Schlüsselwörter
Typ I-Allergie - Typ IV-Allergie - Hauttest - Komponentendiagnostik
Keywords
type I allergy - type IV allergy - skin test - component resolved diagnostics
Abkürzungen
AIT:
Allergenimmuntherapie
BAT:
Basophilen-Aktivierungstest
CAP:
Carrier-Polymer-System
CCD:
Kohlenhydratdeterminante
IgE:
Immungloblin E
OAS:
orales Allergiesyndrom
PPT:
Prick-to-Prick-Test
SPT:
Skin Prick-Test
tIgE:
Gesamt-IgE
Allgemeine Grundlagen
Patienten werden oft mit komplexen allergologischen Fragestellungen zur Abklärung zugewiesen. Die zu differenzierenden Krankheitsbilder betreffen üblicherweise die Haut, die Atemwege und die Sinnesorgane Augen und Nase.
Die Aufgabe des Allergologen besteht darin, Unverträglichkeiten von Allergien und infektiöse von nicht-infektiösen, insbesondere allergenen Krankheitsauslösern abzugrenzen.
Diagnostisch stehen wir nicht nur vor der Frage, den Auslöser der klinischen Reaktion zuverlässig zu identifizieren, sondern auch, Testergebnisse adäquat zu interpretieren. Ein negatives Testergebnis schließt eine Sensibilisierung oder Allergie nicht aus, sondern kann u. a. durch ein Fehlen der fraglichen Allergene im Testextrakt bedingt sein, da nicht alle Allergene, die beim Patienten allergische Beschwerden auslösen, gleichermaßen gut in einem Standardverfahren aus der Allergenquelle extrahierbar und daher in ausreichender Menge in der Testlösung vorhanden sind. In der In-vitro-Diagnostik werden diese Allergene daher entweder dem Testextrakt zugesetzt (man nennt den Prozess „spiken“) oder extra getestet.
Positive Ergebnisse andererseits bedeuten nicht zwangsläufig eine klinisch relevante Allergie, sondern können auch Resultat von unspezifischen Sensibilisierungen im Zuge einer atopischen Diathese oder auf kreuzreaktive Allergene sein. Eine Sensibilisierung zieht per se keine Therapie nach sich; behandelt werden muss nur auf klinisch symptomatische Allergenquellen.
Anamnese
Frau M., 36 Jahre alt, klagt über eine saisonale Rhinokonjunktivitis, fallweise verbunden mit Atembeschwerden, zwischen März und Juli. Äpfel und Nüsse verursachen orale Parästhesien. Die symptomatische Therapie mit Loratadin 10 mg saisonal sowie Mometason-Nasenspray verbessert die Symptomatik, führt aber nicht zu Beschwerdefreiheit. Sie gibt weiters an, nach perioperativer i. v.-Gabe von Ampicillin + Sulbactam vor 6 Wochen ein Ganzkörpererythem gehabt zu haben.
Fragen
-
Abklärung der Inhalationsallergie: Welche Immuntherapie kommt infrage?
-
Zuordnung der Nahrungsmittelreaktion: sekundär pollenassoziiert?
-
Bewertung der Arzneimittelreaktion: Typ I- oder Typ IV-Reaktion?
Diagnostik der Typ I-Allergie
Diagnostik der Typ I-Allergie
Typ I-allergische Erkrankungen (Allergien vom Soforttyp) wie die allergische Rhinokonjunktivitis, Asthma bronchiale und Anaphylaxie werden durch spezifisch gegen Allergene gerichtete Immunglobulin E-Antikörper (IgE-Antikörper) vermittelt, die sich sowohl im Serum als auch im Gewebe nachweisen lassen. Typische Auslöser sind Pollen, Milben, Tierepithelien, Nahrungsmittel, Insektengifte und Arzneistoffe.
Prinzip
Im Praxisalltag stützt sich die Diagnostik auf drei einander ergänzende Säulen:
-
die allergiespezifische Anamnese, ohne die nachfolgende diagnostische Tests nicht interpretiert werden können,
-
verschiedene Hauttestverfahren:
-
serologischer Immunglobulinnachweis.
Diese werden nach Bedarf und Verfügbarkeit ergänzt durch
-
Provokationstests, die die klinische Reaktivität beweisen,
-
zelluläre Assays, die die zelluläre Immunreaktion nachweisen.
Diagnostik der Typ IV-Allergie
Diagnostik der Typ IV-Allergie
Die Typ IV-allergische Reaktion wird durch T-Zellen und ihre Mediatoren/Interleukine vermittelt. Die spezifischen T-Zellen sind zumeist dort im Gewebe zu finden, wo das Allergen einwirkt und mit einer Latenz von mehreren Stunden bis zu Tagen eine ausschließlich auf die Haut beschränkte Ekzemreaktion, eine sog. Kontaktallergie, verursacht. Etwa 3500 Auslöser, oft aus dem beruflichen Umfeld, sind bekannt; hier sind z. B. Nickel, Chrom, Kobalt, Duftstoffe, Gummi, Kunststoffe, Konservierungsmittel, Farbstoffe, Neomycin, Benzocain, Sulfonamide, Chinidin, Wollwachs, Perubalsam, Augentherapeutika, Lichtfiltersubstanzen, Desinfektionsmittel, Pflanzenschutzmittel, technische Öle oder Pflanzen zu nennen.
Prinzip
Folgende diagnostische Maßnahmen dienen dem Nachweis einer Typ IV-Reaktion:
-
Anamnese einer kutanen Exposition und der assoziierten kutanen Symptomatik,
-
Nachweis einer spezifischen Reaktion auf der Haut entsprechend einer spezifischen Allergenprovokation mit Nachweis einer klinischen Spätreaktion nach 6–48 h, maximal bis 96 h nach Antigenkontakt:
-
Epikutantestung,
-
Atopie-Patch-Test.
Anamnese
Diagnostisch steht die spezifische Anamnese des Patienten im Vordergrund, da sie das wesentliche Kriterium für die Therapieentscheidung darstellt.
