Nervenheilkunde 2021; 40(08): 636-647
DOI: 10.1055/a-1523-5718
Schwerpunkt

Missbrauch und Abhängigkeit von Benzodiazepinen und Z-Drugs

Klinik und Therapie
Michael Soyka
1   Psychiatrische klinik München, Universitäts München
› Institutsangaben
 

ZUSAMMENFASSUNG

Missbrauch und Abhängigkeit von Sedativa und Hypnotika sind klinisch häufig (Prävalenz ca. 2%), insbesondere von Benzodiazepinen und Non-Benzodiazepin-Hypnotika (Z-Drugs). Beide Substanzgruppen haben ältere und weit toxischere Sedativa und Hypnotika wie Barbiturate und Meprobamat zu Recht verdrängt. Benzodiazepine wie Z-Drugs entfalten ihre Wirkung über den inhibitorischen GABA-Rezeptor und können beide eine erhebliche Toleranz induzieren, was klinisch zu Dosissteigerungen, physischer und psychischer Abhängigkeit, Kontrollverlust sowie Entzugssymptomen führen kann. Prädisponierende Faktoren sind neben dem Geschlecht, Frauen sind häufiger betroffen, vor allem psychiatrische und psychosomatische Erkrankungen, insbesondere Angst und Schlafstörungen, aber auch psychosomatische Störungen und chronische Schmerzerkrankungen. Besonders häufig und lange werden Benzodiazepine älteren Patienten verschrieben, entgegen aller Leitlinienempfehlungen.

Therapeutisch gesichert ist, dass bei Benzodiazepinabhängig-keit ein langsames Ausschleichen über viele Wochen, manchmal sogar Monate notwendig ist. Ansonsten können erhebliche Entzugserscheinungen inklusive epileptischen Anfällen, Psychosen und Delire auftreten. Das Entzugssyndrom bei Sedativa und Hypnotika ist sehr vielgestaltig mit Depression, Agitation, innerer Unruhe und Perzeptions-und Schlafstörungen als häufigen Symptomen. Die übrige Therapie ist pragmatisch und richtet sich nach den zugrunde liegenden psychischen Störungen und Entzugssymptomen. Im Wesentlichen werden Antidepressiva eingesetzt. Kurzzeitinterventionen werden empfohlen. Psychotherapeutisch haben sich Psychoedukation, kognitive Verhaltenstherapie oder motivationale Therapien bewährt.


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Einleitung

Vor Kurzem wurde unter dem etwas irreführenden Titel "Medikamentenbezogene Störungen" die erste S3-Leit-linie zu Diagnostik und Therapie der Medikamentenabhängigkeit vorgestellt (AWMF-Register 038-025), die klinisch sehr wichtig ist, aber noch keine weite Verbreitung gefunden hat. Neben vielen anderen Themen (Opioide, Gabapentoide) kommt dem Thema Sedativa und Hypnotika dabei eine große Rolle zu. Vor diesem Hintergrund erscheint es von Interesse, den heutigen Wissensstand zum Thema Abhängigkeit von Benzodiazepinen (BZD) und Non-BZD-Hypnotika (Z-Drugs) darzustellen. Sedativa und Hypnotika sind eine sehr heterogene Gruppe von Substanzen, wobei dieser Artikel den Schwerpunkt auf die am häufigsten eingesetzten Substanzen, nämlich Benzodiazepinen und Z-Drugs, setzt. Andere Substanzen wie Barbiturate, Chloralhydrat, Clomethiazol und Meprobamat sind zugunsten diese beiden Substanzgruppen weitestgehend verlassen worden [1]-[3]. Benzodiazepine werden seit den frühen 1960er-Jahren eingesetzt -nicht immer leitlinien -gerecht oder exklusiv bei psychiatrischen Erkrankungen wie schon ein Rolling-Stones-Titel aus dem Jahr 1966 "Mo-ther's little Helpers" widerspiegelt:

"Mother needs something today to calm her down and though she's not really ill. There's a little yellow pill. She goes running for the shelter of a mother's little helper. And it helps her on her way, gets her through her busy day


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Klinische Einsatzgebiete von Benzodiazepinen und Z-Drugs

Z-Drugs werden per Definition zur Behandlung von Schlafstörungen (Insomnie) eingesetzt. Benzodiazepine werden, etwas willkürlich vor allem aufgrund ihrer Wirkdauer, in Hypnotika/Sedativa und Anxiolytika unterschieden. Anxiolytika und Tranquilizer werden zur Behandlung von Angststörungen, innere Unruhe oder bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt, aber auch zur Behandlung von Entzugssyndromen (Alkohol!) und Delirien. Sie sind auch antiepileptisch wirksam [1], [2]. Außerdem werden Benzodiazepine in weiten Bereichen der inneren Medizin oder zur Prämedikation in der Anästhesie und vor diagnostischen oder therapeutischen Eingriffen eingesetzt (z. B. Midazolam). Benzodiazepine sind keine Antidepressiva, werden aber häufig als Komedikation bei Depressionen verordnet. Metaanalytische Studien haben gezeigt, dass diese Kombination nur in der Frühphase der Depressionsbehandlung sinnvoll ist [4]. US-amerikanische Studien zeigten, dass etwa 10% der Patienten mit Antide-pressivabehandlung Benzodiazepine bekommen, wobei sich die Therapieergebnisse nach 6 Monaten nicht unterscheiden [5]. Benzodiazepine sind keine Analgetika, werden aber sehr häufig bei psychosomatischen Störungen, speziell chronischen Schmerzsyndromen eingesetzt, obwohl sie nur beim "burning mouth syndrome" und beim "stiff person syndrome" effizient sind [6]. Ansonsten sind sie bei Schmerzen meist nicht effektiv, sondern beruhigen nur.


