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DOI: 10.1055/a-1308-7160
Epidermolysis bullosa: Zweite Haut aus genmodifizierten Stammzellen
Ärzte aus Bochum und Modena (Italien) haben einem 7-Jährigen das Leben gerettet, indem sie 80 % der Körperoberfläche des Jungen, der an Epidermolysis bullosa leidet, mit Transplantaten aus genetisch veränderten epidermalen Stammzellen versorgten. Fünf Jahre später präsentiert der Plastische Chirurg Univ.-Prof. Dr. med. Tobias Hirsch (Münster) beim digitalen Nürnberger Wundkongress Anfang Dezember die Ergebnisse umfangreicher Nachuntersuchungen für ein 5-Jahres-Follow-Up, das in Kürze veröffentlicht wird.
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Die „zweite Haut“ aus dem Labor erhielt der 7-Jährige damals in mehreren Operationen, insgesamt wurden 0,94 Quadratmeter übertragen. Die Epidermis des Jungen war durch den seltenen Gendefekt bereits überwiegend zerstört, alle Behandlungsversuche bis dahin gescheitert. Angesichts des lebensbedrohlichen Zustands, in dem sich das Kind nach einer Sepsis befand, entschieden sich die Ärzte für den experimentellen Ansatz. Spezialisten in Modena separierten aus intakter Haut des Jungen das defekte Gen, schleusten das intakte ein und züchteten aus den „reparierten“ Zellen mehrere gesunde Hautstreifen.
„Unser Therapieerfolg ist auch Jahre später stabil, es zeigen sich bis heute keinerlei Nebenwirkungen“, sagt Tobias Hirsch. Gleichwohl jene 20 % Haut, die nicht transplantiert wurden, natürlich Probleme verursachen, wie sie für eine Epidermolysis bullosa typisch sind: Weil die Verbindung der Epidermis mit der darunterliegenden Dermis durch einen Fehler im Strukturprotein Laminin-332 gestört ist, führen schon leichte äußere Kräfte zu einer Ablösung der Epidermis, zu Blasenbildung, chronischen Wunden und Narben. Die angeborene Erkrankung verläuft häufig lebensbedrohlich und ist bislang nicht heilbar. Fast jeder zweite Patient erreicht das Jugendalter nicht. „Wir konnten jedoch in diesem einen Fall zeigen, dass die Therapie mit genmodifizierten Stammzellen hochgradig erfolgversprechend ist bei der Epidermolysis bullosa“, sagt Hirsch.
Neben dem Therapieerfolg an sich, den die Ärzte für den Jungen erzielen konnten, ist ein Aspekt für die Forschung besonders bedeutsam: die Regenerationsfähigkeit der gentechnisch veränderten Stammzellen. „Wir konnten sehen, dass eine geringe Anzahl transgener Stammzellen, die sogenannten Holoklone, verantwortlich ist für die vollständige Erneuerung der Epidemis.“ Das enorme Potenzial der Holoklone, Haut voll funktionsfähig wiederherzustellen, ist z. B. auch hochinteressant für schwerbrandverletzte Patienten. Auch hier muss zwar noch viel Forschungsarbeit geleistet werden, sagt Tobias Hirsch. Gleichwohl sieht der Plastische Chirurg in der Anzüchtung von Hautersatz auf der Basis transgener Stammzellen eine „spannende Alternative“ und einen für die Zukunft vielversprechenden Ansatz.
Nach einer Pressemitteilung der Conventus Congressmanagement & Marketing GmbH zum 3. Nürnberger Wundkongress
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Publication History
Article published online:
04 December 2020
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Georg Thieme Verlag KG
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