Eine Sensibilisierung per se bedeutet noch keine Allergie – erst durch die entsprechende klinische Symptomatik ergibt sich der Krankheitswert und damit die Therapieindikation. Eine Sensibilisierung kann durchaus ohne klinisches Korrelat, also stumm, bleiben und zieht somit keine Therapie nach sich. Die spezifische persönliche, familiäre und Umgebungsanamnese des Patienten erlaubt eine klinische Orientierung, die eine gezielte Diagnostik erst ermöglicht.
Anamnese Beschwerdebild
-
Was?
-
Wann?
-
Wo?
-
Exposition Beruf/privat?
-
Seit wann?
-
Auslöser?
-
Besserung wodurch?
-
Familienanamnese?
-
Vorbefunde?
Es gilt: Das Naheliegendste ist auch das Wahrscheinlichste!
Hauttest
Hauttests, insbesondere Skin Prick-Tests (SPT), stellen zuverlässige und kostengünstige Werkzeuge für Diagnose und Management IgE-vermittelter Krankheiten dar. Sie demonstrieren eine gute Korrelation mit der klinischen Reaktivität der Betroffenen und werden üblicherweise unter standardisierten Bedingungen mit kommerziell erhältlichen Extrakten oder ggf. mit nativen Substanzen durchgeführt. Ein Ergebnis liegt in wenigen Minuten vor, erlaubt aber keine Risikoabschätzung bzw. Abgrenzung genuiner von kreuzreaktiven Sensibilisierungen.
Eine Untersuchung mittels Hauttest (Skin Prick-Test, Scratch- oder Reibetest) liefert ein gutes Bild über die aktuelle Reaktionsbereitschaft des Patienten. Sie kann bereits bei Säuglingen und Kleinkindern durchgeführt werden, hier muss das Ergebnis aber bereits nach 10–15 min abgelesen werden (bei Erwachsenen nach 20 min).
Da ein Hauttest eine diagnostische Allergenexposition bedeutet, soll bei Patienten, denen eine solche nicht zumutbar ist – z. B. aufgrund einer bestehenden Hautkrankheit im Testfeld, eines instabilen Asthmas, eines hohen Risikos durch eine eventuelle anaphylaktische Reaktion, eines schlechten Allgemeinzustandes oder einer Schwangerschaft – nach Möglichkeit In vitro-Diagnostik bevorzugt eingesetzt werden.
Für die Praxis bedeutet das, dass Patienten durch das Testverfahren keiner vermeidbaren Gefährdung ausgesetzt werden dürfen und z. B. bei einer schwangeren Patientin oder Insektengiftallergikern Hauttestungen dann argumentierbar sind, wenn eine wichtige Therapieentscheidung davon abhängt und schwere anaphylaktische Reaktionen nicht zu erwarten sind.
Weiters sind Auswaschzeiten diverser Pharmaka, die das Testergebnis beeinflussen können, zu beachten ([Tab. 1]) [1].
Tab. 1
Empfohlene Auswaschzeiten diverser Pharmaka vor Allergietestung [1].
Substanzgruppe
|
Auswaschzeit
|
Antihistaminika
|
|
3 Tage
|
|
90 Tage
|
Mastzellstabilisatoren
|
|
5 Tage
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Glukokortikoide
|
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1–3 Wochen
|
|
3 Tage
|
|
1 Woche
|
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3 Wochen
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Psychopharmaka
|
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2 Wochen
|
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5 Tage
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Skin Prick-Test
Der SPT ist das in der Praxis am häufigsten zuerst eingesetzte Testverfahren zum Nachweis der IgE-vermittelten Sensibilisierung, da er einfach, schnell, kostengünstig und sicher durchzuführen ist und bei richtiger Interpretation über eine gute Sensitivität und Spezifität verfügt. Wenn kommerzielle Extrakte guter Qualität nicht verfügbar sind, können Prick-to-Prick-Tests (PPT) mit nativen Allergenen in Erwägung gezogen werden. Um unspezifische irritative Reaktionen sicher ausschließen zu können, sollte nach Möglichkeit eine nicht allergische Kontrollperson mitgetestet werden. Für eine korrekte Interpretation essenziell ist das Mitführen einer Positiv- und Negativkontrolle. Eine Ablesung erfolgt nach 20 min, wobei als Ergebnis der mittlere Quaddeldurchmesser in Quadratmillimeter angegeben wird.
Die Nahrungsmittelstandard- und Inhalationsstandardreihen sind in [Tab. 2] und [Tab. 3] aufgelistet.
Tab. 2
Prick-Test-Standardreihen [1]: Inhalationsstandard für Erwachsene und Kinder (Kinder kursiv hervorgehoben, hierbei obligate fett gedruckt).
Saisonal (regional unterschiedlich)
|
Perennial
|
Birke (ggf. + Erle, Hasel)
|
Alternaria alternata (fakultativ bei Kindern)
|
Esche (bzw. Olive)
|
Aspergillus fumigatus (fakultativ bei Kindern)
|
Gräser
|
Cladosporium herbarum (fakultativ bei Kindern)
|
Beifuß (bzw. Glaskraut)
|
Penicillium notatum
(fakultativ bei Kindern)
|
fakultativ Platane, Zypresse
|
Dermatophagoides pteronyssinus
|
fakultativ Wegerich
|
Dermatophagoides farinae (fakultativ bei Kindern)
|
Ragweed (fakultativ bei Kindern)
|
Hund
|
|
Katze
|
|
ggf. Pferd (fakultativ bei Kindern)
|
|
ggf. Acarus siro, Lepidoglyphus destructor, Tyrophagus putrescentiae
|
Kontrollen
|
NaCl 0,9 %
|
Histaminhydrochlorid 1,0 %
|
Tab. 3
Prick-Test-Standardreihen [1]: Nahrungsmittelstandard für Erwachsene und Kinder (Kinder kursiv hervorgehoben, hierbei obligate fett gedruckt).
