Key words
bone age estimation - medical issues - greulich and pyle - hand MRI - imaging technique
Einleitung
Die Bestimmung des Skelettalters nimmt in der endokrinologischen und pädiatrischen
Diagnostik seit Jahrzehnten einen hohen Stellenwert ein. Hierbei wird der enge Zusammenhang
zwischen biologischen Reifungsprozessen und der Skelettentwicklung genutzt, welcher
auf das biologische Alter von Kindern und Jugendlichen schließen lässt [1]
[2]. Indikationen für eine Bestimmung des Skelettalters ergeben sich beispielsweise
zur Endgrößenbestimmung bei klein- oder großwüchsigen Kindern, zur Diagnostik und
Kontrolle von Hormonbehandlungen bei endokrinologischen Erkrankungen und bei Jugendlichen
mit vorzeitiger oder verzögerter Pubertät (Pubertas praecox bzw. tarda) [3]
[4].
Die Methode nach Greulich und Pyle (GP) ist die am häufigsten angewandte Methode zur
Bestimmung des Knochenalters. In einer 2016 veröffentlichten Befragung nutzten 97 %
der befragten Radiologen den GP-Atlas zur Knochenalterbestimmung für die Altersgruppe
zwischen 3 und 18 Jahren [5]. Dieser Atlas mit Referenzbildern verschiedener Altersstufen für Mädchen und Jungen
wurde im Jahr 1959 veröffentlicht [6]. Nach der GP-Methode wird ein konventionelles Röntgenbild der linken Hand und des
Handgelenks angefertigt, welches mit den geschlechtsspezifischen Referenzbildern aus
dem Atlas verglichen wird. Auch in der heutigen Zeit kann der GP-Atlas mit seinen
Referenzbildern zur Knochenalterbestimmung verwendet werden [7]. Tanner und Whitehouse (TW) veröffentlichten 1962 ebenfalls eine Methode zur Bestimmung
des Skelettalters anhand konventioneller Röntgenaufnahmen, deren überarbeitete Versionen
(TW2 und TW3) noch heute genutzt werden [8]. Bei der TW-Methode werden verschiedene Knochen der Hand und des Handgelenks ihrer
Reifung nach in Stadien eingeteilt. Nach einem Punktesystem wird aus den Stadien schließlich
das Skelettalter berechnet [9]. Studien zum Vergleich der GP-Methode und der TW2-Methode kamen zu dem Schluss,
dass die GP-Methode aufgrund der kürzeren Anwendungsdauer in der klinischen Praxis
geeigneter sei [10].
Im Rahmen medizinischer Fragestellungen werden häufig Verlaufskontrollen, beispielsweise
unter hormoneller Therapie, durchgeführt. Auch wenn die Dosis für eine einzelne Röntgenaufnahme
gering ist, können im Verlauf kumulativ höhere Dosen entstehen. Aufgrund der insgesamt
höheren Strahlenempfindlichkeit des kindlichen Gewebes ist ein restriktiver Umgang
mit ionisierender Strahlung wichtig [11]. Als mögliche Alternative ohne den Einsatz ionisierender Strahlung wurde neben der
Sonografie in den meisten Studien die MRT untersucht [12]
[13]
[14]
[15]. Ein separater MRT-Atlas mit Referenzbildern existiert nicht, weshalb die Autoren
auf die Methode nach GP oder TW zurückgriffen.
In der vorliegenden prospektiven Studie soll untersucht werden, ob die MRT zur Bestimmung
des Knochenalters mit der GP-Methode im Rahmen medizinischer Fragestellungen eine
geeignete Alternative zu den konventionellen Röntgenbildern darstellt. Verglichen
wurde hierzu das mit der jeweiligen Methode ermittelte Knochenalter. Außerdem soll
untersucht werden, ob sich relevante Vor- oder Nachteile verschiedener MR-Sequenzen
erkennen lassen und ob Unterschiede im Hinblick auf den zeitlichen Aufwand der Befundung
bestehen.
Material und Methoden
Die Zustimmung der lokalen Ethikkommission zur Studiendurchführung lag vor (Nr. 351/16).
