Einleitung
Im Vergleich zu anderen pneumotropen Virusinfektionen (z. B. saisonale Influenza)
finden sich bei Infektionen durch SARS-CoV-2 (Abk. für severe acute respiratory syndrome
coronavirus type 2) mehr schwere Verläufe, eine höhere Letalität und eine ungefähr
doppelt so lange Beatmungszeit [1 ]. Über den Verlauf eines prolongierten Weanings bei SARS-CoV-2-Patienten ist bisher
nur wenig bekannt. Eine italienische Studie zeigte bei insgesamt 391 ausgewerteten
Patienten eine erfolgreiche Entwöhnung bei nur 53 % der SARS-CoV-2-Patienten. Die
ICU-Mortalität betrug 36 % [2 ]. Es ist anzunehmen, dass durch die in Deutschland ansteigende Zahl invasiv beatmeter
SARS-CoV-2-Patienten der Bedarf an Entwöhnungskapazitäten für diese prolongiert beatmeten
Patienten zunehmen wird [3 ].
Das Lungenversagen bei SARS-CoV-2 verläuft in Teilen ähnlich eines ARDS aus anderer
Ursache. Wichtige Unterschiede bestehen darin, dass in der Frühphase der Erkrankung
noch eine gute Compliance der Lunge besteht und daher die zusätzliche Atemarbeit für
den Patienten trotz bestehender z. T. schwerer Hypoxämie noch kompensierbar ist. Gleichzeitig
ist bei niedrigem Lungengewicht und wenig Atelektasen das rekrutierbare Lungenvolumen
gering, sodass der optimale Zeitpunkt der Intubation und invasiven Beatmung noch nicht
geklärt ist und von vielen zusätzlichen Faktoren abhängt (respiratorischer Stress,
Begleiterkrankungen, Komplikationen, Alter). Diese Frühphase wird hypothetisch als
Low Phase bezeichnet [4 ]. Bei Persistenz bzw. Progredienz der Erkrankung zeigt sich das Bild eines klassischen
ARDS [5 ]. Die invasive Beatmung ist dann kaum zu vermeiden, sofern keine Kontraindikation
vorliegt (Patientenwille, Aussichtslosigkeit). In Italien lag während der ersten Welle
im März 2020 die Intubationsrate teilweise bei 88 % [6 ]. Auch bei der ARDS-Behandlung infolge SARS-CoV-2 (cARDS) ist auf eine protektive
Beatmung mit niedrigem Atemzugvolumen, niedrigem Plateaudruck und einem höheren PEEP
zu achten. Es sollte eine Bauchlagerung insbesondere bei bilateralen Infiltraten durchgeführt
werden [7 ]
[8 ]
[9 ]
[10 ]. In der ProVent-Covid-Analyse bei 530 beatmeten SARS-CoV-2-Patienten war der PEEP
im Mittel bei 14 cm H2 O, die Sterblichkeit lag bei 35 %. Die Hälfte aller Patienten wurde intermittierend
in Bauchlage ventiliert [11 ]. Altersabhängig zeigt sich bei SARS-CoV-2 eine sehr hohe Mortalität unter invasiver
Beatmung [1 ]. Eine extrakorporale Therapie (ECMO) ist bei SARS-CoV-2-Infektion in Erwägung zu
ziehen, wenn andere Therapiemaßnahmen ausgeschöpft sind [5 ]. Die Mortalität an der ECMO liegt bei knapp 40 % [12 ].
Aktuelle Zahlen belegen, dass 37 % der hospitalisierten Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion
auf einer Intensiveinheit behandelt werden müssen, 22 % erhalten eine Beatmungstherapie.
Die Sterblichkeit beatmeter Patienten beträgt 22–23 % [3 ].
