Key words pulmonary embolism - CAD - CT pulmonary angiogram - computer-aided detection
Einleitung
Die akute Lungenarterienembolie (LAE) ist eine häufige Erkrankung mit potenziell hoher
Morbidität und Mortalität [1 ]. In internationalen, epidemiologischen Studien wurde eine jährliche Inzidenz der
akuten LAE von 39–115/100 000 Personen ermittelt [2 ]. In den letzten Jahren wurde zudem eine steigende Inzidenzrate akuter Lungenarterienembolien
verzeichnet. Dies ist insbesondere auf einen vermehrten Einsatz der Computertomografie
(CT) in der Notfalldiagnostik zurückzuführen, die mittlerweile auch den Nachweis kleiner,
weit peripher gelegener Lungenarterienembolien auf Subsegmentebene ermöglicht. Trotz
Scoring-Systemen zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit einer LAE werden somit auch
vermehrt Patient*innen untersucht, deren Symptomatik auf anderen Ursachen basiert
[3 ]
[4 ]
[5 ]. Mit jeder CT-Pulmonalisangiografie (CTPA) wird eine große Menge an Bilddaten generiert.
Insbesondere die genaue Evaluation der distalen Subsegmente stellt in Zusammenschau
mit den wachsenden CT-Untersuchungszahlen eine Herausforderung in der Notfallbefundung
dar. Automatisierte Detektionsalgorithmen (computer-aided detection, CAD) sollen bei
derartig zeitaufwendigen Bildanalysen unterstützen können. Während CAD-Systeme für
die Lungenrundherddetektion bereits gut etabliert sind, finden LAE-CAD noch keine
Anwendung in der klinischen Routine. Dies kann durch Bedenken vor falsch positiven
CAD-Ergebnissen oder vor einem hohen Zeitaufwand in der Programmanwendung begründet
sein [6 ].
Das Ziel dieser Studie war die Evaluation eines kommerziellen, computerbasierten Algorithmus
zur Detektion von Lungenarterienembolien anhand eines Patientenkollektivs einer großen
deutschen Notaufnahme.
Material und Methoden
Diese monozentrische, retrospektive Studie wurde von der lokalen Ethikkommission genehmigt.
Alle in die Studie eingeschlossenen CT-Untersuchungen waren klinisch indiziert.
Studienpopulation
In die Studie wurden alle Patient*innen eingeschlossen, die im Zeitraum vom 17.01.2014
bis zum 17.01.2017 eine CT-Untersuchung mit der Frage nach einer Lungenarterienembolie
am Notfall-CT eines großen deutschen Universitätsklinikums erhalten hatten. Die entsprechenden
Datensätze wurden über eine Stichwortsuche der Untersuchungsnamen im Picture Archiving
and Communication System (PACS, Siemens Healthineers, Erlangen, Deutschland) ermittelt.
Diese Recherche ergab für den genannten Zeitraum 2076 Datensätze. Das Flussdiagramm
der [Abb. 1 ] zeigt, wie viele Datensätze aus welchen Gründen ausgeschlossen wurden. Ausgeschlossen
wurden unvollständige sowie fälschlicherweise als CTPA deklarierte Datensätze; zudem
Untersuchungen, die an einem anderen CT-Gerät, in Dual-Energy-Technik zum Ausschluss
einer chronisch-thromboembolischen pulmonalen Hypertonie (CTEPH) oder als Kombinationsprotokoll
(„Dual-Rule-Out-Protokoll“) akquiriert wurden. Letztere konnten durch die CAD-Software
nicht erkannt und somit nicht analysiert werden. Es wurde jeweils ein Datensatz bei
Nachweis einer Knochenzementembolie, bei Zustand nach Pneumektomie und bei Zustand
nach Fontan-Operation ausgeschlossen („sonstige Gründe“). Da zentrale Lungenarterienembolien
in den Arteriae pulmonales eine Blickdiagnose darstellen, wurden diese Datensätze
von der Studie ausgeschlossen. Das analysierte Studienkollektiv umfasste 1229 Patient*innen.
