Rofo 2021; 193(07): 843-844
DOI: 10.1055/a-1500-0383
DRG-Mitteilungen

„Wir öffnen Gefäße wieder, die durch Thrombosen erkrankt sind“

 

    Venenleiden sind in der Bevölkerung weit verbreitet. Professor Thomas Vogl berichtet im Interview, mit welchen Venenerkrankungen er in seinem klinischen Alltag befasst ist und welche Methoden er anwendet, um betroffenen Patient:innen zu helfen. Professor Thomas Vogl ist Leiter des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main und Präsident des 102. Deutschen Röntgenkongresses, der vom 27. März bis 8. November 2021 stattfindet.


    #
    Zoom Image
    Univ.-Prof. Dr. Thomas J. Vogl, Kongresspräsident des 102. Deutschen Röntgenkongresses. © Vogl/Universitätsklinikum Frankfurt am Main

    Professor Vogl, Venenleiden gehören zu den Volkskrankheiten – mit welchen Erkrankungen von Patient:innen befassen Sie sich in Ihrem ärztlichen Alltag am häufigsten?

    Das Venensystem des Menschen und die Erkrankungen, die sich dabei zeigen können, sind für die Interventionelle Radiologie ein wichtiges Betätigungsfeld. Dabei bietet die Interventionelle Radiologie Patient:innen nicht nur Diagnostik an, sondern auch minimal-invasive therapeutische Eingreife mithilfe radiologischer Bildführung. Ich glaube, viele Menschen wissen gar nicht, was die Interventionelle Radiologie auf diesem Gebiet alles leisten kann. In der Diagnostik haben wir es im Bereich des Venensystems bei uns im Institut sehr oft mit Patient:innen zu tun, die an Thrombosen leiden. Diese Gefäßverschlüsse durch Blutgerinnsel entstehen am häufigsten in den Venen im Bein. In der Diagnostik klären wir Thrombosen ab und auch möglicherweise daraus resultierende Lungenembolien. Aktuell ist das Thema Thrombosen durch die Berichterstattung über den Impfstoff von AstraZeneca und Sinusvenenthrombosen öffentlich ja sehr präsent.

    Zu uns kommen auch Patient:innen, die unter Varizen leiden, also oberflächlichen Venenerweiterungen, die knotig und stark sichtbar durch die Unterhaut verlaufen. Solche Varizen oder auch Krampfadern zeigen sich bei Frauen und Männern. Bei den inneren Venenproblemen sehen wir zum Beispiel erweiterte Venen, die im Beckenbereich betroffener Frauen auf Nerven drücken können. Dieses Leiden kann auch bei Männern vorkommen mit der Folge, dass ihre Fruchtbarkeit stark eingeschränkt sein kann. Was in meinem Alltag als Radiologe und in meinem Institut auch eine sehr große Rolle spielt, sind Venenerkrankungen in Folge von venösen Missbildungen, diese müssen wir abklären.

    Welche bildgebenden Methoden setzen Sie an Ihrem Institut ein, um Venenerkrankungen zu diagnostizieren?

    Das erste Verfahren ist der Ultraschall, der sehr genau Geschwindigkeiten im Venensystem bestimmen kann, den Verlauf der Vene gut dokumentiert und auch eine Erfassung von oberflächlichen und mitteltiefen Erkrankungen der Venen erlaubt. Zeigen sich dabei Pathologien, nutzen wir erweiterte bildgebende Verfahren. Im Wesentlichen ist das die Computertomografie. Damit wird eine Lungenembolie ausgeschlossen, der Verlauf der Vene dokumentiert oder das Ausmaß von Thrombosen bestimmt. Mit der Magnetresonanztomografie wiederum sind Sinusvenenthrombosen sehr gut diagnostizierbar.

    Bei welchen Venenleiden werden Sie als Interventionsradiologe therapeutisch tätig?

    Im Prinzip unterscheiden sich Interventionen an den Venen nicht wesentlich von Eingriffen bei anderen Erkrankungen. Die Interventionelle Radiologie behandelt chronisch kranke Patient:innen, indem sie zum Beispiel Port-Systeme in die Venen einbringt. Zusätzlich beschäftigen wir uns beim Thema Venen auch mit den erwähnten venösen Missbildungen und Thrombosen. Eine typische Venentherapie ist zum Beispiel auch die, die wir bei jungen Männern anwenden, die eine Einschränkung ihrer Fruchtbarkeit haben. Wir haben bereits darüber gesprochen. Die Ursache dieses Leidens sind erweiterte Venen im Bereich der Hoden und Nieren. Interventionell machen wir es so, dass wir diese Venenkonvolute embolisieren und darüber die Fruchtbarkeit dieser teils ja jungen Männer wiederherstellen. Darüber hinaus entfernen wir auch Fremdkörper aus Venen. Dazu nutzen wir Instrumente wie beispielsweise Zangen, Drähte und Fassgeräte.

    Wie wenden Sie Interventionelle Maßnahmen bei Thrombosen an?

    Bei den Thrombosen bieten wir in der Interventionellen Radiologie die Möglichkeit an, Thromben zu entfernen. Wir öffnen Gefäße wieder, die durch den chronischen Verschluss durch Thrombosen erkrankt sind, und können dort zum Beispiel Stents einbringen, um einen Wieder-Abstrom zu erreichen. Den Zugang erreichen wir überwiegend über die Blutgefäße, also Arterien beziehungsweise Venen, mithilfe der Kathetertechnik.

    Zoom Image
    Katheteter in der Vena Subclavia links bei Tumorstenose. Zusätzlich zeigt sich ein großlumiger 9-mm-Ballon nach Aufdehnung der Stenose und vor Stent-Applikation. © Vogl/Universitätsklinikum Frankfurt am Main

    Spielt die Interventionelle Radiologie auch in der Nachsorge von Patient:innen eine Rolle?

    Gerade die chronischen Erkrankungen der Venen müssen immer wieder bildgestützt kontrolliert werden. Das gilt gerade zum Beispiel bei venösen Missbildungen oder wenn Stents in die Venen gelegt sind. Erkrankungen der Venen sind in der Regel leider chronisch. Wenn sie nicht sorgfältig behandelt werden, können sie zu körperlichen Entstellungen wie Varizen führen. Venenerkrankungen können vor allem aber sehr gefährliche Folgen für das Herz-Kreislaufsystem haben. Deswegen ist die Früherkennung von Thrombosen, Tumoren oder venösen Fehlbildungen unerlässlich.


    #

    Publication History

    Article published online:
    30 June 2021

    © 2021. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag KG
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


    Zoom Image
    Univ.-Prof. Dr. Thomas J. Vogl, Kongresspräsident des 102. Deutschen Röntgenkongresses. © Vogl/Universitätsklinikum Frankfurt am Main
    Zoom Image
    Katheteter in der Vena Subclavia links bei Tumorstenose. Zusätzlich zeigt sich ein großlumiger 9-mm-Ballon nach Aufdehnung der Stenose und vor Stent-Applikation. © Vogl/Universitätsklinikum Frankfurt am Main