IV Leitlinie
1 Einleitung
Die präoperative Positionierung und sachgemäße intraoperative Lagerung während gynäkologischer Operationen ist eine interdisziplinäre und interprofessionelle Aufgabe sowie eine gemeinsame Rechtspflicht. Ziel ist die Sicherstellung der Patientensicherheit und die Vermeidung lagerungsbedingter Schäden [1]. Es müssen zudem sowohl das Interesse des Operateurs an einer optimalen Übersicht des Situs durch Lagerungspositionen und -manöver, als auch das Interesse des Anästhesisten an optimalen und sicheren Zugangswegen zur Patientin berücksichtigt werden. Zusätzlich soll die Würde der Patientin bei allen Vorgängen gewahrt bleiben.
Eine fehlerhafte Lagerung kann zu Gesundheitsschäden führen, die vorübergehend, aber auch dauerhaft sein können und zu langfristigen Funktionseinschränkungen, sekundärer Morbidität bis hin zum Tode führen können.
Eine optimale Lagerung soll Druckschäden (Dekubitus), Hautreizungen, Verbrennungen, Nervenschädigungen, Durchblutungsstörungen und Unterkühlung verhindern.
Lagerungsschäden können Haut- und Weichteile, Gelenke, Bandapparat und Knochen sowie die Augen, Nerven und Gefäße betreffen.
Es gibt patientenseitige und eingriffsspezifische Risikofaktoren für lagerungsbedingte Schäden ([Tab. 5] und [6]).
Tab. 5 Beschriebene patientenseitige Risikofaktoren für lagerungsbedingte Schäden [2], [3], [4], [5], [6], [7].
patientenseitig
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assoziiertes Risiko
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BMI < 20 bzw. > 30
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Dekubitus, Neuropathie
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Einschränkungen der körperlichen Bewegungsfreiheit (Arthrose, Arthritis, Morbus Bechterew, Knie- und/oder Hüftendoprothesen, Arthrodesen etc.)
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Neuropathie, Dekubitus
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Lebensalter > 70 Jahre
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Neuropathie, Dekubitus
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Mangelernährung
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Dekubitus
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pAVK
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Neuropathie
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Rauchen und COPD
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Neuropathie der unteren Extremität, Dekubitus
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anatomische Varianten (Halsrippen etc.)
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Neuropathie
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vorbestehende Neuropathien
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Neuropathie, Dekubitus
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Tab. 6 Beschriebene eingriffsspezifische Risikofaktoren für lagerungsbedingte Schäden [2], [3], [4], [5], [6], [7].
eingriffsspezifisch
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Art des Risikos
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„lange“ OP-Dauer (> 4 Stunden)
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Dekubitus, Neuropathie, Kompartmentsyndrom
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Eingriffe in Steinschnittlage
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Eingriffe mit starker Trendelenburg-Lagerung
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2 Grundsätzliche forensische Aspekte zur Lagerung
2.1 Aufgabenteilung und Verantwortlichkeit
No.
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Empfehlung/Statement
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Konsensusstärke
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Literatur
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S.1
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Die Lagerung ist eine gemeinsame interdisziplinäre und interprofessionelle Aufgabe.
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S.2
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Die konkrete Verantwortlichkeit für die Lagerung ist aufgeteilt nach unterschiedlichen Phasen (P.): präoperative P. (Anästhesist), intraoperative P. (Operateur), bewusste intraoperative Lagerungsänderung (Operateur), postoperative P. (Anästhesist).
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+++
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[8]
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E.1
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Bei Vorliegen von patientenspezifischen Risikofaktoren oder bei Lagerungsmethoden, bei denen bestimmte Lagerungsschäden als eingriffsimmanent angesehen werden müssen (z. B. und v. a. bei absehbar langdauernden Eingriffen in Steinschnittlage), sollte über spezifische mögliche Lagerungsschäden (z. B. das Kompartmentsyndrom) ärztlich aufgeklärt werden.
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E.2
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Die Dokumentation über die Lagerung kann durch den Verweis auf hausinterne hinterlegte verbindliche Lagerungsstandards erfolgen. Eine Abweichung von den Standards ist zu dokumentieren.
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+++
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E.3
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Bei nicht vorhandenen verbindlichen Standards soll eine detaillierte Beschreibung der Lagerung und der verwendeten Hilfsmittel (Gelmatten etc.) im Protokoll bzw. OP-Bericht erfolgen.
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+++
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S.3
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Intraoperative Kontrollen der richtigen Lagerung durch den Operateur müssen nicht jedes Mal besonders dokumentiert werden, zweckmäßig ist jedoch ein Verweis auf routinemäßige Kontrollen z. B. im OP-Protokoll oder -Bericht.
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[9]
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S.4
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Die resultierende Lage nach intraoperativ vorgenommenen Lagerungsänderungen (z. B. Änderung klassische Steinschnittlage in Steinschnittlage flach) ist in der Verantwortung des Operateurs, soll kontrolliert und der Vorgang entsprechend dokumentiert werden. Dabei ist Umfang und Art der Kontrolle nicht spezifiziert.
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+++
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[9]
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3 Allgemeine und spezifische Aspekte zur Lagerung
No.
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Empfehlung/Statement
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Konsensusstärke
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Literatur
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E.4
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Operative Einheiten sollen Lagerungsstandards vorhalten, diese allgemein zugänglich hinterlegen, interdisziplinär und interprofessionell kommunizieren und in regelmäßigen Abständen hinsichtlich inhaltlicher Aktualität überprüfen.
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E.5
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In OPs soll eine ausreichende Menge und Qualität an Lagerungsmaterialien vorgehalten werden. Art und der Umfang der Anschaffung sollten am Patientenkollektiv und dem Stand der Wissenschaft ausgerichtet sein. Insbesondere bei adipösen Patientinnen sollen Tische verwendet werden, die eine entsprechende Gewichtsspezifikation aufweisen.
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+++
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E.6
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Lagerungsrelevante Co-Morbiditäten und Zustände sollten präoperativ erhoben und bei der Lagerung berücksichtigt werden (ASA, AORN). Hierzu gehören das Vorhandensein von Endoprothesen, Einschränkungen der Gelenkbeweglichkeit, anatomische Varianten (sofern präoperativ bekannt).
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+++
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[10], [11]
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E.7
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Lagerung und eventuelle Umlagerungen sollen durch eine ausreichende Anzahl an Personen durchgeführt werden (AST, AORN), um Patientensicherheit und Ergonomie für das Personal zu gewährleisten.
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+++
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[10], [12]
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E.8
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Bei Umlagerung auf den OP-Tisch sollte die Patientin nicht gezogen, sondern mit geeigneten Lagerungshilfen (Rutschbretter, Lift) möglichst reibungsarm bewegt werden, um Hautverletzungen durch Scherkräfte zu vermeiden (AST).
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+++
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[12]
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E.9
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OP-Unterlagen sollen trocken und faltenfrei sein.
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+++
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E.10
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Körperteile sollen nicht über den Rand des Tisches hängen, das (knöcherne) Gesäß soll nicht über die Tischkante hängen (AST, AORN).
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+++
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[10], [12]
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E.11
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Eine Unterpolsterung des Kopfes soll vorgenommen werden, damit die Halswirbelsäule (HWS) sich in Neutralposition befindet und keine Druckstelle am Hinterkopf entsteht.
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++
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4 Lagerung von Schwangeren
Konsensbasierte Empfehlung 3.E12
Expertenkonsens
Konsensusstärke ++
Bei der Lagerung von Schwangeren bei anderen operativen Eingriffen (Einlingsschwangerschaft) kann zur Vermeidung eines Vena-Cava-Kompressionssyndroms ab dem späteren 2. Trimenon weiterhin eine 15% Linksseitenlage oder ein rechts-lumbaler Lagerungskeil verwendet werden (Cochrane).
Literatur: [13]
5 Allgemeine Empfehlungen zur Steinschnittlage („Good Practice Points“)
No.
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Empfehlung/Statement
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Konsensusstärke
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Literatur
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E.13
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Bei der Lagerung mit Beinhaltern sollen beide Beinhalter gepolstert und auf gleicher Höhe sein (AST, AORN).
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+++
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[10], [12]
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E.14
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Die Beine sollen in Abhängigkeit von der Konstitution der Patientin (Adipositas, Mobilität der Gelenke etc.) von einer ausreichenden Zahl an Helfern in die Beinschalen hinein- und am Ende wieder herausgehoben werden, um z. B. eine lumbosakrale Verletzung und eine Hyperflexion der Hüfte zu vermeiden (AST, AORN).
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+++
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[10], [12]
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E.15
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Die Zeit in Steinschnittlage soll so kurz wie OP-technisch möglich gehalten werden (AORN).
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++
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[10]
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E.16
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Bei angelagerten Armen soll auf die Position der Hand, insbesondere der Finger geachtet werden, um Quetschverletzungen beim Bewegen der Beinstützen zu vermeiden (AORN).
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+++
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[10]
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6 Lagerungsbedingte Neuropathien
6.1 Lagerungsbedingte Neuropathien
Die allgemeine Häufigkeit von postoperativen Nervenläsionen (inkl. direkter chirurgischer Läsionen) wird mit 0,6 – 1,2‰ angegeben [14]. Neuropathien entstehen in der Regel durch eine Kombination aus Dehnung, Ischämie und Druck [15].
