Schlüsselwörter
Schwangerschaftscholestase - Pruritus - Gallensäuren - Schwangerschaftsvorsorge - Geburtseinleitung - Fruchttod
Einleitung
Die intrahepatische Schwangerschaftscholestase (engl. intrahepatic cholestasis of pregnancy, ICP) – ist eine reversible Lebererkrankung mit gestörter Sekretion gallepflichtiger Substanzen und Juckreiz auf primär unveränderter Haut. Gekennzeichnet ist diese Erkrankung meist durch ihren reversiblen und benignen Verlauf. Diagnostisch besteht meist ab dem späten 2. oder 3. Trimenon maternaler Pruritus bei erhöhten Gallensäuren und/oder erhöhten Transaminasen im Serum. Primäre Hautveränderungen liegen nicht vor, allerdings kann intensives Kratzen zu sekundären Kratzläsionen führen.
Unmittelbar post partum sistiert der Pruritus meist binnen weniger Tage, die erhöhten Leberwerte sollten sich innerhalb weniger Wochen normalisieren. Rezidive sind mit bis zu 70% in weiteren Schwangerschaften häufig. Eine Leitlinie zur intrahepatischen Schwangerschaftscholestase existiert in Deutschland aktuell nicht. Therapeutisch lassen sich mit Ursodesoxycholsäure (UDCA) der maternale Pruritus sowie die erhöhten Gallensäuren signifikant reduzieren.
Epidemiologie
Die ICP unterliegt erheblichen geografischen und ethnischen Schwankungen. In Deutschland sind ca. 0,7 – 1% aller Schwangerschaften betroffen. Europaweit finden sich die höchsten Inzidenzen in den skandinavischen Ländern. In Südamerika und China liegt die Inzidenz zum Teil deutlich höher [1], [2], [3], [4]. Eine saisonale Erhöhung der Inzidenz in den Wintermonaten wurde beschrieben [5].
Ätiopathogenese und Risikofaktoren
Ätiopathogenese und Risikofaktoren
Bis heute ist die Ätiopathogenese der ICP nicht vollständig verstanden. Die Erstbeschreibung erfolgte im Jahr 1883 durch Ahlfeld [6]. Ätiologisch sind genetische [7], [8], [9], hormonelle [10] und umweltbedingte [5] Faktoren beteiligt. Die Erkrankung tritt bei Multiparen sowie Mehrlingsschwangerschaften häufiger auf [2], [3], [11], [12]. Weitere Risikofaktoren sind ein maternales Alter > 35 Jahre, erniedrigte Selen- [13], [14] und Vitamin-D-Spiegel [15], [16]. Ferner wurde über ein erhöhtes Risiko bei Frauen mit einer chronischen
Hepatitis-C-Virus-Infektion berichtet [17], [18]. Nach reproduktionsmedizinischer Behandlung scheint die Inzidenz erhöht zu sein, da bei diesen Frauen häufiger erhöhte Gallensäuren zu finden sind [19]. Aufgrund einer hormonellen Triggerung mit Akkumulation von Progesteronmetaboliten kommt es zur gestörten Sekretion von Gallensäuren der Hepatozyten mit cholestatischer Wirkung. Bestimmte sulfatierte Progesteronmetaboliten wie PM2DiS, PM3S und PM3DiS scheinen in der Pathogenese der ICP und des Pruritus eine relevante Rolle zu spielen [20]. So erhöhte eine vaginale Progesteronsubstitution die Inzidenz einer ICP im Vergleich zu den Kontrollen (0,75 vs. 0,23%, aOR 3,16, 95%-KI 2,23 – 4,49, p < 0,01) [21]. Auch unter oralen Kontrazeptiva mit hohem Östrogenanteil können Cholestasewerte ansteigen und Pruritus auftreten
[22]. Dies sollte auch bei einer erneuten Verordnung von Kontrazeptiva bedacht werden. Die WHO-Empfehlungen verweisen für diese Frauen auf Gestagenmono- oder Depotpräparate, gestagenhaltige IUP bzw. Etonorgestrelimplantate. Kombinierte orale Kontrazeptiva können nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung, sofern der Nutzen überwiegt, verabreicht werden [23] ([Tab. 1]).
Tab. 1 Maternale Risikofaktoren.
maternale Risikofaktoren
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maternales Alter (> 35 Jahre)
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niedriger Selenspiegel
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niedriger Vitamin-D-Spiegel
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chronische HCV-Infektion
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Polymorphismen in Galletransportern (z. B. ABCB4, ABCB11 etc.)
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Mehrlingsschwangerschaft
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Pruritus als Leitsymptom tritt besonders im 3. Trimenon auf, da dann im Schwangerschaftsverlauf die höchsten Konzentrationen von Östrogen- und Progesteron-Metaboliten erreicht werden. Es kommt zu einer verminderten Funktion der beiden wichtigen Transportproteine BSEP (bile salt export pump, Gallensäure-Transporter) und MDR3 (multidrug resistance associated protein 3, Phospholipid-Transporter) [24] ([Tab. 2]).
Tab. 2 Symptomatik.
Klinik
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Pruritus
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Kratzeffekte (z. B. Exkoriationen, Prurigo nodularis)
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psychische Belastung (Schlaflosigkeit, Müdigkeit)
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Malabsorption (Steatorrhö, Vitamin-K-Mangel, selten peripartale Blutung)
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Dyslipidämie
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Oberbauchbeschwerden
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Übelkeit
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Inappetenz
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In der Schwangerschaft kommt es zu einem physiologischen Anstieg und zur Veränderung der Zusammensetzung der Gallensäuren. Bei Frauen mit ICP nimmt die Konzentration von Cholsäure (CA) proportional gegenüber derjenigen von Chenodeoxycholsäure (CDCA) zu. Bei unauffälligen Schwangerschaften ist das Verhältnis von CDCA zu CA gleich mit möglicherweise leichtem Überwiegen von CDCA [25]. Ferner kommt es zu einem Shift zu den Taurin-konjugierten Gallensäuren hin, somit zur Reduktion des Glycin-Taurin-Verhältnisses [26]. Es entsteht gleichzeitig ein feto-maternaler Konzentrationsgradient der Gallensäuren [25]. Zudem wurde auch eine maternale immunologische Dysbalance mit der Assoziation einer ICP beschrieben.
Die Pathogenese wird zudem durch molekulargenetische Faktoren beeinflusst, die Auswirkungen auf die Mechanismen des Gallensäurenrezeptors und des Gallensäurentransports haben. Genetische Variationen finden sich in ca. 10 – 15% der ICP-Fälle [27]. Die mit 16% häufigste genetische Auffälligkeit betrifft Mutationen im ABCB4-Gen, welches für den transmembranösen Transport der Phospholipide in die Galle verantwortliche MDR3 (multidrug resistance-associated protein 3) kodiert [7], [27]. In 5% findet sich eine Mutation des ABCB11-Gens, welches für das leberspezifische Protein BSEP (bile salt export pump) kodiert. Es kann hierdurch zu einem Leberzellschaden aufgrund der Akkumulation toxischer Gallensäuren in den Hepatozyten kommen, da infolge der Mutation der Transport von Gallensäuren aus dem Hepatozyten in die Galle gestört ist [27], [29]. Diese Genmutation ist auch mit einem erhöhten Risiko eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) assoziiert [27]. Mittels Sanger-Sequenzierung und NGS-Panelsequenzierung lässt sich eine genetische Diagnostik bez. der veränderten Gene durchführen. Eine genetische Untersuchung nach einer Schwangerschaft mit entsprechender Klinik wäre bez. der Spätfolgen im Einzelfall zu diskutieren. Weitere Gene, die bei der ICP eine Rolle spielen, sind ATP8B1, TJP2, ABCC2, NR1H4, FGF19 und SLC4A2 [13], [27], [30], [31], wobei die komplexe Variabilität, eine unterschiedliche Penetranz sowie mannigfaltige Umweltfaktoren die Entstehung der Cholestase bedingen [13]. Man kann davon ausgehen, dass bestimmte schwangerschaftsassoziierte Veränderungen wie z. B. die veränderten
Östrogen- sowie Progesteronspiegel und vorbestehend erhöhte Gallensäurespiegel bei genetisch prädisponierten Frauen zu einer vermehrten Expression des Krankheitsbildes führen [32].
Wichtig sei an dieser Stelle anzumerken, dass die intrahepatische Schwangerschaftscholestase eine Ausschlussdiagnose darstellt und die laborchemischen und klinischen Veränderungen nach der Geburt vollständig sistieren müssen. Persistieren erhöhte Leber- und Cholestasewerte, ist eine weitergehende Abklärung durch Hepatologen wichtig, da auch eine primäre biliäre Cholangitis (PBS), primäre sklerosierende Cholangitis (PSC), Autoimmunhepatitis (AIH) oder familiäre Cholestasesyndrome mit vergleichbaren laborchemischen Auffälligkeiten und klinischer Symptomatik (Pruritus) in der Schwangerschaft assoziiert sein können ([Tab. 3]).
Tab. 3 Differenzialdiagnosen.
Differenzialdiagnosen
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Virushepatitiden (A – E)
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präexistente Lebererkrankungen (PBC, PSC)
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Verschlussikterus
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Schwangerschaftsfettleber
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HELLP/PE
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Komplikationen und Prognose
Komplikationen und Prognose
Gefürchtete Komplikationen sind eine Plazentainsuffizienz oder fetale Arrhythmien mit folgend intrauterinem Fruchttod (1,5%) [9], [22], [33]. Ferner kann es abhängig von der Gallensäurenkonzentration in bis zu 25% zu einer – häufig induzierten – Frühgeburt [33], zu fetalem Stress mit mekoniumhaltigen Fruchtwasser, einem Amnioninfektionssyndrom oder einem Atemnotsyndrom (ANS) und somit der Notwendigkeit einer neonatologischen Intensivtherapie kommen [22], [33], [34], [35], [36]. Das Risiko für die fetale Morbidität und Mortalität korreliert mit dem Spiegel der Gallensäuren [13], [36], die sich im fetalen Kompartiment anreichern
[26]. Das Risiko für den Feten scheint durch erhöhte myokardiale und kontraktile Komplikationen verursacht zu sein [37], [38], [39], [40]. Zudem werden pathologische vasokonstriktorische Mechanismen auf die fetoplazentaren Deckplattengefäße durch Gallensäuren vermutet [32]. Durch eine gallensäurebedingte verstärkte Expression von Oxytocinrezeptoren im Myometrium [41] kann die uterine Kontraktilität zunehmen [42]. Das Risiko für einen intrauterinen Fruchttod steigt signifikant um mehr als das Doppelte bei Frauen mit einer Gallensäurekonzentration i. S. von über 100 µmol/l an [36], [43], [44]. Das Risiko für einen IUFT steigt auch
mit dem Schwangerschaftsalter an.
Geenes et al. konnten an 713 Frauen bei einer Gallensäurenkonzentration von ≥ 40 µmol ein signifikant erhöhtes Risiko für den IUFT gegenüber der Kontrollgruppe mit unauffälliger Schwangerschaft (1,5 vs. 0,5%; adjustiertes OR 2,58, 95%-KI 1,03 – 6,49) zeigen. Ebenso wurde eine erhöhte Rate an Frühgeburten im Vergleich zu der Kontrollgruppe (nicht adjustiertes OR 7,39, 95%-KI 5,33 – 10,25), insbesondere iatrogen induziert, beschrieben [33].
In der Metaanalyse von Ovadia et al. zeigte sich eine signifikant erhöhte Rate von IUFT erst bei Gallensäurekonzentrationen oberhalb von 100 µmol/l (3,44%, 95%-KI 2,05 – 5,37) während bei einer Konzentration bis 40 µmol/l (0,13%, 95%-KI 0,02 – 0,38) und bei 40 – 99 µmol/l (0,28%, 95%-KI 0,08 – 0,72) lediglich eine Tendenz zu beobachten war. Ferner zeigt die große Metaanalyse, dass Frauen mit einer ICP ein signifikant erhöhtes Risiko sowohl einer spontanen (OR 3,47, 95%-KI 3,06 – 3,95) als auch einer iatrogen induzierten Frühgeburt haben (OR 3,65, 95%-KI 1,94 – 6,85). Dabei war die Prävalenz in allen 3 Gruppen hoch (< 40 µmol/l [16,5%, 95%-KI 15,1 – 18,0]; 40 – 99 µmol/l [19,1%, 95%-KI 17,1 – 21,1]; ≥ 100 µmol/l [30,5%, 95%-KI 26,8 – 34,6]). Zudem hatten Neugeborene von Frauen mit einer ICP eine signifikant höhere Rate an mekoniumhaltigem Fruchtwasser (OR 2,60, 95%-KI 1,62 – 4,16) und mussten auch häufiger auf einer neonatologischen Intensivstation betreut werden (OR
2,12, 95%-KI 1,48 – 3,03) [36].
Ein systematisches Review auf Basis von 1200 Einlingsschwangerschaften wies eine perinatale Mortalität von 6,8% bei maternalen Gallensäurekonzentrationen von ≥ 100 µmol/l gegenüber 0,3% bei Gallensäurekonzentrationen von ≥ 40 µmol/l nach. Ebenso waren auch die Frühgeburtsrate und die Rate an mekoniumhaltigen Fruchtwasser signifikant erhöht [45]. Durch die vasokonstriktorische Wirkung des Mekoniums kann eine akute fetale Gefährdung in Folge einer plazentaren Minderperfusion eintreten [46]. Schwangerschaftsassoziierte Komorbiditäten wie eine Präeklampsie und ein Gestationsdiabetes können das Risiko für eine intrauterinen Fruchttod auch bei Frauen mit niedrigeren Gallensäurekonzentrationen erhöhen [36], [43]. Das Frühgeburtsrisiko steigt bei Frauen ab Gallensäurekonzentrationen von über 40 µmol/l [36].
In einer französischen Kohorte mit 140 Frauen wurde auch ein signifikant erhöhtes Risiko für das Atemnotsyndrom (ANS) bei Neonaten von Frauen mit ICP (17,1 vs. 4,6%, p < 0,001; crude OR 4,46 (95%-KI 2,49 – 8,03) nachgewiesen [35].
Klinik
Die Erkrankung manifestiert sich in 10% gegen Ende des 1. Trimenons, in 25% im 2. Trimenon und in 65% überwiegend im 3. Trimenon [47]. Leitsymptom ist ein neu aufgetretener, ausgeprägter cholestatischer Pruritus. In weniger als 10% ist dieser von einem Ikterus infolge einer extrahepatischen Cholestase begleitet [48]. Der Pruritus beginnt meist an den Extremitäten, kann am gesamten Integument generalisieren und sehr belastend für die Schwangere sein [13]. Typischerweise sind die Extremitäten an den Handinnenflächen und Fußsohlen am stärksten betroffen. Dieser kann vor einer Haut- bzw. Labormanifestation auftreten. Es wird vermutet, dass dieser Pruritus auf den direkt pruritogenen Effekt von Gallensäuren in der Haut zurückzuführen ist [5], allerdings korreliert die Serumkonzentration der Gallensäuren nicht mit der Schwere des Pruritus [49], [50]. Das subjektive Empfinden von Pruritus kann individuell sehr unterschiedlich sein. Weitere unspezifische Symptome sind rechtsseitige Oberbauchschmerzen aufgrund einer Leberkapseldehnung, Übelkeit bzw. Inappetenz. Sekundär kann sich in sehr seltenen Fällen eine Steatorrhö und ein Vitamin-K-Mangel einstellen. Primär finden sich gewöhnlich keine Hautveränderungen. Es können sich Sekundäreffekte an der Haut manifestieren, welche durch intensives Kratzen hervorgerufen werden. Unklar bleibt weiterhin der Zusammenhang von Pruritus und den auftretenden laborchemischen Veränderungen, da diese sowohl dem Juckreiz vorangehen, aber auch erst sekundär auftreten können [13].
Frauen mit einer ICP sind häufiger auch von einer Dyslipidämie, einem Gestationsdiabetes bzw. fetaler Makrosomie und einer Präeklampsie betroffen [12], [15], [22], [51], [51], [53], [54]. In einer erst kürzlich veröffentlichten Studie fand sich eine erhöhte Inzidenz von Präeklampsie bei Frauen mit einer ICP (7,78 vs. 2,41%, aOR 3,74, 95%-KI 12,0 – 7,02, p < 0,0001), ebenso bei Frauen mit einer Zwillingsschwangerschaft. Je früher die ICP im Schwangerschaftsverlauf auftrat, umso höher war die Assoziation mit einer Präeklampsie. Durchschnittlich entwickelten betroffene Frauen etwa 30 Tage nach der Diagnose eine Präeklampsie (29,7 ± 24 Tage) [52].
Die Inzidenz eines intrauterinen Fruchttodes bei Schwangeren mit ICP ist abhängig von der Serumkonzentration der Gallensäuren und beträgt ca. 1,5%.
In der Regel bildet sich das Krankheitsbild bei der Mutter innerhalb von wenigen Tagen bis 6 Wochen post partum vollständig zurück und die Leberwerte normalisieren sich wieder. Ein protrahierter Verlauf post partum tritt selten auf. Zeigen die Leberwerte 6 Wochen post partum noch Auffälligkeiten, muss an weitere Leberdysfunktionen gedacht werden. Rezidive in einer folgenden Schwangerschaft sind in bis zu 70% häufig [17]. Es besteht ein erhöhtes Lebenszeitrisiko für hepatobiliäre Erkrankungen [17], wie z. B. Gallensteine und Cholangitis [55], kardiovaskuläre und immunologische Krankheiten wie Diabetes mellitus, Hypothyreose oder Morbus Crohn bei der Mutter [51].
Diagnostik
Die ICP ist eine Ausschlussdiagnose! Erhöhte Transaminasen in Kombination mit erhöhten Gallensäuren und Pruritus bestätigen die Verdachtsdiagnose. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Bestimmung der Gallensäuren im Serum im nüchternen Zustand erfolgen muss, da bereits eine orale Nahrungsaufnahme zum Anstieg dieses Parameters führt. Die Gallensäuren spielen eine wichtige Rolle bei der Fettverdauung sowie als Lösungsvermittler und Synthesehemmer von Cholesterol. Dabei sind die primären Gallensäuren Cholsäure (CA) und Chenodesoxycholsäure (CDCA) die wichtigsten Vertreter, die in konjugierter Verbindung vorliegen. Ausgeschieden werden sie als Lithochol- und Desoxycholsäure. Aufgrund ihrer hydrophoben Struktur könnte sie eine klinisch relevante Bedeutung als toxischer Metabolit im Pathomechanismus der Cholestase spielen [56].
In 20 – 60% können die Transaminasen 2 – 10-fach erhöht sein [48]. Der Quotient von ASAT/ALAT ist meist < 1 [47], [57]. Die Gallensäurekonzentration im Serum gilt als sensitivster Parameter. In der Spätschwangerschaft gilt je nach Labor eine Konzentration von bis max. 11 µmol/l als normal [26]. Eine Hyperbilirubinämie tritt lediglich in 10 – 20% auf. Eine Verlängerung der partiellen Thromboplastin-Zeit (pTT) kann aufgrund eines möglichen Vitamin-K-Mangels vorliegen [5]. Mit dem Enzym Autotaxin wurde ein hochsensitiver prädiktiver Marker für die Schwangerschaftscholestase beschrieben, der jedoch nicht in der klinischen Routine verfügbar ist [50].
In der Lebersonografie zeigt sich bei Frauen mit ICP meist ein unauffälliger Befund. Dennoch sollte mittels Abdomensonografie eine posthepatische biliäre Obstruktion ausgeschlossen werden, insbesondere da die Inzidenz eine ICP bei Patientinnen mit Cholelithiasis erhöht ist [48]. In jedem Fall aber sollte dies spätestens post partum durchgeführt werden, sollten die Symptome länger als 4 – 6 Wochen nach der Entbindung anhaltend sein. Da mikroskopische Leberveränderungen meist unspezifisch sind, ist eine Leberbiopsie zur histologischen Sicherung nicht indiziert. Differenzialdiagnostisch sollten neben anderen schwangerschaftsbedingten Dermatosen insbesondere auch Virushepatitiden (z. B. Hepatitisviren A – E), präexistente Lebererkrankungen wie eine primäre biliäre Cholangitis (PBC) oder primär sklerosierende Cholangitis (PSC), ein Verschlussikterus sowie eine Präeklampsie/HELLP-Syndrom bzw. eine akute Schwangerschaftsfettleber ausgeschlossen
werden. Bestimmte genetische Ursachen für eine ICP sind ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für Gallensteine, Cholezystitiden bzw. Cholangitiden sowie der Entwicklung einer Leberfibrose und einer malignen Lebererkrankung assoziiert. Aus diesem Grund sollte betroffenen Personen, insbesondere solchen mit schwerem Verlauf, eine genetische Beratung mit ggf. genetischer Analyse angeboten werden [27].
Therapie
Therapeutische Ziele stellen in erster Linie die Reduktion der klinischen Symptomatik über eine Reduktion der laborchemischen Werte und präventiv auch eine Reduktion der fetalen Komplikationen dar.
Mittel der Wahl ist Ursodesoxycholsäure (UDCA), eine physiologisch vorkommende tertiäre, hydrophile Gallensäure [43]. Die Absorption erfolgt sowohl passiv via Diffusion im Jejunum und Ileum sowie aktiv im distalen Ileum [58]. Empfohlen wird eine Dosis von 13 – 15 mg/kgKG/d [2], [59]. Die Startdosis sollte bei 500 mg liegen, die Tageshöchstdosis bei 2 g [60]. In einer Metaanalyse konnten damit der Pruritus gegenüber Placebo signifikant reduziert (OR 0,21, 95%-KI 0,07 – 0,62, p < 0,01), die Transaminasen normalisiert (OR 0,18, 95%-KI 0,06 – 0,52, p < 0,001) bzw. reduziert (OR 0,12, 95%-KI 0,05 – 0,31, p < 0,0001), als auch die Gallensäuren reduziert werden (OR 0,30, 95%-KI 0,12 – 0,73, p < 0,01). Die Autoren schlussfolgerten, dass die Verwendung von UDCA auch das perinatale Outcome verbessern könnte [61]. Dies konnte allerdings in der kürzlich veröffentlichten PITCHES-Studie mit 605 Frauen nicht bestätigt werden, wobei die Studie für Patientinnen mit schweren ICP-Formen unterpowert war [43]. Von besonderer Bedeutung ist, dass UDCA die Gallensäuren auch im Fruchtwasser und Nabelschnurblut reduzieren kann [25], [62]. Da das Medikament in der Schwangerschaft nicht zugelassen ist, bedarf es einer gesonderten Aufklärung (off-label-use). UDCA wurde bei vielen Tausenden Schwangeren mit gutem Erfolg eingesetzt, relevante Nebenwirkungen traten, abgesehen von milden Diarrhöen, nicht auf [61].
Eine Behandlung mit UDCA kann die gemessenen Gallensäuren im Serum erhöhen. Der Anteil von UDCA an den Gesamtgallensäuren beträgt ca. 60% [63]. Dies soll beachtet werden, um eine Fehlinterpretation und daraus eine resultierende Entbindungsindikation zu vermeiden.
Laut einem Cochrane-Review aus dem Jahr 2013 zeigten sich bei Frauen unter einer Behandlung mit UDCA im Vergleich zu Placebo statistisch signifikant weniger Frühgeburten (RR 0,46, 95%-KI 0,28 – 0,73). Nicht signifikant waren die Ergebnisse bez. weniger Anzeichen von fetalem Stress und weniger Mekonium im Fruchtwasser sowie einem höherem Geburtsgewicht in der UDCA-Gruppe [64].
In zwei weiteren Metaanalysen konnte ebenfalls eine Verringerung der Frühgeburtsrate beschrieben werden [65], [79].
Alternativ kann Colestyramin eingesetzt werden, das sich aber in einer randomisierten Studie gegenüber UDCA als unterlegen erwiesen hat [66]. Durch eine verminderte Fettresorption unter Colestyramintherapie kann ein Vitamin-K-Mangel und nachfolgend eine erhöhte Blutungsneigung bei Mutter und Kind verursacht werden. Vitamin K kann intravenös verabreicht das Risiko für eine peripartale Hämorrhagie bei schweren Verläufen vermindern [3].
Eine weitere Therapieoption ist S-Adenosylmethionin (SAM) [47], [61], das als Zweitlinientherapie insbesondere bei persistierendem Pruritus in Dosierungen um 1000 mg/d eingesetzt werden kann. In einer randomisierten-kontrollierten Studie von Roncaglia et al. erwies sich SAM als weniger effektiv als UDCA hinsichtlich der Senkung der Serumspiegel von Gallensäuren, Transaminasen und des Bilirubins. Die Besserung des Pruritus war vergleichbar [67]. Dies bestätigt auch eine Metaanalyse aus dem Jahr 2016, in der UDCA effektiver in Behandlung von ICP als SAM war und den Pruritus-Score, Gallensäuren sowie die Frühgeburtsrate effektiv und signifikant senkte [68]. Eine Kombinationsbehandlung aus beiden Medikamenten erwies sich bei 89 Schwangeren mit einer milden ICP (Gallensäurekonzentration < 40 µmol/l) als gleichwertig hinsichtlich eines ungünstigen
perinatalen Outcomes [69].