Die Eltern der Patienten wurden schriftlich und mündlich über die Studie aufgeklärt
und bekundeten ihr Einverständnis schriftlich.
Patienten
Eingeschlossen wurden 50 Kinder und Jugendliche mit Wachstums- und/oder Entwicklungsstörungen
z. B. im Rahmen endokrinologischer Erkrankungen. Voraussetzung war eine schriftliche
Einverständniserklärung der Eltern zur Teilnahme. Ausschlusskriterien waren Voroperationen
bzw. zurückliegende Frakturen an der Hand oder dem Handgelenk, Implantate an der oberen
Extremität und allgemeine (relative) Kontraindikationen gegen eine MRT, wie z. B.
Klaustrophobie. Es wurden 19 weibliche und 31 männliche Kinder untersucht, wobei die
Altersspanne zwischen 5,08 und 17,50 Jahren lag. Das durchschnittliche chronologische
Alter zum Zeitpunkt der Untersuchung betrug 11,87 Jahre. Eine Sedierung der Kinder
für die MRT-Untersuchung war in keinem der Fälle notwendig. Vor der Untersuchung wurden
den Kindern und Jugendlichen sowie den Eltern der Untersuchungsablauf genau erklärt
und etwaige Fragen beantwortet.
Bildgebung
Die Patienten erhielten im Rahmen der Diagnostik/Verlaufskontrolle eine Knochenalterbestimmung
mittels einer konventionellen Röntgenaufnahme der linken Hand. Zusätzlich wurde am
gleichen Tag eine MRT-Untersuchung durchgeführt ([Abb. 1], [2]).
Abb. 1 Aufnahmen eines Jungen im Alter von 7 Jahren und 9 Monaten. Dargestellt sind das
konventionelle Carpogramm, die T1-VIBE und die T1-TSE. VIBE = Volumetric Interpolated
Breathhold Examination; TSE = Turbo-Spin-Echo.
Abb. 2 Aufnahmen eines Mädchens im Alter von 12 Jahren und 11 Monaten. Dargestellt sind
das konventionelle Carpogramm, die T1-gewichtete VIBE und die T1-gewichtete TSE. VIBE = Volumetric
Interpolated Breathhold Examination; TSE = Turbo-Spin-Echo
Die Röntgenbilder der linken Hand wurden in einer Ebene in Anterior-posterior-Projektion
(a. p.) an einem digitalen Röntgengerät (Samsung Electronics GC 70, Samsung Healthcare,
Seoul, Südkorea) angefertigt (Röhrenspannung 50 kV, Röhrenstrom 1 mAs). Die MRT-Untersuchungen
erfolgten an einem 3-Tesla-Scanner (MagnetomSkyra, Siemens Healthcare, Erlangen, Germany).
Die Untersuchung erfolgte in Bauchlage mit ausgestrecktem Arm. Die linke Hand wurde
dabei in einer 16-Kanal-Handspule (Hand/Wrist 16, Siemens Healthcare, Erlangen, Germany)
gelagert. Angefertigt wurden eine T1-gewichtete Turbo-Spin-Echo-Sequenz (TSE) und
eine T1-gewichtete Volumetric-Interpolated-Breathhold-Examination-Sequenz (VIBE).
Die Sequenzparameter sind in [Tab. 1] abgebildet.
Tab. 1
Sequenzparameter zur Akquisition der MRT-Bilder.
|
T1-VIBE
|
T1-TSE
|
|
Matrix
|
512 × 384
|
512 × 384
|
|
Voxelgröße
|
0,4 × 0,4 × 0,9 mm
|
0,4 × 0,4 × 2,0 mm
|
|
Field of view (FOV
|
200 mm
|
200 mm
|
|
Schichtdicke
|
0,9 mm
|
2,0 mm
|
|
Repetitionszeit (TR)
|
14 ms
|
450 ms
|
|
Echozeit (TE)
|
5,94 ms
|
13 ms
|
|
Flipwinkel
|
15°
|
180°
|
|
Fettsättigung
|
spektral
|
keine
|
|
Aquisitionszeit
|
2:45 min
|
3:48 min
|
Von allen 50 Kindern und Jugendlichen wurde eine T1-VIBE aufgenommen sowie zusätzlich
von 34 Teilnehmern eine T1-TSE, jeweils in koronarer Schnittführung. Das Bildmaterial
wurde zur Auswertung in einem picture-archieving and communication system (PACS) archiviert
(IMPAX EE R20, Agfa Healthcare, Mortsel, Belgium).
