Einleitung
Die Balanitis plasmacellularis (BPZ) wurde erstmals 1950 von J. J. Zoon als Balanitis
circumscripta chronica beschrieben und 1952 mit der Erythroplasie Queyrat verglichen
und abgegrenzt [1]
[2]. Das Charakteristische der BPZ ist ihr histologischer Aspekt, das subepitheliale,
bandförmige, lymphohistiozytäre Infiltrat mit reichlich Plasmazellen. Ebenso charakteristisch
ist die ausgeprägte Chronizität bei geringen subjektiven Beschwerden, allenfalls gelegentlichem
Juckreiz und gestörter Empfindlichkeit. Die BPZ ist selten, sie betrifft bevorzugt
ältere Männer mit einem Durchschnittsalter von 54,7 [3] bzw. 64,8 Jahren [4]. Die meisten Betroffenen sind nicht zirkumzidiert, oft mit Phimose und meist heterosexuell.
Klinisch handelt es sich um scharf umschriebene, rötliche, glänzende Erytheme an der
Glans penis, meist ausgedehnt in den Sulcus coronarius und auf das innere Präputialblatt.
Bevorzugt ist die Dorsalseite betroffen. Selten können auch Erosionen und Blutungen
hinzukommen. Die Krankheit ist chronisch, sie besteht Monate, meist Jahre, selten
Jahrzehnte [3]
[5]. Charakteristisch ist, dass trotz langer Persistenz keine Narben entstehen.
Zoon selbst beschrieb einige Jahre später die Nichtspezifität der Läsionen für die
männliche Genitalregion, auch bei Frauen existiert ein Äquivalent, die Vulvitis plasmacellularis
[6]. Später wurden entzündliche, plasmazelluläre Infiltrate in Erythemen verschiedener
Schleimhäute, z. B. des Cavum oris oder des Vestibulum nasi und in den Konjunktiven
beschrieben [7]
[8]. Die plasmazellreiche Entzündung kann auch sekundär zu anderen penilen Dermatosen,
z. B. Carcinoma in situ und Psoriasis vulgaris hinzukommen [9]
[10]. Selten werden auch Kinder betroffen [11].
Die Ätiologie der BPZ ist noch immer ungeklärt. Diskutiert werden rezidivierende Kontaktekzeme,
chronische Irritationen durch Urin, Smegma, Traumata oder ungeeignete Hygienemaßnahmen.
Da die Erkrankung meist nicht zirkumzidierte Männer betrifft, werden auch chronische
Feuchtigkeit und Irritation, die Barrierestörung und erhöhte Keimbesiedelung verursachen,
als Trigger diskutiert. Die spontane Besserung nach Zirkumzision und nach Lokaltherapie
mit Mucipirocin sind Argumente, dass solche Irritationen triggern [4]
[12]
[13].
Fallbeispiel
Ein 64 Jahre alter Patient stellte sich wegen seit 3 Jahren rezidivierender Pilzinfektionen
vor, die sich zwischenzeitlich mehrfach besserten, aber nicht völlig abheilten. Er
erinnert sich an positive und negative Pilznachweise. Die Behandlung bestand vorwiegend
in antimykotischen Cremes. Er war besorgt wegen der nicht vollständigen Heilung. Ansonsten
erinnert er keine Hautkrankheiten oder Allergien.
Klinischer Befund
Die Vorhaut war reponierbar. Es zeigte sich an der Dorsalseite der Glans penis ein
scharf begrenzter, polyzyklischer, nicht infiltrierter Rundherd, der rot glänzte,
ohne Erosion oder Blutung ([Abb. 1]). Das Präputium war nicht betroffen.
Abb. 1 An der dorsalen Seite der Glans penis besteht eine rötlich-glänzende, scharf begrenzte
Makula.
Die Differenzialdiagnosen bestanden in Erythroplasie Queyrat, chronisch-rezidivierender
Mykose, Psoriasis inversa, Lichen ruber und BPZ. Der Patient stimmte einer Gewebeprobe
zu. Histopathologisch zeigte sich unter einer gering akanthotischen Epidermis mit
Orthokeratose ein bandförmiges, lymphohistiozytäres Infiltrat mit reichlich Plasmazellen
([Abb. 2 a, b]). Diese Histologie spricht für eine BPZ, was gut zum klinischen Bild und der Anamnese
passt.
Abb. 2 HE-Färbung a zeigt Akanthose und in der oberen Dermis ein lymphozytäres Infiltrat mit reichlich
Plasmazellen (Originalvergrößerung, 440 ×). In b sind die Plasmazellen gut erkennbar. Es besteht eine mäßige Fibrose, Pilzfäden finden
sich nicht (Alcian-PAS, Originalvergrößerung, 880 ×).
Therapie
Der Patient wünschte keine Zirkumzision, zumal kein Hinweis auf eine deutliche Phimose
bestand. Er hatte zuletzt mit Miconazol-Creme behandelt. Wir begannen die Behandlung
mit Mometason-Salbe, zunächst 5 × pro Woche für 4 Wochen, dann allmählich reduzierend.
Damit kam es zu einer Abblassung innerhalb von 6 Wochen. Danach wurde mit Tacrolimus-Salbe
0,03 % weiterbehandelt, was in 8 Wochen zur Abheilung führte. Nach mehreren Wochen
kam es zum Rezidiv, das erneut mit Tacrolimus 0,03 % für 4 Wochen behandelt wurde
und 2 ×/Woche längerfristig fortgeführt wird.