6.1.1 Neuropathien der oberen Extremität
Plexus-brachialis-Neuropathie
Schäden des Plexus brachialis sind eine seltene, aber schwere Komplikation von laparoskopischen bzw. roboterassistierten Eingriffen in Trendelenburg-Lagerung [16], [17], [18]. Mit einer geschätzten Inzidenz von 0,16% bei laparoskopischen und roboterassistierten Eingriffen werden sie als zweithäufigster Nervenschaden bei Patienten in Narkose angegeben [18], [19], [20]. Der Plexus ist durch seinen anatomischen Verlauf vom Hals mit Austritt aus den Foramina intervertebralia zur Axilla mit Durchtritt durch die Skalenuslücke und zwischen Clavicula und erster Rippe, seiner proximalen und distalen Fixation an den Halswirbeln und durch seine räumliche Nähe zu anderen potenziell Kompression ausübenden und darüber hinaus auch beweglichen Knochenstrukturen gefährdet [18], [21], [22]. Als ursächlich für lagerungsbedingte Plexus-brachialis-Schäden wird die Kompression des Akromions oder von Weichteilen 4 – 6 cm medial des Akromions, z. B. durch Schulterstützen, und die daraus resultierende Dehnung des Plexus brachialis im Bereich der Nervenwurzeln C5–T1 angesehen [15], [16], [18], [23], [24], [25]. Ein anderer möglicher Schädigungsmechanismus ist das Zurückfallen des Schultergürtels bei einer narkotisierten und relaxierten Patientin mit konsekutiver Einklemmung des Plexus zwischen Clavicula und erster Rippe, sowie Hyperextension verbunden mit Rotation in der HWS [26]. Symptome dieser Plexusaffektion sind
unterschiedliche motorische und sensorische Defizite in Schulter, Ober- und Unterarmen und Händen. Auf Patientenseite sind risikodisponierend anatomische Varianten wie das Vorhandensein einer Halsrippe, eine abnormale Lage des Plexus oder frakturbedingte Deformitäten [4], [27]. Die Prognose solcher Schäden ist generell gut mit einer hohen Rückbildungstendenz der motorischen und sensorischen Symptome [28], wobei die Rekonvaleszenz mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. Dennoch sind auch Fälle mit dauerhafter Funktionsstörung beschrieben worden [16].
Um eine steile Trendelenburg-Lagerung zu ermöglichen, werden die Patientinnen in bis zu 30° Kopf-Tieflage gebracht, wobei häufig Schulterstützen eingesetzt werden, die ein Verrutschen der Patientin auf dem Tisch verhindern sollen [16], [29]. Der auf die Schulter applizierte Druck steigt dabei mit dem Ausmaß der Trendelenburg-Lagerung an [29]. Insbesondere die Kombination von Armabduktion und Schulterstützen scheint das Risiko für Plexopathien zu erhöhen [30]. Druck auf den peripheren Anteil des N. accessorius kann darüber hinaus zu einer Parese des M. trapezius führen. In einer Studie, bei der prospektiv 3 verschiedene Systeme zur Verhinderung des intraoperativen Verrutschens der Patienten mit gleichzeitiger Messung des in Abhängigkeit vom Lagerungswinkel applizierten Drucks auf die Schulter bei nicht narkotisierten Probanden eingesetzt
wurden, wurde gezeigt, dass die Verwendung eines Vakuummatratzen-Systems zu dem geringsten resultierenden Druck auf die Schulterpartie führt [29]. Ob der Einsatz von Vakuummatratzen die Häufigkeit von Plexus-brachialis-Schäden reduziert, wurde bisher nicht gezeigt, auch wenn ihr Einsatz von vielen Autoren befürwortet wird. Eine andere Studie verglich Schaumunterlagen mit Gelmatten hinsichtlich des intraoperativen Rutschens und konnte keinen Unterschied feststellen [31].
N.-ulnaris-Neuropathie
Der N. ulnaris ist durch seinen weitgehend ungeschützten Verlauf im Sulcus n. ulnaris für Druckschäden gefährdet [32]. In einer prospektiven Studie an 1502 Patienten wurde die Inzidenz mit 0,5% angegeben [33]. Die Analyse wies jedoch im Wesentlichen Männer als Risikopopulation aus. Dieser Umstand wie auch die Tatsache, dass die klinischen Symptome erst zwischen 2 und 7 Tagen nach der OP auftraten, suggeriert, dass auch andere Faktoren als eine inadäquate Patientenlagerung von Bedeutung sind.
Klinisches Symptom einer Schädigung sind Parästhesien im Bereich des 4. und 5. Fingers und ulnarseitig an der Hand. Vollbild bei Beteiligung von motorischen Fasern ist das Bild einer sog. „Krallenhand“ [21]. Druckschäden können durch direkten Druck im Bereich des Ellbogens bei fehlerhafter Anlagerung des Armes, unphysiologischem Druck auf den Arm durch den anlehnenden Operateur oder bei Pronationsstellung des Armes auf Armlagerungsvorrichtungen auftreten [21]. Ist eine höhergradige Schädigung eingetreten (Axonotmesis), so ist die spontane Prognose nicht sicher gut [34].
No.
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Empfehlung/Statement
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Konsensusstärke
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Literatur
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E.17
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Ausmaß und Dauer einer Trendelenburg-Lagerung sollte unter Abwägung operationstechnischer Kriterien so gering wie erforderlich sein.
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+++
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E.18
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Die Lagerung des Kopfes in entsprechenden Vorrichtungen wird empfohlen, längere Hyperextension oder Lateralflexion/Rotation sollte vermieden werden (AORN, ASA).
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+++
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[10], [11], [15]
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E.19
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Armausleger sollten so ausgerichtet werden, dass ein Absinken der Schulter verhindert wird.