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Pharmakologie und Nebenwirkungen

An diese Stelle soll nur kurz zu den pharmakologischen Grundlagen der BZD Stellung genommen werden [1], [2], [7]. Weltweit sind etwa 35 Präparate im Handel. Sie wirken über inhibitorische GABA-Rezeptoren [8], [9]. Benzodiazepine werden oral aufgenommen, in der Leber me-tabolisiert und über die Nieren ausgeschieden. Es gibt 2 Stoffwechselwege: Einige Benzodiazepine werden de-alkyliert über Cytrochrom P450, demethyliert und hydro-xiliert (z. B. Diazepam über Cyp2c19, andere BZD über Cyp3a4, 5 oder 7) und schließlich glucuronidiert, andere Benzodiazepine (Oxazepam, Lorazepam, Lormetazepam, Temazepam, etc.) werden gleich glucuronidiert und über die Nieren ausgeschieden. Die zweite Gruppe hat typischerweise kürzere Halbwertszeiten. Insgesamt haben viele Benzodiazepine pharmakologisch aktive Metabolite oder sind Pro-Drugs. Zu den Anxiolytika zählen Alpra-zolam, Bromazepam, Lorazepam, Ozazepam, Prazepam oder Tetrazepam, zu den Hypnotika Flurazepam, Flunitrazepam, Midazolam, Nitrazepam, Temazepam [3]. Diazepam wird auch zu den Anxiolytika gezählt [7], wirkt aber auch sehr sedierend.

Ob verschiedene Benzodiazepine ein unterschiedlich hohes Missbrauchspotenzial haben, wird kontrovers diskutiert [10], [11]. Lader et al. [12] postulierten z. B. ein höheres Missbrauchspotenzial von Anxiolytika wie Alprazo-lam bzw. von kurzwirksamen BZD. Letztlich ist aber nicht belegt, dass kurzwirksame Benzodiazepine ein generell höheres Missbrauchsrisiko haben. Gesichert ist nur das hohe Missbrauchspotenzial des starken Hypnotikums Flunitrazepam, das in vielen Ländern deswegen besonders reguliert bzw. unter das Betäubungsmittelgesetz gestellt wurde [1], [10], [13]. Auch Z-Drugs wirken über den gabaer-gen Rezeptor, haben aber eine etwas andere Pharmakologie [13]. Zolpidem ist als Prototyp der Z-Drugs ein Ago-nist am GABA-A-Rezeptor mit hoher Affinität zur a1-Un-tereinheit des GABA-A-Benzodiazepinrezeptors [14]-[16]. Zaleplon [17] ist mittlerweile vom Markt genommen. Zopiclon und Eszoplicon werden ebenfalls zur Behandlung der Insomnie eingesetzt [18]. Zahlreiche Therapierichtlinien empfehlen Benzodiazepine genauso wie Z-Drugs nur zur Kurzzeitbehandlung der Insomnie [1], [2].

Neurobiologisch ist gesichert, dass Benzodiazepine, wie auch andere Drogen, indirekt über GABA-Rezeptoren zu einer Dopaminausschüttung im mesolimbischen Belohnungssystem führen, das für Suchtentwicklungen entscheidend ist [19]. Zuletzt wurde die Bedeutung von Sisha7 für die BZD-Wirkung diskutiert [20]. GABA-Rezep-toren, die im limbischen System lokalisiert sind, stellen die mit Abstand am weitesten verbreiteten inhibitorischen Rezeptoren im ZNS dar und ihre Aktivierung führt indirekt zu einer Dopaminausschüttung im mesolimbischen Bereich [21]. Durch eine Reihe von eleganten Experimenten konnte gezeigt werden, dass die a1-Untereinheit des GABA-A-Rezeptors für die Entwicklung einer physiologischen Abhängigkeit von Benzodiazepinen eine entscheidende Rolle spielt.