Abb. 1 Flussdiagramm der in das Studienkollektiv eingeschlossenen Datensätze. PACS = Picture
Archiving and Communication System; CTEPH = Chronisch-thromboembolische pulmonale
Hypertonie; CTPA = Computertomografie-Pulmonalisangiografie; LAE = Lungenarterienembolie;
CT = Computertomografie.
CT-Akquisition
Alle in das Studienkollektiv eingeschlossenen CTPA-Datensätze wurden am Dual-Source-SOMATOM-Force- CT (Siemens Healthineers, Erlangen, Deutschland) mit einer Gantry-Rotationszeit von
0,25 s/Rotation, einem Pitch von 1,9, einer Kollimation von 192 × 0,6 mm und einer
Schichtdicke von 0,75 mm akquiriert. Röhrenspannung und Röhrenstrom wurden unter
der Verwendung der Einstellungen „CAREkV“ und „CAREDose“ automatisch angepasst. Die
Referenzpunkte waren hierbei eine Röhrenspannung von 100 kV und ein Röhrenstrom-Zeit-Produkt
von 220 mAs. Zur Optimierung des Kontrasts wurde eine Bolus-Triggerung verwendet mit
einer Region of Interest (ROI) im Truncus pulmonalis und einem automatisierten Scanbeginn
6 Sekunden nachdem die Dichte innerhalb der ROI 100 Hounsfield Units (HU) überschritten
hatte. Die Kontrastmittelgabe erfolgte über eine Druckspritze mit einer Flussrate
von 5 ml/s. Die Standardkontrastmittelgabe lag bei 50 ml, gefolgt von einem 100ml-Bolus
0,9 %iger Kochsalzlösung. Von der genannten Kontrastmittelmenge wurde in 117 Fällen,
bei einem dokumentierten BMI ≥ 30 kg/m2 , abgewichen. In diesen Fällen wurden 70 ml Kontrastmittel appliziert [7 ]. In den Jahren 2014 und 2015 wurde Imeron400 (Bracco Imaging GmbH, Konstanz, Deutschland)
mit einer Jodkonzentration von 400 mg Jod/ml und in den Jahren 2016 und 2017 Ultravist370
(Bayer Vital GmbH, Leverkusen, Deutschland) mit einer Jodkonzentration von 370 mg
Jod/ml verwendet.
Bildanalyse
CAD-Analyse
Die automatisierte Bildanalyse erfolgte mithilfe der Software syngo.via (Siemens Healthineers, Erlangen, Deutschland), Version VB20A im Rahmen der Studienauswertung.
Für die LAE-CAD-Analyse wurden die Datensätze mit dem „CT Chest Pain + PE CAD“ geöffnet.
In dem Modul „CT Lung Vessels“ erfolgte die automatisierte Analyse der pulmonalarteriellen
Strombahn. LAE-CAD-Systeme nutzen hierfür eine Grauwertanalyse, um minderkontrastierte
Areale in Angrenzung an kontrastierte Gefäßabschnitte zu detektieren [8 ]. Die automatisiert detektierten Ergebnisse, im Folgenden Findings genannt, müssen
anschließend durch die anwendenden Radiolog*innen als richtig positiv und falsch positiv
bewertet werden. Falsch positive Findings können gelöscht werden, richtig positive
Findings werden bestätigt und können im Anschluss an die Auswertung ins PACS gesendet
werden. Die Software selbst erstellt keine Wertung der einzelnen Findings oder des
Gesamtbefundes; dies ist Aufgabe der anwendenden Radiolog*innen.
