Pneumologie 2021; 75(10): 743
DOI: 10.1055/a-1481-4192
Pneumo-Fokus

Virus-Shedding und COVID-19-Schwere

Munker D. et al.
Dynamics of SARS-CoV-2 shedding in the respiratory tract depends on the severity of disease in COVID-19 patients.

Eur Respir J 2021; 2002724
 

Ein Teil der an COVID-19 erkrankten Patienten entwickelt eine schwere Erkrankung und muss mechanisch beatmet werden. Eine möglichst frühe Identifizierung von Patienten mit einem solchen Verlauf ist entscheidend für eine bessere Versorgung und die möglichst frühe therapeutische Intervention. Münchener Wissenschaftler untersuchten, ob die SARS-CoV-2-Freisetzung („Shedding“) in den Atemwegen ein Biomarker dafür sein könnte.


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Dieter Munker vom Comprehensive Pneumology Center der Ludwig-Maximilians-Universität in München et al. analysierten retrospektiv zu verschiedenen Zeitpunkten entnommene Proben aus Nasopharynx, Sputum und – bei mechanisch beatmeten Patienten – Trachea von 92 erwachsenen Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion und COVID-19-Diagnose. Die Patienten waren zwischen 29. Februar und 17. März 2020 stationär aufgenommen worden, 7 bereits intubiert, die übrigen 85 atmeten bei Aufnahme spontan und hatten damit per Definition zunächst einen nicht-schweren Verlauf, benötigten aber Sauerstoff. Bei allen Patienten war die Diagnose der symptomatischen Patienten mit einem PCR-Test in Atemwegsproben bestätigt worden. Im Verlauf wurde das Virus-Shedding über Echtzeit-PCR-Tests auf die SARS-CoV-2-RNA bestimmt. Insgesamt werteten die Wissenschaftler 473 Proben aus den Atemwegen aus.

Ergebnisse

Von den 85 bei stationärer Aufnahme noch nicht mechanisch beatmeten Patienten entwickelten 34 Patienten einen schweren Verlauf, sodass insgesamt 41 Patienten der Kohorte schwer erkrankten. Bei 20 der übrigen 51 Patienten wurde der Verlauf als moderat eingestuft. Das mediane Alter lag bei 62 Jahren, und viele Patienten wiesen mehr als eine Komorbidität auf, so 49 % eine arterielle Hypertonie und 17 % einen Diabetes mellitus.

Das virale Shedding in nasopharyngealen Abstrichen zeigte zu Beginn keinen signifikanten Unterschied zwischen der Gruppe der schwer Erkrankten und den übrigen Patienten. Erst in Woche 2 war das virale Shedding bei den schwer Erkrankten signifikant gegenüber den übrigen Patienten erhöht: Bei den nicht schwer Erkrankten nahm das Shedding bereits in der zweiten Woche deutlich ab, bei den schwere Erkrankten erst ab Woche 3. Als Biomarker zeigten C-reaktives Protein (CRP), Interleukin 6 (IL-6) und Procalcitonin (PCT), dass die inflammatorische Antwort bei den schwer erkrankten Patienten noch über die verzögerte Reduktion der Virus-Freisetzung hinaus verlängert war.

47,8 % der Patienten hatten ein langes Virus-Shedding von mehr als 17 Tagen, wobei dies signifikant häufiger bei Patienten mit schwerem Verlauf beobachtet wurde als bei den übrigen Patienten.

Fazit

Die Autoren stellten fest, dass das frühe Virus-Shedding keine klare Prädiktion des Verlaufs bei stationär aufgenommenen Patienten mit COVID-19 zulässt. Schwere Verläufe sind mit einer verzögerten Reduktion der Virusfreisetzung in Woche 2, einer längeren inflammatorischen Immunantwort mit einem Gipfel in der zweiten bis dritten Woche und einem erhöhten Risiko für ein verlängertes Virus-Shedding assoziiert. Die Autoren regen an, individuelle Faktoren für diese Phänomene näher zu untersuchen.

Friederike Klein, München


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
18. Oktober 2021

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