Benzodiazepine sind sehr sichere Substanzen und haben eine ausgesprochen geringe Organtoxizität. Tödliche Monointoxikationen sind sehr selten, auch tödlich verlaufende Entzüge. Problematisch ist für viele Medikamente, speziell Hypnotika, ein Hangover am nächsten Morgen (nach deutlicher Sedierung), außerdem eine oft zu starke Sedierung, die gerade bei Älteren mit einem Risiko von Stürzen und Unfällen einhergeht. Auch die Fahrtauglichkeit ist beeinträchtigt, speziell bei BZD-Hypnotika, obwohl sich die neurokognitiven Defizite bei langer Einnahme abschwächen bzw. der Patient möglicherweise an die Wirkungen der Medikamente habituiert [22]. Ob Benzodiazepine auch einen kognitiven Abbau induzieren können oder das Risiko für Demenzen inklusive der Alzheimererkrankung erhöhen, wird kontrovers diskutiert, allerdings gibt es einige Befunde in diese Richtung [23]-[25]. Generell ist die Einnahme von ZNS "depressants" bei Älteren mit schlechteren kognitiven Leistungen assoziiert.


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Medikamentenabhängigkeit

Im Prinzip gelten für schädlichen Gebrauch oder Missbrauch und Abhängigkeit von verschreibungspflichtigen Medikamenten wie Benzodiazepine und Hypnotika dieselben diagnostischen Grundlagen wie für die Abhängigkeit von Alkohol oder illegalen Drogen. In der ICD-10 sowie der in Kürze eingeführten ICD-11 wird schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit von Sedativa und Hypnotika unterschieden [1], [2], während das DSM-5 [26] die kategoriale Unterscheidung Missbrauch und Abhängigkeit zugunsten eines dimensionalen Konzeptes aufgegeben hat. Für die Diagnose einer Substanzstörung werden 11 Kernsymptome definiert. Sind 2 oder 3 der diagnostischen Symptome erfüllt kann man von einer milden, bei 4 bis 5 von einer moderaten, bei 6 oder mehr von einer schweren Substanzgebrauchsstörung ausgehen (Kasten "DSM-5-Symptome"). Sowohl ICD-11 als auch DSM-5 postulieren für legale wir illegale Süchte dieselben diagnostischen Kriterien. Während Toleranzentwicklung, Kontrollverlust oder berauschende, psychotrope Effekte davon nicht berührt werden, spielt dies für die als diagnostische Symptome genannten psychosozialen Folgeschäden und Verhaltensmerkmale eine große Rolle. Insofern ist diskutabel, ob die gleichen diagnostischen Kriterien wie z. B. für Heroin -oder Amphetaminmissbrauch für legale, verschreibungspflichtige Medikamente sinnvoll sind. Aus einer BZD-Sucht resultieren häufig andere Verhaltensmerkmale als aus anderen Suchtformen (Kasten "Klinische Hinweise").

DSM-5-SYMPTOME

Störungen im Zusammenhang mit Sedativa, Hypnotika oder Anxiolytika

  • Konsum in größeren Mengen und länger als

    beabsichtigt      P

  • Anhaltender Wunsch oder erfolge Versuche Konsum zu reduzieren oder zu kontrollieren

    (Kontrollverlust)      P

  • Hoher Zeitaufwand für Beschaffung

    Konsum     P, S

  • Craving, starkes Verlangen P, B

  • Konsum trotz Versagen bei Erfüllung wichtiger

    Verpflichtungen     S

  • Konsum trotz sozialer oder zwischenmensch

    licher Probleme     S

  • Soziale, berufliche, Freizeitaktivitäten werden

    vernachlässigt     S

  • Konsum trotz körperlicher Gefährdung

    (z. B. Autofahren)     S

  • Konsum trotz körperlicher, psychischer

    Probleme     B, P

  • Toleranzentwicklung     B

  • Entzugssymptome     B

Erklärung

Ursache oder Schädigung auf folgender Ebene: B:

biologisch, physiologisch, P: psychisch, S: sozial

KLINISCHE HINWEISE

Missbrauch oder Abhängigkeit von Benzodiazepinen oder Z-Drugs

  • Tendenz zur Dosiserhöhung, Toleranzentwicklung

  • Mangelnde Compliance, Drängen auf Verschreiben bestimmter Medikamente

  • Besuche von Apotheken oder Notfallambulanzen unter Angabe "verlorenes Rezept"

  • Abwehr von Änderungen der Medikation, auch bei fehlender Besserung

  • Horten von Medikamenten

  • Rezeptfälschungen, Stehlen oder Borgen von Medikamenten

  • Doktor-Hopping (oder -Shopping), mehrere Ärzte werden um Rezepte gebeten

  • ursprüngliche Indikation verliert an Bedeutung

  • Konzentrationsstörungen, Wesensänderungen

  • Zunahme von Angst, Depression, Schlafstörungen, Alpträume

  • Einnahme anderer Suchtstoffe, psychotroper Substanzen

  • Ggf. i.v. Missbrauch

Klinische Symptome von Missbrauch und Abhängigkeit

In der S3-Leitlinie für "Medikamentenbezogene Störungen" (gemeint Missbrauch und Abhängigkeit von verschreibungspflichtigen Medikamenten) sind eine Reihe von spezifischen und unspezifischen Symptomen aufgelistet, die jenseits der ICD-10/-11-und DSM-5-Kriterien für eine Abhängigkeitsentwicklung von Medikamenten sprechen (Kasten "Entzugssymptome"). Typische psychische und Verhaltensmerkmale von BZD-Missbrauch sind von Autoren wie Ashton [27]-[29] dargestellt worden. Typisch ist vor allem das Horten von Medikamenten, Doctor-Shop-ping (oder Hopping), Rezeptsammlungen und Einreichen von Rezepten bei verschiedenen, auch Versandapotheken, das wiederholte Aufsuchen von Ambulanzen oder fremden Ärzten, um Medikamente einzufordern oder verlorene Rezepte zu beklagen und Angst vor jeder Medikamentenreduktion.