Die im Rahmen dieser Studie durchgeführte CAD-Analyse wurde durch die Goldstandardreader
evaluiert. Alle CAD-Findings wurden im Abgleich mit der visuellen Analyse des Goldstandardreadings
als richtig positiv oder falsch positiv gewertet. Für jedes falsch positive Ergebnis
wurde in einem Consensus Reading die zugrunde liegende Ursache definiert: Weichteil,
Pulmonalvene, Pneumonie, Atelektase, Durchmischungsphänomen, Drainagematerial, intrapulmonale
Verkalkung.
Goldstandard
Die visuelle Bildanalyse im Rahmen des Goldstandardreadings erfolgte mithilfe der
Software syngo.via (Siemens Healthineers, Erlangen, Deutschland), Version VB20A. Alle Datensätze des
Studienkollektivs (n = 1229) wurden im Rahmen eines Consensus Readings von 2 Radiologen
mit 5 und 15 Jahren Erfahrung in der Notfallradiologie visuell evaluiert. Dieses visuelle
Consensus Reading wurde als Goldstandard definiert. Die Ergebnisse der CAD-Analyse
wurden durch dieselben Radiologen mittels Consensus Reading evaluiert und im Vergleich
zum Goldstandard als richtig positiv oder falsch positiv evaluiert. Ein Embolus, der
durch das CAD mehrfach richtig markiert worden war, wurde als ein richtig positives
Ergebnis gewertet. Jeder Embolus, der im Vergleich zum Goldstandard nicht durch das
CAD markiert worden war, wurde als falsch negativ gewertet. War weder im Goldstandard
noch im CAD eine LAE definiert worden, wurde die Untersuchung als richtig negativ
gewertet.
Für die Notfallbefundung einer CTPA ist es üblich, nicht jeden einzelnen Embolus,
sondern die am weitesten proximal gelegenen Emboli und ihre Ausdehnung nach peripher
zu beschreiben, da ein höherer Detailgrad keinen zusätzlichen Einfluss auf die Therapieentscheidung
hat. Daher wurden die Notfallbefunde mit dem Goldstandard auf Patientenebene als richtig
positiv, falsch positiv, richtig negativ und falsch negativ gewertet.
Routinebefundung Notaufnahme
Die in der Patientenakte dokumentierten radiologischen Befunde, die im Rahmen der
Routinebefundung in der Notaufnahme erstellt wurden, wurden mit einer Siemens PACS-Software
(Siemens Healthineers, Erlangen, Deutschland) visuell, ohne Unterstützung einer CAD-Software,
analysiert.
Definition Lungenarterienembolie
Eine akute Lungenarterienembolie wurde als intravaskulärer, zentraler Füllungsdefekt
mit umgebendem Kontrastmittelsaum oder als vollständige Verlegung eines fokal erweiterten
Gefäßlumens definiert [9 ]. In Abhängigkeit der Lokalisation wurde die LAE als lobär, segmental oder subsegmental
definiert und einer Seite zugeordnet. Ein Embolus, der kontinuierlich über mehrere
anatomische Ebenen reichte, wurde der am weitesten zentral gelegenen Ebene zugeordnet
und als ein Embolus gezählt [6 ].
Kontrast-Rausch-Verhältnis
Zur quantitativen Beurteilung der Bildqualität wurde das Kontrast-Rausch-Verhältnis
(Contrast-to-noise ratio, CNR) in jedem Datensatz bestimmt, die Messungen wurden in
syngo.via ermittelt. Die jeweils gleich großen ROIs wurden in das Lumen der superioren
Unterlappensegmentarterie links sowie in die paravertebrale Muskulatur gelegt und
die HU-Werte mit Standardabweichung (STABW) in die in [Abb. 2 ] dargestellte Formel eingesetzt. Im Falle eines Füllungsdefektes in der apikalen
Unterlappensegmentarterie links wurde die ROI in eine angrenzende segmentale Unterlappenarterie
ohne Füllungsdefekt gelegt.
Abb. 2 Formel zur Berechnung des Kontrast-Rausch-Verhältnisses. CNR = Contrast-to-noise
ratio; HE = Hounsfield-Einheiten; STABW = Standardabweichung.