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+++
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E.20
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Das intraoperative Rutschen auf dem OP-Tisch soll vermieden werden (AORN); die Kombination von Schulterstützen mit nicht rutschenden OP-Auflagen sollte einer alleinigen Verwendung von Schulterstützen vorgezogen werden.
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++
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[10]
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E.21
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Schulterstützen sollen gepolstert werden und der Kontaktpunkt in Höhe der Akromioklavikulargelenke liegen (AORN).
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++
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E.22
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Bei der Verwendung von Schulterstützen sollte eine zusätzliche Abduktion des Armes vermieden bzw. minimiert werden. Die Abduktion soll keinesfalls > 90° sein.
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++
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[10]
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E.23
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Wenn Arme abduziert gelagert werden, dann sollte die Abduktion bis ca. 60° in Neutral-, darüber hinaus in Supinationsstellung erfolgen. Der Arm soll leicht im Ellenbogengelenk gebeugt und Unterarm durch Armhaltevorrichtung unterstützt werden (AST, AORN).
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++
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[10], [12]
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E.24
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Wenn der Arm auf Armlagerungsvorrichtungen ausgelagert wird, sollte der Arm in Supinationsstellung liegen (AORN, ASA).
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++
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[10], [12], [35]
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6.1.2 Neuropathien der unteren Extremität
Nach dem Ergebnis einer retrospektiven Analyse an der Mayo-Klinik (Rochester/USA) treten persistierende (≥ 6 Monate) motorische Neuropathien der unteren Extremität bei ca. 1 : 3600 Eingriffen in Steinschnittlage auf [7]. In dieser Studie erhöhte jede Stunde in Steinschnittlage das Risiko für eine Neuropathie um den Faktor 100. Hierbei waren in 78% der N. peronaeus, in 15% der N. ischiadicus und in 7% der N. femoralis betroffen. Sensorische Neuropathien fanden sich bei 15 : 1000 Fällen [7]. In weniger als der Hälfte der Fälle (43%) kam es zu einer vollständigen Regeneration innerhalb eines Jahres [7]. Als Risikofaktoren fanden sich in der multivariaten Analyse ein BMI ≤ 20, Rauchen innerhalb von 30 Tagen vor OP und eine OP-Dauer über 4 Stunden ([Tab. 5] und [6]).
N.-peronaeus-Neuropathie
Der N. peronaeus communis, ein Ast des N. ischiadicus, kreuzt das Kniegelenk lateral, zieht um das Fibulaköpfchen [21] und teilt sich in 2 Äste: Der N. peronaeus superficialis ist vorwiegend sensibel, versorgt aber auch die Mm. peronaei longi et breves, die der Pronationsbewegung des Fußes dienen. Der N. peronaeus profundus versorgt die zur Fußhebung benötigten Muskeln des Sprunggelenks und des Fußrückens und hat ein sensibles Versorgungsgebiet an der Haut zwischen der 1. und 2. Zehe. Durch die geringe Weichteilpolsterung im Bereich des Fibulaköpfchens besteht die Gefahr einer direkten Druckschädigung. Häufig wird dieser Druck durch ungepolsterten Kontakt mit der Beinhalterung verursacht. Alternativ kann auch die Kombination von Hüftbeugung und Kniestreckung zu einer unphysiologischen Dehnung des N. ischiadicus und der Peronäalnerven führen [36]. Postoperative Symptome einer
N.-peronaeus-communis-Neuropathie sind sensorische Defizite im Bereich des lateralen Unterschenkels und des Fußrückens. Motorisch kann die Dorsalflexion des Fußes bis zum klinischen Bild des „Stepperganges“ eingeschränkt sein. Differenzialdiagnostisch müssen peronäal betonte Ischiadicusläsionen und Läsionen entsprechender Äste des Plexus lumbosacralis berücksichtigt werden, die in Steinschnittlage auftreten können [37]. Risikoerhöhend sind ein niedriger BMI, Rauchen und eine lange OP-Dauer ([Tab. 5] und [6]).
N.-ischiadicus-Neuropathie
N.-ischiadicus-Neuropathien sind u. a. nach Steinschnittlagerung bzw. Kaiserschnitt-OP beschrieben worden [38], [39]. Vor allem die Steinschnittlage kann zu einer Überdehnung insbesondere des peronäalen Anteils des N. ischiadicus führen [36], [40], [41]. Perioperative N.-ischiadicus-Läsionen führen meist zu einer Fußheberschwäche, weitere ischiadicusversorgte Muskeln, insbesondere auch die Kniebeuger, sind häufig nur subklinisch betroffen [42]. Entsprechendes gilt für die sensiblen Ausfälle, erst bei maximaler Läsion findet sich eine Hypästhesie im lateralen Bereich der Wade und im gesamten Fuß mit Ausnahme der Innenseite.