Knochenalterbestimmung
Zur Bestimmung des Skelettalters wurde die Methode nach Greulich und Pyle eingesetzt
[6]. Dabei wurde das Bildmaterial mit den männlichen bzw. weiblichen standardisierten
Referenzbildern aus dem GP-Atlas verglichen. Bestimmt wurde das Skelettalter der Kinder
und Jugendlichen jeweils in 4 Regionen (Regions of Interest, ROIs): der distale Unterarm,
die Carpalia, die Metacarpalia und die Phalangen. Analysiert wurden die Form und Größe
der Knochenkerne sowie der Grad der Verknöcherung der Epiphysenfugen. Als errechnetes
Knochenalter wurde das Mittel der Ergebnisse aus den 4 ROIs definiert. Bei den dargestellten
Bildern im GP-Atlas handelt es sich um konventionelle Röntgenaufnahmen der linken
Hand. Ein entsprechender Atlas für MRT-Bilder existiert nicht, weshalb auch die im
Rahmen der Studie verwendeten MRT-Aufnahmen mittels des GP-Atlas nach der beschriebenen
ROI-Methode ausgewertet wurden. Die Carpogramme und MRT-Untersuchungen wurden mit
einem zeitlichen Abstand von 2 Wochen ausgewertet. Auch die verschiedenen MRT-Sequenzen
wurden mit einem zeitlichen Abstand von 2 Wochen analysiert.
Statistik
Die Daten wurden mittels IBM SPSS Statistics 24 (IBM Corporation, Armonk, NY) ausgewertet.
Die erhobenen Daten wurden mittels Shapiro-Wilk-Test auf Normalverteilung geprüft.
Die Korrelationen der Ergebnisse der verschiedenen Modalitäten wurden mittels des
Korrelationskoeffizienten nach Pearson getestet. Die Interrater-Variabilität wurde
mittels des Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman berechnet. Die Intrarater-Variabilität
wurde ebenfalls mittels des Korrelationskoeffizienten nach Pearson berechnet. Grafisch
wurden die Ergebnisse mithilfe von Punktdiagrammen dargestellt. Hierbei wurde jeweils
eine Ursprungs- und eine Anpassungslinie eingezeichnet. Zum Vergleich der Methoden
untereinander sowie zur grafischen Darstellung der Interrater-Variabilität wurden
Bland-Altmann-Plots erstellt (Altman and Bland, 1983). Als Hilfslinien sind die mittlere
Differenz der Ergebnisse sowie die Limits of Agreement (LoA), definiert als positive
und negative 1,96-fache Standardabweichung (SD), aufgetragen.
Ergebnisse
Die Kinder und Jugendlichen wurden durch Abschnitte von je 3 Jahren in 5 Altersgruppen
eingeteilt. Die meisten der Teilnehmer (n = 41) waren zwischen 9,5 und 15,49 Jahre
alt. Die absolute und relative Verteilung zeigt [Tab. 2].
Tab. 2
Aufteilung der Kinder und Jugendlichen nach Altersgruppen.
|
Häufigkeit
|
Prozent
|
gültige Prozente
|
kumulierte Prozente
|
|
Gültig
|
1
|
2
|
4,0
|
4,0
|
4,0
|
|
2
|
4
|
8,0
|
8,0
|
12,0
|
|
3
|
22
|
44,0
|
44,0
|
56,0
|
|
4
|
19
|
38,0
|
38,0
|
94,0
|
|
5
|
3
|
6,0
|
6,0
|
100,0
|
|
gesamt
|
50
|
100,0
|
100,0
|
|
|
Altersgruppen: 1 = 4–6,49 Jahre; 2 = 6,5–9,49 Jahre; 3 = 9,5–12,49 Jahre; 4 = 12,5–15,49
Jahre; 5 = 15,5–18,5 Jahre
|
Vergleich des ermittelten Skelettalters mittels konventionellem Carpogramm versus
MRT
Nachdem sich zwischen den beiden Untersuchern keine wesentlichen Unterschiede zeigten
(siehe Interrater-Variabilität), wurden die Ergebnisse für den Vergleich des errechneten
Skelettalters mittels konventionellem Carpogramm versus MRT gemittelt. Es ergab sich
eine Korrelation nach Pearson für die T1-VIBE von 0,986 und für die T1-TSE von 0,982
([Abb. 3A, B]). Zusätzlich wurde das Mittel der Ergebnisse aus beiden Sequenzen mit dem Mittel
der konventionellen Carpogramme korreliert. Die Korrelation betrug hierbei 0,987 nach
Pearson ([Abb. 3C]).