Statistische Analyse
Stetige Daten wurden als Mittelwert mit Standardabweichung sowie in Prozent angegeben.
Kategoriale Daten wurden mit absoluter sowie relativer Häufigkeit (in Prozent) angegeben.
Sensitivität und Spezifität werden in Prozent mit dem korrespondierenden 95 %-Konfidenzintervall
(KI) aufgeführt. Die Abhängigkeit zwischen dem Auftreten segmentaler und subsegmentaler
Lungenarterienemboli wurde mit dem Chi-Quadrat-Test geprüft. Die Korrelation zwischen
der Anzahl der CAD-Ergebnisse und der CNR wurde mit der Korrelationsanalyse nach Spearman
untersucht. Ein p-Wert < 0,05 wurde als Signifikanzniveau festgelegt. Für die Auswertung
wurden Excel 2016, Version 16.15 (Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA) und Prism
8, Version 8.0.0 (GraphPad Software Inc., La Jolla, CA, USA) verwendet.
Ergebnisse
Patientencharakteristiken
Die Datensätze von 1229 Patient*innen wurden in die Studie eingeschlossen, hierunter
waren 607 (49,4 %) männliche und 622 (50,6 %) weibliche Patient*innen im Alter von
10–97 Jahren (Mittelwert 64 ± 17 Jahre). Hierbei divergierte das Studienkollektiv
nicht wesentlich vom Kollektiv der initialen Datenbankabfrage (n = 2076) mit 1062
(51,2 %) männlichen und 1014 (48,8 %) weiblichen Patient*innen im Alter zwischen 0
und 97 Jahren (Mittelwert 68 ± 18 Jahre).
Ergebnisse Goldstandard
Bei 182 von 1229 (14,8 %) Patient*innen wurde mindestens eine Lungenarterienembolie
detektiert, hiervon waren 93 (7,57 %) männliche und 89 (7,24 %) weibliche Patient*innen.
Bei 106 (58,24 %) Patient*innen wurden multiple Embolien, bei 76 (41,76 %) Patient*innen
wurde eine singuläre Lungenarterienembolie detektiert. In der Summe wurden 504 Emboli
beschrieben, hiervon 51 (10,12 %) auf Lappen-, 219 (43,45 %) auf Segment- und 234
(46,43 %) auf Subsegmentebene. Der überwiegende Anteil der Embolien wurde rechts segmental
(137 Embolien; 27,18 %) und rechts subsegmental (146 Embolien; 28,97) nachgewiesen.
Der Chi-Quadrat-Test bestätigte eine statistische Abhängigkeit zwischen dem Auftreten
segmentaler und subsegmentaler Lungenarterienembolien (X2 (1, n = 453) = 28,2; p < 0,0001).
Ergebnisse CAD
Die CAD-Analyse ergab bei den 1229 Datensätzen insgesamt 3331 Findings. Diese reichten
von 0 bis maximal 25 Findings pro Datensatz mit einem Mittelwert von 2,7 ± 2,61 Findings.
Von 182 Patient*innen mit Nachweis einer LAE gemäß Goldstandard hat die CAD-Analyse
bei 118 Patient*innen mindestens ein richtig positives Finding angezeigt, gemäß einer
Sensitivität von 64,8 % (95 %-KI 0,58–0,72). Bei 64 Patient*innen wurden die durch
das Goldstandardreading markierten Embolien durch die CAD-Software nicht markiert.
In 13 dieser 64 Datensätze wurde überhaupt kein Finding detektiert. In den übrigen
51 Datensätzen wurden Findings markiert, hierbei handelte es sich jedoch um falsch
positive Findings. Von 1047 Patient*innen, die gemäß Goldstandard keine LAE aufwiesen,
hat die CAD-Analyse bei 821 Patient*innen mindestens ein Finding und bei 226 Patient*innen
kein Finding angezeigt, einer Spezifität von 21,6 % (95 %-KI 0,19–0,24) sowie einem
positiven prädiktiven Wert (PPW) von 12,6 % (95 %-KI 0,11–0,15) und einem negativen
prädiktiven Wert (NPW) von 77,9 % (95 %-KI 0,73–0,82) entsprechend. Die Häufigkeitsverteilung
der Anzahl der falsch positiven CAD-Findings pro Patient*in ist in [Abb. 3 ] dargestellt.