Als Drittlinientherapie kann Rifampicin in Dosierungen von 150 – 300 (bis max. 600) mg/d erwogen werden. Das als Tuberkulostatikum eingesetzte bakterizid wirkende Medikament weist anticholestatische Mechanismen auf [59]. Durch eine Kombinationstherapie mit UDCA kann sowohl die Pruritusintensität abnehmen als auch die Cholestaseparameter gesenkt werden [70].
Eine Cochrane-Analyse von 2019 zu pharmakologischen Interventionen kommt zu dem Schluss, dass die Behandlung mit UDCA die Pruritussymptomatik nur gering reduziert. Eine Reduktion der fetalen Risiken bleibt unklar. Für andere pharmakologische Therapien, wie z. B. SAM, Dexamethason, Colestyramin und weitere liegt keine ausreichende Evidenz vor [71].
Supportive Behandlung mit rückfettenden und kühlenden Effekten mit z. B. Mentholingredienzien sind möglich und können Linderung herbeiführen [13]. Sollte bei einer Patientin eine genetische krankheitsassoziierte Variante von ABCB4 nachgewiesen worden sein, muss eine lebenslange Therapie mittels UDCA diskutiert werden [27].
Management
International gibt es keine einheitlichen Empfehlungen zur Überwachung einer Schwangeren mit ICP [72]. Seit letztem Jahr gibt es in der S2k-Leitlinie zur Geburtseinleitung Empfehlungen zum Vorgehen bei intrahepatischer Schwangerschaftscholestase [73].
Beim Management müssen die Schwere der maternalen Beschwerden und die kindlichen Risiken aufgrund einer iatrogenen Frühgeburt sorgfältig gegen das Risiko einer akuten Plazentainsuffizienz und nachfolgenden intrauterinem Fruchttod im 3. Trimenon bei exspektativem Vorgehen abgewogen werden.
Während der Schwangerschaft sind wöchentliche laborchemische Kontrollen der Transaminasen, des Bilirubins und der Gallensäuren zur Therapiekontrolle indiziert, um einen möglicherweise kurzfristigen Progress der ICP zu erkennen [74]. Bei fehlendem ambulanten Therapieerfolg, muss eine Aufnahme zur fetalen Überwachung und eine adäquate Therapieanpassung erfolgen.
Eine Schwangerschaftsbeendigung muss in Abhängigkeit vom Schwangerschaftsalter bei Gallensäurekonzentrationen oberhalb von 40 µmol/l erwogen werden. Die vorzeitige Entbindung scheint bei fehlendem Therapieerfolg die einzige mögliche Intervention zu sein, die ein ungünstiges perinatales Outcome verhindern kann. UDCA allein konnte das Auftreten eines IUFT, die Frühgeburtsrate und fetalen Stress nicht signifikant reduzieren [43].
Inwiefern die maternalen Gallensäuren einen Einfluss auf die Herzfrequenzalterationen des Feten bei Frauen mit und ohne ICP haben, untersucht derzeit eine prospektive Pilotstudie („Bile Acid Effects in Fetal Arrhythmia Study “BEATS“) [75].
Eine Entbindung mit abgeschlossenen 36 SSW bei Schwangeren mit ICP erwies sich in einer statistischen Entscheidungsanalyse aus prä- und postpartalen Entscheidungsfaktoren als die optimale Vorgehensweise [76].
In einer großen amerikanischen retrospektiven Studie war die perinatale Mortalität bei Entbindung mit abgeschlossenen 36 SSW gegenüber einem abwartenden Verhalten deutlich niedriger (4,7 vs. 19,2 pro 10 000 Geburten bei insgesamt 1,6 Mio. Geburten) [77].
Da eine schwere ICP mit maternalem Ikterus und stark erhöhten Gallensäuren von ≥ 100 µmol mit einer hohen perinatalen Mortalität einhergeht, sollte trotz geringer Datenlage eine frühzeitige stationäre fetomaternale Überwachung und Entbindung mit abgeschlossenen 35 – 36 SSW diskutiert werden [45]. Eine absolute Sectioindikation besteht nicht.