Pflanzlich
|
Tierisch
|
Apfel
|
Forelle
|
Banane
|
Kabeljau (fakultativ bei Kindern)
|
Erdnuss
|
Hühnerei
|
Haselnuss (fakultativ bei Kindern)
|
Hühnerfleisch
|
Kartoffel
|
Kuhmilch
|
Reiskorn
|
Rindfleisch
|
Roggenmehl
|
Schweinefleisch
|
Sellerie
|
|
Sojabohne
|
|
Tomate
|
|
Weizenmehl
|
|
Kontrollen
|
NaCl 0,9 %
|
Histaminhydrochlorid 1,0 %
|
Reibetest, Epikutantest mit Sofortablesung
Bei Verdacht auf eine hochgradige Sensibilisierung und zur Testung unstandardisierter Allergenquellen können diese hoch spezifischen, aber gering sensitiven Verfahren angewandt werden, die den Patienten wenig belasten. Dieser bringt Material des verdächtigten Allergieauslösers (z. B. Haustierepithelien, Pflanzenteile, Kleidung, Lebensmittel) zur Testung mit. Beim Reibetest wird das Material zerkleinert und in ein affektfreies Areal der Innenseite des Unterarms des Patienten kräftig eingerieben (Reibetest).
Da bei vorangegangenen schweren Reaktionen eine Kontraindikation für Allergenexpositionen, also auch solche in diagnostischen Verfahren, besteht, kann bei fehlender diagnostischer Alternative (Serologie) eine kleine Menge des wenig oder unbehandelten allergenen Materials in einer gebräuchlichen Epikutantestkammer okklusiv für 20 min auf die Haut aufgebracht und die Reaktion dann sofort abgelesen werden.
Beide Tests sind positiv, wenn innerhalb von 20 min eine Rötung und Quaddelbildung auftritt. Ihre Aussagekraft ist aber limitiert, da die zugeführte Allergenmenge nicht dosierbar und die einzelnen Allergene nicht immer bekannt sind.
Scratch-Test
Wasserlösliche Stoffe können mit 0,9 %-NaCl gelöst und flüssige Stoffe direkt auf die Haut getropft und dann mit einer Prick-Lanzette oberflächlich in die Haut eingeritzt werden. Auch hier ist das Ergebnis positiv, wenn innerhalb von 20 min eine Rötung und Quaddelbildung auftritt, die naturgemäß nur qualitativ erfasst werden kann.
Intrakutantest
Der Intrakutantest kommt zur Anwendung bei hochgradigem Allergieverdacht und negativem Prick-Test bzw. zur Testung injizierbarer Allergieauslöser (z. B. Lokalanästhetika). Das frisch resuspendierte Lyophilisat wird in steigender Konzentration in die Dermis injiziert, wobei eine Crescendo-Reaktion ein korrektes positives Ergebnis anzeigt.
Dieses Verfahren ist relativ aufwendig, aber von allen Hauttestungen das sensitivste. Die Spezifität ist im Vergleich zum SPT allerdings niedriger, d. h. es werden häufiger irritative, falsch-positive Ergebnisse beobachtet.
Aus diesem Grund gibt es spezifische Testempfehlungen für jeden Allergieauslöser, wobei die Allergenkonzentration oft um den Faktor 100–1000 niedriger zu dosieren ist als bei Prick-Testlösungen [1]
[2].
Epikutantest, Atopy-Patch-Test
Der Epikutantest dient dem Ausschluss bzw. Nachweis einer zellvermittelten spezifischen verzögerten Immunreaktion (Typ IV) vom Ekzemtyp (Kontaktallergie). Durch die kontrollierte Applikation von Kontaktallergenen unter standardisierten Bedingungen wird eine Kontaktsensibilisierung in Form einer umschriebenen immunologisch bedingten Ekzemreaktion nachgewiesen. Die Auswahl der Testsubstanzen richtet sich nach der Anamnese, wobei empfohlen wird, die Standardreihe der häufigsten Kontaktallergene (s. [Tab. 4] und https://dkg.ivdk.org/; Stand: 15. 03. 2021) mitzutesten [3].
Tab. 4
Standardreihe der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe (DKG) in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) für Erwachsene und Kinder (kursiv dargestellt).
|
Testsubstanz
|
Konzentration
|
Testvehikel
|
1
|
Kaliumdichromat
|
0,5 %
|
(Vas.)
|
2
|
Thiuram-Mix
|
1 %
|
(Vas.)
|
3
|
Kobalt (II)-chlorid, 6*H2O
|
1 %
|
(Vas.)
|
4
|
Perubalsam
|
25 %
|
(Vas.)
|
5
|
Kolophonium
|
20 %
|
(Vas.)
|
6
|
N-Isopropyl-N΄-phenyl-p-phenylendiamin
|
0,1 %
|
(Vas.)
|
7
|
Wollwachsalkohole
|
30 %
|
(Vas.)
|
8
|
Mercapto-Mix ohne MBT (nur CBS, MBTS, MOR)
|
1 %
|
(Vas.)
|
9
|
Epoxidharz
|
1 %
|
(Vas.)
|
10
|
Methylisothiazolinon
|
0,05 %
|
(Aqu.)
|
11
|
Nickel (II)-sulfat, 6*H2O
|
5 %
|
(Vas.)
|
12
|
Formaldehyd
|
1 %
|
(Aqu.)
|
13
|
Duftstoff-Mix
|
8 %
|
(Vas.)
|
14
|
Terpentin
|
10 %
|
(Vas.)
|
15
|
Propolis
|
10 %
|
(Vas.)
|
16
|
2-Hydroxyethylmethacrylat (HEMA)
|
1 %
|
(Vas.)
|
17
|
(Chlor)-Methylisothiazolinon (MCI/MI)
|
100 ppm
|
(Aqu.)
|
18
|
Sandelholzöl
|
10 %
|
(Vas.)
|
19
|
Compositae Mix II
|
5 %
|
(Vas.)
|
20
|
Mercaptobenzothiazol
|
2 %
|
(Vas.)
|
21
|
HICC (Lyral)
|
5 %
|
(Vas.)
|
22
|
Iodpropinylbutylcarbamat
|
0,2 %
|
(Vas.)
|
23
|
Duftstoff-Mix II
|
14 %
|
(Vas.)
|
24
|
Sorbitansesquioleat
|
20 %
|
(Vas.)
|
25
|
Ylang-ylang (I + II) Öl
|
10 %
|
(Vas.)
|
26
|
Jasmin absolut
|
5 %
|
(Vas.)
|
27
|
Natriumlaurylsulfat (SLS)
|
0,25 %
|
(Aqu.)
|
Abkürzungen: Aqu. = Aqua; CBS = N-Cyclohexyl-2-Benzothiazylsulfenamid; MBT = Mercaptobenzothiazol; MBTS = 2,2`-Dibenzothiazyldisulfid; MOR = 2-(4-Morpholinylmercapto) Benzothiazol; Vas. = Vaseline
Epikutantests sind relativ aufwendig, zeitintensiv und teuer, aber in der Diagnostik von Typ IV-Allergien unverzichtbar, da kein In vitro-Testverfahren existiert. Da die Durchführung und Interpretation Erfahrung erfordert, wird dieses Testverfahren üblicherweise nur in spezialisierten fachärztlichen Einrichtungen durchgeführt.