Abb. 3 Säulendiagramm der Häufigkeitsverteilung der falsch positiven CAD-Findings. CAD = computerassistierter
Detektionsalgorithmus.
Von insgesamt 504 im Goldstandard definierten Emboli hat die CAD 258 Emboli detektiert
([Abb. 4 ]), einer Sensitivität von 51,2 % (95 %-KI 0,47–0,56) entsprechend. Auf Lappenebene
wurden hierbei 24 von 51 Emboli (Sensitivität: 47,1 %; 95 %-KI 0,33–0,61), auf Segmentebene
118 von 219 Emboli (Sensitivität: 53,9 %; 95 %-KI 0,47–0,61) und auf Subsegmentebene
116 von 234 Emboli (Sensitivität: 49,6 %; 95 %KI: 0,43–0,56) detektiert.
Abb. 4 Beispiele für ein richtig positives (langer, weißer Pfeil) und ein falsch positives
(kurzer, weißer Pfeil) Finding.
Von den 3331 CAD-Findings waren 3073 (92,3 %) als falsch positiv durch das Consensus
Reading gewertet worden ([Abb. 4 ]). Im Mittel wurden bei jedem Patienten somit 2,5 ± 2,54 falsch positive Findings
angezeigt. Jedem der falsch positiven CAD-Befunde wurde im Rahmen des Consensus Readings
eine zugrunde liegende Ursache zugeordnet, die in [Tab. 1 ] zusammengefasst sind.
Tab. 1
Übersicht zugrundeliegender Ursachen für falsch positive CAD-Findings als absolute
Werte und in Prozent. CAD – computer-assistierter Detektionsalgorithmus..
Ursache
Falsch positiver
CAD-Findings
Anzahl
Falsch positiver
CAD-Findings
Weichteil
1876 (61 %)
Pulmonalvene
742 (24,1 %)
Pneumonie
357 (11,6 %)
Atelektase
59 (1,9 %)
Durchmischungsphänomen
29 (0,9 %)
Drainagematerial
9 (0,3 %)
intrapulmonale Verkalkung
1 (0,03 %)
Der Chi-Quadrat-Test betätigte einen statistischen Zusammenhang für die Anzahl der
CAD-Findings und dem LAE-Status, (X2 (1, n = 1229) = 20,6; p < 0,00 001), die zugrunde liegende Kontingenztafel mit Angabe
der Spaltenprozente ist in [Tab. 2 ] dargestellt.
Tab. 2
Vierfeldertafel der Goldstandardbefunde und der CAD-Findings auf Patientenebene. Goldst.
– Goldstandard; LAE – Lungenarterienembolie; CAD – computer-assistierter Detektionsalgorithmus.
Goldst. Nachweis LAE
Goldst. kein Nachweis LAE
gesamt
mind. 1 CAD-Finding
169
(92,9 %)
821
(78,4 %)
990
kein CAD-Finding
13
(7,1 %)
226
(21,6 %)
239
gesamt
182
1047
1229
Ergebnisse Routinebefundung Notaufnahme
Ergebnisse Routinebefundung Notaufnahme
Im Rahmen der Routinebefundung durch die diensthabenden Radiolog*innen wurde bei 180
der insgesamt 182 durch den Goldstandard definierten LAE-positiven Datensätze eine
Lungenarterienembolie beschrieben. Dies entspricht einer Sensitivität der Routinebefundung
in der Notaufnahme im Vergleich zum Goldstandardreading von 98,9 % (95 %-KI 0,97–1,00).