ENTZUGSSYMPTOME

Sedativa, Hypnotika und Anxiolytika

Psychisch

  • Angst

  • Schlafstörungen

  • Innere Unruhe, Anspannung

  • Depression

  • Erhöhte Irritabilität

  • Kognitive Störungen

  • Merkfähigkeits-und Konzentrationsstörungen

  • Schwerer Verlauf

  • Psychose

  • Verwirrtheitssyndrom

  • Delir

Vegetativ

  • Zittern

  • Übelkeit, Erbrechen

  • Schwitzen

  • Motorische Unruhe

  • Erhöhter Puls, Blutdruck

  • Dyspnoe

  • Kopfschmerzen

  • Muskelzuckungen oder -verspannungen

Neurologisch, somatisch

  • Epileptische Anfälle

  • Wahrnehmungs-und Perzeptionsstörungen

    • Hyperakusis

    • Photophobie

    • Dysästhesien

  • Störungen der Motorik


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Prävention

In den meisten Therapierichtlinien wird höchstens eine mehrwöchige Medikation von Benzodiazepinen oder Z-Drugs empfohlen [1], [7]. Mehrmonatige Behandlungen werden wegen des Risikos von Toleranzentwicklungen, Dosissteigerungen und physischer und psychischer Abhängigkeit sehr kritisch gesehen [11], [12], [29]-[31].

Zur Anwendung von BZDs gilt die 5-K-Regel:

  • klare Indikation,

  • kleinstmögliche Dosis,

  • kürzester möglicher Zeitraum,

  • kein abruptes Absetzen,

  • Kontraindikationen sind zu beachten (siehe S3-Leit-linie).

Natürlich führen auch Veränderungen der Verfügbarkeit und Zulassungsregeln zu einem veränderten Verschrei-bungsverhalten, auch wenn man diese nicht überschätzen sollte, wie z. B. Erfahrungen aus Irland gezeigt haben [32].


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Epidemiologie

Die Datenbasis über Missbrauch und Abhängigkeit von verschreibungspflichtigen Medikamenten ist sehr viel schlechter als die von Alkohol oder Drogen. Oft wird aus der Verschreibung oder Langzeitanwendung von Benzodiazepinen auf die Zahl der Abhängigen geschlossen, was methodisch fragwürdig ist. Häufig wird für Deutschland eine Zahl von 1 bis 1,2 Mio. Menschen mit Missbrauch oder Abhängigkeit von Sedativa und Hypnotika angegeben [1]-[3], [33], [34]. International ist die Datenbasis besser. Von 1999 bis 2014 war der Konsum von BZD-und Non-BZD-Hypnotika in den USA deutlich gestiegen, vor allem wegen häufigerer Langzeitverschreibungen [35]. In den USA nehmen 12,5% der Erwachsenen pro Jahr Benzodiazepine ein, 2,1% missbrauchen sie. Von den BZD-Kon-sumenten missbrauchen diese 17,1%, 1,5% haben eine BZD-Konsumstörung (benzodiazepine use disorder). Der Missbrauch geht mit anderem Substanzkonsum, Suizidalität, psychischen Störungen und Notfalleinweisungen einher. In England hatten in einem Quartal 3,1% der Bevölkerung ein Rezept für ein Benzodiazepin, 2,3% für ein Z-Drug [36]. Tatsache ist, dass die Verschreibung von Benzodiazepinen zu Lasten der Krankenkassen in den letzten Jahren deutlich gefallen ist, allerdings bei einem gleichzeitigen Anstieg der Rezeptierungen auf Privatrezepten und eines Anstiegs von Verschreibungen der Z-Drugs [37]. Derselbe Trend ist, mit einigen Ausnahmen, auch international erkennbar [35], [38]–[40], sehr schön gezeigt z. B. für Finnland [41]. Eine Ausnahme ist Kolumbien [42]. Ergebnisse aus Japan zeigen, dass 10% der Patienten mit Erstverschrei-bungen von Hypnotika auch nach 12 Monaten die Substanz noch einnehmen [43].