Als Vehikel für die Testsubstanzen werden üblicherweise Vaseline oder Wasser verwendet. Wo möglich, sind kommerzielle Reagenzien zu nutzen, da diese hinsichtlich Schwellenkonzentrationen standardisiert sind und so falsch-positive (irritative oder toxische) oder -negative Ergebnisse minimiert werden können.
Die Formulierungen werden auf intakter, reizfreier Haut idealerweise am Rücken mithilfe von Epikutantestkammern okklusiv aufgeklebt. Hierbei ist darauf zu achten, den Bereich der Wirbelsäule nicht zu bekleben und die einzelnen Teststreifen nicht unmittelbar aneinander liegend zu applizieren.
Es ist mit Streureaktionen zu rechnen, die über die Begrenzung der Testfelder hinausreichen; im Falle einer Überlappung mit Reaktionen angrenzender Felder durch zu nah geklebte Testkammern wären diese nicht mehr zuverlässig interpretierbar.
Nach 48 Stunden werden die Testpflaster entfernt und die einzelnen Testfelder durch horizontale Striche voneinander abgegrenzt.
Der Epikutantest wird nach Entfernung der Testkammern nach 20 min, nach 72 und 96 Stunden abgelesen und ausschließlich anhand der klinisch-morphologischen Veränderungen als positiv beurteilt, wenn sowohl ein Erythem als auch Infiltrat, Papeln bzw. Bläschen oder Erosionen entstanden sind. Reine Erythemreaktionen sind als irritativ zu bewerten, beweisend ist eine Streureaktion. Eine Spätablesung nach 7–10 Tagen wird insbesondere bei Verdacht auf Sensibilisierungen gegenüber Kortikosteroiden, Aminoglykosiden, Formaldehyd, Formaldehydabspaltern, Formaldehydharzen, p-Phenylendiamin und Metallen empfohlen [3].
Serologie
Die In vitro-Diagnostik von IgE-vermittelten allergischen Krankheiten ist nützlich bei der Identifizierung der krankheitsauslösenden Allergenquellen und umfasst i. d. R. nicht nur die Bestimmung des Gesamt-IgE zur Abschätzung der allergischen Reaktionsbereitschaft, sondern neben spezifischen Entzündungsmarkern insbesondere die Erfassung allergenspezifischer Antikörper der Subklasse IgE. Diese können mithilfe von Tests, basierend entweder auf Extrakten der Allergenquellen oder auf nativen bzw. rekombinant hergestellten Einzelallergenen, sog. Komponenten, eruiert werden.
Nicht bei jedem Patienten ergibt sich aus der molekularen Diagnostik ein Mehrwert für die Therapieplanung, sie ist v. a. angezeigt, wenn mögliche Kreuzreaktionen eine Rolle spielen und das Risiko für schwere Reaktionen wie eine Anaphylaxie eingeschätzt werden muss. Besonders bei Patienten mit mehreren Allergien (Polyallergie) ermöglicht die Kenntnis des Sensibilisierungsmusters sowie das Wissen um die Bedeutung der jeweiligen Allergene für die klinische Symptomatik erst eine sinnvolle und spezifische Therapieplanung, z. B. die Auswahl passender Immuntherapeutika bei Inhalations- und Insektengiftallergien.
Individuell kann die molekulare Allergiediagnostik mit einem Multiplex-Verfahren, also der simultanen Quantifizierung einer ganzen Reihe von Allergenen, hilfreich sein. Mittlerweile sind auf dem Markt verschiedene quantitative bzw. semiquantitative Assays kommerzieller Anbieter verfügbar, z. B.
-
ImmunoCAP ISAC 112 (ThermoFisher Diagnostics, Uppsala, Schweden),
-
ALEX2 (MacroArray Diagnostics, Wien, Österreich),
-
EUROLINE (Euroimmun, Lübeck, Deutschland).
V. a. für Patienten mit Polysensibilisierungen, schwerer atopischer Dermatitis, sehr hohen Gesamt-IgE-Werten, unklarer Anaphylaxie bzw. bei geringem verfügbarem Serumvolumen wird das Management durch die Kenntnis des molekularen Sensibilisierungsprofils deutlich erleichtert [4].
Testablauf
Die Arzneimittelreaktion soll gesondert abgeklärt werden (s. u.).
-
Skin Prick-Test mit Inhalationsstandard: positiv auf Birke, Esche, Gräser, Beifuß, Ragweed, Hausstaubmilbe Der p und Hausstaubmilbe Der f.
-
tIgE: 149 kU/l
-
IgE-Testung auf:
-
Bet v 1 (Birke): 17,1 kUA/l
-
Phl p1/5 (Gras): 25,9 kUA/l
-
Esche: 0,8 kUA/l
-
Art v 1 (Beifuß): neg.
-
Amb a 1 (Traubenkraut): 0,3 kUA/l
-
Hausstaubmilbe Der p: 3,5 kUA/l
-
Cor a 1 (Haselnuss): 5,3 kUA/l
-
Cor a 8 (Haselnuss): neg.
-
Cor a 9 (Haselnuss): neg.
Interpretation
Die Patientin ist polysensibilisiert auf saisonale und ganzjährige inhalative Allergieauslöser.
Eine Sensibilisierung auf die Hauptallergene aus Birke und Gras ist prädominant und korreliert gut mit der klinischen Symptomatik. Eine Immuntherapie mit Gräsern und Birke ist erfolgversprechend.
Eine Haselnusssensibilisierung besteht ausschließlich auf das PR-10-Protein, das kreuzreaktiv mit Bet v 1 ist – die Nussallergie ist also sekundär pollenassoziiert und nicht genuin.
