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DOI: 10.1055/a-1541-3294
Psoriasis: Viele Betroffene in Deutschland untertherapiert
Zur Therapie der Psoriasis stehen zahlreiche effektive Medikamente zur Verfügung. Auch die medizinische Versorgung von Psoriasiskranken hat sich in den vergangenen 15 Jahren in Deutschland deutlich verbessert. Wie häufig nehmen die Betroffenen tatsächlich medizinische Hilfe in Anspruch und welche Faktoren begünstigen eine Behandlungsunzufriedenheit? Diesen Fragen ging ein deutsches Forscherteam mithilfe einer Querschnittstudie nach.
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Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befragten 649 Betroffene mithilfe eines Online-Fragebogens. Alle Personen waren älter als 18 Jahre, litten gemäß eigener Angaben an einer ärztlich diagnostizierten Psoriasis und hatten in den vorangegangenen 3 Monaten Krankheitsmanifestationen gezeigt. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer machten Angaben zu persönlichen Charakteristika (Alter, Geschlecht, Zeit bis zur Psoriasisdiagnose, Zeit seit der Diagnose, betroffene Körperregionen) sowie zu die Erkrankung bzw. ihr Leben beeinflussenden externen Faktoren. Ferner erfassten die Forscherinnen und Forscher mithilfe des Patient Health Questionnaire-2 (PHQ-2) depressive Symptome und befragten die Betroffenen zur Inanspruchnahme medizinischer Therapien (konsultierte Fachdisziplinen, Art und Effektivität der Behandlung, Behandlungszufriedenheit). Bei gegenwärtig nicht therapierten Patientinnen und Patienten interessierten sie dabei insbesondere die Gründe für den Verzicht auf eine medizinische Behandlung.
Ergebnisse
Die Studienteilnehmenden – je etwa 50 % Frauen und Männer – waren im Schnitt 42,5 Jahre alt und litten seit 18,1 Jahren an der Psoriasis, die durchschnittlich im Alter von 28,2 Jahren, 3,6 Jahre nach Auftreten der ersten Symptome, diagnostiziert worden war. 351 Personen (54,1 %) standen zum Befragungszeitpunkt unter einer Psoriasistherapie, die übrigen 298 (45,9 %) dagegen nicht. Unabhängig vom Therapiestatus berichtete die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten, dass externe Faktoren (z. B. Stress, Nahrungsmittel, körperliche Anstrengung) die Psoriasismanifestationen verschlechterten. Die Erkrankung beeinflusste das Alltagsleben der Betroffenen erheblich – bspw. vermieden viele Kranke bestimmte Aktivitäten, hielten eine besondere Diät ein oder trugen häufig den ganzen Körper bedeckende Kleidung. 49,6 % der therapierten und 44,0 % der nicht therapierten Patientinnen und Patienten schränkten zudem ihre sozialen Kontakte und Aktivitäten ein. Insgesamt 60 % der Befragten berichteten über Gefühle der Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit und 50 % über den Verlust des Interesses an Aktivitäten bzw. Freudlosigkeit. Die zum Befragungszeitpunkt in Therapie befindlichen Personen wurden mehrheitlich von Dermatologinnen und Dermatologen betreut, gefolgt von Allgemeinmedizinerinnen und -medizinern. 59,3 % der therapierten Patientinnen und Patienten zeigten sich mäßig bis gar nicht zufrieden mit der Behandlung. Hauptgründe für die Unzufriedenheit mit der medikamentösen Therapie waren in diesem Kollektiv der Mangel an Effektivität sowie Nebenwirkungen. Mehr als ein Viertel der Befragten hatte ferner den Eindruck, aus Kostengründen nicht die bestmögliche Medikation erhalten zu haben, und etwa ein Fünftel empfand die Medikation als komplex und kompliziert anzuwenden. Die zum Befragungszeitpunkt nicht in ärztlicher Behandlung befindlichen Patientinnen und Patienten nannten als Hauptgründe für die Nichtinanspruchnahme der Betreuung Zeitmangel bzw. fehlendes Interesse der Ärztinnen und Ärzte sowie vermutete fachliche Kompetenzdefizite. Etwa die Hälfte der Befragten verzichtete auf die ärztliche Betreuung, da sie allein gut mit den Symptomen umgehen konnten. Auch die langen Wartezeiten auf einen bzw. beim Arzttermin stellten einen Hinderungsgrund für Konsultationen dar.
Ein erstaunlich hoher Anteil der Psoriasiskranken in Deutschland wird trotz breiter Verfügbarkeit effektiver Therapieoptionen nicht medizinisch betreut bzw. ist mit der Behandlung unzufrieden, so die Interpretation der Autorinnen und Autoren. Diese untertherapierten Personen sind ihrer Ansicht nach eine wichtige Zielgruppe für Schulungsprogramme: Idealerweise sollten diese digital vermittelt werden, da die Betroffenen meist nicht mehr in direktem Kontakt mit dem Gesundheitssystem stehen.
Dr. med. Judith Lorenz, Künzell
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Publication History
Article published online:
11 October 2021
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