Besonders häufig ist ein BZD-Langzeitkonsum bei Patienten mit chronischen Schmerzerkrankungen z. B. Kopfschmerzen. Daten aus Frankreich zeigen, dass etwa 30% der Hypnotika-Verschreibungen und 20% der Anxiolytika nicht leitliniengerecht sind [44]. Viele dieser Verschreibungen erfolgen nicht durch Psychiater [45]-[47]. Daten der National Survey on Drug Use and Health zeigten, dass 2,1% der Erwachsenen Benzodiazepine missbraucht haben, fanden aber nur eine Prävalenz von BZD-Konsum-substanzstörungen von 0,2% [46]. Ein systematisches Review ergab allerdings für die USA eine Missbrauchs-und Abhängigkeitsrate von Benzodiazepinen und Tranquilizern von 2,2% [48]. Weltweit wurden ebenfalls Raten von 2,2% gefunden [49]. In vielen Studien fand sich eine Assoziation vom niedrigen sozioökonomischen Status und BZD-Langzeitbehandlungen [48]. Es ist etwas umstritten, ob das Missbrauchspotenzial von Z-Drugs kleiner ist als das von Benzodiazepinen [17], [18], [50]-[52]. Es ist aber sicher ebenfalls beträchtlich und ausgesprochene Hochdosisabhängigkeiten werden auch hier beobachtet [53]-[55]. Auch für Z-Drugs gilt ein Risiko für kognitive Beeinträchtigungen und Unfälle [56], [57].


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Risikofaktoren und sozioökonomische Korrelate des Langzeitkonsums

In vielen Untersuchungen wurde gezeigt, dass die Rate der BZD-Verschreibungen bei Frauen deutlich höher ist als bei Männern, und das Risiko für Langzeitverschreibungen steigt mit dem Alter exponentiell an [58], [59]. In einer niederländischen Studie zu Angst und Depression war BZD-Abhängigkeit mit Schlafstörungen, antidepressiver Behandlung und Alkoholabhängigkeit assoziiert [60]. Patienten mit anderen Suchterkrankungen, z. B. Alkoholismus oder Polytoxikomane sind Risikopatienten für BZD-Missbrauch [61]. Besonders betroffen sind Opiatabhängige [62]-[69], wobei Raten von etwa 21-66% berichtet wurden [66]-[69]. Benzodiazepine spielen auch für die Mortalität bei Opioiden (overdose death) eine erhebliche Rolle [70]-[72]. Auch die Retentionsrate ist bei Patienten in der Substitutionsbehandlung bei BZD-Konsum kleiner [73]. Alkohol und Benzodiazepine sind erhebliche Risikofaktoren für tödliche Opiatintoxikationen [74]. Besonders bedenklich ist das Risiko bei Älteren (vor allem Frauen) mit Benzodiazepinen langfristig behandelt zu werden [58], [71], [75], [76]. Über BZD-Langzeitbehandlungen bei Kindern und Jugendlichen ist dagegen weniger bekannt [77]. Die epidemiologischen Daten belegen eine Reihe von funktionellen Konsequenzen von BZD-Missbrauch oderabhängigkeit. Dazu gehören Suizidalität, Risiko für Infektionskrankheiten, Kriminalität, geringe Lebensqualität und schlechte Prognose bei der Behandlung von Suchterkrankungen [49].


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Klinisches Bild der Benzodiazepinabhängigkeit

Entzugserscheinungen und Abhängigkeit von Benzodiazepinen wurden früh beschrieben [78], aber lange ignoriert. Toleranzentwicklungen und Dosissteigerungen sind sehr häufig, aber anders als bei anderen Rauschdrogen kann es bei Benzodiazepinen zu einer Niederdosisabhängigkeit (low dose dependence), also einer psychischen und physischen Abhängigkeit von Benzodiazepinen ohne Dosissteigerung und Toleranzsteigerung, kommen. In den meisten Fällen wird bei Langzeitkonsum von Benzodiazepinen aber die Dosis deutlich ansteigen und die Ursprungsindikation verliert ihre Bedeutung. So werden z. B. Hypnotika zunehmend über den Tag genommen, um überhaupt funktionsfähig zu bleiben oder Entzugssymptome zu vermindern. Das BZD-Entzugssyndrom ist ausgesprochen vielgestaltig und entspricht im Prinzip dem von Alkohol oder anderen Hypnotika. Es ist letztlich auf eine verminderte Funktion (Down-Regulation) des GABAergen Systems und einer vermehrten Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter zurückzuführen. Pathognomonische Befunde fehlen, aber es gibt eine Reihe von typischen Symptomen, z. B. die Überempfindlichkeit für Licht, Geräusche und Berührung oder andere Wahrnehmungs-und Perzep-tionsstörungen. Beim plötzlichen Absetzen kann es häufig zu epileptischen Anfällen kommen, seltener sind Psychosen und Delire, vor allem bei Hochdosisabhängigkeit. Unruhe, Angst, Stimmungsschwankungen oder Depressionen sind dagegen häufig, Schlafstörungen mehr oder weniger obligat. Auch für Non-BZD-Hypnotika wie Eszopiclon sind Entzugserscheinungen nach Absetzen beschrieben worden [79]. Toxikologische Urinkontrollen können bei der Diagnose helfen und den Missbrauch anderer Substanzen ausschließen. Die Bestimmung von Plasmakonzentration bei BZD-Abhängigkeit ist nicht üblich, Haaranalysen nur bei forensisch relevanten Fragestellungen wegweisend.