Eine strukturierte Entwöhnung oder Liberalisation von der Beatmung (Weaning) wird
häufig in dafür spezialisierten Einrichtungen (Weaning-Zentren) durchgeführt [13 ]. 2007 wurde innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
(DGP) das Netzwerk WeanNet gegründet [14 ]. Derzeit gibt es ungefähr 50 zertifizierte Zentren in Deutschland. In einer Registerstudie
aus dem WeanNet von 2020 wurden insgesamt 11 424 Patienten mit prolongiertem Weaning
ausgewertet. 7346 Patienten wurden von der Beatmung entwöhnt (64,3 %), 2236 davon
mithilfe einer nichtinvasiven Beatmung. An der invasiven Beatmung verblieben 2420
Patienten (21,2 %), 1648 Patienten (14,5 %) verstarben im Weaning-Zentrum [15 ]. Bereits 2016 konnte gezeigt werden, dass Patienten im prolongierten Weaning eine
Reihe von Komorbiditäten (v. a. kardiovaskuläre Erkrankungen, Niereninsuffizienz,
Diabetes mellitus oder Adipositas) aufwiesen. Patienten mit chronisch obstruktiver
Lungenerkrankung (COPD) und neuromuskulären Erkrankungen als führender Ursache für
die mechanische Beatmung wurden im Vergleich zu anderen Ursachen seltener vollständig
vom Respirator entwöhnt. Günstiger zeigte sich die Prognose bei ARDS und postoperativer
respiratorischer Insuffizienz. Der Altersdurchschnitt der Patienten im Register lag
zuletzt bei 71 Jahren [16 ]. Weaning-Zentren sind auch für die Planung und Kontrolle einer außerklinischen Beatmung
verantwortlich [17 ].
In der vorliegenden Arbeit berichten wir über erste Erfahrungen mit prolongiertem
Weaning in unserer Klinik bei nachgewiesener SARS-CoV-2-Infektion als Ursache der
prolongierten Beatmung.
Methode
Es wurden Registerdaten der Patienten unseres Zentrums aus dem Weaning-Register des
Institutes für Lungenforschung (ILF) für die Auswertung retrospektiv berücksichtigt.
Alle Patienten im prolongierten Weaning werden in das Register eingeschlossen, sofern
die Einschlusskriterien erfüllt sind und eine Patienteneinwilligung in schriftlicher
Form vorliegt.
Weaning-Register: Einschlusskriterium ist eine invasive Beatmung über Tubus oder Tracheostoma, die
trotz mindestens 3 Spontanatmungsversuchen nicht beendet werden kann oder nach einem
Spontanatmungsversuch mindestens 7 Tage weitergeführt werden muss. I.d.R. zeigt sich
bei Patienten im prolongierten Weaning eine invasive Beatmungsdauer von mehr als 2
Wochen vor Einschluss in das Register. Die Eingabe in die Datenbank erfolgt elektronisch
und umfasst Punkte wie Alter, Geschlecht, Performance-Status (ECOG) vor der Beatmung,
Ursache der akuten respiratorischen Insuffizienz sowie Daten zum Weaning-Verlauf,
Komplikationen im Weaning-Prozess und Status des Patienten am Behandlungsende. Spontanatmungsversuchen
(spontaneous breathing trials, SBT) von individuell geplanter Dauer kommen hierbei
eine entscheidende Bedeutung zu [18 ]
[19 ]. Das Ergebnis nach abgeschlossener Behandlung wird in verschiedene Kategorien unterteilt.
Die Einteilung 1–3b gilt als erfolgreiche Entwöhnung, 3c als nicht erfolgreiche Entwöhnung
[14 ]. Als Weaning-Ende gilt der letzte Tag, an dem eine maschinelle Atemunterstützung
erfolgte (s. [Tab. 1 ]).
Tab. 1
Definition des prolongierten Weanings nach aktueller Leitlinie, nach [21 ].
1
Einfaches Weaning
Erfolgreiches Weaning nach dem ersten Spontanatmungsversuch (SBT) und Extubation
2
Schwieriges Weaning
Erfolgreiches Weaning spätestens beim 3. Spontanatmungsversuch (SBT) oder innerhalb
von 7 Tagen nach dem ersten SBT
3a
Prolongiertes Weaning
Erfolgreiches Weaning nach mindestens 3 erfolglosen SBT oder Beatmung länger als 7
Tage nach dem ersten erfolglosen SBT mit Extubation (3aI) oder verbleibender Trachealkanüle
(3aII)
3b
Prolongiertes Weaning
Erfolgreiches Weaning nach mindestens 3 erfolglosen SBT oder Beatmung länger als 7
Tage nach dem ersten erfolglosen SBT und Einsatz von NIV, welche selbstständig fortgesetzt
werden muss (3bI) oder mit außerklinischer Pflege (3bII)
3c
Prolongiertes Weaning
Erfolgloses Weaning mit Fortsetzung einer außerklinischen invasiven Beatmung (3cI)
oder erfolgloses Weaning mit Tod des Patienten in der Klinik (3cII)
In der ersten Jahreshälfte 2020 wurden in unserer Klinik insgesamt 16 Patienten mit
einem Lungenversagen durch eine pulmonale SARS-CoV-2-Infektion invasiv beatmet. 3
Patienten konnten innerhalb kurzer Zeit entwöhnt und extubiert werden, sodass hier
nach der Definition der aktuellen Leitlinie kein prolongiertes Weaning vorlag [21 ]. Eine weitere Patientin wurde zur extrakorporalen Therapie in ein ECMO-Zentrum verlegt
und daher nicht in der Auswertung berücksichtigt. Ein Patient wurde im Rahmen einer
Reanimation notfällig intubiert und verstarb innerhalb von 24 h an Multiorganversagen,
sodass auch hier kein prolongiertes Weaning vorlag. Die verbliebenen 11 SARS-CoV-2-positiven
Patienten (davon 8 zur Beatmungsentwöhnung aus externen Intensivstationen verlegt)
erfüllten die Kriterien für ein prolongiertes Weaning und wurden in das Weaning-Register
(WeanNet) eingeschlossen. Es lag ein positives PCR-Ergebnis (SARS-CoV-2) vor, alle
Patienten waren kontrolliert beatmet über Tubus oder Tracheostoma.