N.-femoralis-Neuropathie
Mehrere Fallstudien aus der Gynäkologie berichten über Neuropathien des N. femoralis nach Eingriffen in Lithotomieposition und bedingt durch die Valven von Wundsperrsystemen [43]. In den jeweiligen Fällen wurde die Abduktion im Hüftgelenk sowie die extreme Hüftbeugung und Außenrotation als risikoerhöhend angeführt [44], [45], [46], [47], [48]. Mechanistisch knickt der N. femoralis ab und wird gegen das Leistenband gedrückt. Bei vaginalen Eingriffen in Steinschnittlage kann dieser Mechanismus noch durch ein Abstützen des Assistenten an der Oberschenkel-Innenseite verstärkt werden [15]. Klinische Symptome einer Femoralis-Neuropathie sind postoperative Defizite in der Hüftbeugung und Kniestreckung verbunden mit einer Abschwächung des
Patellarsehnenreflexes. Auch die Verwendung eines sog. „Split-Leg-Tables“, d. h. eine Flachlagerung der Beine mit Abduktion in beiden Hüftgelenken, hat die N.-femoralis-Neuropathie als Komplikation. Bei roboterassistierten Eingriffen und einer 25°-Abduktion wurde eine Inzidenz dieser Komplikation von 1,7% ermittelt [49]. Häufig finden sich ein Taubheitsgefühl im Bein und eine Fallneigung bei der Mobilisation. Die meisten sensorischen Defizite verschwinden innerhalb von 5 Tagen [2]. In einer Fallstudie zeigten immerhin 94% der Patientinnen mit motorischen Symptomen eine vollständige Besserung innerhalb von 10 Wochen, die übrigen Probanden innerhalb von 4 Monaten [50].
N.-obturatorius-Neuropathie
Der N. obturatorius ist ein Nerv des Plexus lumbalis. Es gibt wenige Daten zur N.-obturatorius-Neuropathie nach Eingriffen in Steinschnittlage. Experimentell konnte gezeigt werden, dass eine alleinige Abduktion der Oberschenkel zwischen 30 – 45° im Hüftgelenk zu einer signifikanten Zugbelastung des N. obturatorius führt, die durch Hüftbeugung ausgeglichen wird [51]. Nach vaginalen Entbindungen wurden Obturatoriusschädigungen durch Druck des Feten auf die innere Beckenwand beschrieben [52]. Dieses Phänomen sollte differenzialdiagnostisch bei vermeintlich lagerungsbedingten Obturatorius-Neuropathien nach Sectio caesarea berücksichtigt werden.
No.
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Empfehlung/Statement
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Konsensusstärke
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Literatur
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E.25
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Das Fibulaköpfchen soll druckentlastend gelagert werden.
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++
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E.26
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Bei Verwendung von Beinhaltern mit Tuchschlaufen soll das Bein nicht in Kontakt mit den Stangen der Halterung stehen (AORN).
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+++
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[10]
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E.27
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Eine Überdehnung der ischiokruralen Muskulatur soll vermieden werden und die Hüftbeugung wenn möglich nicht > 90° liegen.
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++
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[11]
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E.28
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Die Beugung im Hüftgelenk > 90° bei Steinschnittlage sollte bei länger dauernden vaginalen Eingriffen vermieden werden.
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++
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E.29
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Extreme Abduktion und Außenrotation im Hüftgelenk sollten vermieden werden.
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+++
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E.30
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Der Assistent soll sich nicht an der Oberschenkel-Innenseite der Patientin abstützen (AORN)
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+++
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E.31
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Die Abduktion der unteren Extremität > 30° (Steinschnittlage oder auch Split-Leg-Table) soll von einer Beugung im Hüftgelenk begleitet werden, um eine lagerungsbedingte Neuropathie des N. obturatorius zu vermeiden. Der max. Abduktionswinkel sollte nicht > 45° liegen.
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+++
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7 Schäden durch Hochfrequenzchirurgie
Technische und Bedienungsfehler, aber auch OP- und patientinnenabhängige Faktoren (z. B. unkontrolliert ablaufende Körperflüssigkeiten, Fruchtwasser etc.) führen zu einer potenziellen Gefährdung von Patient und Anwender. Wenn die Stromdichte unter der Neutralelektrode punktuell zu groß ist, kann unbeabsichtigt unter der Elektrode eine hohe Wärmeenergie freigesetzt werden [37], [53], die sich unbemerkt dann ausgehend von der Neutralelektrode weiter ausbreiten kann. Verbrennungen entstehen dabei hauptsächlich bei einflächigen Elektroden, bei denen die Anlagequalität nicht überwacht werden kann. Ferner können über Flüssigkeitsbrücken oder Kontaktstellen des Körpers zu elektrisch leitfähigem Material Leckströme entstehen. Kein HF-Generator kann solche Leckströme messen und in Konsequenz vermeiden. Jeder Anwender muss entsprechend der Medizin-Produkte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) über die Bedienung, aber auch
Risiken bei der Verwendung von HF-Geräten geschult werden.
Vor jeder Anwendung sollte das verwendete Material auf schadhafte Stellen überprüft werden.
Postoperativ auffallende (verdächtige) Hautläsionen, sind nicht immer zwangsläufig mit HF-Strom in Verbindung zu bringen, da sie auch durch Wärmeeinwirkung, Druck, Zeit, Chemie und/oder Feuchtigkeit bedingt sein können.
