Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(05): 437
DOI: 10.1055/a-1515-5456
Für Sie Notiert

Intensive Akupunkturbehandlung bei Kniearthrose

Rezensent(en):
Stephanie Gräwert
Tu JF, Yang JW, Shi GX. et al
Efficacy of Intensive Acupuncture Versus Sham Acupuncture in Knee Osteoarthritis: A Randomized Controlled Trial.

Arthritis & Rheumatology 2021;
73: 448-458
 

    In den letzten Jahrzehnten hat sich die Prävalenz der Kniearthrose verdoppelt und aufgrund steigender Lebenserwartung und zunehmender Fettleibigkeit ist ein weiterer Anstieg zu erwarten. Die Therapie ist vorwiegend symptomatisch mit den Ziel Schmerzen zu reduzieren. Eine mögliche nicht-operative und nicht-medikamentöse Behandlungsmethode ist die Akupunktur.


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    Doch ihre Wirksamkeit ist umstritten, was nach Ansicht von Tu et al. vor allem daran liegt, dass in vielen Studien die Akupunktur in unzureichender „Dosierung“ angewandt wurde. In einer vorherigen Untersuchung haben die Autoren zeigen können, dass sich mit drei Akupunkturbehandlungen pro Woche Knieschmerzen und Funktionseinschränkungen unmittelbar und langfristig verbessern ließen. In ihrer neuen Studie haben sie nun Elektro- und manuelle Akupunktur (EA, MA) mit der „Scheinakupunktur“ (SA) verglichen. Die 442 Patienten mit Kniearthrose, die für die Studie rekrutiert werden konnten, wurden in eine dieser drei Gruppen randomisiert.

    Die 30-minütigen Behandlungen fanden über einen Zeitraum von acht Wochen dreimal pro Woche statt (24 Sitzungen pro Patient). In der EA-Gruppe wurde der elektrische Strom langsam erhöht bis die Nadeln zu vibrieren begannen; bei der MA bzw. der SA wurde das EA-Gerät zwar angeschaltet jedoch ohne dass ein Stromfluss erzeugt wurde. Um eine Verblindung zu ermöglichen, wurde allen Patienten erzählt, dass der Strom unterhalb der menschlichen Wahrnehmbarkeitsschwelle liegen kann. Zu Beginn sowie nach 4, 8, 16 und 26 Wochen wurden die Patienten zu ihren Beschwerden befragt.

    Die Ansprechraten (d.h. der Anteil der Patienten, die eine minimal klinisch wichtige Verbesserung auf der NRS-Schmerzskala und der funktionellen WOMAC-Skala erreichten) von EA (60,3%) und MA (58,6%) waren signifikant höher als die der SA (47,3%). Sowohl EA als auch MA konnten während der 26 Wochen den NRS-Wert (numerische Rating-Skala) und den WOMAC-Wert (Western Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index) für Schmerzen signifikant reduzieren. Die EA verbesserte zudem im Vergleich zur SA signifikant den WOMAC-Wert für Funktion und Gelenksteife; zwischen den SA- und den MA-Gruppen ergaben sich hier hingegen keine signifikanten Unterschiede. Die Gesamtbeurteilung der Patienten (auf einer 5-Punkte-Skala, von „keine Verbesserung“ bis „extreme Verbesserung“) fiel für die EA und die MA besser aus als für die SA. Die durch EA und MA erreichten Verbesserungen der Schmerzen und der Funktionseinschränkungen hielten bis zu 26 Wochen an.

    Nebenwirkungen wie Hämatome, Schmerzen nach der Behandlung oder Pantalgie traten bei 10,8 (SA) bis 14,2% (MA) der Patienten auf; alle Beschwerden gingen innerhalb einer Woche zurück.

    Fazit

    Eine intensive Akupunkturbehandlung kann Schmerzen und Funktionalität des arthrotischen Kniegelenks verbessern. Der Effekt ist vergleichbar mit dem einer lokalen Behandlung mit Diclofenac oder Ketoprofen. Die Autoren räumen allerdings ein, dass die hier erhobenen Outcome-Messungen sehr subjektiv sind. Außerdem litten die Patienten ihrer Studienkohorte unter einer minimalen bis moderaten Kniearthrose (Kellgren-Lawrence-Grad 2-3); ob die Akupunktur auch bei Patienten mit einem höheren Schweregrad wirksam ist, bleibt somit noch zu klären.

    Stephanie Gräwert, Leipzig


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    29. September 2021

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