Im gleichen Zeitraum wurden weitere 17 Patienten unserer Klinik in das Register eingeschlossen,
die keine SARS-CoV-2-Infektion aufwiesen. In die Auswertung im Rahmen der vorliegenden
Arbeit gelangten nur vollständig abgeschlossene, aus dem Weaning-Zentrum entlassene
Fälle (s. [Abb. 1 ]).
Abb. 1 Auswahl der Patienten zur Aufnahme in das WeanNet-Register.
Folgende Parameter wurden untersucht: Alter, Geschlecht, Status bei Entlassung (entwöhnt,
nicht entwöhnt von der Beatmung, Tod), die Ursache der respiratorischen Insuffizienz,
die Dauer der Beatmung bis zur vollständigen Entwöhnung vom Respirator sowie vorliegende
Komorbiditäten und Risikofaktoren.
Ergebnisse
Das Durchschnittsalter der Patienten lag im Median zwischen 70 und 71 Jahren, sowohl
bei den SARS-CoV-2-positiven Patienten (70,5 Jahre) als auch bei den SARS-CoV-2-negativen
Patienten (70,2 Jahre). In der Datenbank des Weaning-Registers lag das Alter der mehr
als 11 000 eingeschlossenen Patienten im Mittel bei 71 Jahren [15 ], die SARS-CoV-2-Patienten wiesen demnach eine ähnliche Altersstruktur auf. Mehr
als Dreiviertel der SARS-CoV-2-positiven Patienten waren männlichen Geschlechts (78 %
vs. 53 %). Die Tage an der invasiven Beatmung bis zum Einschluss in das Weaning-Register
waren in der SARS-CoV-2-positiven Gruppe mit 21,7 Tagen im Durchschnitt 3,7 Tage länger
als bei den SARS-CoV-2-negativen Patienten ([Tab. 2 ]). Demgegenüber war die Zeit an der Beatmung im Entwöhnungsprozess bis zum Weaning-Ende
in der SARS-CoV-2-positiven Gruppe kürzer, im Mittel um 2,9 Tage (21,9 vs. 24,8 Tage).
Tab. 2
Patientenalter- und Geschlecht und Anzahl der Beatmungstage.
SARS CoV-2-positiv (n = 11)
Andere Ursache (n = 17)
Durchschnittsalter
70, 5 Jahre
70,2 Jahre
Männlich
8 (78 %)
9 (53 %)
Weiblich
3 (12 %)
8 (47 %)
Beatmungstage vor Weaning (d)
21,7
18,0
Beatmungstage im Weaning (d)
21,9
24,8
Gesamte Beatmungszeit (d)
43,6
42,8
Von den 11 Patienten mit SARS CoV-2-Infektion konnten 9 (81,2 %) erfolgreich ohne
weiterführende maschinelle Unterstützung entwöhnt werden, 2 Patienten verstarben im
Weaning-Zentrum. Bez. der Hauptursache für den Beginn der maschinellen Beatmung fand
sich bei > 80 % der SARS-CoV-2-Patienten ein ARDS (s. [Abb. 2 ]).
Abb. 2 Ursache der respiratorischen Insuffizienz vor Weaning.
In der SARS-CoV-2-negativen Gruppe waren typischerweise Pneumonie und COPD die häufigsten
Ursachen für die akute respiratorische Insuffizienz (s. [Abb. 2 ]). Wenn man COPD, Pneumonie und Sepsis zusammenfasst, war dies in über 50 % der SARS-CoV-2-negativen
Patienten der Grund der Intubation.