In beiden Fällen wurde durch das Goldstandardreading eine singuläre subsegmentale
Lungenarterienembolie detektiert. Die im Rahmen der Studie durchgeführte CAD-Analyse
zeigte nur in einem der beiden Fälle den durch das Goldstandardreading definierten
Embolus als Finding an. Im zweiten Fall wurde der durch das Goldstandardreading definierte
Embolus durch die CAD-Software nicht markiert. Im Vergleich zum Goldstandardreading
wurde kein im Rahmen der Routinebefundung der Notaufnahme erstellter Befund als falsch
positiv gewertet.
Dauer CAD-Analyse
In einer Stichprobe von 50 Datensätzen wurde die Dauer analysiert, die der LAE-CAD der
syngo.via-Software vom Öffnen des Datensatzes bis zur Anzeige der CAD-Findings benötigte;
diese lag bei 92,3 ± 15,5 Sekunden. Die für die Evaluation der CAD-Findings benötigte
Zeit variierte in Abhängigkeit der Anzahl der CAD-Findings von 0 Sekunden, wenn keine
Findings angezeigt wurden, bis zu 92 Sekunden im Falle des Maximums von 25 CAD-Findings.
Im Mittel dauerte die Bewertung der CAD-Findings 11,76 ± 16,27 Sekunden.
Kontrast-Rausch-Verhältnis
Die CNR lag zwischen 2,8 und 91,8 mit einem Mittelwert von 24,5 ± 12,6. Die errechneten
CNR-Werte im Verhältnis zur Anzahl der Datensätze des Studienkollektivs sind in [Abb. 5 ] dargestellt. Die Spearman-Korrelation zwischen der CNR und der Anzahl der falsch
positiven CAD-Findings (rs = 0,085) zeigte keine Korrelation der Variablen.
Abb. 5 Säulendiagramm der Häufigkeitsverteilung der Werte des Kontrast-Rausch-Verhältnisses.
Diskussion
Mit zunehmender Verfügbarkeit und technischer Verbesserung der CT resultiert ein vermehrter
Einsatz der CTPA in der Lungenarterienemboliediagnostik [4 ]. Eine Herausforderung stellen hierbei die peripheren segmentalen sowie die subsegmentalen
LAE dar, die insbesondere bei isoliertem Auftreten übersehen werden können [6 ]. Die Relevanz einer singulären, subsegmentalen LAE (ssLAE) wird in der Literatur
kontrovers diskutiert. Während manche Studien eine Überdiagnostik mit konsekutiver
Übertherapie der ssLAE beschrieben haben, schlussfolgern Autoren anderer Studien,
dass der klinische Outcome von Patient*innen mit subsegmentaler LAE und jenen mit
weiter proximal nachgewiesenen LAE vergleichbar sei [10 ]
[11 ]
[12 ]. Aufgrund der uneindeutigen Datenlage empfiehlt die geltende Leitlinie der Europäischen
Gesellschaft für Kardiologie (European Society for Cardiology, ESC) eine individuelle
Therapieentscheidung bei subsegmentalen LAE in Abhängigkeit der patienteneigenen Risikofaktoren
für eine LAE und Blutungskomplikation [13 ]. Somit bleibt die Detektion subsegmentaler LAE in der CTPA weiterhin hoch relevant.
Studien zufolge können CAD-Systeme bei der Analyse von CTPA-Datensätzen unterstützen.
In bisherigen Studien wurden jedoch insbesondere kleine Patientenkollektive oder CAD-Prototypen
evaluiert [6 ]
[14 ]
[15 ]
[16 ].