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Differenzialdiagnose

Diese ist sehr breit und umfasst eine Reihe von neurologischen und somatischen Erkrankungen. Dazu gehören:

  • Entzug von anderen Substanzen (Alkohol, Drogen),

  • Epilepsie,

  • Hirntraumata, Enzephalitis,

  • Delirien anderer Genese (metabolisch, toxisch),

  • affektive Erkrankungen,

  • andere psychiatrische Erkrankungen (Angst, bipolare Störung, Schizophrenie),

  • diverse somatische Erkrankungen je nach klinischem Erscheinungsbild (z. B. Herzinfarkt bei starker Angst).


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Therapie

Es gibt relativ wenige klinisch kontrollierte Untersuchungen zur Frage der optimalen Behandlung der BZD-Abhän-gigkeit. Es existieren eine Reihe von kritischen Reviews, Metaanalysen und evidenzbasierten Leitlinien [1], [2], [31], [80]-[86], aktuelle AWMF-S3-Leitlinie Medikamentenbezo-gene Störungen], wichtig sind die Cochrane-Analysen [80], [87]. Gesichert ist, dass das abrupte Absetzen von Benzodiazepin nach Langzeitgabe speziell bei hohen Dosen zu plötzlich auftretenden Entzugssymptomen führen kann, die klinisch bedeutsam und für den Patienten kaum zu tolerieren sind. Insbesondere das Risiko von epileptischen Anfällen und Entzugspsychosen ist erheblich. Deswegen ist das schrittweise Absetzen von Benzodiazepinen (tape-ring off) der Goldstandard in der Behandlung der BZD-Ab-hängigkeit. Dabei werden die Medikamente über mehrere Wochen, abhängig von der Initialdosis, schrittweise reduziert. Bei zu raschem Absetzen sind die Entzugssymptome häufig nicht tolerabel und der Patient bricht die Behandlung ab. Ein zu vorsichtiger Entzug ist für den Patienten dagegen oft ein "endloser Horror". Deswegen ist es in vielen günstiger eine bestimmte Behandlungsdauer (z. B. 6 Wochen) abzusprechen, damit die Entzugsbehandlung nicht der "morbid focus" des Patienten wird [30]. Viele BZD-Entzugsprotokolle gehen von einer 25%igen Reduktion alle 1-2 Wochen aus [88], für viele Ärzte und Patienten sicher ein realistischer Behandlungsansatz. Der Wechsel von Benzodiazepinen mit kurzer HWZ zu langer HWZ (Diazepam) wird immer wieder diskutiert und ist empirisch nicht ausreichend belegt [31]. Beim Entzug mehrerer Substanzen ist die Umstellung auf eine langwirkende Substanz sinnvoll.

Es gibt keine Medikamente, die für die Entzugsbehandlung der BZD-Abhängigkeit zugelassen sind. In ihrer Übersicht fanden Welsh et al. [89] nur schwache Hinweise für die Wirksamkeit einzelner Substanzen bei BZD-Hypnoti-ka und Anxiolytikaentzug. Für die Behandlung von Schlafstörungen bieten sich entweder sedierende Trizyklika oder Antihistaminika an, wie auch in der Leitlinie zur Behandlung von Schlafstörungen empfohlen wird [90]. Entscheidend ist eine gute Schlafhygiene [91]: Nicht zu spät ins Bett gehen, nicht zu schwer essen oder Alkohol vor dem Schlafengehen, keine Horrorfilme sehen etc. In der erwähnten Therapierichtlinie zur Behandlung der Hypo-somnie werden z. B. Trazodon, Doxepin, Mirtazapin und Trimipramin als mögliche Medikamente genannt [90]. Eine Cochrane-Analyse zur Effizienz von Antidepressiva bei Insomnie über 23 Studien zeigte nur eine begrenzte Wirksamkeit [92]. Ähnliche Befunde werden in anderen Übersichten mitgeteilt [93], [94].

