Im November 2017 tagten in Chicago (Illinois, USA) die „American Academy of Periodontology (AAP)“ und die „European Federation of Periodontology (EFP)“: Beim „World Workshop“ wurde eine
neue Klassifikation der parodontalen und periimplantären Erkrankungen und Zustände entwickelt und löste damit die alte Klassifikation der Parodontalerkrankungen von 1999 ab [1]. Wesentliche Unterschiede zwischen der neuen und der alten Klassifikation sind die erstmalige Definition der parodontalen Gesundheit bei verschiedenen
parodontalen Zuständen. Auch die periimplantäre Gesundheit und Erkrankung sind nun klar definiert. Eine Anleitung zur Diagnosefindung wird anhand von Patientenbeispielen in diesem Beitrag
gezeigt (Abb. 1).
Kernaussagen
Als gingivale Gesundheit ist ein Zustand mit unter 10% BOP und Sondierungstiefen von 3 mm zu bezeichnen. Bei stabilen Parodontitis-Patienten dürfen die Sondierungstiefen für diese
Diagnose maximal bei 4 mm – aber ohne BOP – liegen.
Gingivale Gesundheit kann sowohl bei einem Patienten mit intaktem Parodont, einem Patienten mit reduziertem Parodont als auch bei einem stabilen Parodontitis-Patienten vorgefunden
werden.
Bei Patienten mit Vorgeschichte einer Parodontitis wird bei Erkrankung der Gingiva (BOP ≥ 10%) nicht der Begriff „Gingivitis“, sondern „gingivale Entzündung“ verwendet.
Eine Parodontitis wird durch die Zuordnung eines Stadiums (Schwere und Komplexität der Erkrankung) und eines Erkrankungsgrades (biologische Merkmale, Progression und Risiko)
beschrieben.
Die Parodontitis bei Patienten mit Diabetes ist keine eigenständige Erkrankung. Ebenso wie bei Parodontitis bei Rauchern gibt es keine speziell zutreffenden phänotypischen
Besonderheiten.
Zur Beschreibung einer Rezession wird die Klassifikation nach Cairo et al. [9] verwendet. Diese nimmt Bezug auf den interdentalen klinischen
Attachmentverlust im Verhältnis zum vestibulären oder oralen Attachmentverlust. Für die Beschreibung einer Rezession werden zusätzlich der gingivale Phänotyp und die Beschaffenheit
der freigelegten Wurzeloberfläche beschrieben.
Der Begriff „biologische Breite“ wird durch „suprakrestales Attachment“ ersetzt.
Erhöhte Sondierungstiefen bei einem Implantat weisen nicht unbedingt auf einen pathologischen Zustand hin. Das Vorliegen einer Blutung oder Eiterung bei sanfter Sondierung zeigt
eine Entzündung an. Das Röntgenbild zum ausgeheilten initialen Zustand mit Suprakonstruktion ist wichtig für die Beurteilung des möglicherweise vorhandenen Knochenabbaus.
4
Chapple I,
Maeley B,
Van Dyke TE.
et al.
Periodontal health and gingival diseases and conditions on an intact and a reduced periodontium: Consensus report of workgroup 1 of the 2017 World Workshop on the Classification of
Periodontal and Peri-Implant Diseases and Conditions. J Clin Periodontol 2018; 45: S68-S77
6
Papapanou P,
Sanz M,
Buduneli N.
et al.
Periodontitis: Consensus report of Workgroup 2 of the 2017 World Workshop on the Classification of Periodontal and Peri-Implant Diseases and Conditions. J Clin Periodontol 2018; 45: S162-S170
8
Sanz M,
Tonetti M.
European Federation of Periodontology Parodontitis: Klinischer Entscheidungsbaum für die Einteilung in Stadien und Grade (Staging & Grading). Im Internet (Stand: 08.03.2022): https://www.dgparo.de/media/download-5dc94988471de
9
Jepsen S,
Dommisch H,
Jepsen S.
Klinischer Leitfaden. Systemische und andere parodontale Zustände. Zahnärztliche Mitteilung 2019; 13: 1-6
10
Jepsen S,
Caton JG,
Albandar JM.
et al.
Periodontal manifestations of systemic diseases and developmental and acquired conditions: Consensus report of workgroup 3 of the 2017 World Workshop on the Classification of Periodontal
and Peri-Implant Diseases and Conditions. J Clin Periodontol 2018; 45: S219-S229
12
Cairo F,
Nieri M,
Cincinelli S.
et al.
The interproximal clinical attachment level to classify gingival recessions and predict root coverage outcomes: an explorative and reliability study. J Clin Periodontol 2011; 38: 661-666
14
Berglundh T,
Armitage G,
Araujo MG.
et al.
Peri-implant diseases and conditions: Consensus report of workgroup 4 of the 2017 World Workshop on the Classification of Periodontal and Peri-Implant Diseases and Conditions. J Clin Periodontol 2018; 45: S286-S291
16
Caton JG,
Armitage G,
Berglundh T.
et al.
A new classification scheme for periodontal and peri-implant diseases and conditions – Introduction and key changes from the 1999 classification. J Clin Periodontol 2018; 45: S1-S8