste. Die melanozytären dermalen Zellen exprimieren HMB45. d S100-Färbung. Originalvergrößerung entsprechend Maßstabsleiste. Die melanozytären dermalen Zellen exprimieren nur sehr schwach S100. Beachte die Expression eines kleinen Nervenbündels mit S100 als interne Positivkontrolle (Markierung mittels gelbem Stern).

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Fall 2

In der Komplettexzision sieht man eine große melanozytäre Läsion vom dermalen Typ, welche bis in die Subkutis reicht ([Abb. 4 a]). Auf vielfachen Stufenschnitten sind weder eine epidermale Beteiligung in Form junktionaler Proliferationen oder Nester melanozytärer Zellen ([Abb. 4 b]) noch Nekrosen oder Mitosen zu sehen. Es wechseln sich randständig zellarme, einfache Areale aus bipolaren melanozytären Zellen ([Abb. 4 c]) mit zellreichen Arealen mit kräftiger Pigmentierung ab ([Abb. 4 f]). Die Läsion infiltriert das subkutane Gewebe ([Abb. 4 d, e]). Immunphänotypisch exprimieren die Tumorzellen kräftig Melan A ([Abb. 4 g]) bei nur flauer Expression von HMB45 und S100 ([Abb. 4 h, i]).

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Abb. 4 Exzidat der in [Abb. 3] gezeigten Läsion. a–f HE-Färbung. Originalvergrößerung entsprechend Maßstabsleiste. a Übersichtsaufnahme der bis in die Subkutis reichenden melanozytären Läsion. b Bitte beachten Sie die fehlende epidermale Beteiligung ohne junktionale Komponente des Tumors. c Am Rand der Läsion Bild des einfachen blauen Nävus mit spindeligen stark pigmentierten dendritischen Tumorzellen und Fibrose des umgebenden Bindegewebes. d und e Ausdehnung der melanozytären Proliferate bis in die Subkutis hinein. f Zellreiches Areal mit dichter, knotiger Proliferation spindeliger und fokal sehr stark pigmentierter Zellen. g Melan A-Färbung. Originalvergrößerung entsprechend Maßstabsleiste. Die Tumorzellen exprimieren recht kräftig und durchgängig Melan A. Hier perifollikuläre Proliferate abgebildet. h HMB45-Färbung. Originalvergrößerung entsprechend Maßstabsleiste. HMB45 wird an diesem Tumor nur sehr schwach exprimiert. i S100-Färbung. Originalvergrößerung entsprechend Maßstabsleiste. Flaue aber gut sichtbare Expression von S100 innerhalb der zellreichen Areale.
FRAGE
  • Wie lautet die Diagnose?


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Diagnose

Einfacher blauer Nävus (Fall 1) und zellreicher blauer Nävus (Fall 2)


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Diskussion

Blaue Naevi sind dermal lokalisierte Ansammlungen pigmentierter dendritischer Melanozyten, welche meist spindelförmig, gelegentlich auch epitheloid imponieren. Es handelt sich um gutartige, mehrheitlich kongenitale Tumoren. Das Auftreten in Kindheit oder Erwachsenenalter wird durch eine verzögerte Manifestation dieser kongenitalen Tumore erklärt („tardive kongenitale blaue Naevi“) [1].

Klinisch sind blaue Naevi meist durch kugelige, derbe, glatte Knötchen oder Maculae charakterisiert von typisch blaugrauer bis blauschwarzer Farbe. Meist treten diese Naevi als solitäre Läsionen im Gesicht, am behaarten Kopf sowie den Extremitäten und gluteal auf. Agminierte oder eruptive blaue Naevi werden selten beobachtet. Die Exzision dieser Tumore erfolgt meist aufgrund klinischen Malignitätsverdachts aufgrund der besonderen Farbe und etwaiger Veränderungen von Größe und Morphe.

Syndromal treten blaue Naevi im Rahmen des LAMB-Syndroms und NAME- Syndroms auf und können auch Bestandteil des Carney-Komplexes sein ([Tab. 1]).

Tab. 1

Syndromales Auftreten blauer Naevi [1].