Trockene und isolierte Lagerung der Patientin, nasse Tücher und Auflagen sollen durch trockene ersetzt werden.
No.
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Empfehlung/Statement
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Konsensusstärke
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Literatur
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E.32
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Die Patientin soll mit Ausnahme der EKG-Elektroden nicht mit elektrisch leitfähigem Material in Kontakt stehen.
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++
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E.33
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Eine adäquate Menge von Desinfektionsmittel soll verwendet werden, um Pfützen zu vermeiden.
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+++
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E.34
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Die Neutralelektrode soll präoperativ in Originalgröße nah am OP-Feld unter Wahrung der Sterilität platziert werden.
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+++
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E.35
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Die gesamte Fläche der Neutralelektrode soll Kontakt zur Haut der Patientin haben, stark behaarte Extremitäten soll enthaart werden (z. B. durch Clipping).
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+
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E.36
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Es sollen keine Flüssigkeitsreste zwischen Haut und Neutralelektrode vorhanden sein sowie kein zusätzliches Gel angewendet werden.
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+++
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E.37
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Bei längeren Eingriffen (> 3 Stunden) sollte der Urin abgeleitet werden.
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++
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E.38
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Schmuck soll präoperativ entfernt, wenn nicht entfernbar ggf. elektrisch isoliert abgeklebt werden, es soll kein Kontakt mit oder Anwendung von HF-Strom in der Nähe des geschmückten Körperbereichs bestehen.
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++
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8 Lagerungsbedingte Dekubitalulzera
Dekubitus sind prinzipiell vermeidbare und unerwünschte Komplikationen von operativen Eingriffen, die zusätzliches Leid für die Betroffenen bedeuten (Schmerzen), die Liegedauer verlängern und zusätzliche Behandlungskosten (Material und Personal zur Wundversorgung) verursachen können.
Zur eindeutigen Diagnosestellung (und Abgrenzung von anderen Hautschäden) gehört also die sichere Kenntnis der Ursachen für die Hautschädigung.
Häufig entwickelt sich ein Dekubitus auch in den tieferen Gewebsschichten (kurz über den Knochenvorsprüngen in der Muskulatur), während die darüber liegenden Hautschichten noch intakt sind. So wird der Schaden erst einige Tage nach der Entstehung (der Operation) sichtbar.
8.1 Risikofaktoren für die Dekubitusentstehung
Neben den Ursachen für Dekubitus (Druck und Scherkräfte) werden oft weitere Risikofaktoren diskutiert, deren Bedeutung jedoch noch zu klären ist. Im perioperativen Bereich werden diskutiert: Diabetes mellitus (OR = 2,15 [1, 62 – 2, 84]) [54], Anästhesiedauer und Gesamtdauer einer Hypotonie (< 50 mmHg diastolischer BP) [55], Alter > 71 Jahre, Dehydratation, feuchte Haut, Mangelernährung, sensorische Wahrnehmungsstörungen, Lungenerkrankungen [56], zentrale oder periphere Nervenblockade (perioperative Analgesie) [57], Hypothermie [58], Hypotonus, Gefäßerkrankungen, Rauchen, COPD [3], OP-Position (laterale Position mit höherem Risiko als Rückenlage OR = 8,1) und OP-Dauer (OR 3,7 für jede Verdopplung) [5].
8.2 Perioperative Prävention
8.2.1 Risikoerfassung
Es gibt Situationen, in denen jeder Patient als potenzieller Risikopatient behandelt werden muss. Zu den Risikofaktoren zählen: Zeitdauer der Immobilisierung vor der Operation, Dauer der Operation, vermehrte hypotone Episoden während der Operation, niedrige Kerntemperatur während der Operation und eingeschränkte Beweglichkeit am 1. postoperativen Tag. Weiterhin erhöhen anästhesiebedingte Immobilität und bestimmte Körperpositionen (sitzend, Seitenlage) den Druck in den exponierten Geweben. Eine Erfassung des Risikos deckt eine mögliche Gefährdung auf, dadurch kann eine auf die Person zugeschnittene Prävention geplant und in die Wege geleitet werden [59].
Die Studienlage zum Nutzen von Dekubitus-Risikoskalen zur Senkung der Dekubitusinzidenz, synthetisiert in einem Cochrane-Review, zeigt keinen Vorteil durch deren Anwendung [60].
8.2.2 Druckverteilende Hilfsmittel
Ein Cochrane-Review [61] analysiert Studien zur Effektivität von druckverteilenden Hilfsmitteln (Matratzen und Auflagen) und kommt zu dem Ergebnis, dass druckverteilende OP-Auflagen die postoperative Dekubitusinzidenz reduzieren, obwohl 2 Studien unerwünschte Hautreaktionen bei der Anwendung von Schaumstoffauflagen fanden. Eine aktuelle Metaanalyse stärkt die Evidenz und stärkt die Annahme über den präventiven Effekt von Wechseldruckmatratzen gegenüber Standardschaumstoffmatratzen [62].