Bedeutung einzelner Allergene für Soforttypallergien
Bedeutung einzelner Allergene für Soforttypallergien
Nahrungsmittelallergie
Nahrungsmittelallergien sind im Gegensatz zu nicht immunologisch bedingten Intoleranzen dosisunabhängig – bereits kleinste Spuren können schwere Reaktionen auslösen.
Nahrungsmittelallergien können genuin oder sekundär nahrungsmittelassoziiert sein. Pollenassoziierte sekundäre Nahrungsmittelallergien werden durch kreuzreaktive hitze- und säurelabile Nahrungsmittelallergene ausgelöst und manifestieren sich daher primär als sog. orales Allergiesyndrom im oberen Gastrointestinaltrakt als z. B. oraler Pruritus, Pharynxödem oder Bauchschmerzen bzw. allgemein als Kontakturtikaria auf inneren und äußeren Kontaktflächen, üblicherweise ohne Systemreaktionen auszulösen.
Ein besonderes Gefährdungspotenzial stellen im Gegensatz dazu bei primären Nahrungsmittelallergien stabile, nicht hitze- bzw. säuredenaturierbare und in großen Mengen vorkommende Proteine dar. Von besonderer Bedeutung sind hier die Speicherproteine aus Nüssen, Hülsenfrüchten und Ölsaaten, denen ein Großteil der tödlichen Nahrungsmittelanaphylaxien zuzuschreiben sind.
Bei Speicherproteinen, nicht-spezifischen Lipid-Transfer-Proteinen, aber auch kreuzreaktiveren Antigenen wie PR-10-Proteinen oder Profilinen ist die Stabilität gegenüber Denaturierung bedeutsam für die Risikoabschätzung. Das Risikopotenzial einzelner Allergene ergibt sich somit aus
-
der Allergenmenge in der Allergenquelle,
-
der Allergenstabilität und
-
der Zugehörigkeit zu verschiedenen Allergenfamilien.
Pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien
Sekundäre Nahrungsmittelallergien werden durch kreuzreaktive Allergene verursacht, deren Risikopotenzial üblicherweise limitiert ist, da sie hitze- bzw. verdauungslabil sind und in moderater Menge in der Allergenquelle vorkommen [5] ([Tab. 5]). Die Denaturierbarkeit durch Erhitzung und Verdauung ist verantwortlich dafür, dass z. B. Äpfel gekocht von manchen Patienten vertragen werden, im rohen Zustand nicht. Allergene, die labil sind, also durch Kochen zerstört werden, und in geringer Menge in der Allergenquelle vorkommen, haben ein geringeres Risiko – hierzu zählen PR-10-Proteine wie z. B. Mal d 1, das Hauptallergen des Apfels, und homologe Allergene in anderen pflanzlichen Nahrungsmitteln. 70 % der Birkenpollenallergiker vertragen keine Rosenfrüchte wie Pfirsiche, Aprikosen oder Äpfel, aber auch keine Haselnüsse, Erdnüsse und/oder kein Soja.
Tab. 5
Kreuzreaktive Nahrungsmittelallergien [5]
[6].
inhalativer Allergieauslöser
|
assoziierter sekundärer Nahrungsmittel-Allergieauslöser
|
Birke
|
Apfel, Nüsse, Gemüse, Soja*
|
Beifuß
|
Sellerie, Gewürze, Kamille, Sonnenblume(nhonig)*
|
Ragweed
|
Melone, Banane
|
Latex
|
Banane, Avocado, Kiwi, Maroni*
|
Gras
|
Tomate, Kartoffel
|
Vogelepithelien
|
Eigelb*
|
Rinderepithelien
|
Milch, Milchprodukte
|
Hausstaubmilben
|
Krustazeen, Schnecken*
|
Katzenepithelien
|
Schweinefleisch*
|
Ficus
|
Feige, Südfrüchte, Papain (aus Papaya)*
|
Für mit * markierte Nahrungsmittel sind anaphylaktische Reaktionen beschrieben
Die klinische Symptomatik bleibt normalerweise limitiert auf ein orales Allergiesyndrom (OAS), vereinzelt sind aber auch schwerere klinische Systemreaktionen bei Soja, Karotte, Sellerie oder Haselnuss beschrieben.
Primäre Nahrungsmittelallergien
Genuine Nahrungsmittelallergien werden durch stabile Allergene ausgelöst, die in großen Mengen in der Allergenquelle vorhanden sind. Die Kreuzreaktivität ist limitiert auf botanisch verwandte ähnliche Allergene. Daher ist jede Allergenquelle einzeln zu testen.
Diese Allergene können für den Patienten ein erhebliches Risiko bergen und bereits in Spuren schwerste Reaktionen verursachen. Hierzu zählen vor allem Speicherproteine, wie sie in großen Mengen in Nüssen und Hülsenfrüchten vorkommen.
Nüsse, Hülsenfrüchte und Meeresfrüchte zeichnen für über 90 % aller tödlichen Nahrungsmittelanaphylaxien verantwortlich.
Da bei diesen Allergenquellen sowohl kreuzreaktive als auch genuine Sensibilisierungen möglich sind, erlaubt oft erst die molekulare Allergiediagnostik eine Risikoabschätzung. Eine sekundäre pollenassoziierte Erdnussallergie bspw. geht üblicherweise mit einer Sensibilisierung auf Ara h 8, einem Bet v 1-homologen PR-10-Protein, einher, wohingegen eine genuine Erdnussallergie durch Speicherproteine wie Ara h 1, 2 oder 3 verursacht wird, welche schwerste Symptome auslösen. Typische Risikoallergene (Risikomarker) für schwere allergische Nahrungsmittelreaktionen sind in [Tab. 6] aufgelistet:
Tab. 6
Risikomarker für schwere anaphylaktische Reaktionen aus pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln.
