Im Gesetzentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, das am 26. März
2021 verabschiedet wurde und zum 1.1.2023 in Kraft tritt, wird erstmals ein Ehegattenvertretungsrecht
eingeführt. Die DGPPN hatte im Vorfeld starke Bedenken im Hinblick auf psychisch kranke
Menschen artikuliert, die aber keine Berücksichtigung fanden. Der Gesetzestext wird
wie folgt lauten:
§ 1358 BGB Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge
(1) Kann ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine Angelegenheiten
der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen (vertretener Ehegatte), ist der andere
Ehegatte (vertretender Ehegatte) berechtigt, für den zu vertretenden Ehegatten
1. in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe
einzuwilligen oder sie zu untersagen sowie ärztliche Aufklärungen entgegenzunehmen,
2. Behandlungsverträge, Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Maßnahmen der
Rehabilitation und der Pflege abzuschließen und durchzusetzen,
3. über Maßnahmen nach § 1831 Absatz 4 zu entscheiden, sofern die Dauer der Maßnahme
im Einzelfall sechs Wochen nicht überschreitet, und
4. Ansprüche, die dem vertretenen Ehegatten aus Anlass der Erkrankung gegenüber Dritten
zustehen, geltend zu machen und an die Leistungserbringer aus den Verträgen nach Nummer
2 abzutreten oder Zahlung an diese zu verlangen.
Im Absatz (2) gibt es Einschränkungen, z. B., dass die Ehegattenvertretung nicht erfolgt,
wenn der zu Vertretende nicht zustimmt oder einen anderweitigen Bevollmächtigten beauftragt
hat. Wenn das Gesetz Gültigkeit erlangt, ergeben sich erhebliche Veränderungen in
der Praxis vieler psychiatrischer Behandlungen. Für und Wider diskutieren zwei prominente
Vertreter des Fachs.
Tilman Steinert
tilman.steinert@zfp-zentrum.de