Da sichere prädiktive Faktoren, insbesondere für das Risiko eines IUFT, fehlen, bleibt die Konzentration der Gallensäuren der wichtigste Entscheidungsfaktor, wenn auch eine IUFT als schwerste, aber seltene Komplikation ohne Vorzeichen und plötzlich eintreten kann. Umso mehr sollte das Vorgehen individuell bemessen werden.
Seit Dezember 2020 gibt die neue S2k-Leitlinie zur Geburtseinleitung „Empfehlungen zum Vorgehen am Termin bei Schwangeren mit ICP“ [73]. Hiernach soll bei vorliegender ICP eine Geburtseinleitung ab 38 + 0 SSW empfohlen werden (Expertenkonsens; Konsensusstärke +++). Weiter heißt es, dass ab 37 + 0 SSW eine Geburtseinleitung empfohlen werden sollte und dass ab einer Gallensäurekonzentration ab > 100 µmol/l eine Geburtseinleitung bereits im Zeitraum von 34 + 0 bis 36 + 6 SSW empfohlen werden kann (Expertenkonsens; Konsensusstärke +++).
Anmerkung: Die Graduierung der deutschsprachigen Empfehlungen wird im sprachlichen Ausdruck entsprechend der jeweiligen Verbindlichkeit von Empfehlungen unterteilt. Dabei steht „soll“ für eine starke Empfehlung mit hoher Verbindlichkeit und „sollte“ für eine einfache Empfehlung mit mittlerer Verbindlichkeit [73].
Unter www.icpsupport.org findet sich eine sehr differenzierte Empfehlung auf der Basis ständig aktualisierter Literaturrecherchen [60]. Eine international unklare Datenlage erklärt die zum Teil differenten Handlungsempfehlungen bez. der Zeitpunkte zur deutschen S2k-LL und sollte beachtet werden ([Abb. 1]).
Abb. 1 Management bei Frauen mit ICP nach www.icpsupport.org
[60], modifiziert und angepasst an die deutschen Empfehlungen nach [73].
[Abb. 1] basiert auf der RCOG Green-top Guideline No. 43. aus dem Jahr 2011 und wird fortlaufend entsprechend den aktuellen Erkenntnissen angepasst, siehe auch dazu Mitchell et al., 2021 [78] und Ovadia et al. 2021 [79]. Bei Drucklegung dieses Artikels hat die RCOG die Empfehlungen überarbeitet. Nach Veröffentlichung dieser wird die Abbildung umgehend aktualisiert und ist unter www.icpsupport.org zugänglich.
Zukünftig könnten Progesteronmetaboliten einen prädiktiven Marker für die ICP darstellen, welche sich in der Frühschwangerschaft in erhöhten Konzentrationen vorfinden lassen und eine Assoziation mit Pruritus aufweisen [20].
Die Entscheidung für ein exspektatives Vorgehen oder eine aktive Schwangerschaftsbeendigung kann nur unter Berücksichtigung des individuellen Risikoprofils der Schwangeren aus subjektiver Pruritusbelastung, Laborwerten und deren Verlauf, zusätzlicher Risiken (Gestationsdiabetes, Präeklampsie) sowie fetaler Zustandsdiagnostik (CTG, Biometrie/Doppler-Sonografie) erfolgen und erfordert ggf. eine interdisziplinäre Beratung und Betreuung der Schwangeren durch Geburtshelfer, Neonatologen und Hepatologen.
Zusammenfassung
Die intrahepatische Schwangerschaftscholestase (ICP) ist eine seltene, aber potenziell schwerwiegende Schwangerschaftskomplikation, deren Leitsymptom ein die schwangere Frau quälender Pruritus bei erhöhten Serumspiegeln der Gallensäuren ist. Diese gelten als Prädiktor für ein schlechtes perinatales Outcome bis hin zum intrauterinen Tod. Als Therapie der Wahl hat sich Ursodesoxycholsäure (UDCA) zur signifikanten Symptomverbesserung und Verminderung der Cholestase in der klinischen Versorgung etabliert. Die engmaschige Überwachung und Behandlung von Schwangeren mit einer schweren intrahepatischen Cholestase sollte immer in einem Perinatalzentrum interdisziplinär durch Perinatologen und Hepatologen erfolgen, damit neben den maternalen Beschwerden die wesentlich erhöhte perinatale Morbidität und Mortalität minimiert werden.