In der SARS-CoV-2-negativen Gruppe konnten > 75 % der beatmeten Patienten stabil vom
Respirator entwöhnt werden (76,4 %). 2 Patienten wurden invasiv beatmet in die außerklinische
Beatmung entlassen, 2 Patienten überlebten den Klinikaufenthalt nicht (s. [Tab. 3 ]).
Tab. 3
Status am Behandlungsende.
SARS CoV-2-positiv
n = 11
%
Einfache Entwöhnung (Kategorie 1)
0
0
Schwierige Entwöhnung (Kategorie 2)
0
0
Prolongierte Entwöhnung, Trachealkanüle entfernt (Kategorie 3aI)
7
63,6
Prolongierte Entwöhnung, Trachealkanüle nicht entfernbar (Kategorie 3aII)
2
18,2
Prolongierte Entwöhnung mit NIV (Kategorie 3bI und 3bII)
0
0
Nicht entwöhnt mit invasiver Beatmung entlassen (Kategorie 3cI)
0
0
Im Weaning-Prozess verstorben (Kategorie 3cII)
2
18,2
Erfolgreich entwöhnt gesamt
9
81,2
SARS CoV-2-negativ
n = 17
%
Einfache Entwöhnung (Kategorie 1)
0
0
Schwierige Entwöhnung (Kategorie 2)
1
5,8
Prolongierte Entwöhnung, Trachealkanüle entfernt (Kategorie 3aI)
8
47,0
Prolongierte Entwöhnung, Trachealkanüle nicht entfernbar (Kategorie 3aII)
4
23,6
Prolongierte Entwöhnung mit NIV (Kategorie 3bI und 3bII)
0
0
Nicht entwöhnt mit invasiver Beatmung entlassen (Kategorie 3cI)
2
11,8
Im Weaning-Prozess verstorben (Kategorie 3cII)
2
11,8
Erfolgreich entwöhnt gesamt
13
76,4
In der Analyse der Komorbiditäten zeigte sich ein Überwiegen der kardiovaskulären
Begleiterkrankungen (arterielle Hypertonie, KHK, Linksherzinsuffizienz). In der Gruppe
der SARS-CoV-2-positiven Patienten waren Herzerkrankungen und positiver Raucherstatus
mit > 80 % am häufigsten, Diabetes mellitus fand sich bei 45 % der SARS-CoV-2-Patienten.
In der Gruppe der SARS-CoV-2-negativen Patienten waren Herzerkrankungen ebenfalls
am häufigsten vertreten (65 %), gefolgt von Lungenerkrankungen (52 %) und positiver
Raucheranamnese (47 %). Hier gab es nur einen Diabetiker (s. [Abb. 3 ]).
Abb. 3 Vor- und Begleiterkrankungen der Weaning-Patienten (n = 28).
Diskussion
Die ersten Erfahrungen mit SARS-CoV-2-erkrankten Patienten im prolongierten Weaning
zeigen, dass es sich um ältere Menschen (Durchschnittsalter 70,5 Jahre) handelt. Dies
deckt sich mit Daten des Weaning-Registers vor Ausbruch der Pandemie, hier war der
Altersdurchschnitt bisher 71 Jahre [15 ]
[16 ]. Es fand sich ein erhöhter Anteil an Männern bei SARS-CoV-2-erkrankten Patienten
(78 %). Männer scheinen generell häufiger im Rahmen einer SARS-CoV-2-Infektion beatmet
werden zu müssen, in der ProVent-Studie waren es 75 % [11 ]. Die Mortalität der SARS-CoV-2-Patienten betrug in der aktuellen Betrachtung 18,2 %
und war damit höher als in der SARS-CoV-2-negativen Gruppe (11,2 %) und auch höher
als die Gesamtsterblichkeit in deutschen Weaning-Zentren [16 ]. Entsprechend dem Verlauf einer schweren SARS-CoV-2-Infektion war die Ursache für
die invasive Beatmung in fast allen Fällen ein ARDS. Bisher fand sich ein ARDS als
Ursache des prolongierten Weanings in den letzten Jahren nur bei 3 % der Fälle [15 ]. Die Erklärung liegt vermutlich in dem speziellen Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion:
Während sich bei anderen Erregern von Pneumonien seltener ein ARDS entwickelt, zeigt
sich bei SARS-CoV-2 sehr häufig ein Lungenversagen mit nachfolgenden Konsolidierungen
bis hin zur Fibrosierung [22 ]
[23 ]. Die Ursachen hierfür sind nicht bekannt. Nach bisherigen Erkenntnissen spielen
neben der direkten alveolären Schädigung durch die Virusinfektion beatmungsassoziierte
Traumata analog zum klassischen ARDS eine Rolle, ebenso die bisher wenig bekannte
P-SILI (Patient Self-Induced Lung Injury), die über eine Hyperventilation bei Eigenatmung
eine Überdehnung der Alveolen zu verursachen scheint [24 ]. Inwieweit eine genetische Disposition zur raschen Fibrosierung (mitunter innerhalb
weniger Tage) beiträgt, ist nicht geklärt.