Pflanzliche Allergenquelle
|
Allergene
|
Tierische Allergenquelle
|
Allergene
|
nsLTP
|
Speicherprotein
|
Haselnuss
|
Cor a 8
|
Cor a 9/Cor a 14
|
Fleisch
|
Alpha-Gal (Galaktose-alpha-1,3-Galaktose)
|
Paranuss
|
|
Ber e 1
|
Hühnerei
|
Gal d 1 (Ovomucoid)
|
Walnuss
|
Jug r 3
|
Jug r 1
|
Milch
|
Bos d 8 (Kasein)
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Cashew
|
|
Ana o 3
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|
|
Erdnuss
|
Ara h 9
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Ara h 1/Ara h 2/Ara h 3
|
|
|
Soja
|
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Gly m 5/Gly m 6
|
|
|
Pfirsich
|
Pru p 3
|
|
|
|
Apfel
|
Mal d 3
|
|
|
|
Weizen
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Tri a 14
|
Tri a 19 (Omega-5-Gliadin)/Gliadin
|
|
|
Insektengiftallergie
Die Diagnostik und Therapieplanung bei Insektengiftallergien kann ein komplexes Problem darstellen, da wir bei einem großen Prozentsatz der Allgemeinbevölkerung verstärkte Lokalreaktionen und spezifische Sensibilisierungen ohne vorliegende Allergie finden. So ist bei Patienten mit einem Gesamt-IgE-Spiegel über 250 kU/l in ⅔ der Fälle mit einem positiven Testergebnis zu rechnen [7]. Durch ausgeprägte Kreuzreaktivitäten auf der Basis von Sequenzhomologien bzw. vorliegender kreuzreaktiver Kohlenhydratdeterminanten (sog. CCDs) finden sich bei der Hälfte der getesteten Patienten positive Testergebnisse sowohl auf Bienen- als auch auf Wespengiftallergene. Das auslösende Insekt kann in den wenigsten Fällen von den Betroffenen identifiziert werden. Die molekulare Allergiediagnostik kann in diesen Fällen genuine Sensibilisierungen identifizieren und die Entscheidung für die passende Immuntherapie erleichtern helfen ([Abb. 1]).
Abb. 1 Diagnostischer Algorithmus bei Insektengiftallergie. BAT = Basophilen-Aktivierungstest; IgE = Immunglobulin E; rApi m = rekombinante Allergene der Biene (Apis mellifera); rVes v 1/rVes v 5 = rekombinante Allergene der Wespe (Vespa velutina); sIgE = spezifisches IgE; SIT = spezifische Immuntherapie; tIgE = Gesamt-IgE
Inhalationsallergien
Inhalative Allergien wie Rhinitis allergica und Asthma bronchiale sind zu einem erheblichen Prozentsatz durch ganzjährige Allergenquellen wie Milben, Felltiere und Schimmelsporen verursacht. So verzeichnen wir in Europa Sensibilisierungsraten von über 30 % für Hausstaubmilben und rund 27 % für Felltiere [9], weltweit erreichen die Zahlen in einzelnen Regionen sogar noch höhere Werte. Üblicherweise liegen ganzjährige Sensibilisierungen hinter Gräser- und Baumpollen an 3. Stelle. Im Gegensatz zu Pollenallergien, die primär mit Heuschnupfen und ggf. sekundären Nahrungsmittelallergien assoziiert sind, verursachen ganzjährige Allergenquellen Asthma bronchiale und finden sich bevorzugt auch bei Patienten mit atopischer Dermatitis [10].
Da nach Möglichkeit als Erstmaßnahme eine Allergenkarenz angestrebt wird, ist die symptomverursachende Allergenquelle zu identifizieren und zu meiden. Unabhängig von der Natur der Sensibilisierungen wird dies mit der Zahl positiver Testergebnisse jedoch zunehmend schwieriger. Kreuzreaktive Allergene herauszufiltern und von den primären Allergieauslösern abzugrenzen ist daher wesentlich, auch im Hinblick auf eine allergenspezifische Immuntherapie.
Pollenallergie
Pollenallergien sind durch inhalative saisonale Allergene bedingt, die primär mit Heuschnupfen und ggf. mit sekundären Nahrungsmittelallergien assoziiert sind, was bei 70 % der Birkenpollenallergiker der Fall ist. Gerade bei saisonalen Allergien können überlappende Blühzeiten und Kreuzreaktivitäten interpretatorisch schwierig werden, wenn mehrere positive Extrakttests vorliegen. Kreuzreaktivitäten können durch botanische Verwandtschaft der inhalativen Allergenquellen genauso entstehen wie durch Panallergene wie Profiline und Polcalcine, die wir bei bis zu 20 % bzw. 7 % unserer Patienten finden. Polcalcine sind kalziumbindende Proteine, welche in verschiedensten Pollenarten vorkommen können, während Profiline in allen eukaryotischen Zellen, also nicht nur in sämtlichen Pollenarten, sondern darüber hinaus in vielen pflanzlichen Nahrungsmitteln vorkommen. So können beide Proteine zu Kreuzreaktionen führen.
Sekundäre Nahrungsmittelallergien werden durch die spezifische Immuntherapie nicht automatisch mitbehandelt, da kreuzreaktive Allergene in Therapieextrakten schlecht repräsentiert sind.
Gräserpollen gehören zu den primären Allergieauslösern und wichtigsten Heuschnupfenverursachern. Alle Spezies sind hoch kreuzreaktiv, im Hinblick auf die klinische Bedeutung sind jedoch geografische Unterschiede zu beachten.
Kräuterpollenallergien treten als sekundäre Allergieauslöser am ehesten bei bereits auf andere Allergene sensibilisierten Personen auf. Beifuß und beifußblättrige Ambrosie (Traubenkraut) sind kreuzreaktiv und haben überlappende Blühzeiten; hier ist die Suche nach dem primären Auslöser und somit die Abklärung mittels molekularer Allergiediagnostik wichtig, da für die krankheitsverursachende Allergenquelle und nicht für die kreuzreaktive eine Immuntherapie angestrebt wird.
Ganzjährige Allergien
Milben
Milbenallergene werden intensiv beforscht, die wenigsten davon sind jedoch momentan als Testallergene nutzbar. Für rund ein Dutzend der bekannten Milbenallergene haben wir Assays zur Verfügung, die wir zumindest in Multiplex-Verfahren nutzen können. Aus den aktuell verfügbaren Studiendaten ist klar erkennbar, dass für Patienten zumindest 6 dieser Allergene allergologisch relevant sein dürften. In einer rezenten Studie aus Wien konnte gezeigt werden, dass unter 150 pädiatrischen Patienten deutliche Unterschiede zwischen asthmatischen und nicht-asthmatischen Kindern bestanden: Die Asthmapatienten hatten ein deutlich breiteres Sensibilisierungsprofil, erkannten also erheblich mehr unterschiedliche Allergene als die Nicht-Asthmatiker, und entwickelten auch deutlich höhere IgE-Spiegel [11].