Eine Metaanalyse [63] belegt die protektive Wirkung von druckverteilenden Matratzen versus Standardmatratzen, von Schaumstoffmatratzen versus Standardmatratzen und von einigen luftgefüllten sowie Schaumstoffauflagen versus Standardmatratzen hinsichtlich der Inzidenz des Fersendekubitus. Schließlich bestätigen auch ein hochwertiger HTA [64] und ein hochwertiger systematischer Review [65] die Wirksamkeit von druckverteilenden OP-Tisch-Auflagen.
Die Überlegenheit dieser Hilfsmittel gegenüber der Standardversorgung ist somit deutlich. Übergewichtige Patienten stellen ein gesondertes Kollektiv dar.
8.2.3 Positionierungsmaßnahmen
Der Druck im Gewebe wird geringer, je mehr Körperfläche aufliegt. Werden z. B. die Fersen freigelagert, ist darauf zu achten, dass diese nicht zu hoch liegen, weil dadurch der Druck im Sakralbereich steigt. Ähnlich ist es, wenn das Kopfteil zu hoch gestellt wird. Die Abknickstelle in der Hüfte sollte an der physiologisch korrekten Position sein und ein „Herunterrutschen“ der Person muss vermieden werden (z. B. durch ein zusammengerolltes Handtuch an den Sitzbeinhöckern), weil dabei nicht nur Druck, sondern auch Scherkräfte wirken.
No.
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Empfehlung/Statement
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Konsensusstärke
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Literatur
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E.39
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Es sollten druckentlastende OP-Tischauflagen verwendet werden.
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++
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[61]
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E.40
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Bei der Verwendung von Hilfsmitteln soll darauf geachtet werden, dass das Gewicht des Beines sich über die ganze Wade verteilt und kein Druck auf die Achillessehne ausgeübt wird. Zur Verringerung des Risikos einer perioperativen DVT soll das Knie dabei leicht angewinkelt gelagert werden.
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++
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[59]
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E.41
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Die Auflagefläche des Körpers soll möglichst groß sein.
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++
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E.42
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Einrichtungen sollten regelmäßige Schulungen zur perioperativen Dekubitusprophylaxe anbieten. Diese Schulungen sollten an Team und Organisation angepasst werden und folgende Aspekte beinhalten: Ätiologie und Risikofaktoren, Klassifikation, Differenzialdiagnostik, Risikoassessment, Hautassessment, Dokumentation, Prophylaxe und Lagerungswechsel.
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++
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[62]
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S.5
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Eine standardisierte Risikoeinschätzung wird nicht empfohlen. Alle Patientinnen sind als gefährdet zu behandeln.
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+++
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S.6
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Der prophylaktische Einsatz von Wundauflagen (wie Hydrokolloidpflaster) zur Druckentlastung auf gesunder Haut an exponierten Körperstellen (über Knochenvorsprüngen) kann derzeit nicht empfohlen werden, da untersuchte Studien ein zu hohes Risiko der Verzerrung aufweisen und die Ergebnisinterpretation stark limitiert ist.
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+++
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[62]
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9 Kompartmentsyndrom
Das akute Kompartmentsyndrom (KS) der unteren Extremität ist eine besonders schwerwiegende, wenn auch seltene Form des lagerungsbedingten Schadens, die fast ausschließlich bei langdauernden Operationen in Steinschnittlage beschrieben wird [6], [66], [67]. Je nach Kollektiv wird die Häufigkeit zwischen 0,028 und 0,28% bei gynäkologischen Operationen in Steinschnittlage angegeben, wobei die Dunkelziffer durch Fehldiagnosen und fehlende Aufmerksamkeit höher zu sein scheint [68], [69], [70]. Diese Komplikation hat eine hohe forensische Relevanz, da in über 50% der Fälle ein Behandlungsfehler angenommen wird (Quelle: Gutachterkommission der Ärztekammer Nordrhein).
Die genaue Ätiologie ist unklar, jedoch scheint die Verringerung des Perfusionsdrucks bei gesteigertem Gewebedruck (durch Aufliegen der Wade) zu einer Minderversorgung des Gewebes zu führen. In zahlreichen Experimenten konnte gezeigt werden, dass der Perfusionsdruck signifikant absinkt, wenn das Bein über dem Niveau des rechten Vorhofs oder der Patient in Trendelenburg-Position gelagert wird [71]. Extreme Steinschnittlagen senken den mittleren arteriellen Blutdruck in der unteren Extremität bis auf Werte, die denen bei manifestem KS gemessenen entsprechen, wobei dieser Effekt durch eine Trendelenburg-Lagerung noch verstärkt wird [69], [72]. Diese Ergebnisse legen nahe, dass eine Minimierung der Operationszeit in Steinschnittlage und Trendelenburg die beste Prävention für die Entstehung eines KS sein könnten. KS wurden bei Verwendung unterschiedlichster Beinhalterungssysteme
beschrieben.