Nach unserem Kenntnisstand ist dies die erste Studie, die ein kommerzielles CAD-System
anhand eines großen Patientenkollektivs eines Klinikums der Maximalversorgung in Deutschland
untersucht und hierbei die CAD-Analyse sowohl mit den Befunden der Notfallversorgung
als auch mit dem Expertenreading verglichen hat. Im Rahmen unserer Studie wurden 1229
CTPA-Datensätze von 2 Radiologen als Goldstandardreading visuell analysiert. Es wurden
504 Emboli in 182 Datensätzen detektiert und als Goldstandard für die Bewertung des
CAD-Systems definiert. Das LAE-CAD detektierte hiervon 258 Emboli, einer Sensitivität
von 51,2 % auf Embolusebene entsprechend. Hierbei lag die Sensitivität der Detektion
segmentaler Emboli mit 53,9 % am höchsten. Die CAD-Software zeigte bei 118 Patienten
von insgesamt 182 Patienten mit LAE mindestens ein richtig positives Finding an, einer
Sensitivität von 64,8 % auf Patientenebene entsprechend. Diese Werte liegen hierbei
unterhalb der in der Literatur beschriebenen Werte, die in den letzten Studien zwischen
55,4 und 76 % Sensitivität auf Embolusebene und zwischen 83 und 100 % auf Patientenebene
lagen [14 ]
[15 ]
[16 ]
[17 ]
[18 ]
[19 ]. Im Rahmen unserer Studienauswertung wurden zudem alle Routinebefunde der Notaufnahme
mit dem Goldstandardreading verglichen. Abweichungen konnten in nur 2 Fällen nachgewiesen
werden; in diesen wurde durch das Goldstandardreading jeweils ein subsegmentaler Embolus
definiert, der im klinischen Befund nicht dokumentiert worden war. Die CAD-Software
hatte nur in einem der beiden Fälle den Embolus markiert, im zweiten Fall hätte auch
eine ergänzend durchgeführte CAD-Analyse den falsch negativen Befund in der klinischen
Routine nicht verhindern können.
Bei Patienten mit LAE-Nachweis wurde mit höherer Wahrscheinlichkeit mindestens ein
Finding angezeigt. Im Mittel hat die CAD-Analyse 2,7 ± 2,61 Findings insgesamt und
2,5 ± 2,54 falsch positive Findings pro Patient*in angezeigt. Diese Werte liegen deutlich
unter den Werten anderer LAE-CAD-Studien, die bis zu einem maximalen Mittelwert von
14,4 falsch positiven Findings pro Patient*in reichen [6 ]
[16 ]
[17 ]
[18 ] und gering oberhalb der Studien von Tajbakhsh et al. und Lahiji et al. mit einem
Mittelwert von nur 2 bzw. 2,1 falsch positiven Findings pro Datensatz [14 ]
[15 ]. Das Patientenkollektiv allein kann hierbei nicht für die im Rahmen unserer Studie
deutlich niedrigere Sensitivität herangezogen werden, da auch Wittenberg et al. ein
Patientenkollektiv einer universitären Notaufnahme analysiert haben und eine Sensitivität
von 95 % auf Patientenebene berichtet haben [16 ]. Zudem wäre bei einem Kollektiv, das aus Intensiv- und Notaufnahmepatient*innen
zusammengesetzt ist, primär eine erhöhte Anzahl falsch positiver Befunde zu erwarten,
da die Symptome in einer Vielzahl der Fälle durch andere Ursachen, wie beispielsweise
Pneumonien oder Atelektasen, erklärt werden können. Es ist somit zu vermuten, dass
der im Vergleich zu anderen Studien niedrigen durchschnittlichen Rate falsch positiver
Findings in unserem Fall mit einer hohen Rate an falsch negativen Befunden Rechnung
getragen wird. In Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen werden Anschnitte von mediastinalen
und hilären Weichteilen sowie von Pulmonalvenen als die häufigsten Ursachen falsch
positiver CAD-Findings angeben [6 ]
[15 ]
[16 ].
Einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Bildqualität und der Anzahl falsch positiver
Befunde konnten wir, im Gegensatz zu anderen Studien, nicht nachweisen. Hierbei muss
jedoch bedacht werden, dass in der vorliegenden Studie die Bildqualität anhand der
CNR ausschließlich quantitativ und nicht semiquantitativ anhand einer Likert-Skala
bewertet wurde [6 ]
[17 ]
[20 ].