Abb. 3 Vergleich des durchschnittlich errechneten Skelettalters mittels konventionellem
Carpogramm versus MRT-T1-VIBE A, konventionellem Carpogramm versus MRT-T1-TSE B und konventionellem Carpogramm versus Durchschnitt der MRT-Sequenzen C. Die Ergebnisse wurden jeweils gemittelt für Beobachter A und B. Eine Ursprungsgerade
ist in blau eingezeichnet. Für Punkte über der Ursprungsgeraden übersteigt das errechnete
Skelettalter mittels MRT das errechnete Skelettalter mittels konventionellem Carpogramm.
Eine Anpassungslinie (rot) verdeutlicht den Trend der Werte.
Die mittlere Differenz zwischen dem errechneten Skelettalter mittels konventionellem
Carpogramm und dem errechneten Skelettalter mittels T1-VIBE betrug 0,51 Jahre mit
einer Standardabweichung von 0,492 Jahren. Das Skelettalter wurde mittels T1-VIBE
durchschnittlich älter geschätzt als mittels konventionellem Carpogramm. Die mittlere
Differenz zwischen dem errechneten Skelettalter mittels konventionellem Carpogramm
und dem errechneten Skelettalter mittels T1-TSE betrug 0,18 Jahre mit einer Standardabweichung
von 0,566 Jahren. Jüngere Kinder wurden mittels T1-TSE älter geschätzt, während ältere
Kinder mittels konventionellem Carpogramm älter geschätzt wurden. Grafisch wurden
die Ergebnisse mittels konventionellem Carpogramm versus T1-VIBE bzw. T1-TSE jeweils
in Form eines Bland-Altman-Plots dargestellt ([Abb. 4A, B]). Die Ergebnisse der beiden Beobachter wurden hierzu gemittelt. Bei der T1-VIBE
kamen 95 % der Werte innerhalb der LoA zu liegen, was einer hinreichend symmetrischen
Verteilung entspricht ([Abb. 4A]). Bei der T1-TSE lagen alle Werte innerhalb der LoA ([Abb. 4B]).
Abb. 4 Bland-Altmann-Plot zum Methodenvergleich der Skelettalterbestimmung mittels konventionellem
Carpogramm und MRT-T1-VIBE A sowie konventionellem Carpogramm und T1-TSE B. Vergleich der Differenz der Ergebnisse durch die beiden Methoden mit dem Durchschnitt
der Ergebnisse durch die beiden Methoden. Ergebnisse gemittelt für beide Beobachter.
Als Hilfslinien wurden die mittlere Differenz zwischen den Ergebnissen (mean = -0,5010
Jahre bzw. -0,0858 Jahre) und die Limits of Agreement (LoA) als 1,96-fache Standardabweichung
(SD = 0,474 Jahre bzw. 0,497 Jahre) nach oben und unten aufgetragen. 95 % (a) bzw.
100 % (b) der Werte liegen innerhalb der LoA. Die Verteilung der Daten ist hinreichend
symmetrisch über allen Abschnitten.
Interrater-Variabilität
Die Ergebnisse der Skelettalterbestimmung beider Beobachter wurden mittels des Rangkorrelationskoeffizienten
nach Spearman verglichen. Die Interrater-Korrelation war mit einem Spearman-Rho von
0,985 für die 50 Carpogramme, mit einem Spearman-Rho von 0,966 für die T1-VIBE und
einem Spearman-Rho von 0,971 für die T1-TSE jeweils auf dem Niveau von 0,01 signifikant.