Die zwei wichtigsten Hausstaubmilben Dermatophagoides pteronyssinus und Dermatophagoides farinae sind hoch kreuzreaktiv, etwa 95 % aller Patienten haben Antikörper auf beide Milbenspezies.
Zur Routinediagnostik stehen uns derzeit 4 Allergene zur Verfügung: die Hauptallergene der Gruppen 1,2 und 23 sowie ein Muskelprotein, welches kreuzreaktiv mit Shrimps ist und auf das etwa 10 % der Milbenallergiker sensibilisiert sind. Wichtig für eine erfolgreiche Immuntherapie ist allerdings, dass die Allergene, auf die ein Patient sensibilisiert ist, auch in ausreichender Menge im Impfpräparat enthalten sind.
Zur Herstellung von Milbenextrakten werden unterschiedliche Rohstoffe verwendet, die sich in ihrer Zusammensetzung erheblich unterscheiden können [12]: Milbengesamtextrakte enthalten das allergene Material nicht nur der Milben, sondern auch ihrer gesamten Exkremente, was zu einer quantitativen Dominanz von Gruppe 1-Allergenen führt. In Extrakten gewaschener Milben, bei denen nur gereinigte Milbenkörper extrahiert wurden, ist das Verhältnis von Körper- und Kot-Allergenen meistens ausgewogen. Allerdings ist damit eine ausreichende Konzentration anderer relevanter Allergene für die Immuntherapie noch nicht gewährleistet – um dem zu begegnen, liegt ein Forschungsfokus derzeit auf der Entwicklung rekombinanter Impfstoffe, in denen die für die Patienten wichtigen Allergene in ausreichender Menge und gleichbleibender Qualität enthalten sein sollen.
Felltierallergie
Felltierallergien stellen sich ähnlich komplex dar: Felltierallergene, speziell der Katze, finden sich quasi ubiquitär, also auch im öffentlichen Bereich, spezifische IgE-Antikörper sind bereits im Kleinkindalter nachweisbar. Es konnte aber in der Vergangenheit zumindest für Hund und Rind zweifelsfrei bewiesen werden, dass regelmäßiger Kontakt zur Entwicklung einer immunologischen Toleranz führt.
Felltiere besitzen ein sehr breites und in ihrer quantitativen Zusammensetzung stark schwankendes Allergenmuster. Etliche ähnlich strukturierte Allergene finden sich in fast allen Felltieren – eine zumindest serologische Kreuzreaktivität ähnlicher Allergene konnte in einzelnen aktuellen Studien bereits gezeigt werden.
Zwei kreuzreaktive Gruppen lassen sich hier herauskristallisieren:
Lipocaline sind häufig Hauptallergene und primäre Allergieauslöser, sie sind aber deshalb von besonderem Interesse, da sie mit Asthma bronchiale assoziiert werden. So zeigen besonders Kinder mit schwerem Asthma oft Sensibilisierungen gegen mehrere unterschiedliche Lipocaline [14]. Unklar war allerdings bisher, ob multiple Lipocalin-Sensibilisierungen ausschließlich als serologische Kreuzreaktivitäten zu bewerten sind oder ob hier auch eine klinische Bedeutung gegeben ist.
In einer aktuellen klinischen Studie in Wien wurde diese Fragestellung beleuchtet. U. a. konnte eine Assoziation zwischen Lipocalinen von Katze und Pferd hergestellt werden, die auch klinisch relevant sein dürfte: wohl entwickelten die Patienten höhere spezifische IgE-Spiegel auf das Tier, mit dem sie regelmäßig Kontakt hatten, waren aber unabhängig von einer Exposition auch klinisch reaktiv auf das kreuzreaktive Tier.
Schimmelsporen
Schimmelsporenallergien sind mit Sensibilisierungsraten im einstelligen Bereich weit seltener und gehören zu den sekundären Allergien im Gegensatz zu primären Allergien gegen Birke oder Milbe; sie sind nichtsdestotrotz aber potente Asthmaauslöser.
Der betreuende Arzt steht vor nicht zu unterschätzenden Problemen sowohl im diagnostischen als auch im therapeutischen Bereich: In der Fülle verschiedener Spezies sind nur wenige als allergologisch relevant definiert – in unseren Breiten finden wir Alternaria spp. und sehr viel seltener noch Aspergillus spp. als Verursacher von Asthma bronchiale, v. a. im angloamerikanischen Bereich wird hier noch Penicillium spp. in Assoziation mit Asthma bei Kindern genannt. Cladosporium herbarum wird gelegentlich positiv getestet, verursacht aber kaum je mehr als eine allergische Rhinopathie.
Tipp
Ein deutlicher Zusammenhang scheint mit der Umgebungsexposition zu bestehen – hier gilt die Faustregel, die sich wie ein roter Faden durch die Literatur zieht: Wenn ich es rieche, ist es relevant!
Schimmelpilzsporenproben sind eigentlich immer positiv, ohne aber für eine klinische Symptomatik verantwortlich zu sein. Erst in Konzentrationen, die hoch genug sind, um einen modrigen Geruch zu erzeugen, werden sie klinisch bedeutsam [15].
Die diagnostischen und therapeutischen Probleme ergeben sich aus der Heterogenität des biologischen Materials – so ist es nahezu unmöglich, Test- und Therapieextrakte gleichbleibender Qualität zu erzeugen. Hinzu kommt die ausgeprägte Kreuzreaktivität zwischen den verschiedenen Spezies. Dies ist einer der Gründe, warum inzwischen mehr als die Hälfte aller Diagnostika zur Haut- und Provokationstestung vom Markt verschwunden sind. Hilfreich ist hier lediglich der prädiktive Wert hochpositiver Testergebnisse: Ein spezifischer IgE-Spiegel über 17,4 kU/l (entspricht CAP-Klasse 4) sagt mit 99 %-iger Wahrscheinlichkeit eine klinische Reaktivität voraus [16]; die Testsensitivität des Hauptallergens aus Alternaria Alt a 1 wird mit 80 % angegeben.
