Pneumologie 2021; 75(07): 493
DOI: 10.1055/a-1481-4074
Pneumo-Fokus

Niedrig-Risiko-Lungenembolie: Frühe Entlassung scheint sicher

Barco S. et al.
Survival and quality of life after early discharge in low-risk pulmonary embolism.

Eur Respir J 2021;
57: 2002368
 

Um das Konzept der frühen Entlassung bei Lungenembolie mit geringem Risiko zu validieren, initiierte eine internationale Wissenschaftlergruppe die prospektive Studie HoT-PE. Bereits die Interimsanalyse 2019 bestätigte diese Strategie, und die Studie wurde daraufhin vorzeitig gestoppt. Jetzt liegen die Daten aus der Studie vollständig vor und umfassen auch Ergebnisse zur Lebensqualität.


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Voraussetzung für den Einschluss in die multinationale, einarmige Studie „Home Treatment of Patients with Low-Risk Pulmonary Embolism with the Oral Factor Xa Inhibitor Rivaroxaban“ (HoT-PE) und eine Einstufung als Niedrig-Risiko-Patient waren das Fehlen einer rechtsventrikulären Vergrößerung oder Dysfunktion und frei flottierender Thromben im rechten Vorhof oder Ventrikel bei bestätigter Lungenembolie. Ausgeschlossen wurden Patienten, wenn sie hämodyndamisch instabil waren, eine aktive Blutung aufwiesen oder ein hohes Blutungsrisiko hatten, Sauerstoff benötigten, unter Dauerantikoagulation standen, eine parenterale Schmerzmittelgabe benötigten oder andere Indikationen für eine stationäre Therapie aufwiesen. Außerdem musste eine ausreichende Adhärenz Zuhause gewährleistet sein. Die Patienten wurden früh aus dem Krankenhaus entlassen und erhielten über mindestens 3 Monate ambulant Rivaroxaban. Die Studie war vorzeitig gestoppt worden, nachdem eine Interimsanalyse nach Einschluss von 50 % der geplanten Patienten das Vorgehen bestätigt hatte.

Stefano Barco vom Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universität Mainz berichtete nun zusammen mit der HoT-PE-Studiengruppe über die Ergebnisse zu Wirksamkeit und Sicherheit in der Gesamtpopulation der Studie (576 Patienten). Zusätzlich zu den 3-Monats-Rezidivraten als primärem Endpunkt werteten die Autoren auch die 1-Jahres-Mortalität und selbstberichtete Endpunkte zur krankheitsspezifischen Lebensqualität (Fragebogen „Pulmonary Embolism Quality of Life“, PEmb-QoL), zur generischen Lebensqualität (Skala „five-level five-dimension EuroQoL“, EQ-5D-5 L) und zur Behandlungszufriedenheit (Anti-Clot Treatment Scale, ACTS) nach Lungenembolie aus.

Ergebnisse

Bei 3 Patienten war nach 3 Monaten ein Rezidiv der Lungenembolie aufgetreten (Inzidenz 0,5 %, einseitige obere Grenze des 95 %-Konfidenzintervalls [KI] 1,3 %). In keinem Fall führte ein Rezidiv zum Tod. Die 1-Jahres-Mortalität lag bei 2,4 %. Todesursache war bei 9 der 14 verstorbenen Patienten eine Krebserkrankung. In den ersten 3 Monaten nach Studieneinschluss verstarben 2 Patienten, beide durch einen Progress eines metastasierten Karzinoms. Majore Blutungen traten in diesem Zeitraum mit geforderter Antikoagulation bei 6 Patenten auf, bei weiteren 30 Patienten klinisch relevante nicht majore Blutungen. Bei 68 Patienten wurden schwere unterwünschte Ereignisse dokumentiert, 64 Patienten mussten zur Behandlung stationär aufgenommen werden.

Der mittlere Wert der Lebensqualität nach dem PEmb-QoL sank signifikant von Woche 3 bis Ende Monat 3 ab, was bei diesem Instrument einer signifikanten Verbesserung entspricht (Woche 3: 28,9 ± 20,6 %, Monat 3: 19,9 ± 15,4 %, mittlere Verbesserung –9,1 %; p < 0,0001). Eine Verbesserung fand sich konsistent in allen PEmb-QoL-Dimensionen. Auch der EQ-5D-5L-Gesamtscore verbesserte sich signifikant von 0,89 (± 0,12) nach 3 Wochen auf 0,91 (± 0,12) nach 3 Monaten (p < 0,0001). Weibliches Geschlecht und kardiopulmonale Erkrankung waren Faktoren, die bei beiden Instrumenten mit einer schlechteren Lebensqualität assoziiert waren, höheres Alter ein zusätzlicher Faktor für eine schlechtere generische Lebensqualität.

Die therapieabhängige Last nach dem ACTS verbesserte sich von 40,5 (± 6,6) Punkten nach Woche 3 auf 42,5 (± 5,9) Punkte nach 3 Monaten (p < 0,0001).

Fazit

Die akademisch initiierte Studie unterstützt die Empfehlung einer risikoadaptierten Strategie bei akuter Lungenembolie durch die European Society of Cardiology und die European Respiratory Society, erklären die Autoren. Gut selektierte Patienten mit Lungenembolie und niedrigem Risiko können sicher früh entlassen und mit oraler Antikoagulation ambulant behandelt werden. Die Lebensqualitätsunterschiede weisen auf den Bedarf besonderer Strategien bei bestimmten Patientengruppen hin.

Friederike Klein, München


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Publication History

Article published online:
12 July 2021

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