Grafisch wurde die Interrater-Variabilität jeweils mithilfe eines Bland-Altman-Plots
dargestellt ([Abb. 5]). Der Anteil der Werte, der innerhalb der LoA zu liegen kam, betrug 92 % bei den
konventionellen Carpogrammen ([Abb. 5A]), 98 % bei der T1-VIBE ([Abb. 5B]) und 91 % bei der T1-TSE ([Abb. 5C]). In allen Plots stellte sich eine hinreichend symmetrische Verteilung dar.
Abb. 5 Bland-Altmann-Plot zur Darstellung der Interrater-Variabilität, konventionellen Carpogramme
A, T1-VIBE B und T1-TSE C. Abhängigkeit der Differenz der errechneten Skelettalter durch Beobachter A und B
vom Durchschnitt der errechneten Skelettalter durch Beobachter A und B. Als Hilfslinien
wurden die mittlere Differenz zwischen den Schätzungen der beiden Beobachter (mean =
–0.311 Jahre A, –0.101 Jahre B und –0.626 Jahre C) und die Limits of Agreement (LoA) als 1,96-fache Standardabweichung (SD = 0.729
Jahre A, 0.527 Jahre B und 0.806 Jahre C) nach oben und unten aufgetragen. 95 % der Werte liegen innerhalb der LoA. Die Verteilung
der Daten ist hinreichend symmetrisch über allen Abschnitten. Interrater-Korrelation
mit einem Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman von 0,985 A, 0,966 B und 0,971 C auf dem Niveau von 0,01 signifikant.
Intrarater-Variabilität
Beide Beobachter beurteilten jeweils 10 Untersuchungen (konventionelle Carpogramme,
T1-VIBE und T1-TSE) nach 4 Wochen erneut. Hierbei wurden die Datensätze anonymisiert
und verblindet bearbeitet, das chronologische Alter und das errechnete Skelettalter
der ersten Beurteilung waren den Beobachtern nicht bekannt. Auf eine gleichmäßige
Verteilung nach Alter und Geschlecht wurde geachtet. Beide Beobachter schätzten die
Kinder und Jugendlichen bei der zweiten Auswertung im Schnitt um 0,04 Jahre (Beobachter
A) bzw. um 0,11 Jahre (Beobachter B) jünger ein.
Für Beobachter A ergab sich eine gesamte Intrarater-Korrelation von 0,995 nach Pearson.
Aufgeteilt nach den Untersuchungsarten ergaben sich Intrarater-Korrelationen mit einem
Korrelationskoeffizienten nach Pearson von 0,994 für die konventionellen Carpogramme,
von 0,995 für die T1-VIBE und von 0,998 für die T1-TSE. Für Beobachter B ergab sich
eine gesamte Intrarater-Korrelation von 0,988 nach Pearson. Aufgeteilt nach den Untersuchungsarten
ergaben sich Intrarater-Korrelationen mit einem Korrelationskoeffizienten nach Pearson
von 0,994 für die konventionellen Carpogramme, von 0,993 für die T1-VIBE und von 0,994
für die T1-TSE. Alle Korrelationen waren auf dem Niveau von 0,01 signifikant.
Zeitlicher Aufwand der Untersuchungszeit
Die Untersuchungszeit für ein konventionelles Carpogramm lag inklusive Instruktion
der Kinder/Jugendlichen sowie der Eltern, Lagerung, Bildaufnahme und Nachbearbeitung
bei durchschnittlich etwa 3 Minuten, die Dauer einer MRT-Untersuchung, ebenfalls inklusive
Aufklärung, Lagerung, Bildakquisition und Nachbearbeitung, bei etwa 15 Minuten.
Befundungszeit
Für beide Untersucher wurde bei jeweils 15 Auswertungen (konventionelle Carpogramme,
T1-VIBE und T1-TSE) die benötigte Zeit zur Bestimmung des Knochenalters gemessen.
Der mittlere Zeitaufwand für die Auswertung eines konventionellen Carpogramms lag
bei 147 Sekunden für Beobachter A und 127 Sekunden für Beobachter B. Der maximale
Zeitaufwand betrug dabei 191 Sekunden für Beobachter A bzw. 174 Sekunden für Beobachter
B. Der mittlere Zeitaufwand für die Auswertung einer MRT-Sequenz lag bei 205 Sekunden
für Beobachter A und 163 Sekunden für Beobachter B. Der maximale Zeitaufwand betrug
dabei 252 Sekunden für Beobachter A bzw. 215 Sekunden für Beobachter B. Der minimale
Zeitaufwand betrug 162 Sekunden für Beobachter A bzw. 135 Sekunden für Beobachter
B. Somit betrug die Differenz des mittleren benötigten Zeitaufwands 58 Sekunden für
Beobachter A und 36 Sekunden für Beobachter B.
Diskussion
Um den Einsatz von Röntgen- oder CT-Untersuchungen zur Knochenalterbestimmung zu umgehen,
wurden in einigen Studien alternative Methoden untersucht. In diesem Zusammenhang
wurde neben der Sonografie und MRT der medialen Klavikula-Epiphyse auch die MRT des
Kniegelenks untersucht [16]
[17]
[18]
[19]
[20]. Nichtsdestotrotz wurde in den meisten Studien die MRT der Hand als alternative
Methode im Rahmen der Altersdiagnostik verwendet [21]
[22]
[23]. Hojreh et al. (Patienten n = 10, Probanden n = 50) und Urschler et al. (Patienten
n = 18) untersuchten, inwieweit die MRT im direkten Vergleich zu den konventionellen
Carpogrammen im Rahmen medizinischer Fragestellungen zur Knochenalterbestimmung verwendet
werden kann [12]
[24].
Korrelation konventionelle Carpogramme und MRT
In der vorliegenden Studie wurde erstmals der Vergleich der MRT mit einem konventionellen
Carpogramm anhand einer größeren Fallzahl (n = 50) analysiert. In der vorliegenden
Studie zeigte sich eine sehr gute Korrelation hinsichtlich des ermittelten Knochenalters
zwischen den konventionellen Carpogrammen und der MRT (T1-TSE: 0,976; T1-VIBE: 0,975).
Das Alter der Kinder und Jugendlichen wurde bei beiden MRT-Sequenzen im Vergleich
zu den konventionellen Carpogrammen im Durchschnitt überschätzt. Die mittlere Differenz
lag für die T1-VIBE (0,51 Jahre) etwas höher als für die T1-TSE (0,18 Jahre). Alle
Altersgruppen wurden mit der T1-VIBE älter geschätzt, wohingegen bei der T1-TSE ältere
Kinder etwas jünger geschätzt wurden. Der Unterschied zwischen den beiden MRT-Sequenzen
kommt möglicherweise durch den unterschiedlichen Bildeindruck der knöchernen Strukturen
zustande. Innerhalb des 95 %-Konfidenzintervalls lagen 95 % der Werte für die T1-VIBE
und 100 % der Werte für die T1-TSE.
Urschler et al. kamen in ihrer Studie mit 18 Patienten mit Wachstumsstörungen ebenfalls
zu einer hochsignifikanten Korrelation (0,98) zwischen dem errechneten Skelettalter
mittels der T1-VIBE und den konventionellen Carpogrammen. Hier lag das ermittelte
Skelettalter mittels T1-VIBE unter dem der konventionellen Carpogramme mit einer mittleren
Differenz von –0,25 Jahren [12]. In der Studie von Hojreh et al. wurde das Knochenalter mit der T1-VIBE von einem
Untersucher höher eingeschätzt mit einer mittleren Differenz von 0,175 Jahren, wobei
sich bei einem zweiten Untersucher nur minimale Unterschiede zeigten (0,05) [24].
Eine mögliche Erklärung für die Unterschiede bei der Knochenalterbestimmung zwischen
den beiden Modalitäten könnte, wie bereits von Urschler et al. diskutiert, die 2-dimensionale
Darstellung, insbesondere der Wachstumsfugen bei den konventionellen Carpogrammen,
gegenüber der überlagerungsfreien, 3-dimensionalen Abbildung mittels der MRT sein.
Einen weiteren Einfluss könnte auch die zusätzliche Darstellung der knorpeligen und
weichteiligen Strukturen mit der MRT haben, auch wenn diese bei der GP-Methode nicht
direkt beachtet wurden [12].
