Aktuelle Dermatologie 2021; 47(06): 240-241
DOI: 10.1055/a-1478-8986
Derma-Fokus

Atopische Hautdiathese und Kontaktallergien

Forkel S. et al.
Atopic skin diathesis rather than atopic dermatitis is associated with specific contact allergies.

JDDG 2021;
19: 231-240
DOI: 10.1111/ddg.14341
 

Die Studienlage zu Zusammenhängen zwischen atopischer Dermatitis (AD) und allergischer Kontaktdermatitis ist sehr heterogen. Sie reicht von keinerlei Zusammenhang bis zu vermehrter Sensibilisierung auf multiple Allergene. Inkonsistente Kriterien der AD-Diagnose erschweren eine verlässliche Einschätzung. In einer retrospektiven Studie mit über 4500 Patienten war v. a. die atopische Hautdiathese mit spezifischen Kontaktallergien assoziiert.


#

Dabei wurden 4509 Patienten aus 5 dermatologischen Zentren in Deutschland zwischen 2008 und 2014 in 2 Gruppen eingeteilt: ohne atopische Hautdiathese (n = 2165) und mit atopischer Hautdiathese (n = 1743). Die Forscher wiesen die Patienten mittels des Erlanger Atopiescores (EAS) den beiden Gruppen zu. Die 24 enthaltenen Items erfassen und berechnen die Wahrscheinlichkeit einer atopischen Hautdiathese mit bestimmten Kriterien (persönliche Anamnese, Familienanamnese, subjektive Symptome wie Juckreiz beim Schwitzen, klinische Symptome und Laborergebnisse). Die gesamte Kohorte wurde mit Epikutantests der Standardreihe am oberen Rücken untersucht. Die Forscherinnen und Forscher erhoben verschiedene Parameter wie bspw. Geschlecht, Alter, gestellte Diagnose durch einen Dermatologen sowie die Anzahl der positiven Epikutantest-Reaktionen. Vorgenommen wurden deskriptive Vergleiche der beiden Gruppen und logistische Regressionsanalysen.

Ergebnisse

  • Atopische Hautdiathese war hochgradig mit früheren oder gegenwärtigen atopischen Erkrankungen (AD, allergische Rhinitis und allergisches Asthma) assoziiert. Patienten mit atopischer Hautdiathese wurden, im Vergleich zur Gruppe ohne atopische Hautdiathese, signifikant häufiger mit berufsbedingter Dermatitis (53,5 % vs. 34,5 %) und Handdermatitis (68,4 % vs. 46,1 %) diagnostiziert. Bein- und Gesichtsdermatitis dahingegen kam bei Patienten mit atopischer Hautdiathese weniger häufig vor.

  • In der Gruppe der Patienten mit atopischer Hautdiathese waren mehr Frauen (60,2 % vs. 53,3 %) und mehr jüngere Patienten (< 40 Jahre).

  • Im deskriptiven Vergleich der beiden Gruppen wurden, wie von den Forschern erwartet, Patienten mit atopischer Hautdiathese häufiger mit AD diagnostiziert (37,5 % vs. 6,2 %).

  • Patienten mit atopischer Hautdiathese arbeiteten häufiger in medizinischen Berufen (18,4 % vs. 6,8 %) oder im Friseurbereich (4,6 % vs. 2,0 %).

  • Insgesamt 43,0 % aller Patienten zeigten mindestens eine positive Epikutantest-Reaktion in der Standardreihe. Dabei lag der Anteil in der Gruppe der Patienten mit atopischer Hautdiathese signifikant höher als in der Gruppe ohne atopische Hautdiathese (49,1 % vs. 38,3 %).

  • Die atopische Hautdiathese war mit einem signifikant erhöhten Sensibilisierungsrisiko gegen Methylchloroisothiazolinon/Methylisothiazolinon (OR 2,383) und Methylisothiazolinon (OR 1,891), Thiuram-Mix (OR 1,614) sowie Nickel (OR 1,530), Kobalt (OR 1,683) und Chrom (OR 2,089) assoziiert. Im Kontrast dazu wurde eine frühere oder gegenwärtige AD als eine weniger relevante Variable identifiziert.

Fazit

Den Autoren zufolge sei die atopische Hautdiathese der wichtigste intrinsische Risikofaktor für eine Kontaktsensibilisierung gegen einige spezifische Allergene. Patienten könnten daher von der Vermeidung spezifischer Verbindungen mit erhöhtem Kontaktallergie-Risiko profitieren. Das allgemeine Risiko für eine allergische Kontaktdermatitis sei jedoch ähnlich hoch wie das gesunder Menschen. Eine vollständige Eliminierung spezifischer Allergene werde daher auf Basis der Daten nicht empfohlen.

Annkatrin Wagner, Stuttgart


#
#

Publication History

Article published online:
09 June 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany