Herbst RS.
et al.
Atezolizumab for First-Line Treatment of PD-L1-Selected Patients with NSCLC.
N Engl J Med 2020;
383: 1328-1339
DOI:
10.1056/ NEJMoa1917346
Methoden
In die randomisierte, globale, offene Phase-III-Studie wurden Patienten mit metastasiertem
nichtkleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) eingeschlossen, bei denen unabhängig vom histologischen
Typ auf mindestens 1 % der Tumorzellen oder mindestens 1 % der tumorinfiltrierenden
Immunzellen die PD-L1-Expression immunhistochemisch festgestellt wurde. Die Teilnehmer,
die vorher noch keine Chemotherapie erhalten hatten, wurden auf 2 Gruppen randomisiert.
Eine erhielt Atezolizumab 1200 mg intravenös für eine mediane Behandlungsdauer von
5,3 Monaten, die andere erhielt eine Chemotherapie auf Platinbasis (4 oder 6 Zyklen
alle 3 Wochen). Hier betrug die mediane Behandlungsdauer 2,1 Monate für Cisplatin,
2,3 Monate für Carboplatin, 2,6 Monate für Gemcitabin und 3,5 Monate für Pemetrexed.
Der primäre Endpunkt war das Gesamtüberleben bei Patienten mit PD-L1-Expression und
ohne EGFR-Mutationen oder ALK-Translokationen. Zu den wichtigsten sekundären Endpunkten
gehörte das progressionsfreie Überleben (PFS) nach RECIST.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 572 Patienten eingeschlossen, wobei 285 Patienten für die Behandlung
mit Atezolizumab und 287 für eine Chemotherapie vorgesehen waren. Die Population mit
EGFR- und ALK-Wildtyp-Tumoren bestand aus 554 Patienten, wobei 277 Patienten in jede
Gruppe randomisiert wurden. Bemerkenswert ist, dass 18 Patienten mit einer EGFR-Mutation
oder ALK-Translokation aufgenommen wurden, die aus der primären Analysepopulation
ausgeschlossen, aber in die Sicherheitspopulation aufgenommen wurden.
In der Untergruppe der Patienten mit EGFR und ALK-Wildtyp-Tumoren, die die höchste
Expression von PD-L1 aufwiesen (205 Patienten), war das mediane Gesamtüberleben in
der Atezolizumab-Gruppe um 7,1 Monate länger als in der Chemotherapie-Gruppe (20,2
Monate vs. 13,1 Monate; Hazard Ratio für den Tod [HR] 0,59; p = 0,01).
Von den 205 Patienten mit hohem PD-L1-Status waren 146 (71,2 %) bis zum Daten-Cut-off
fortgeschritten oder verstorben. Das progressionsfreie Überleben betrug 8,1 Monate
in der Atezolizumab-Gruppe und 5,0 Monate in der Chemotherapie-Gruppe (HR 0,63).
Bei Patienten mit hoher oder mittlerer PD-L1-Expression überschritt das mediane Gesamtüberleben
nach 18,2 Monaten mit Immuntherapie im Vergleich zu 14,9 Monaten mit Chemotherapie
nicht die vordefinierte Alpha-Grenze (HR 0,72). Aus diesem Grund wurde das Gesamtüberleben
bei Patienten mit messbarer PD-L1-Expression nicht formell getestet, sondern betrug
17,5 Monate bei Patienten, die Atezolizumab erhielten, und 14,1 Monate bei denen unter
Platintherapie (HR 0,83). Von den NSCLC-Patienten mit hoher blutbasierter Tumormutationsbelastung
zeigten diejenigen, die Atezolizumab erhielten, ein verbessertes PFS von 7 Monaten
gegenüber 4 Monaten bei den Chemotherapien.
Unerwünschte Ereignisse (UE) traten bei 90,2 % der Patienten in der Atezolizumab-Gruppe
und bei 94,7 % der Patienten in der Chemotherapie-Gruppe auf. UE des Grades 3 oder
4 traten bei 30,1 % (Atezolizumab-) bzw. 52,5 % (Chemotherapie-Gruppe) der Patienten
auf, wobei Anämie, Neutropenie und Thrombozytopenie am häufigsten waren, nämlich bei
≥ 5 % der Patienten in beiden Gruppen. In jeder Gruppe gab es 11 Patienten, bei denen
ein UE des Grades 5 auftrat.
Die Behandlung mit Atezolizumab führte bei NSCLC-Patienten mit hoher PD-L1-Expression,
unabhängig vom histologischen Typ, zu einem signifikant längeren Gesamtüberleben als
eine Chemotherapie auf Platinbasis. Besonders begünstiget das allgemeine und progressionsfreie
Überleben Atezolizumab in den Untergruppen mit einer hohen blutbasierten Tumormutationslast.
„Dieser Befund legt nahe, dass der Biomarker weiter erforscht werden sollte“, so die
Autorinnen und Autoren.
Die Studie wurde von F. Hoffmann-La Roche/Genentech finanziert.
Dr. Markus Numberger, Kandel