Antidepressiva werden auch sonst in der Behandlung der BZD-Abhängigkeit häufig eingesetzt, durchaus mit gemischten Ergebnissen [95], [96]. Dennoch dürften sie die realistischste Behandlungsoption im BZD-Entzug sein. Weniger gut untersucht und allenfalls Second-line-Me-dikamente sind Carbamazepin [97] und Gabapentin [66], [98], [99]. Gabapentin ist in diesem Kontext nicht uninteressant, hat aber ein gewisses Missbrauchspotenzial (S3-Leitlinie). Ein weiterer Kandidat ist der GABA-B-Ago-nist Baclofen, der, bei sehr heterogener Datenbasis, vor allem in Frankreich zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit eingesetzt wird [100], [101]. Hier sind Studien angedacht, es liegen aber nur wenige kasuistische Befunde zur Wirksamkeit bei BZD-Abhängigkeit vor [102]. Auch Melatonin oder melatonerge Substanzen haben eine geringe Wirkung gezeigt [103]. Inwieweit Pregabalin eine realistische Behandlungsalternative darstellen wird, muss die Zukunft zeigen. Pregabalin wurde im BZD-Entzug in Dosen von 150 bis 600 mg eingesetzt [103]. Die Substanz hat allerdings ein erhebliches Missbrauchspotenzial [104], insbesondere bei Patienten mit anderen Suchterkrankungen [87]. Insgesamt kann Pregabalin noch nicht als Medikation im BZD-Entzug empfohlen werden [105]. Keine große Bedeutung haben Betablocker [106] oder Valporat [107], auch wenn dies gelegentlich empfohlen wird [108]. Experimentell wurde eine "rapid de-toxification" von Benzodiazepinen mit Flumazenil, einem BZD-Antagonisten [109], [110] empfohlen. Zuletzt wurde wieder eine Arbeit publiziert, bei der über 7 Tage Flumazenil 1 mg/Tag s.c. zum BZD-Entzug gegeben wurde [111]. Es gibt aber erhebliche medizinische Risiken, z. B. epileptische Anfälle [112]. In Analogie zur Substitutionsbehandlung von Opioiden wurde eine Substitutionsbehandlung bei BZD-Abhängigkeit diskutiert, z. B. mit Clo-nazepam, speziell bei "High-dose"-Konsumenten [113]. Letztlich liegen hier keine belastbaren Befunde vor.

Psychotherapie

Die Therapieempfehlungen bei Medikamentenabhängigkeit orientieren sich stark an denen anderer Suchtformen, insbesondere Alkoholismus. Allerdings gibt es Besonderheiten. Der erste Schritt ist immer, dass (Sucht-)Problem zu erkennen und, wenn nötig mehrfach, anzusprechen und mögliche Behandlungsalternativen vorzuschlagen [28], [113]. Relativ gut belegt ist die Effizienz von "brief interventions" bei Suchterkrankungen [114] und BZD-Miss-brauch. Sie werden vor allem beim Hausarzt oder in (Not-fall-)Ambulanzen eingesetzt, aber auch im Krankenhaus, und reichen vom persönlichen Ratschlag (advice) über schriftliches Aufklärungsmaterial, Selbsthilfebroschüren und Material über die Folgen und Risiken des Konsums bis hin zur Vermittlung von Beratungsstellen oder Therapeuten. Möglicherweise haben Patienten, die die BZD-Re-zepte vom Hausarzt bekommen, eine bessere Prognose als die, die ihre Rezepte von anderen Ärzten bekommen [115]. Die Effizienz solcher Interventionen im Primary-ca-re-Bereich ist gut belegt [116], [117], wie zuletzt eine Metaanalyse zeigte, die 8 Studien mit 2071 Patienten umfasste [117]. Teilnehmer in einer Interventionsgruppe wiesen nach 6 Monaten 2,73-mal häufiger eine BZD-Abstinenz auf, es gibt allerdings auch negative Studien [118]. Eine "personalisierte" Herangehensweise wird generell bevorzugt, mit Aufklärung über die gesundheitlichen und sozialen Folgen des Konsums und einem schrittweisen BZD-Ab-setzen [119].


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Psychosoziale Therapien und Psychoedukation

Eine spezifische Psychotherapie für Abhängigkeit von Hypnotika und Tranquilizern gibt es nicht [1], [2]. Wichtig sind Setting-Effekte: Anders als bei anderen Süchten werden die meisten Patienten nicht im eigentlichen Suchthilfesystem, sondern eher beim Hausarzt, Psychiater oder in der Psychosomatik behandelt [1]-[3]. Die Anzahl kontrollierter Studien in diesem Bereich ist überschaubar [107], [120], [121]. Generell wirkt Psychotherapie bei Patienten mit BZD-Abhängigkeit und -entzug besser als "treatment as usual" [122], [123].

Zur Psychoedukation liegen einige Befunde vor [119]. Gerade bei Medikamentenabhängigkeit kommt der Vermittlung von Wissen über die Grunderkrankung, Behandlungsmöglichkeiten und Wirkungen von Medikamenten eine große Rolle zu. Welche Rolle spielt das Medikament im Leben, gibt es Behandlungsalternativen [124]? Ein systematischer Review zeigte eine Wirksamkeit psychoedukativer Maßnahmen, z. T. in Kombination mit kognitiver Verhaltenstherapie [125].


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Motivationale Therapien und KVT

Basierend auf dem transtheoretischen Model von Prochas-ka und DiClemente [126] wurde das "motivational inter-viewing" entwickelt [127], das verschiedene Phasen der Willensbildung und Veränderungsbereitschaft beschreibt. Man kann dies auch auf die Therapie von Medikamenten-abhängigen übertragen, aber es sind nur wenige Befunde verfügbar [115].

