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DOI: 10.1055/a-1531-3668
COVID-19: Thromboembolien auch bei moderaten Verläufen
Wie bei anderen respiratorischen Infekten war schnell klar, dass auch bei COVID-19 ein erhöhtes Thromboembolierisiko besteht. Die retrospektive Studie aus der Lombardei zeigt nun, welche Patienten wann und wie betroffen sind. Die Autoren ziehen klare Schlussfolgerungen für die klinische Praxis.
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Bisherige Untersuchungen bezogen sich überwiegend auf schwer Erkrankte, die sich wegen COVID-19 auf Intensivstationen befanden. Die Bedeutung einer effektiven Antikoagulation wurde frühzeitig diskutiert und erkannt. Die italienische Arbeitsgruppe analysierte retrospektiv die Daten von Patienten mit allen Schweregraden, die wegen des Verdachts auf eine tiefe Beinvenenthrombose (DVT) einen Doppler-Ultraschall (DUS) und eine pulmonale CT-Angiografie (CTPA) erhielten.
In 4 COVID-19-Schwerpunktkliniken erfolgten von März-April dieses Jahres 101 DUS bei DVT-Verdacht. 42 Untersuchungen bestätigten eine DVT und 7 eine oberflächliche Thrombophlebitis. Das Alter der Betroffenen betrug median 65 Jahre (49–83 Jahre). Männer waren häufiger betroffen als Frauen (29 vs. 13). Risikofaktoren waren zentrale Venenkatheter im thrombosierten Gefäß (n = 6), Übergewicht (n = 4), Malignome (n = 2) und Schwangerschaft (n = 1). Drei Patienten auf ICU erhielten bereits eine effektive Antikoagulation. In den anderen intensivpflichtigen Fällen war eine prophylaktische Gabe mit niedermolekularem Heparin erfolgt. Nur insgesamt 11 Erkrankte lagen auf Intensivstationen, die Übrigen befanden sich auf Infektions- oder Allgemeinstationen, wo eine Antikoagulation im Ermessen des behandelnden Arztes lag. Bei 3 Patienten bestand wegen länger zurückliegender thromboembolischer Ereignisse eine gerinnungshemmende Dauermedikation.
Acht Patienten waren intubiert, 20 erhielten eine Beatmung mit C-PAP, 7 eine nichtinvasive und 6 keine Atemunterstützung. Ein Patient war tracheotomiert. Das mediane CRP als Maß für die Erkrankungsschwere war mit median 45 mg/dl deutlich erhöht. Die Stratifizierung ergab aber, dass Patienten aller COVID-19-Schweregrade von Thromboembolien betroffen waren und eine Prädominanz bei moderaten Verläufen bestand. Die D-Dimere lagen bei median 9,3 mg/dl.
Die meisten thromboembolischen Ereignisse kamen in den ersten beiden Wochen nach der stationären Aufnahme vor. Bei den Manifestationen überwogen plötzliche Schmerzen im Bein, gefolgt von Rötung und ödematöser Schwellung. Am häufigsten betroffen waren Femoral- und Poplitealvenen, V. brachialis und V. axillaris. Drei Patienten hatten eine Jugularvenenthrombose. Die CTPA ergab 24 Lungenembolien, die median nach 12 Tagen Klinikaufenthalt diagnostiziert wurden. In 8 Fällen bestand eine DVT und in 3 Fällen eine Thrombophlebitis. Bei 13 Patienten war kein peripheres Ereignis belegt. Die positiven CTPA ergaben überwiegend eine Mikroembolisierung/Thrombosierung distaler und kleinkalibriger Gefäße.
Die Ergebnisse sprechen für eine direkte, virusinduzierte Endothelaktivierung oder eine inflammatorische Antwort, die sich als Thrombosierung, Thrombophlebitis und Pulmonalarterienembolie manifestieren und unabhängig voneinander auftreten können. Die Autoren fassen zusammen:
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VTE kommen auch bei moderaten und leichten Verläufen vor. Daraus resultiert die Überlegung eines DUS-Screenings und einer Antikoagulation für alle stationären Patienten.
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Alle Gefäßregionen können betroffen sein.
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VTE traten bei 38 % in der 1. Woche auf, kamen aber auch noch nach 3–4 Wochen vor.
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PE traten häufig ohne DVT auf. Möglicherweise bestanden primäre pulmonale Thrombosen als inflammatorische Response auf die Infektion und keine Thromboembolien.
Dr. med. Susanne Krome, Melle
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
11. August 2021
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