Die Diagnose eines KS erfolgt klinisch. Im Falle eines liegenden Periduralkatheters (PDK) sollten diese Symptome nicht ausschließlich auf den PDK zurückgeführt werden, sondern die Möglichkeit eines beginnenden KS in Betracht gezogen werden. In einem Review wurde keine Verzögerung in der Diagnosestellung trotz postoperativer Analgesie festgestellt, wenn die Patienten adäquat überwacht wurden [73]. Zur Verifizierung bzw. Ausschluss von Sensibilitätsstörungen und Parästhesien durch ein rückenmarknahes Analgesieverfahren (z. B. PDK) muss der Anästhesist unverzüglich informiert und hinzugezogen werden. Differenzialdiagnostisch ist es sinnvoll, die Lokalanästhetikazufuhr über den Katheter zu unterbrechen, um zu sehen, ob die sensiblen und/oder motorischen Ausfallserscheinungen rückläufig sind.
Die invasive Messung des intrakompartimentalen Drucks (ICP) ergibt eine Zusatzinformation in Fällen mit unklarer Symptomkonstellation, wobei jedoch ein routinemäßiger Einsatz invasiver Messmethoden nicht indiziert ist. Die Grenzwerte des ICP, die ein manifestes KS anzeigen, werden in der Literatur kontrovers diskutiert [74]. Der Einsatz eines Pulsoxymeters zur Überwachung der Extremität ist nicht sinnvoll, da die arterielle Versorgung und Sauerstoffsättigung erst zu einem sehr späten Zeitpunkt abfallen [75].
Bis dato existieren keine evidenzbasierten Empfehlungen zur Prävention, da keine der in der Literatur vorgeschlagenen Maßnahmen bisher durch prospektive Studien belegt wurden. In einer prospektiven Beobachtungsstudie wurde in einem KS-Hochrisiko-Kollektiv von Patientinnen mit ausgedehnten Endometrioseoperationen nach Implementierung einer Kombination mehrerer Maßnahmen ein Rückgang der Inzidenz von 0,8% auf 0% beobachtet [76]. Diese beinhalteten die Minimierung der Eingriffe in Steinschnittlagerung zugunsten einer modifizierten Rückenlage mit abduzierten Beinen, intermittierende Mobilisation der Beine während des Eingriffs und den Gebrauch von Vakuummatratzen, um ein Verrutschen der Patientin zu verhindern. Der routinemäßige Einsatz von apparativer intermittierender Kompression (engl. „intermittent compression device“, vorwiegend verwendet in den angloamerikanischen Ländern) wurde ebenfalls empfohlen, allerdings wurde in anderen Studien
über ein gesteigertes Risiko für Komplikationen bei Verwendung dieser Kompressionsstrümpfe berichtet.
Die Therapie eines manifesten KS ist die Fasziotomie aller betroffenen Muskellogen.
No.
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Empfehlung/Statement
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Konsensusstärke
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Literatur
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E.43
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Die Dauer einer Lagerung in Steinschnittlage sollte auf ein notwendiges Minimum begrenzt werden (AST, AORN), insbesondere, wenn kein Zugang zum Perineum bzw. der Vagina erforderlich ist. Mögliche Alternativen, wie z. B. eine Flachlagerung der Beine mit 45° Abduktion in leichter Hüftbeugung, sollen erwogen werden.
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[10, 12]
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E.44
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Wenn möglich, sollten die Beine im oder unterhalb des Niveaus des rechten Vorhofs positioniert werden.
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E.45
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Die Dauer einer Trendelenburg-Lagerung sollte ebenfalls auf ein notwendiges Minimum beschränkt werden.
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E.46
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Es soll ein Verrutschen nach kranial von Patientinnen mittels geeigneter Lagerungshilfe vermieden werden.
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E.47
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Die Verwendung typischer Knie-Unterschenkel-Beinhalter (Goepel) sollte vermieden werden. Wenn solche Beinhalter eingesetzt werden, soll eine zusätzliche Gelmattenpolsterung durchgeführt werden.
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E.48
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Sämtliche mit der Behandlung und Pflege der Patientin betrauten Personen sollten Kenntnis über die Möglichkeit und die klinischen Zeichen eines postoperativen KS nach langdauernden Operationen in Steinschnittlage haben.
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S.7
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Eine routinemäßige intraoperative Messung des Kompartmentdrucks ist nicht erforderlich.
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E.49
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Eine routinemäßige intraoperative Umlagerung der Beine z. B. alle 3 Stunden, um den intrakompartimentalen Druck zu reduzieren, sollte nicht durchgeführt werden.
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S.8
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Treten sensorische oder motorische Ausfallerscheinungen nach einer Operation auf, so ist bei der perioperativen Verwendung eines rückenmarknahen Anästhesieverfahrens zum Ausschluss eines Kompartmentsyndroms differenzialdiagnostisch ein Anästhesist hinzuziehen.
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10 Vermeidung von perioperativer Hypothermie
Konsensbasierte Empfehlung 3.E50
Expertenkonsens
Konsensusstärke +++
Ein aktiver Schutz vor intraoperativer Hypothermie soll vorgenommen werden (s. S3-Leitlinie „Vermeidung intraoperative Hypothermie“).
Literatur: [77]