Pneumologie 2021; 75(10): 741
DOI: 10.1055/a-1473-1005
Pneumo-Fokus

Studie aus Oxford spricht für postinfektiöse Immunität

Lumley SF. et al.
Antibody Status and Incidence of SARS-CoV-2 Infection in Health Care Workers.

N Engl J Med 2021;
384: 533-540
 

    Es ist nicht wirklich überraschend: Wie bei anderen Viren kommen auch bei SARS-CoV-2 Reinfektionen vor. Die spannende Frage ist aber, ob und wie lange Antikörper nach einer Erstinfektion schützen. In der prospektiven Studie mit > 12 000 Mitarbeitern im Gesundheitswesen waren erneute Erkrankungen sehr selten und überwiegend asymptomatisch.


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    Seit März 2020 bieten die Kliniken der Universität Oxford dem Gesundheitspersonal regelmäßige oropharyngeale Abstriche für PCR-Tests an. Im Serum bestimmten die Wissenschaftler IgG gegen das Spike-Protein und seine Rezeptorbindungsdomäne (Nukleokapsid). Endpunkt der Studie war die relative Inzidenz positiver PCR-Tests und symptomatischer Infektionen in Abhängigkeit vom serologischen Befund.

    Von 12 541 Angestellten (Alter median 38 Jahre) waren 11 364 (90,6 %) im ersten Antikörpertest auf das Spike-Protein negativ. In 88 Fällen trat während der Studie eine Serokonversion ein. Von den nun insgesamt 1265 seropositiven Personen hatten 864 (68 %) im Jahr 2019 eine symptomatische Infektion durchgemacht. Von 466 lagen frühere positive PCR-Tests vor. In der seronegativen Gruppe waren zurückliegende Symptome seltener, allerdings berichteten 24 von 24 mit einem früheren positiven Abstrich über Beschwerden.

    Die Beobachtungszeiten betrugen 200 Tage (seronegative Gruppe) und 139 Tage (seropositive Gruppe). In dieser Phase ließen sich Mitarbeiter mit initial negativem Antikörperbefund häufiger testen als seropositive. Die Inzidenzen PCR-positiver Folgetests waren in der seropositiven Gruppe signifikant niedriger als in der seronegativen Gruppe. Wenn Anti-Spike-IgG negativ war, kamen 1,09 positive PCR-Tests/10 000 Risikotage vor. Bei einem positiven Befund war die Inzidenz mit 0,13/10 000 Risikotage deutlich geringer. Zwei seropositive Angestellte mit positivem Abstrich in der Studienperiode blieben symptomfrei. Das Inzidenzratenverhältnis ergab für Anti-Spike-seropositive Personen ein 88 % geringeres relatives Risiko für eine Reinfektion (IRR 0,12; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,03–0,47; p = 0,02). Für Nukleokapsid-Antikörper waren die Ergebnisse vergleichbar. Seropositive Personen infizierten sich 89 % seltener erneut (IRR 0,11; 95 %-KI 0,03–0,45; p = 0,002). Wenn beide Antikörper nachweisbar waren, reduzierte sich das relative Reinfektionsrisiko noch deutlicher (IRR 0,06; 95 %-KI 0,01–0,46). Bei den Risikoreduktionen weisen die Autoren allerdings auf die breiten Konfidenzintervalle hin. Die Antikörpertiter waren mit SARS-CoV-2-Infektionen negativ assoziiert. Die Schutzfunktion bestand offenbar auch bei niedrigen Titern unterhalb der Positivgrenze.

    Fazit

    Spike- und Nukleokapsid-Antikörper waren über einen Zeitraum von 6 Monaten mit einer substanziell reduzierten Wahrscheinlichkeit für Reinfektionen assoziiert. An der Studie nahmen überwiegend < 65-jährige, gesunde Erwachsene teil. Die postinfektiöse Immunitätslage in z. B. pädiatrischen, geriatrischen und immunsupprimierten Populationen sollten laut den Autoren weitere Untersuchungen klären. Die Ergebnisse werfen weitere Fragen nach den pathophysiologischen Zusammenhängen auf: Schützte die zurückliegende Serokonversion oder der aktuelle Antikörperspiegel? Waren die Antikörper der entscheidende protektive Faktor oder entstand der Schutz T-Zell-vermittelt?

    Dr. med. Susanne Krome, Melle


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    Publication History

    Article published online:
    18 October 2021

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