Bei der Verwendung zusätzlicher Analysesoftware ist der zeitliche Aufwand, der hierdurch
entsteht, ein relevantes Qualitätskriterium. Dies gilt insbesondere in der Notfallbefundung.
Wir haben daher die zusätzlich für das LAE-CAD benötigte Zeit in einer Stichprobe
analysiert. Die Software zeigte die Findings im Mittel nach 92,3 ± 15,5 Sekunden an,
im Mittel wurden dann weitere 11,76 ± 16,27 Sekunden für die Evaluation der CAD-Findings
benötigt. Das Einladen und die Analyse des Datensatzes durch die CAD-Software beansprucht
somit deutlich mehr Zeit als die Evaluation der Findings durch die Radiolog*innen.
Unser CAD benötigt hierbei im Vergleich zu Wittenberg et al. im Durchschnitt 3-mal
so lange für die Analyse [16 ]. Da dieser Prozess in der klinischen Anwendung jedoch parallel zur visuellen Analyse
abläuft, wird hierdurch keine zusätzliche Zeit beansprucht. Entgegen der allgemeinen
Wahrnehmung ist die Evaluation der CAD-Findings in der überwiegenden Anzahl der Fälle
innerhalb weniger Sekunden, im Durchschnitt nach 11,76 ± 16,27 Sekunden, beendet.
In wenigen Fällen wurde eine Dauer von bis zu 92 Sekunden benötigt, um die maximale
Anzahl an 25 CAD-Findings zu evaluieren.
Die Entwicklungen der letzten Jahre haben verdeutlicht, dass öffentlich zugängliche
Datensätze benötigt werden, um LAE-CAD-Systeme untereinander vergleichen zu können
[21 ]. Zudem haben Studien gezeigt, dass das Innovationspotenzial noch nicht ausgeschöpft
ist. So wurden monoenergetische Rekonstruktionen von Dual-Energy-Datensätzen für die
CAD-Analyse verwendet, was zu einer erhöhten Sensitivität führte [22 ]
[23 ] sowie die 3-diminsionale Segmentierung der pulmonalarteriellen Strombahn optimiert
[24 ]
[25 ]. Diese Entwicklungen deuten an, dass mit weiterer Optimierung das LAE-CAD Bestandteil
unseres klinischen Alltags werden kann.
Als Limitation unserer Studie ist zum einen das monozentrische, retrospektive Studiendesign
zu nennen. Zum anderen mussten 601 Datensätze ausgeschlossen werden, die zum gleichzeitigen
Ausschluss einer LAE und einer Aortendissektion als Dual-Rule-Out-Protokoll akquiriert
wurden. Diese Datensätze konnten nicht in das LAE-CAD eingeladen werden, sodass ein
Selektionsbias möglich ist.
Schlussfolgerung
Die Auswertung des kommerziellen LAE-CAD-Systems anhand eines großen Patientenkollektivs
der Notfallversorgung zeigte den Optimierungsbedarf der Software insbesondere in Bezug
auf die falsch negativen Befunde auf. Es verdeutlicht die Rolle als unterstützende
Analysesoftware, die die visuelle Evaluation durch die Radiolog*innen (noch) nicht
ersetzen kann.
Klinische Relevanz der Studie
Da die LAE eine häufige Erkrankung mit potenziell hoher Morbidität und Mortalität
darstellt, ist die CTPA eine häufig durchgeführte Untersuchung im Notfallbetrieb.
Insbesondere singuläre subsegmentale LAE können übersehen werden.
LAE-CAD-Systeme können die Radiolog*innen bei der Analyse ohne wesentlich erhöhten
Zeitaufwand unterstützen.
Bei der Anwendung muss bedacht werden, dass die CAD-Analyse sowohl falsch negative
als auch falsch positive Befunde generiert und die visuelle Evaluation nicht ersetzen
kann.