Inter- und Intrarater-Variabilität
Die Reproduzierbarkeit dieser guten Korrelation zeigte sich bei der Analyse der Interrater-Variabilität.
Neben einer sehr guten Interrater-Variabilität für die Carpogramme (0,985) zeigte
sich diese auch sehr gut für die T1-VIBE (0,966) und für die T1-TSE (0,971). Der Anteil
der Werte, die innerhalb des 95 %-Konfidenzintervalls lagen, betrug 93 % für die konventionellen
Carpogramme, 98 % für die T1-VIBE und 95 % für die T1-TSE. Anzumerken ist, dass in
den meisten Studien die konventionelle GP-Methode mit der Auswahl des am besten passenden
Standards verwendet wurde und es hier mehr exakte Übereinstimmungen zwischen verschiedenen
Beobachtern gibt im Vergleich zu der in der vorliegenden Studie verwendeten ROI-Methode.
Nichtsdestotrotz sind die vorliegenden Ergebnisse verglichen mit den Interrater-Korrelationen
anderer Studien als gleich gut bis sehr gut anzusehen [21]
[22]
[24].
Auch für die Intrarater-Variabilität ergaben sich sowohl für Beobachter A (r = 0,995),
als auch für Beobachter B (r = 0,988) sehr gute Korrelationen. Bei der Aufteilung
nach den verschiedenen Methoden ergaben sich keine relevanten Unterschiede. Die Ergebnisse
zeigen, dass die Knochenalterbestimmung sowohl mittels konventionellen Carpogrammen
als auch mittels MRT bei wiederholten Auswertungen und im Vergleich zwischen verschiedenen
Untersuchern zuverlässig reproduziert werden kann.
Unterschiede in den Sequenzen
Zudem wurde untersucht, ob Vor- bzw. Nachteile bei der Beurteilung mittels T1-VIBE
und T1-TSE festzustellen sind. Die aktuelle Studienlage spricht sich hierbei für eine
Verwendung der T1-VIBE aus, auch wenn die Sequenzen vergleichbare Ergebnisse zeigen
[25]. Urschler et al. nahmen bei ihren Probanden jeweils 3 MRT-Sequenzen auf: T1-gewichtete
3D-VIBE, T1-gewichtete SE und T2-gewichtete GRE. Die Autoren entschieden sich aufgrund
der besseren Darstellung der epiphysären Strukturen, die T1-VIBE zur Skelettalterbestimmung
heranzuziehen [12]. Hojreh et al. nahmen 3 verschiedene Sequenzen (T1-gewichtete TIRM, T1-gewichtete
3D-VIBE-WE und T1-gewichtete SE) auf und ließen diese von 2 Radiologen hinsichtlich
der Qualität und Zweckmäßigkeit zur Skelettalterbestimmung bewerten. Die Autoren entschieden
sich für die T1-VIBE, wobei der Vorteil gegenüber den anderen Sequenzen besonders
in der besseren Kontrastierung knorpeliger Anteile lag [24].
Der Nutzen der zusätzlichen Information über die Entwicklung der knorpeligen Strukturen
bei der Ermittlung des Skelettalters mithilfe des Atlas von Greulich und Pyle ist
allerdings fraglich. Auf den konventionellen Carpogrammen, die im Atlas als Referenzbilder
dienen, können knorpelige Strukturen nicht abgebildet werden. In der Folge muss die
zusätzliche Information von den Beobachtern selbstständig interpretiert und gedanklich
in die Entwicklungsabfolge integriert werden. Langfristig würde die Einführung eines
auf MR-Sequenzen basierenden Atlas dieser Einschränkung Rechnung tragen. Insbesondere
die Carpalia könnten in einem solchen Atlas von der frühen knorpeligen Entwicklung
an beobachtet und in die Beurteilung integriert werden [23].
Untersuchungszeit
Die Durchführung eines konventionellen Carpogramms ist im Vergleich zur MRT-Untersuchung
deutlich kürzer. Diese Tatsache muss auch im Hinblick auf die Vergütungssituation
beachtet werden. Die Beschränkung auf die Akquisition einer Sequenz und zukünftige
Weiterentwicklungen mit kürzeren Akquisitionszeiten könnten den Unterschied bei der
Untersuchungszeit zwischen den beiden Modalitäten verringern.
