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DOI: 10.1055/a-1481-4228
Tuberkulose: Modell zur Vorhersage der Therapiedauer vorgestellt
Bei Patienten mit Tuberkulose empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Behandlungsdauern zu standardisieren. J. Heyckendorf et al. haben ein RNA-basiertes Modell entwickelt und validiert, um die individuelle Therapiedauer bei Tuberkulose-Patienten zu prognostizieren.
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Eingeschlossen in die Studie waren erwachsene Patienten mit einer medikamentenempfindlichen („Drug-susceptible“, DS) oder multiresistenten („Multidrug-resistant“, MDR) Lungentuberkulose. So wurden zwischen März 2013 und März 2016 an 5 klinischen Zentren in Deutschland Patienten der „DS German Identification Cohort“ (DS-GIC) und der „MDR German Identification Cohort“ (MDR-GIC) zugeordnet. Zwischen März 2015 und April 2018 folgten 2 weitere deutsche Kohorten: Dabei handelte es sich um die „DS German Validation Cohort“ (DS-GVC) und die „MDR German Validation Cohort“ (MDR-GVC). Schließlich kam noch eine weitere Validierungskohorte aus Rumänien hinzu, die „MDR Romanian Validation Cohort“ (MDR-RVC) (zwischen Mai 2015 und März 2017). Die Autoren sammelten zu definierten Zeitpunkten während der Therapie klinische und mikrobiologische Daten sowie Blut für eine RNA-Transkriptomanalyse. Zudem wurden die Behandlungsoutcomes erfasst. Auf Basis von 22 Genen wurde ein RNA-Modell zur Vorhersage der Therapiedauer entwickelt.
Ergebnisse
Der DS-GIC und MDR-GIC gehörten jeweils 50 und 30 Patienten an, der DS-GVC und MDR-GVC jeweils 28 und 32 Patienten und der MDR-RVC 52 Patienten. Nach dem Therapieende wurden die Patienten für 1 Jahr nachbeobachtet, um eventuelle Krankheitsrückfälle zu erfassen. Im Fall von DS-GIC-Patienten betrug die mediane Therapiedauer 184 Tage (IQR: 182,5–246,0 Tage), die DS-GVC-Patienten wurden im Median 273 Tage behandelt (IQR: 202,6–365 Tage) (p = 0,038). Die Therapien von MDR-GIC-, MDR-GVC- und MDR-RVC-Patienten erstreckten sich im Median über 638 Tage (IQR: 612,6–682,3 Tage), 641 Tage (IQR: 608,0–656,5 Tage) sowie 611 Tage (IQR: 597,5–631,5 Tage) (p = 0,729). Anhand der DS-GIC- und MDR-GIC-Daten wurde das 22-Gen-RNA-Modell entwickelt. Dieses sollte in der Lage sein, heilungsassoziierte „End-of-Therapy“-Zeitpunkte zu definieren. Das Modell erwies sich im Vergleich zu anderen publizierten „Signaturen“ zur exakten Vorhersage klinischer Outcomes innerhalb der DS-GVC als überlegen (AUC = 0,94). Bei MDR-GIC-Patienten (durchschnittliche Reduktion 218,0 Tage; 34,2 %; p < 0,001), MDR-GVC-Patienten (durchschnittliche Reduktion 211,0 Tage; 32,9 %; p < 0,001) sowie MDR-RVC-Patienten (durchschnittliche Reduktion 161,0 Tage; 23,4 %; p = 0,001) konnte laut dem Modell möglicherweise eine Heilung bei kürzeren Therapiedauern erreicht werden.
Ein biomarkerbasiertes Management erlaubt bei einer Mehrzahl der Patienten mit einer multiresistenten Tuberkulose möglicherweise eine deutliche Verkürzung der Therapiedauer, so das Ergebnis der Studie. Laut den Autoren erfordert die Implementierung des entwickelten Modells in die klinische Praxis eine Evaluation in größeren Studien sowie die Entwicklung einer Plattform zur Unterstützung der Umsetzbarkeit des Konzeptes in Situationen mit limitierten Ressourcen.
Dr. Frank Lichert, Weilburg
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Publication History
Article published online:
18 October 2021
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