Aufgrund der schweren und teilweise persistierenden pulmonalen Funktionseinschränkung
ist daher bei Überleben der Akutphase ein längerer Entwöhnungsprozess wahrscheinlich,
insbesondere bei älteren, männlichen und vorerkrankten Patienten. Die meisten SARS-CoV-2-Patienten
(81,2 %) wiesen kardiovaskuläre Vor- und Begleiterkrankungen auf und waren überwiegend
Raucher oder Exraucher. Auch Diabetiker waren häufig zu finden.
Die Dauer des Entwöhnungsprozesses betrug bei SARS-CoV-2 im Durchschnitt 21,9 Tage.
Zum Vergleich: In den Jahren 2012–2018 betrug die Weaning-Dauer in unserem Zentrum
im Schnitt 21,2 Tage. Wenn die gesamte Zeit am Respirator betrachtet wird, wurden
die SARS-CoV-2-Patienten insgesamt 43,6 Tage beatmet, die SARS-CoV-2-negativen Patienten
42,8 Tage. Unsere SARS-CoV-2-Patienten unterschieden sich demnach im Falle einer prolongierten
Entwöhnung nicht wesentlich von anderen Weaning-Patienten bez. der Dauer der Notwendigkeit
einer maschinellen Beatmung (s. [Abb. 4 ]).
Abb. 4 Verlauf der Patienten von Beginn Beatmung bis Entlassung aus der Klinik.
Es ist anzunehmen, dass sich aus der Zunahme der pandemiebedingten Beatmungsfälle
eine große Anzahl an Patienten mit prolongierter Beatmungsentwöhnung entwickeln wird.
Bei einer Beatmungszeit von mehr als einem Monat belastet dies die Kapazitäten einer
Intensivstation in hohem Maße. Auch nach Beendigung des Weaning-Prozesses ist eine
weitere stationäre Betreuung für einen längeren Zeitraum erforderlich (s. [Abb. 4 ]).
Einschränkungen in den Aussagen sind durch die geringe Patientenzahl bedingt. Die
hier beobachteten Patienten wurden in der Phase der akuten respiratorischen Insuffizienz
nicht mit Dexamathason behandelt, da dies zu diesem Zeitpunkt keine empfohlene Maßnahme
war. Steroide kamen nur in Einzelfällen (z. B. vorbestehende Indikation, bronchiale
Obstruktion) zum Einsatz. Inwieweit die Behandlung mit Dexamethason nach der Recovery-Studie
zu einer Verminderung von Langzeitverläufen an der Beatmung führt, bleibt abzuwarten
[25 ]. Daten zum Langzeitüberleben nach Beatmung liegen nicht vor, da die Erkrankung bis
zum Ende des Jahres 2019 unbekannt war. Bei Patienten mit stationär behandelter SARS-CoV-2-Erkrankung
sollte nach 8–12 Wochen eine Nachuntersuchung bez. Langzeitfolgen erfolgen [26 ].
Weitere Untersuchungen mit größeren Patientengruppen sind erforderlich, um die Versorgung
von langzeitbeatmeten SARS-CoV-2-Patienten weiter zu verbessern.
Fazit
Bei einer durch SARS-CoV-2 verursachten Langzeitbeatmung ist in der Mehrzahl der hier
ausgewerteten Fälle eine Entwöhnung von der maschinellen Beatmung gelungen (81,2 %).
Es sollte daher auch bei Vorliegen einer SARS-CoV-2-Infektion die Verlegung in ein
spezialisiertes Weaning-Zentrum erwogen werden. Männliche Patienten mit kardiovaskulären
Vorerkrankungen und Raucheranamnese scheinen häufiger von einer prolongierten Entwöhnung
in Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Erkrankung betroffen zu sein.