Befundungszeit
Nach Horter et al. beträgt der mittlere erforderliche Zeitaufwand für die Auswertung
einer konventionellen Röntgenaufnahme nach Greulich und Pyle 46,7 Sekunden mit einer
Standardabweichung von 15,2 Sekunden [10]. Beobachter A benötigte durchschnittlich 147 Sekunden für die Auswertung eines konventionellen
Carpogramms, Beobachter B benötigte durchschnittlich 127 Sekunden. Allerdings wurde
in der vorliegenden Studie die ROI-Methode verwendet, wohingegen Horter et al. sich
bei der GP-Methode für das am besten passende Referenzbild entschieden haben. Diese
Tatsache könnte den Unterschied bei der Befundungszeit erklären. Mit einem mittleren
erforderlichen Zeitaufwand von 205 Sekunden (Beobachter A) bzw. 163 Sekunden (Beobachter
B) ist die Auswertung einer MRT-Sequenz zeitlich aufwendiger als die Auswertung einer
konventionellen Röntgenaufnahme. Der notwendige zeitliche Aufwand zur Auswertung variiert
zwischen den Untersuchern. Die Differenz des mittleren benötigten Zeitaufwands beträgt
58 Sekunden für Beobachter A und 36 Sekunden für Beobachter B. Der zeitliche Mehraufwand
bei der Auswertung einer MRT-Aufnahme erklärt sich sicherlich auch durch die Anzahl
der verschiedenen Schichten.
Ausblick
In einigen Studien wurden Systeme mit künstlicher Intelligenz (KI) zur Auswertung
konventioneller Carpogramme im Rahmen der Knochenalterbestimmung verwendet. Diese
zeigten gute Ergebnisse im Vergleich zu den etablierten Methoden nach GP und TW [26]
[27]
[28]. Erste Studien haben sich bereits mit dem Einsatz von KI-Systemen zur Knochenalterbestimmung
basierend auf der MRT der linken Hand oder des Kniegelenks beschäftigt [29]
[30]
[31]. Auch die Reduktion der Akquisitionszeiten für die MRT wurde bereits in ersten Studien
untersucht [32]
[33]. Für zukünftige Studien ergeben sich daraus vielversprechende Ansätze.
Limitationen
Bei den vorliegenden Ergebnissen handelt es sich um eine unizentrische Studie. Zur
Bestätigung der Ergebnisse sollte eine multizentrische Studie mit einer größeren Fallzahl
angestrebt werden. Zudem wurde keine Analyse der ethnischen Herkunft der eingeschlossenen
Patienten vorgenommen. Auch dieser Aspekt sollte in Folgestudien beachtet werden.
Schlussfolgerung
Die MRT stellt eine zuverlässige Methode der Skelettalterbestimmung ohne den Einsatz
ionisierender Strahlung dar. Die Ergebnisse können zu verschiedenen Zeitpunkten sowie
von verschiedenen Beobachtern mit hoher Genauigkeit reproduziert werden. Der GP-Atlas
kann zur Beurteilung von MRT-Bildern verwendet werden. Allerdings sollte die Entwicklung
eines neuen, auf MR-Referenzbildern basierten Atlas forciert werden, um der zusätzlichen
Information durch die Darstellung knorpeliger Strukturen in der MRT Rechnung zu tragen.
Die verwendeten Sequenzen (T1-VIBE und T1-TSE) lieferten beide vergleichbar gute Ergebnisse.
Vorteilhaft insbesondere im Hinblick auf einen MR-basierten Atlas ist die deutlichere
Abgrenzung der knorpeligen Strukturen in der T1-VIBE.
-
Die MRT stellt eine zuverlässige Methode zur Knochenalterbestimmung dar.
-
Die T1-VIBE und die T1-TSE liefern dabei vergleichbare Ergebnisse mit leichten Vorteilen
für die T1-VIBE.
-
Die Ergebnisse können zu verschiedenen Zeitpunkten sowie von verschiedenen Beobachtern
mit hoher Genauigkeit reproduziert werden.