Arzneimittelreaktion
Die Arzneimittelreaktion wird gesondert abgeklärt:
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Ein Skin Prick-Test mit Ampicillin/Sulbactam (1: 10) ist negativ.
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Ein konsekutiv durchgeführter Intrakutantest mit Ampicillin/Sulbactam (1:100) ist negativ.
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Ein Epikutantest mit Ampicillin/Sulbactam (1:10) zeigt eine persistierende Erythemreaktion zu allen Ablesezeitpunkten ([Abb. 2]).
Abb. 2 Hauttestung auf Ampicillin/Sulbactam am rechten Unterarm. Bei negativem Prick- und Intrakutantest zeigt sich im Epikutantest bereits nach 24 h eine deutliche Erythemreaktion, die als positiv bewertet wird.– = Prick-Test – Negativkontrolle + = Prick-Test – PositivkontrolleIC = IntrakutantestECT = EpikutantestPT = Skin Prick-Test
Interpretation
Eine IgE-mediierte Soforttypreaktion kann ausgeschlossen werden. Somit besteht für die Patientin kein Anaphylaxierisiko.
Im Epikutantest zeigt sich eine Typ IV-Reaktion. Alternative Therapieoptionen erlauben ein zukünftiges Ausweichen auf nicht-kreuzreaktive Antibiotika.
Weitere Testverfahren, die nicht zur täglichen Routine zählen
Weitere Testverfahren, die nicht zur täglichen Routine zählen
Zelluläre Assays (Basophilen-Aktivierungstest [BAT])
Zelluläre Assays messen definierte Funktionen von Effektorzellen innerhalb der allergischen Kaskade und spielen eine zunehmende Rolle in der In vitro-Allergiediagnostik. Das ist u. a. von Interesse bei nicht eindeutigen, diskrepanten und/oder negativen Ergebnissen anderer In vitro- und In vivo-Tests. V. a. in der Diagnostik unklarer Anaphylaxien und Medikamentenreaktionen gewinnt der Basophilen-Aktivierungstest (BAT) zunehmend an Bedeutung. Basophile sind wie Mastzellen wichtige Effektorzellen der Soforttypreaktion, deren Degranulation mittels Durchflusszytometrie quantifiziert werden kann. Bei Medikamentenallergie fehlen häufig validierte In vitro- und Hauttests; hier konnte ein diagnostischer Nutzen des BAT in der Abklärung von Soforttypreaktionen auf Muskelrelaxanzien, Betalaktame und Fluorchinolone sowie Röntgenkontrastmittel gezeigt werden [17]
[18].
Die Sensitivität liegt i. d. R. zwischen 50 und 60 %, und die Spezifität beträgt 80 % (mit Ausnahme von Fluorchinolonen, wo die Sensitivität niedriger liegt) [19]. Aktuell scheint der BAT die einzige zuverlässige Technik zur Diagnose von IgE-vermittelter Opioid-Überempfindlichkeit zu sein [20].
Provokationstest
Organspezifische Provokationen, z. B. als allergenspezifische nasale bzw. konjunktivale oder unspezifische bzw. spezifische bronchiale Tests können in der Praxis durchgeführt werden. Resuspendierte lyophilisierte Allergenextrakte bzw. native Allergenquellen (Nahrungsmittel) werden eingesetzt, um die klinische Relevanz der IgE-vermittelten Sensibilisierung, die bereits im Hauttest oder in der Serologie nachgewiesen wurde, zu zeigen. Eine Allergen-Provokationstestung ist dann indiziert, wenn die Therapieindikation anhand klinischer Vorgeschichte, Hauttests und spezifischer IgE-Bestimmung nicht sicher gestellt werden kann bzw. etwaige therapeutische Konsequenzen weitreichende Folgen für den Patienten haben, etwa
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Allergenkarenzmaßnahmen wie Umbau des Hauses,
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Anwendung teurer Hydrolysatnahrungen,
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Indikationsstellung für die Hyposensibilisierungstherapie,
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negative Folgen für Berufsausbildung etc.
Bei einem nicht unerheblichen Prozentsatz der Patienten mit chronischer Rhinopathie weist die Anamnese auf eine Inhalationsallergie hin, die Standardallergietests bleiben aber negativ. Hier kann eine sog. „lokale allergische Rhinitis“ zuverlässig nur mittels Provokationstest ausgeschlossen werden. Da leitliniengerechte Provokationstestverfahren aufwendig sind und Erfahrung erfordern, bleibt ihre Durchführung spezialisierten Einrichtungen vorbehalten.
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Allergische Erkrankungen gehören weltweit zu den häufigsten Krankheiten. Für ein angemessenes Management ist die Kenntnis des Allergieauslösers von entscheidender Bedeutung.
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Das klinische Bild allergischer Erkrankungen ist vielfältig, und die korrekte Diagnose ist oft eine Herausforderung.
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Der Allergologe muss Unverträglichkeiten von Allergien und Infektionskrankheiten von nicht infektiösen Auslösern unterscheiden. Die Testergebnisse müssen entsprechend interpretiert werden, um Sensibilisierungen von Allergien zu unterscheiden.
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Die Anamnese ist nach wie vor das wichtigste diagnostische Mittel, ohne das alle weiteren Testverfahren nicht interpretierbar sind.
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Prick-Tests (SPT) sind die am häufigsten angewandte Methode zum Nachweis von IgE-Antikörpern, da sie einfach, schnell und kosteneffizient durchzuführen sind.
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Typ IV-Reaktionen der Haut werden ausschließlich im Hauttestverfahren dokumentiert.
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In vitro-Tests, einschließlich molekularer Allergiediagnostik, entweder im Singleplex- oder in Multiplexverfahren, und funktionelle Tests, wie z. B. Basophil-Aktivierungstests und Provokationstests helfen dabei, das Reaktionsprofil des Patienten besser zu definieren, um eine Risikoabschätzung und Therapieentscheidung treffen zu können.
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
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Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Petra Zieglmayer, Wien.