Aktuelle Dermatologie 2021; 47(04): 147-148
DOI: 10.1055/a-1348-8942
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D. Krahl
Institut für DermatoHistoPathologie Dres. Krahl & Partner, Heidelberg
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Anamnese und klinischer Befund

Im Alter von 14 Jahren spontan aufgetretene, links einseitige, mittelbraune Pigmentierung an der vorderen Rumpfwand. Unscharfe Randbegrenzung mit scheckigem Aspekt in den Randzonen. Exakte Begrenzung an der Mittellinie. Diskret vermehrt Terminalhaare ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Inhomogen brauner, unregelmäßig aufgebauter Fleck am seitlichen Thorax.

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Histologie

Mäßige Akanthose mit basal plumpen Epithelleisten und moderater Vermehrung der Melaninpigmentierung. Corial voluminöse Haarfollikel und vermehrt glatte Muskelfaserbündel, teilweise ohne Bindung an Haarfollikel ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Geringe Akanthose, basal plump abgeflachte Epithelleisten und verstärkte epidermale Pigmentierung (blauer Pfeil). Prominente Haar-Talgdrüsenfollikel, darunter mehrere Bündel glatter Muskulatur (grüner Pfeil).
FRAGE
  • Wie lautet die Diagnose?


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Diagnose

Becker-Naevus (Melanosis naeviformis Becker).


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Diskussion

Die Eigenschaften des sog. Becker-Naevus, der zu den epidermalen Naevi gezählt wurde, gehen i. d. R. über eine veränderte Epidermisarchitektur und naevoide Hypermelanose hinaus (somit ein organoider Naevus). Zu der lentiginösen Hyperpigmentierung ohne wesentliche Melanozytenhyperplasie (epidermale Melanose, ggf. mit Pigmentinkontinenz) tritt meist eine Hypertrichose und eine mesenchymale Komponente aus glatter Muskulatur. Diese kann als freie Bündel glatter Muskulatur auch unabhängig von den naevoid vermehrten Haarfollikeln auftreten (Überschneidung mit Befunden bei Glattmuskel-Hamartom). Die häufigste klinisch markante Manifestation als einseitige, fleckförmige (nicht lineare) Hyperpigmentierung am oberen Rumpf erlangt Aufmerksamkeit meist erst im Pubertätsalter (oft nach vorausgehendem Sonnenbrand als Trigger), in dem u.a. die Haarfollikel einem verstärkten androgenen Stimulus unterliegen [1]. In Folge dessen kommt es nicht selten auch zu einer lokalen Akne im Bereich des Becker-Naevus. Diese Beobachtungen mit Festlegung obligater klinischer Diagnosekriterien führten zu der Vorstellung einer ganz überwiegenden Androtropie [1]. Happle [2] korrigierte diese Auffassung: Frauen seien vergleichbar häufig von Becker-Naevi betroffen, lediglich ohne die androgengetriggerte Hypertrichose. Weitere klinische Variationen können in multiplem, auch bilateralem Verteilungsmuster bestehen. Die hyperplastische glatte Muskulatur führt zu einer verstärkten mechanogenen Reaktionsbereitschaft, die als „Pseudo-Darier-Zeichen“ mit der erektilen Reaktion der kutanen Mastozytose auf lokale Irritation verglichen wurde. Beide Entitäten, der Becker-Naevus und die Mastozytose besonders in ihrer makulös-teleangiektatischen Form, zählen zu den histologisch potenziell „unsichtbaren“ Diagnosen, die klinisch mit Hyperpigmentierung auftreten. Bei der klinischen Angabe eines pigmentierten, „naevus-artigen“ Befundes sollte daher histologisches Augenmerk auf die diskreten Schlüsselmerkmale gelegt werden, die die jeweiligen Diagnosen verraten können: die basal plump abgeflachten, pigmentierten Epithelleisten und eine Vermehrung glatter Muskulatur beim Becker-Naevus; oder eine Mastzellvermehrung mit zellarmem Infiltrat, eosinophilen Granulozyten und Kapillarproliferation unter stärker pigmentierter Epidermis bei der Mastozytose. Weitere klinisch-histologische Abgrenzung des Becker-Naevus ist erforderlich von umschriebenen, solitären, fleckförmigen (gelegentlich auch unregelmäßigen retikulären) Hyperpigmentierungen anderer Genese (darunter melanozytäre Naevi, Café-au-lait-Fleck, lokale postinflammatorische Hyperpigmentierung, z.B. nach Photoreaktion, entfernter Melasma oder Diabetes-assoziierte prätibiale Pigmentierung). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Becker-Naevus außer in seiner Vorzugslokalisation in nahezu jeder anderen Körperregion auftreten kann [3]. Als Becker-Naevus-Syndrom beschrieb Happle seltene Assoziationen u.a. mit ipsilateraler Mammahypoplasie, Skoliose, Neurofibromatose I [4]. Becker-Naevus und Becker-Naevus-Syndrom werden nach neuen molekulargenetischen Ergebnissen verursacht durch postzygotische ACTB-Mutation (ein Gen, das für Beta-Actin kodiert) [5].

Ein früher postulierter paradominanter Erbgang gilt gemäß rezenten molekularen Erkenntnissen nicht. Der genetische Hintergrund einer häufigeren familiären Manifestation („Aggregation“) ist noch unklar [2]. Therapeutisch bestehen gute Optionen mit verschiedenen Laser-Verfahren.


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Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Dr. Dieter Krahl
Institut für DermatoHistoPathologie, Dres. Krahl & Partner
Mönchhofstr. 52
69120 Heidelberg
Deutschland   

Publication History

Article published online:
16 April 2021

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Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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Abb. 1 Inhomogen brauner, unregelmäßig aufgebauter Fleck am seitlichen Thorax.
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Abb. 2 Geringe Akanthose, basal plump abgeflachte Epithelleisten und verstärkte epidermale Pigmentierung (blauer Pfeil). Prominente Haar-Talgdrüsenfollikel, darunter mehrere Bündel glatter Muskulatur (grüner Pfeil).