Freeman EE.
et al.
The spectrum of COVID-19-associated dermatologic manifestations: An international registry of 716 patients from 31 countries.
J Am Acad Dermatol 2020;
83: 1118-1129
In Bezug auf die aktuelle COVID-Pandemie häufen sich inzwischen Befunde von COVID-19-assoziierten Hautveränderungen. Berichtet wurde bereits das Auftreten verschiedener Effloreszenzen bei betroffenen Patienten.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Einordnung dieser Hautmanifestationen noch unklar, also deren zeitliche Dynamik im Vergleich zu nicht-kutanen Symptomen, die Zusammenhänge untereinander oder zur Schwere der Erkrankung. Das Wissen um dermatologische Symptome von Infektionskrankheiten allgemein birgt die Chance, Diagnostik und klinisches Management zu verbessern, wie etwa in der Vergangenheit bei HIV oder Dengue gezeigt. Kliniker und Forscher der Harvard Medical School und assoziierter Krankenhäuser und Verbände haben daher eine Datenbank zu kutanen Symptomen im Zusammenhang mit COVID-19 erstellt, in die Ärzte aller Fachrichtungen länderübergreifend Daten eingeben können.
Methoden
Diese Studie wirft einen Blick auf neu aufgetretene Hautmanifestationen der in der Datenbank berichteten Fälle. Erfasst wurden Art des Nachweises für COVID-19 (mit oder ohne Laborbestätigung), demografische Daten, Vorerkrankungen, dermatologische Symptome, histologische Befunde sowie Symptomschwere und Outcome der COVID-19-Infektion. In April und Mai 2020 fanden sich dabei 716 Fälle, etwa ein Viertel war laborbestätigt. Frauen und Männer waren in etwa gleich häufig repräsentiert, das mittlere Alter der Patienten lag bei 44 Jahren. Der Großteil der Patienten hatte keine spezifische medikamentöse Therapie erhalten.
Ergebnisse
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Die häufigsten Hautmanifestationen der laborbestätigten Fälle waren (in absteigender Häufigkeit): morbilliforme Exantheme, frostbeulenartige Veränderungen (Chilblain-Lupus-artige Veränderungen), Urtikaria, makulöse, vesikulöse, papulosquamöse Erytheme und schließlich netzförmige Purpura
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Aussagen zur Dauer der Hautmanifestationen ließen sich noch nicht treffen, bei über 70 % der Patienten waren diese noch nicht abgeheilt bzw. keine Informationen verfügbar. Aber: Beim Großteil der Patienten traten die Veränderungen nach anderen COVID-19-Symptomen auf, bei etwa 10 % vor anderen Symptomen.
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Unterschiede traten beim Anteil von Patienten auf, die stationär behandelt werden mussten: 16 % der Patienten mit frostbeulenartigen Veränderungen gegenüber 35 % aller anderen Manifestationen und 100 % der Patienten mit netzartigen Purpura.
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Die wenigen histologischen Befunde zeigten bei netzartigen Purpura Zeichen einer thrombotischen Vaskulopathie, bei mehreren der anderen Befunde eher ein inflammatorisches Bild.
Wenngleich der Großteil der Hautmanifestationen als unspezifische parainfektiöse Effloreszenzen bekannt ist, gab es doch Besonderheiten:
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Zumindest einige Patienten zeigten dermatologische „Vorläuferläsionen“, die in Zukunft womöglich diagnostische Wertigkeit erlangen könnten.
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Frostbeulenartige Veränderungen zeigten eine Assoziation zu milden Verläufen. Die Autoren vermuten, dass diesen Veränderungen zugrundeliegende Prozesse womöglich Zeichen einer effektiven Immunantwort sind, die klinische COVID-19-Symptome limitiert.
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Demgegenüber zeigten netzartige Purpura einen Zusammenhang zu letalen Verläufen, wie auch schon für die Livedo racemosa gezeigt. Hier vermuten die Autoren, dass die Hautveränderungen ein Ausdruck einer fortgeschritten systemischen thrombotischen Vaskulopathie sind.
Ein heutiger Blick auf die Prävalenz dermatologischer Veränderungen bei COVID-Patienten ist anfällig gegenüber Verzerrungen, begrenzt in der Repräsentativität und kann viele Fragen noch nicht beantworten. Aber: Er kann einen wertvollen Beitrag liefern zur Rolle des Organs Haut bei COVID, kann auf mögliche diagnostische Optionen in der Zukunft hindeuten und möglicherweise sogar einen Fortschritt im Wissen um pathophysiologische Prozesse bei der Erkrankung insgesamt ermöglichen.
David Eckert, Ravensburg
In einer Studie wird ein Blick auf neu aufgetretene Hautmanifestationen im Zusammenhang mit COVID-19 geworfen.