KVT ist bei Suchterkrankungen intensiv untersucht worden [128]. Bei Medikamentenabhängigkeit liegt der Fokus z. B. auf der Analyse der Funktion des eingenommenen Medikaments, Umgang mit Stress, negativen Gefühlen oder psychosomatischen Beschwerden [124]. KVT kann als Einzel-oder Gruppentherapie angeboten werden. Der Patient lernt das "Nein-Sagen". Wichtig sind Selbstwirksamkeitsstrategien, der Glaube und das Vertrauen, mit bestimmten Beschwerden auch ohne eine Tablette fertig zu werden. Erkennen, Vermeiden und Umgang mit Risikosituationen gehört dazu [1]-[3], [119]. Morgan et al. [129] konnten in einer randomisierten kontrollierten Studie die Wirksamkeit von KVT bei Patienten mit Schlafstörungen zeigen (n = 209). Die Kombination von KVT mit motivationalen Therapien wird bei BZD-Ab-hängigkeit empfohlen [83], oft auch in Kombination mit Entspannungsverfahren wie progressive Muskelrelaxation oder autogenem Training. Andere Therapien richten sich nach der zugrunde liegenden Erkrankung, z. B. einer Angststörung.


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Ergebnisse der Therapieforschung

Eine Cochrane-Analyse [80] untersuchte die Effizienz des "motivational enhancement" [127] gegenüber Standardtherapie und KVT während der BZD-Reduktion. Insgesamt waren, bei überschaubarer Datenbasis, die Befunde für KVT am besten. Für komorbid psychisch erkrankte Menschen gibt es wenig Befunde. KVT wird empfohlen [30], [130]. Eine Metaanalyse zeigte eine generelle Wirksamkeit von Psychotherapie bei Älteren mit BZD-Ent-zug [125]. Psychoedukation plus Psychotherapie hat sich als wirksam erwiesen [125], [131]. Die Prognose bei BZD-Langzeitkonsum ist nicht schlecht. Untersuchungen von Rickels et al. [132] zeigten 73% Abstinenz nach 2-5 Jahren bei Patienten, die ein Therapieprogramm mit schrittweisem Absetzen von BZD erfolgreich beendet hatten. Andere Nachuntersuchungen zeigten weniger günstige Ergebnisse [133], während die in diesem Bereich sehr erfahrene Autorin Ashton und Kollegen [27] eine 85%ige Abstinenz in einer Stichprobe von 50 Patienten fand. Insgesamt liegen nur wenige kontrollierte randomisierte Therapiestudien vor [84], [130], [134]–[136]. De Gier et al. [120] legten eine große Studie vor und fanden nach "minimal intervention" eine Abstinenzrate von 58,8%. Einige Untersuchungen haben sich der Frage der Therapie Älterer mit BZD-Abhängigkeit gewidmet [128]. Es liegt eine Monografie zu dem Thema vor [137]. Sie sind durch Verletzungen, Stürze und kognitiven Abbau besonders gefährdet, gleichzeitig besonders häufig betroffen. Genaue Aufklärung bzw. Psychoedukation, KVT und ggf. das Angebot pharmakologischer Alternativen (z. B. bei Insomnie) werden empfohlen [125], [138]. Da ein Risiko z. B. für Delire existiert [139], wird zu einem eher behutsamen Abbau geraten.

FAZIT

Benzodiazepine und Z-Drugs sind ausgesprochen effektive und sichere Medikamente [140], [141]. Hauptproblem und Risiko ist die erhebliche Toleranz und Gewöhnung bei längerer Anwendung, weswegen der Prävention (genaue Indikationsstellung, kurze Behandlungsdauer) eine entscheidende Bedeutung zukommt. Risikogruppen für Suchtentwicklungen sind Patienten mit anderen Süchten, schweren psychischen und psychosomatischen Störungen, Schmerz-Patienten und medizinisches Personal. Frauen und ältere Menschen sind viel häufiger betroffen.

Die Bedeutung von "brief interventions" bei BZD-Abhängigkeit ist gesichert. Ein schrittweises Absetzen bei Langzeitkonsum ist in jedem Fall sinnvoll. Einen Goldstandard in der begleitenden Psychopharmakotherapie gibt es nicht, oft werden Antidepressiva eingesetzt. Aufklärung und Psychoedukation, (kognitive) Verhaltenstherapie und motivationale Ansätze spielen klinisch eine wichtige Rolle. Die übrige Therapie richtet sich nach der (psychischen) Grunderkrankung. Die wenigen Langzeituntersuchungen rechtfertigen einen gewissen Optimismus hinsichtlich der langfristigen Abstinenz.


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Interessenkonflikt

Erklärung zu finanziellen Interessen

Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Nicht-Sponsor der Veranstaltung): nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Sponsor der Veranstaltung): nein.

Erklärung zu nicht finanziellen Interessen

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Michael Soyka
Psychiatrische klinik München, Universitäts München
Nußbaumstr. 7, 80336
München
Deutschland   

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
04. August 2021

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