Diskussion
Die BPZ ist eine chronisch-entzündliche Dermatose an der Glans penis und am Präputium,
die meist ältere heterosexuelle Männer im Alter zwischen 40 und 80 betrifft, selten
auch Jüngere oder Kinder [4]
[11]
[12]. Typisch sind scharf begrenzte, rot glänzende Erytheme, noduläre oder erosive Anteile
können dazukommen [3]
[8]. Bevorzugte Lokalisation ist die Dorsalseite der Glans mit Übergreifen auf den Sulcus
coronarius und das innere Präputialblatt. Das histologische Bild umfasst ein gemischtes,
bandförmiges Infiltrat aus Lymphozyten, Histiozyten, Eosinophilen, Mastzellen und
den namengebenden Plasmazellen. Hinzu kommen oft erweiterte Gefäße und Hämorrhagien.
Die einzelnen Elemente sind jedoch sehr variabel [3]
[9]
[12]. Weyers et al. diskutieren daher in einer ausgedehnten histopathologischen Studie
eine Sequenz in der Evolution der Läsionen mit epithelialen Veränderungen, lymphozytären
Infiltraten und wenig Plasmazellen zu Beginn der Krankheit. Im Laufe der Krankheitsdauer
steigen die Plasmazellen oft bis auf mehr als 50 % der Infiltratzellen an [9]. Diese Sequenz passt gut zu rezidivierenden Irritationen, die Akanthose und entzündliche
Infiltrate induzieren können. Interessanterweise kann die BPZ auch sekundär auf einer
darunterliegenden Dermatose, z. B. Psoriasis vulgaris, Lichen planus, chronischem
Ekzem oder Erythroplasie Queyrat, auftreten [14]. Auch das argumentiert für die Bedeutung einer Schädigung und Barrierestörung durch
die kontinuierliche Mazerationen und Reibung, die sekundär die plasmazelluläre Entzündung
induzieren [9]. Nach Zirkumzision und Abheilung der BPZ wird dann die ursprüngliche Dermatose evident.
Die Barrierestörung kann auch durch chronische Traumata, bakterielle oder mykotische
Flora unterhalten werden. Für diese Trigger sprechen auch die zumindest intermittierenden
Therapieerfolge mit Mucipirocin, Fucidine oder Azolen. Besonders angeschuldigt wird
Mycobacterium smegmatis, das evtl. eine unspezifische polyklonale Stimulation von
B-Zellen induziert [3]
[4].
Die Differenzialdiagnosen umfassen eine Reihe von allgemeinen und speziellen genitalen
Dermatosen. V. a. sind eine chronische Kontaktdermatitis, rezidivierender Herpes simplex,
Lichen planus, Psoriasis vulgaris, Erythroplasie Queyrat und Lichen sclerosus zu bedenken
[15]. Daher sind bei Verdacht auf BPZ mikrobiologische Untersuchungen und die Histopathologie
zu fordern. Insbesondere ist dabei zu bedenken, dass die BPZ auch sekundär induziert
auftreten kann (s. o.). Zudem kann der Lichen sclerosus im Frühstadium klinisch sehr
ähnlich sein und sollte frühzeitig histopathologisch ausgeschlossen werden.
Es existiert keine evidenzbasierte Therapie. Die Empfehlungen beruhen auf Fallberichten
oder kleinen Fallserien. Der Effekt der Zirkumzision ist unbestritten, wird aber oft
von Patienten nicht gewünscht [3]. Auch unser Patient lehnte diese Operation ab. Auch Laserablationen mit CO 2- oder Erbium:YAG- Lasern sind sehr effektiv und zugleich weniger invasiv. Sie führen
langfristig zu guten Erfolgen, wie anhand einer Studie mit 20 Patienten gezeigt werden
konnte [16]. Eine andere Option ist die PDT, die gut toleriert wurde und wirksam war mit wenigen
Nebenwirkungen [17]. Der Mechanismus der PDT könnte auf der Inaktivierung der B-Zellen beruhen, deren
Zytokine dann keine weiteren Plasmazellen mehr anziehen würden.
Lokale Therapien umfassen Fusidinsäure [18], Antimykotika, Steroide und Calcineurin-Inhibitoren, die alle vorübergehend bei
einer Anzahl von Fällen wirkten [3]
[4]. Zu Tacrolimus 0,1 %-Salbe wird in einer Fallserie von 30 Patienten berichtet, die
sich innerhalb von 3–8 Wochen alle besserten oder komplett abheilten. Hierbei blieben
22 Patienten rezidivfrei für mindestens 3 Monate [19]. Auch unser Patient profitierte von Tacrolimus-Salbe, die zur klinischen Abheilung
führte und proaktiv ein Rezidiv verhinderte. Moreno-Arias et al. berichten ebenfalls
über Therapierfolge mit Tacrolimus-Salbe [20]. Da Calcineurininhibitoren T-Zell-vermittelte Cytokine unterdrücken, könnten auch
T-Zell-mediierte Prozesse eine Rolle spielen, möglicherweise bei spezieller Disposition
des Immunsystems. Zwei Publikationen beschreiben Mucipirocin nach mehrwöchiger Anwendung
als sehr effektiv [4]
[21]. Lee berichtet, dass eine 3-monatige Anwendung von Mucipirocin (2 × täglich) zur
Abheilung ohne Rezidive führte. Auch dies ist ein Argument für die Bedeutung des Mikrobioms
als Trigger. Bari [4] schlägt sogar vor, diese Therapie als eine Art Diagnostik zu verwenden, um dadurch
die bioptische Klärung zu vermeiden. Erst in der Zukunft wird sich zeigen, ob die
Therapie mit Mucipirocin-Creme zur Abheilung führen kann, was für Infektionen als
Trigger argumentieren würde.