LAMB-Syndrom

NAME-Syndrom

Carney-Komplex [2]

Lentigines

Blaue Naevi

Multiple endokrine Neoplasien

Atriale Myxome

Atriale Myxome

Epitheloide blaue Naevi

Blaue Naevi

Myxoide Neurofibrome

Kardiale Myxome

Epheliden

Histologisch werden 2 Typen unterschieden:

  • Einfache blaue Naevi (Fall 1)

  • Zelluläre blaue Naevi (Fall 2)

Neben diesen beiden typischen Vertretern gibt es noch eine Reihe seltenerer morphologischer Varianten, u. a. den epitheloiden blauer Nävus und den kombinierten blauen Nävus (sog. BLITZ-Nävus, Kombination aus Blauem Nävus und Spitz-Nävus) und den Neuronävus Masson. Deren histologische Charakteristika sollen nicht Gegenstand dieses Artikels sein.

Sobald Nekrosen, eine gesteigerte Mitoserate und vaskuläre Invasion beobachtet werden, muss differenzialdiagnostisch ein blue nevus-like melanoma in Betracht gezogen werden. Sondervarianten mit unklarer Dignität umfassen auch den sog. atypischen blauen Nävus sowie den sog. deep-penetrating-nevus und den MELTUMP (MElanocytic Tumor of Unknown Malignant Potential).

Der einfache blaue Nävus, hier in Fall 1 dargestellt ([Abb. 2]), ist charakterisiert durch eine unterschiedlich dicht ausgeprägte Proliferation dendritischer und/oder pigmentierter spindeliger bis ovaler Melanozyten, welche in Einzelformation oder auch welligen Gruppen angeordnet sind. In unterschiedlichem Maße kann man eine Fibroplasie (Bindegewebsfibrose mit sklerotischen Kollagenfasern) sehen. Die Läsion ist mehrheitlich beschränkt auf die papilläre Dermis; selten sind tiefere Dermis oder gar Subkutis beteiligt. Eine junktionale Beteiligung ist untypisch.

Der zellreiche blaue Nävus (Fall 2; [Abb. 4]) ist meist gluteal lokalisiert und weist morphologisch oft ein multifokales oder bulbiformes Muster auf mit „Knäuel“. Auch bei dieser Variante sind dendritische Melanozyten und auch spindelige Melanozyten die dominierende Zellform. Die Läsionen sind meist vertikal orientiert und reichen gelegentlich pandermal bis in die Subkutis hinein. Der Pigmentgehalt ist variabel [1]. Sekundäre Veränderungen wie eine ausgeprägte Fibrosklerose in älteren „ancient“ Naevi werden häufig v. a. bei den zellreichen blauen Naevi beobachtet.

Immunhistochemisch exprimieren die dermalen melanozytären Zellen blauer Naevi in unterschiedlichem Ausmaß S100, HMB45 und Melan A. Epitheloide Varianten können fokal auch den histiozytären Differenzierungsmarker CD68 exprimieren.

Die Totalexzision ist die Therapie der Wahl bei klinisch nicht eindeutigen Fällen. Von oberflächlichen Shave-Biopsien sollte abgesehen werden, da dies 1. die Diagnose erschwert und 2. Rezidiv-Naevi innerhalb der Shave-Narbe auftreten können, welche dann sowohl klinisch als auch histomorphologisch schwierig von Pseudomelanomen oder Melanomen (insbesondere malignen blauen Naevi) abgegrenzt werden können.

An histologischen Differenzialdiagnosen sind Dermatofibrome oder Narben zu nennen, welche von amelanotischen blauen Naevi differenziert werden müssen; der desmoplastische blaue Nävus muss vom desmoplastischen malignen Melanom abgegrenzt werden.

Die Prognose von blauen Naevi ist generell sehr gut [3].


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Garbe C, Kerl H, Cerroni L. Melanozytäre Naevi und Melanom. In: Cerroni L, Garbe C, Metze D. et al., Hrsg. Histopathologie der Haut. Berlin, Heidelberg: Springer; 2016: 615-619
  • 2 Kim H, Cho HY, Lee JN. et al. Carney Complex with Multiple Cardiac Myxomas, Pigmented Nodular Adrenocortical Hyperplasia, Epithelioid Blue Nevus, and Multiple Calcified Lesions of the Testis: A Case Report. J Pathol Transl Med 2016; 50: 312-314
  • 3 Austad SS, Athalye L. Blue Nevus. In: StatPearls. Treasure Island (FL): 2020

Korrespondenzadresse

Prof. Cornelia S. L. Müller
MVZ für Histologie, Zytologie und molekulare Diagnostik Trier GmbH, Wissenschaftspark Trier
Max-Planck-Str. 5 und 17
54296 Trier
Deutschland   

Publication History

Article published online:
06 May 2021

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